711-745: Ibn al-Qūṭiyya zur Kooperation seiner westgotischen Vorfahren mit den muslimischen Eroberern: Unterschied zwischen den Versionen

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<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Für die Authentizität der Genealogie gibt es allerdings auch einige Argumente: Der die genealogische Anbindung an die Westgoten implizierende Name „Sohn der Gotin“ (''Ibn al-Qūṭiyya'') wird von allen späteren arabisch-islamischen Gelehrten akzeptiert, die königliche Genealogie des Autors teilweise auch reproduziert.<ref name="ftn14">Manzano Moreno, Conquistadores, S. 46; Ibn al-Qūṭīya, History, übers. James, S. 38; König, Rückbindung, S. 131.</ref> Die Genealogie ist durchaus originell, verweist dabei aber auf plausible Integrationsmechanismen in die neue Herrschaftselite. Ibn al-Qūṭiyyas mangelndes Wissen über die vorislamische Geschichte von al-Andalus wiederum könnte mit einem, in der sechsten Generation geschwundenen Familiengedächtnis, seine Zitierung arabisch-islamischer Gelehrten mit der Erwartungshaltung der von ihm vertretenen Gelehrtenkultur erklärt werden.<ref name="ftn15">König, Rückbindung, S. 132.</ref></div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Für die Authentizität der Genealogie gibt es allerdings auch einige Argumente: Der die genealogische Anbindung an die Westgoten implizierende Name „Sohn der Gotin“ (''Ibn al-Qūṭiyya'') wird von allen späteren arabisch-islamischen Gelehrten akzeptiert, die königliche Genealogie des Autors teilweise auch reproduziert.<ref name="ftn14">Manzano Moreno, Conquistadores, S. 46; Ibn al-Qūṭīya, History, übers. James, S. 38; König, Rückbindung, S. 131.</ref> Die Genealogie ist durchaus originell, verweist dabei aber auf plausible Integrationsmechanismen in die neue Herrschaftselite. Ibn al-Qūṭiyyas mangelndes Wissen über die vorislamische Geschichte von al-Andalus wiederum könnte mit einem, in der sechsten Generation geschwundenen Familiengedächtnis, seine Zitierung arabisch-islamischer Gelehrten mit der Erwartungshaltung der von ihm vertretenen Gelehrtenkultur erklärt werden.<ref name="ftn15">König, Rückbindung, S. 132.</ref></div>


== Kontextualisierung, Analyse & Interpretation ==
== Kontextualisierung, Analyse, Interpretation ==


