827: al-Nuwayrī über den Beginn der muslimischen Eroberung Siziliens: Unterschied zwischen den Versionen

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== Inhalt & Quellenkontext:  ==
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<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Die islamische Eroberung Siziliens behandelt al-Nuwayrī in seinem Geschichtswerk an zwei Stellen: Mit wenigen Sätzen wird sie im Rahmen der Geschichte Nordafrikas (''Ifrīqiya'') unter aġlabidischer Herrschaft (184-289/800-902) thematisiert.<ref name="ftn7">Al-Nuwayrī, ''Nihāyat'', ed. Fawwāz, Fawwāz, S. 62.</ref> Etwas ausführlicher wird al-Nuwayrī in einer späteren Sektion, die sich ganz der Insel Sizilien und ihrer Geschichte von der Eroberung durch die Muslime bis hin zur normannischen Herrschaft widmet.<ref name="ftn8">Al-Nuwayrī, ''Nihāyat'', ed. Fawwāz, Fawwāz, S. 193-259.</ref> Aus diesem Teil stammt die oben zitierte Quellenstelle. Ähnlich wie in der Darstellung der lateinischen und byzantinischen Quellen<ref name="ftn9">Vgl. [[827: Das Chronicon Salernitanum über die Eroberung Siziliens durch die Muslime.]]</ref> tritt auch hier der Byzantiner Euphemios (''Fīmī al-Rūmī'') als Schlüsselfigur auf, der den Aġlabiden die Eroberung Siziliens vorgeschlagen und sie bei der Kampagne selbst unterstützt haben soll. </div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Die islamische Eroberung Siziliens behandelt al-Nuwayrī in seinem Geschichtswerk an zwei Stellen: Mit wenigen Sätzen wird sie im Rahmen der Geschichte Nordafrikas (''Ifrīqiya'') unter aġlabidischer Herrschaft (184-289/800-902) thematisiert.<ref name="ftn7">Al-Nuwayrī, ''Nihāyat'', ed. Fawwāz, Fawwāz, S. 62.</ref> Etwas ausführlicher wird al-Nuwayrī in einer späteren Sektion, die sich ganz der Insel Sizilien und ihrer Geschichte von der Eroberung durch die Muslime bis hin zur normannischen Herrschaft widmet.<ref name="ftn8">Al-Nuwayrī, ''Nihāyat'', ed. Fawwāz, Fawwāz, S. 193-259.</ref> Aus diesem Teil stammt die oben zitierte Quellenstelle. Ähnlich wie in der Darstellung der lateinischen und byzantinischen Quellen<ref name="ftn9">Vgl. [[827: Das Chronicon Salernitanum über die Eroberung Siziliens durch die Muslime]]</ref> tritt auch hier der Byzantiner Euphemios (''Fīmī al-Rūmī'') als Schlüsselfigur auf, der den Aġlabiden die Eroberung Siziliens vorgeschlagen und sie bei der Kampagne selbst unterstützt haben soll. </div>


<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Am Beginn der Episode erwähnt al-Nuwayrī zunächst, dass der byzantinische Kaiser Michael II. (regn. 820-829) einen gewissen Qusnaṭīn als Herrscher in Sizilien eingesetzt habe. Al-Nuwayrī benennt diesen weiter als ''al-Baṭrīq'' ‒ eine Abwandlung des griechischen Titels ''patrikios''/πατρίκιος, der ursprünglich aus dem lateinischen in den byzantinischen Gebrauch überging und im 9. Jahrhundert die Befehlshaber bzw. Strategen über byzantinische Provinzen oder Verwaltungseinheiten meinen konnte. Al-Nuwayrī greift die Provinz Sizilien (Gr. ''thema Sikelias''/''θέμα Σικελίας'') mit dem vom ''patrikios''-Titel abgeleiteten Wort ''baṭāriqa''.<ref name="ftn10">Das Wort ist relativ unüblich, wird aber auch verwendet, um das christliche Patriarchat zu bezeichnen, vgl. König, ''Views'', S. 237, mit FN 43: „Al-Masʿūdī, al-tanbīh, ed. de Goeje, pp. 156, 159, for example, distinguishes between ‘al-batạ̄ riqa’ with the letter ‘qāf ’, whom he defines (p. 156) as ‘Roman-Byzantine holders of offices’ (dhawī al-marātib min al-Rūm), and ‘al-batạ̄ rika’ with the letter ‘kāf ’, whom he defines as office holders (aṣḥāb al-karāsī) in an ecclesiastical context (p. 159)“.