827: al-Nuwayrī über den Beginn der muslimischen Eroberung Siziliens: Unterschied zwischen den Versionen

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[§6] Am Beginn der Episode erwähnt al-Nuwayrī zunächst, dass der byzantinische Kaiser Michael II. (regn. 820-829) einen gewissen Qusnaṭīn als Herrscher in Sizilien eingesetzt habe. Al-Nuwayrī benennt diesen weiter als ''al-Baṭrīq'' ‒ eine Abwandlung des griechischen Titels ''patrikios''/πατρίκιος, der ursprünglich aus dem lateinischen in den byzantinischen Gebrauch überging und im 9. Jahrhundert die Befehlshaber bzw. Strategen über byzantinische Provinzen oder Verwaltungseinheiten meinen konnte. Al-Nuwayrī greift die Provinz Sizilien (Gr. ''thema Sikelias''/''θέμα Σικελίας'') mit dem vom ''patrikios''-Titel abgeleiteten Wort ''baṭāriqa''.<ref name="ftn10">Das Wort ist relativ unüblich, wird aber auch verwendet, um das christliche Patriarchat zu bezeichnen, vgl. König, ''Views'', S. 237, mit FN 43: „Al-Masʿūdī, al-tanbīh, ed. de Goeje, pp. 156, 159, for example, distinguishes between ‘al-batạ̄ riqa’ with the letter ‘qāf ’, whom he defines (p. 156) as ‘Roman-Byzantine holders of offices’ (dhawī al-marātib min al-Rūm), and ‘al-batạ̄ rika’ with the letter ‘kāf ’, whom he defines as office holders (aṣḥāb al-karāsī) in an ecclesiastical context (p. 159)“.</ref> Unter Qusnaṭīn wurde Euphemios Befehlshaber der sizilischen Flotte. Als solcher habe Euphemios ein Unternehmen zu See geführt, dessen nähere Umstände bei al-Nuwayrī allerdings im Unklaren bleiben. Daraufhin erreichten den Kaiser offenbar Beschwerden über Euphemios, die ihn dazu veranlassten, die Entlassung des Flottenführers anzuordnen. Daraufhin habe Euphemios rebelliert und Qusnaṭīn in Syrakus, der Hauptstadt des byzantinischen Sizilien, angegriffen. Euphemios konnte die Auseinandersetzung für sich entscheiden und übernahm die Macht in Sizilien. Er setzte sodann in einer Region der Insel – gemeint ist wahrscheinlich Westsizilien mit dem Verwaltungszentrum Palermo ‒ einen seiner Vertrauten ein. Dieser trug al-Nuwayrī zufolge den Namen Balāṭa, was sich sehr wahrscheinlich von ''kouropalates''/''κουροπαλάτης'' (gräzisiert von Lat. ''cura palatii'') ableitet und „Aufseher des Palastes“ bedeutet – ein Titel, der eigentlich an Herrscher im byzantinischen Osten verliehen wurde.<ref name="ftn11">König, ''Entanglement'', S. 38.</ref> Dazu würde passen, dass Balāṭa als Armenier bezeichnet und damit einer Region zugeordnet wird, in der der Titel ''kouropalates'' damals häufiger Verwendung fand. Balāṭa jedenfalls habe sich schließlich selbst gegen Euphemios aufgelehnt, ihn gestürzt und seinen Sitz in Syrakus eingenommen.