<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Vor diesem Hintergrund ist die Forschung zu sehr unterschiedlichen Bewertungen der Genealogie gekommen. Manche sehen in ihr nicht unbedingt Ausdruck einer bestimmten Zielsetzung des Autors, sondern als weiteres Beispiel für die hohe Bedeutung von Genealogien im arabisch-islamischen Schrifttum.<ref name="ftn16">Christys, ''Christians'' S. 168-170; Christys, History, S. 338; Ibn al-Qūṭīya, übers. James, S. 38.</ref> Dennoch ist die Prominenz dieser Genealogie innerhalb und zu Anfang eines Geschichtswerks, nicht einer Biographiensammlung, ungewöhnlich. Folglich schreibt der Großteil der Forschung Ibn al-Qūṭiyya unterschiedliche Motivationen zu, eine königliche Abkunft zu behaupten oder – sollte sie authentisch sein – an so prominente Stelle zu tun:<ref name="ftn17">Zusammenfassend: König, Rückbindung, S. 134-136.</ref> Wenig überraschend ist die Überlegung, Ibn al-Qūṭiyya habe mit der Dokumentation dieser Genealogie bewusst oder unbewusst seinen sozialen Status demonstrieren oder aufwerten wollen.<ref name="ftn18">Vgl. etwa Collins, Early Medieval Spain, S. 190.</ref> Bezüglich der jeweiligen Motivationen wird spekuliert, Ibn al-Qūṭiyya habe seine Abstammung von einer Königsfamilie sowie die Beziehungen seiner Vorfahren zu den Umayyaden in Szene setzen<ref name="ftn19">Barkai, ''Enemigo'', S. 64-65; Manzano Moreno, ''Conquistadores'', S. 40.</ref> oder gar behaupten wollen, seine Familie habe den Umayyaden die Herrschaft über die Iberische Halbinsel übergeben.<ref name="ftn20">Martinez-Gros, Adoption, S. 19.</ref> Andere sehen in der Genealogie ein soziopolitisches Manifest, das der Aufwertung der so genannten ''muwalladūn'', also zum Islam konvertierter autochthoner Familien dienen solle, unter denen gerade im 10. Jahrhundert vielfach Unzufriedenheit herrschte.<ref name="ftn21">Fierro, La obra histórica, S. 510-511; García Moreno, Spanish Gothic Consciousness, S. 311-312; Barkai, ''Enemigo'', S. 64-65.</ref> Egal wie man sich zu diesen Spekulationen positioniert: Anhand der Genealogie wird in jedem Falle deutlich, dass die Rolle, die seine Familie im Rahmen der Eroberung eingenommen hatte, für einen andalusischen Muslim immer noch von Bedeutung sein konnte. Sie deutet auch darauf hin, dass Familien, die an dieser Invasion in irgendeiner Weise beteiligt waren, eine gewisse Erinnerung an diese Ereignisse pflegten. Mit ihrer zunehmenden Integration dieser Familien in die muslimische Gesellschaft von al-Andalus wurde diese Erinnerung zum einen Bestandteil der muslimischen Erinnerungskultur, ging aber auch sukzessive verloren, wenn sie nicht schriftlich festgehalten wurde.<ref name="ftn22">König, ''Arabic-Islamic Views'', S. 160-161.</ref></div>|6=Ibn al-Qūṭiyya, ''Tariḫ iftitaḥ al-Andalus'', ed. Ibrāhīm al-Ibyārī, Beirut / Kairo 1989, S. 29-32.
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Vor diesem Hintergrund ist die Forschung zu sehr unterschiedlichen Bewertungen der Genealogie gekommen. Manche sehen in ihr nicht unbedingt Ausdruck einer bestimmten Zielsetzung des Autors, sondern ein weiteres Beispiel für die hohe Bedeutung von Genealogien im arabisch-islamischen Schrifttum.<ref name="ftn16">Christys, ''Christians'' S. 168-170; Christys, History, S. 338; Ibn al-Qūṭīya, übers. James, S. 38.</ref> Dennoch ist die Prominenz dieser Genealogie innerhalb und zu Anfang eines Geschichtswerks, nicht einer Biographiensammlung, ungewöhnlich. Folglich schreibt der Großteil der Forschung Ibn al-Qūṭiyya unterschiedliche Motivationen zu, eine königliche Abkunft zu behaupten oder – sollte sie authentisch sein – sie an so prominente Stelle zu stellen:<ref name="ftn17">Zusammenfassend: König, Rückbindung, S. 134-136.</ref> Wenig überraschend ist die Überlegung, Ibn al-Qūṭiyya habe mit der Dokumentation dieser Genealogie bewusst oder unbewusst seinen sozialen Status demonstrieren oder aufwerten wollen.<ref name="ftn18">Vgl. etwa Collins, Early Medieval Spain, S. 190.</ref> Bezüglich der jeweiligen Motivationen wird spekuliert, Ibn al-Qūṭiyya habe seine Abstammung von einer Königsfamilie sowie die Beziehungen seiner Vorfahren zu den Umayyaden in Szene setzen<ref name="ftn19">Barkai, ''Enemigo'', S. 64-65; Manzano Moreno, ''Conquistadores'', S. 40.</ref> oder gar behaupten wollen, seine Familie habe den Umayyaden die Herrschaft über die Iberische Halbinsel übergeben.<ref name="ftn20">Martinez-Gros, Adoption, S. 19.</ref> Andere sehen in der Genealogie ein soziopolitisches Manifest, das der Aufwertung der so genannten ''muwalladūn'', also zum Islam konvertierter autochthoner Familien dienen solle, unter denen gerade im 10. Jahrhundert vielfach Unzufriedenheit herrschte.<ref name="ftn21">Fierro, La obra histórica, S. 510-511; García Moreno, Spanish Gothic Consciousness, S. 311-312; Barkai, ''Enemigo'', S. 64-65.</ref> Egal wie man sich zu diesen Spekulationen positioniert: Anhand der Genealogie wird in jedem Falle deutlich, dass die Rolle, die seine Familie im Rahmen der Eroberung eingenommen hatte, für einen andalusischen Muslim immer noch von Bedeutung sein konnte. Sie deutet auch darauf hin, dass Familien, die an dieser Invasion in irgendeiner Weise beteiligt waren, eine gewisse Erinnerung an diese Ereignisse pflegten. Mit ihrer zunehmenden Integration dieser Familien in die muslimische Gesellschaft von al-Andalus wurde diese Erinnerung zum einen Bestandteil der muslimischen Erinnerungskultur, ging aber auch sukzessive verloren, wenn sie nicht schriftlich festgehalten wurde.<ref name="ftn22">König, ''Arabic-Islamic Views'', S. 160-161.</ref></div>|6=Ibn al-Qūṭiyya, ''Tariḫ iftitaḥ al-Andalus'', ed. Ibrāhīm al-Ibyārī, Beirut / Kairo 1989, S. 29-32.


''Historia de la conquista de España de Abenalcotía el cordobès'', ed. Julián Ribera y Tarragó, Madrid: Tipografía de la Revista de los Archivos, 1926.
''Historia de la conquista de España de Abenalcotía el cordobès'', ed. Julián Ribera y Tarragó, Madrid: Tipografía de la Revista de los Archivos, 1926.
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