</ref> Unter Qusnaṭīn wurde Euphemios Befehlshaber der sizilischen Flotte. Als solcher habe Euphemios ein Unternehmen zu See geführt, dessen nähere Umstände bei al-Nuwayrī allerdings im Unklaren bleiben. Daraufhin erreichten den Kaiser offenbar Beschwerden über Euphemios, die ihn dazu veranlassten, die Entlassung des Flottenführers anzuordnen. Daraufhin habe Euphemios rebelliert und Qusnaṭīn in Syrakus, der Hauptstadt des byzantinischen Sizilien, angegriffen. Euphemios konnte die Auseinandersetzung für sich entscheiden und übernahm die Macht in Sizilien. Er setzte sodann in einer Region der Insel – gemeint ist wahrscheinlich Westsizilien mit dem Verwaltungszentrum Palermo ‒ einen seiner Vertrauten ein. Dieser trug al-Nuwayrī zufolge den Namen Balāṭa, was sich sehr wahrscheinlich von ''kouropalates''/''κουροπαλάτης'' (gräzisiert von Lat. ''cura palatii'') ableitet und „Aufseher des Palastes“ bedeutet – ein Titel, der eigentlich an Herrscher im byzantinischen Osten verliehen wurde.<ref name="ftn11">König, ''Entanglement'', S. 38.</ref> Dazu würde passen, dass Balāṭa als Armenier bezeichnet und damit einer Region zugeordnet wird, in der der Titel ''kouropalates'' damals häufiger Verwendung fand. Balāṭa jedenfalls habe sich schließlich selbst gegen Euphemios aufgelehnt, ihn gestürzt und seinen Sitz in Syrakus eingenommen.</div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Am Beginn der Episode erwähnt al-Nuwayrī zunächst, dass der byzantinische Kaiser Michael II. (regn. 820-829) einen gewissen Qusnaṭīn als Herrscher in Sizilien eingesetzt habe. Al-Nuwayrī benennt diesen weiter als ''al-Baṭrīq'' ‒ eine Abwandlung des griechischen Titels ''patrikios''/πατρίκιος, der ursprünglich aus dem lateinischen in den byzantinischen Gebrauch überging und im 9. Jahrhundert die Befehlshaber bzw. Strategen über byzantinische Provinzen oder Verwaltungseinheiten meinen konnte. Al-Nuwayrī greift die Provinz Sizilien (Gr. ''thema Sikelias''/''θέμα Σικελίας'') mit dem vom ''patrikios''-Titel abgeleiteten Wort ''baṭāriqa''.<ref name="ftn10">Das Wort ist relativ unüblich, wird aber auch verwendet, um das christliche Patriarchat zu bezeichnen, vgl. König, ''Views'', S. 237, mit FN 43: „Al-Masʿūdī, al-tanbīh, ed. de Goeje, pp. 156, 159, for example, distinguishes between ‘al-batạ̄ riqa’ with the letter ‘qāf ’, whom he defines (p. 156) as ‘Roman-Byzantine holders of offices’ (dhawī al-marātib min al-Rūm), and ‘al-batạ̄ rika’ with the letter ‘kāf ’, whom he defines as office holders (aṣḥāb al-karāsī) in an ecclesiastical context (p. 159)“.</ref> Unter Qusnaṭīn wurde Euphemios Befehlshaber der sizilischen Flotte. Als solcher habe Euphemios ein Unternehmen zu See geführt, dessen nähere Umstände bei al-Nuwayrī allerdings im Unklaren bleiben. Daraufhin erreichten den Kaiser offenbar Beschwerden über Euphemios, die ihn dazu veranlassten, die Entlassung des Flottenführers anzuordnen. Daraufhin habe Euphemios rebelliert und Qusnaṭīn in Syrakus, der Hauptstadt des byzantinischen Sizilien, angegriffen. Euphemios konnte die Auseinandersetzung für sich entscheiden und übernahm die Macht in Sizilien. Er setzte sodann in einer Region der Insel – gemeint ist wahrscheinlich Westsizilien mit dem Verwaltungszentrum Palermo ‒ einen seiner Vertrauten ein. Dieser trug al-Nuwayrī zufolge den Namen Balāṭa, was sich sehr wahrscheinlich von ''kouropalates''/''κουροπαλάτης'' (gräzisiert von Lat. ''cura palatii'') ableitet und „Aufseher des Palastes“ bedeutet – ein Titel, der eigentlich an Herrscher im byzantinischen Osten verliehen wurde.<ref name="ftn11">König, ''Entanglement'', S. 38.</ref> Dazu würde passen, dass Balāṭa als Armenier bezeichnet und damit einer Region zugeordnet wird, in der der Titel ''kouropalates'' damals häufiger Verwendung fand. Balāṭa jedenfalls habe sich schließlich selbst gegen Euphemios aufgelehnt, ihn gestürzt und seinen Sitz in Syrakus eingenommen.</div>
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