[§6] Am Beginn der Episode erwähnt al-Nuwayrī zunächst, dass der byzantinische Kaiser Michael II. (regn. 820-829) einen gewissen Qusnaṭīn als Herrscher in Sizilien eingesetzt habe. Al-Nuwayrī benennt diesen weiter als ''al-Baṭrīq'' ‒ eine Abwandlung des griechischen Titels ''patrikios''/πατρίκιος, der ursprünglich aus dem lateinischen in den byzantinischen Gebrauch überging und im 9. Jahrhundert die Befehlshaber bzw. Strategen über byzantinische Provinzen oder Verwaltungseinheiten meinen konnte. Al-Nuwayrī greift die Provinz Sizilien (Gr. ''thema Sikelias''/''θέμα Σικελίας'') mit dem vom ''patrikios''-Titel abgeleiteten Wort ''baṭāriqa''.<ref name="ftn10">Das Wort ist relativ unüblich, wird aber auch verwendet, um das christliche Patriarchat zu bezeichnen, vgl. König, ''Views'', S. 237, mit FN 43: „Al-Masʿūdī, al-tanbīh, ed. de Goeje, pp. 156, 159, for example, distinguishes between ‘al-batạ̄ riqa’ with the letter ‘qāf ’, whom he defines (p. 156) as ‘Roman-Byzantine holders of offices’ (dhawī al-marātib min al-Rūm), and ‘al-batạ̄ rika’ with the letter ‘kāf ’, whom he defines as office holders (aṣḥāb al-karāsī) in an ecclesiastical context (p. 159)“.</ref> Unter Qusnaṭīn wurde Euphemios Befehlshaber der sizilischen Flotte. Als solcher habe Euphemios ein Unternehmen zu See geführt, dessen nähere Umstände bei al-Nuwayrī allerdings im Unklaren bleiben. Daraufhin erreichten den Kaiser offenbar Beschwerden über Euphemios, die ihn dazu veranlassten, die Entlassung des Flottenführers anzuordnen. Daraufhin habe Euphemios rebelliert und Qusnaṭīn in Syrakus, der Hauptstadt des byzantinischen Sizilien, angegriffen. Euphemios konnte die Auseinandersetzung für sich entscheiden und übernahm die Macht in Sizilien. Er setzte sodann in einer Region der Insel – gemeint ist wahrscheinlich Westsizilien mit dem Verwaltungszentrum Palermo ‒ einen seiner Vertrauten ein. Dieser trug al-Nuwayrī zufolge den Namen Balāṭa, was sich sehr wahrscheinlich von ''kouropalates''/''κουροπαλάτης'' (gräzisiert von Lat. ''cura palatii'') ableitet und „Aufseher des Palastes“ bedeutet – ein Titel, der eigentlich an Herrscher im byzantinischen Osten verliehen wurde.<ref name="ftn11">König, ''Entanglement'', S. 38.</ref> Dazu würde passen, dass Balāṭa als Armenier bezeichnet und damit einer Region zugeordnet wird, in der der Titel ''kouropalates'' damals häufiger Verwendung fand. Balāṭa jedenfalls habe sich schließlich selbst gegen Euphemios aufgelehnt, ihn gestürzt und seinen Sitz in Syrakus eingenommen.


[§7] Daraufhin sei Euphemios nach Ifrīqiya gefahren, um dem aġlabidischen Emir Ziyādat Allāh (regn. 201-223/817-838) anzubieten, gemeinsam Sizilien zu erobern. Ziyādat Allāh, so al-Nuwayrī, habe die Notablen und Rechtsgelehrten aus Kairouan, dem intellektuellen und religiösen Zentrum Ifrīqiyas, versammelt und das in Aussicht gestellte Unterfangen diskutieren lassen. Erörtert wurden dabei offenbar die Fragen, ob man Sizilien nur plündern oder aber erobern und besiedeln solle. Al-Nuwayrī lässt dabei Saḥnūn b. Saʿīd (gest. 240/855) zu Wort kommen. Saḥnūn war damals der führende Kopf der malikitischen Rechtsgelehrten, bedeutender Schüler ihres Begründers Mālik b. Anas (gest. 179/796) und für eine Zeit oberster Richter (''qāḍī'') in Ifrīqiya. Saḥnūn soll sich gegen den Angriff auf Sizilien ausgesprochen haben. Die Nähe der Insel zum byzantinisch kontrollierten Kalabrien und ihre größere Entfernung zum nordafrikanischen Festland mache die Insel, so der Gelehrte, für eine Eroberung ungeeignet. Diese Ansicht wurde aber überstimmt, die Eroberung beschlossen und entsprechende Vorbereitungen getroffen. Das Kommando übernahm Asad b. al-Furāt (gest. 213/828), der ebenfalls ein einflussreicher Religionsgelehrter in Kairouan war. Von Sousse aus, wo Euphemios auf Nachricht des Ziyādat Allāh gewartet haben soll, stach die Flotte im Juni 121/827 in See und erreichte Sizilien im Hafen von Mazara.
[§7] Daraufhin sei Euphemios nach Ifrīqiya gefahren, um dem aġlabidischen Emir Ziyādat Allāh (regn. 201-223/817-838) anzubieten, gemeinsam Sizilien zu erobern. Ziyādat Allāh, so al-Nuwayrī, habe die Notablen und Rechtsgelehrten aus Kairouan, dem intellektuellen und religiösen Zentrum Ifrīqiyas, versammelt und das in Aussicht gestellte Unterfangen diskutieren lassen. Erörtert wurden dabei offenbar die Fragen, ob man Sizilien nur plündern oder aber erobern und besiedeln solle. Al-Nuwayrī lässt in seiner Darstellung dabei einen gewissen Saḥnūn b. Qādim (gest. 246/861) zu Wort kommen, der sich gegen den Angriff auf Sizilien ausgesprochen haben. Die Nähe der Insel zum byzantinisch kontrollierten Kalabrien und ihre größere Entfernung zum nordafrikanischen Festland mache die Insel, so der Gelehrte, für eine Eroberung ungeeignet. Diese Ansicht wurde aber überstimmt, die Eroberung beschlossen und entsprechende Vorbereitungen getroffen. Das Kommando übernahm Asad b. al-Furāt (gest. 213/828), der ebenfalls ein einflussreicher Religionsgelehrter in Kairouan war. Von Sousse aus, wo Euphemios auf Nachricht des Ziyādat Allāh gewartet haben soll, stach die Flotte im Juni 121/827 in See und erreichte Sizilien im Hafen von Mazara.


== Kontextualisierung, Analyse & Interpretation:  ==
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[§9] Interessant ist des Weiteren die Figur des Qusnaṭīn al-Baṭrīq, den al-Nuwayrī für das Jahr 211/826-827 als Vorsteher Siziliens nennt. Der Name Qusnaṭīn wurde häufig als Konstantin (Arab. eigentlich Qusṭanṭīn) identifiziert.<ref name="ftn14">Vgl. Prosopographie, Konstantinos, #3928/corr.</ref> Ein byzantinisches Siegel, das einen „Konstantin, ''patrikios'', ''basileus'', ''protospatharios'' und Stratege von Sizilien“ (''Κωνσταντίνῳ πατρικίῳ βασιλικῷ πρωτοσπαθαρίῳ καὶ στρατηγῷ Σικελίας'') dokumentiert, wurde als weiteres Indiz dafür gewertet, dass der damalige Stratege Siziliens ein Konstantin gewesen sein muss. Das Siegel ist allerdings nicht eindeutig zu datieren, der Name Konstantin außerdem zu häufig, um es jenem Strategen von 826-827 zuzuweisen.<ref name="ftn15">Kislinger, Seibt, Sigilli, S. 21-23. </ref> Vorsicht ist außerdem angeraten, weil die übrigen Parallelquellen keine bzw. andere Namen anführen.<ref name="ftn16">Johannes Neapolitanus, Gesta episcoporum Neapolitanorum, ed. Georg Waitz (MGH SS rer. Lang.), Hannover: Hahn’sche Buchhandlung, 1878, S. 424-438, cap. 54, S. 429, nennt einen ''Grigorius patricius''. Das ''Chronicon Salernitanum'', ed. Ulla Westerbergh, Stockholm: Almqvist & Wiksell International, 1956, cap. 60, S. 59, spricht von einem namenlosen ''Graeculus''.</ref> Einige byzantinische Quellen geben an, dass um 825-826 ein gewisser Photeinos Stratege in Sizilien wurde.<ref name="ftn17">Vgl. Prosopographie, Photeinos, #6241.</ref> Dieser wiederum ist bekannt für seinen Dienst auf der Insel Kreta, wo er als Stratege den Angriff von Muslimen zwischen den Jahren 824-827 abzuwehren versuchte – erfolglos.<ref name="ftn18">Makrypoulias, Expeditions, S. 347-348.</ref> Von Kreta wurde Photeinos, so berichtet z. B. der byzantinische Geschichtsschreiber Ioannes Skylitzes (11. Jh.), nach Sizilien beordert.<ref name="ftn19">Theophanus Continuatus, ''Chronographia'', ed. Ihor Ševčenko, übers. Michael Featherstone und Juan Signes Codoñer (Corpus Fontium Historia Byzantinae 53), Berlin: De Gruyter, 2015, lib. 2, cap. 21-23, S. 76-78; Ioannis Scylitzae, ''Synopsis Historiarum'' (Corpus Fontium Historiae Byzantinae 5), Berlin: De Gruyter, 1973, lib. 3, cap. 16-20, S. 43; John Skylitzes, ''A Synopsis of Byzantine History, 811-1057'', übers. John Wortley, Cambridge: Cambridge University Press, 2010, lib. 3, cap. 16, S. 45; Christides, ''Conquest'', S. 81-85; Lewis, ''Power'', S. 104, 108; Tsounkarakes, Crete, S. 30-34.</ref> Weil die Schreibung von Q-s-n-ṭ-ī-n in den Handschriften des ''Kitāb Nihāyat al-arab'' als F-s-n-ṭ-ī-n überliefert ist, vertreten einige Forscher die Meinung, al-Nuwayrī habe eigentlich den Namen Photeinos im Sinn gehabt.<ref name="ftn20">Codoñer, ''Emperor'', S. 203-205, mit Verweis auf Michele Amari und Alexander Vasiliev, die diese These ebenfalls vertraten.</ref> Andere glauben, Konstantin sei der Nachfolger des Photeinos gewesen. Interessant ist vor dem Hintergrund dieser Diskussionen der Spitzname Sūda, der ebenfalls allein bei al-Nuwayrī belegt ist und bisher nicht weitere Beachtung gefunden hat. Der Name Sūda könnte in Bezug zur Ortschaft bzw. Bucht von Souda (Σούδα/ Sūdā) nahe Chania auf Kreta stehen.<ref name="ftn21">Nach Meinung einiger war dies der Landeplatz der Muslime, vgl. Treadgold, ''Revival'', S. 253; andere vermuten diesen im Norden, vgl. Makrypoulias, Expeditions, S. 349.</ref> Dies würde dafür sprechen, dass al-Nuwayrī in der Tat Photeinos und nicht Konstantin gemeint hat. Diese kleine, aber bedeutende Zusatzinformation in al-Nuwayrīs Werk könnte damit zu der intensiv geführten Debatte beitragen, wer der Stratege Siziliens war, bevor Euphemios die Herrschaft über die Insel an sich riss.
[§9] Interessant ist des Weiteren die Figur des Qusnaṭīn al-Baṭrīq, den al-Nuwayrī für das Jahr 211/826-827 als Vorsteher Siziliens nennt. Der Name Qusnaṭīn wurde häufig als Konstantin (Arab. eigentlich Qusṭanṭīn) identifiziert.<ref name="ftn14">Vgl. Prosopographie, Konstantinos, #3928/corr.</ref> Ein byzantinisches Siegel, das einen „Konstantin, ''patrikios'', ''basileus'', ''protospatharios'' und Stratege von Sizilien“ (''Κωνσταντίνῳ πατρικίῳ βασιλικῷ πρωτοσπαθαρίῳ καὶ στρατηγῷ Σικελίας'') dokumentiert, wurde als weiteres Indiz dafür gewertet, dass der damalige Stratege Siziliens ein Konstantin gewesen sein muss. Das Siegel ist allerdings nicht eindeutig zu datieren, der Name Konstantin außerdem zu häufig, um es jenem Strategen von 826-827 zuzuweisen.<ref name="ftn15">Kislinger, Seibt, Sigilli, S. 21-23. </ref> Vorsicht ist außerdem angeraten, weil die übrigen Parallelquellen keine bzw. andere Namen anführen.<ref name="ftn16">Johannes Neapolitanus, Gesta episcoporum Neapolitanorum, ed. Georg Waitz (MGH SS rer. Lang.), Hannover: Hahn’sche Buchhandlung, 1878, S. 424-438, cap. 54, S. 429, nennt einen ''Grigorius patricius''. Das ''Chronicon Salernitanum'', ed. Ulla Westerbergh, Stockholm: Almqvist & Wiksell International, 1956, cap. 60, S. 59, spricht von einem namenlosen ''Graeculus''.</ref> Einige byzantinische Quellen geben an, dass um 825-826 ein gewisser Photeinos Stratege in Sizilien wurde.<ref name="ftn17">Vgl. Prosopographie, Photeinos, #6241.</ref> Dieser wiederum ist bekannt für seinen Dienst auf der Insel Kreta, wo er als Stratege den Angriff von Muslimen zwischen den Jahren 824-827 abzuwehren versuchte – erfolglos.<ref name="ftn18">Makrypoulias, Expeditions, S. 347-348.</ref> Von Kreta wurde Photeinos, so berichtet z. B. der byzantinische Geschichtsschreiber Ioannes Skylitzes (11. Jh.), nach Sizilien beordert.<ref name="ftn19">Theophanus Continuatus, ''Chronographia'', ed. Ihor Ševčenko, übers. Michael Featherstone und Juan Signes Codoñer (Corpus Fontium Historia Byzantinae 53), Berlin: De Gruyter, 2015, lib. 2, cap. 21-23, S. 76-78; Ioannis Scylitzae, ''Synopsis Historiarum'' (Corpus Fontium Historiae Byzantinae 5), Berlin: De Gruyter, 1973, lib. 3, cap. 16-20, S. 43; John Skylitzes, ''A Synopsis of Byzantine History, 811-1057'', übers. John Wortley, Cambridge: Cambridge University Press, 2010, lib. 3, cap. 16, S. 45; Christides, ''Conquest'', S. 81-85; Lewis, ''Power'', S. 104, 108; Tsounkarakes, Crete, S. 30-34.</ref> Weil die Schreibung von Q-s-n-ṭ-ī-n in den Handschriften des ''Kitāb Nihāyat al-arab'' als F-s-n-ṭ-ī-n überliefert ist, vertreten einige Forscher die Meinung, al-Nuwayrī habe eigentlich den Namen Photeinos im Sinn gehabt.<ref name="ftn20">Codoñer, ''Emperor'', S. 203-205, mit Verweis auf Michele Amari und Alexander Vasiliev, die diese These ebenfalls vertraten.</ref> Andere glauben, Konstantin sei der Nachfolger des Photeinos gewesen. Interessant ist vor dem Hintergrund dieser Diskussionen der Spitzname Sūda, der ebenfalls allein bei al-Nuwayrī belegt ist und bisher nicht weitere Beachtung gefunden hat. Der Name Sūda könnte in Bezug zur Ortschaft bzw. Bucht von Souda (Σούδα/ Sūdā) nahe Chania auf Kreta stehen.<ref name="ftn21">Nach Meinung einiger war dies der Landeplatz der Muslime, vgl. Treadgold, ''Revival'', S. 253; andere vermuten diesen im Norden, vgl. Makrypoulias, Expeditions, S. 349.</ref> Dies würde dafür sprechen, dass al-Nuwayrī in der Tat Photeinos und nicht Konstantin gemeint hat. Diese kleine, aber bedeutende Zusatzinformation in al-Nuwayrīs Werk könnte damit zu der intensiv geführten Debatte beitragen, wer der Stratege Siziliens war, bevor Euphemios die Herrschaft über die Insel an sich riss.


[§10] Der Bericht des al-Nuwayrī hebt sich in einem weiteren Punkt von den übrigen Darstellungen zu 827 ab, weil er eindrücklich die inner-islamische Entscheidungsfindung behandelt, die dem Angriff auf Sizilien vorausgegangen sein soll. Anders als beispielsweise im ''Chronicon Salernitanum'', in welchem sich der aġlabidische Emir beinahe schadenfroh über den inner-byzantinischen Konflikt gefreut haben soll und unmittelbar zum Angriff bereit gewesen sei, stellt al-Nuwayrī nicht den Willen des Herrschers, sondern die Diskussionen seiner Gelehrten in den Vordergrund. Während zunächst die Meinung eines Kollektivs wiedergegeben wird, das die Plünderung, nicht aber die Besiedelung Siziliens empfiehlt, wird der Rechtsgelehrte Saḥnūn als Vertreter einer Gegenmeinung namentlich aus dieser Gruppe hervorgehoben. Nachdem sich der Gelehrte über die geostrategische Lage Siziliens informiert hat, rät er von dem Vorhaben ab, indem er von einem Vogel spricht, der auf Grund der Entfernung zu Ifrīqiya nicht nach Sizilien fliegen würde. Dieses Bild dient nicht nur der objektiven Veranschaulichung von potenzieller Gefahr, sondern drückt als Metapher auch den persönlichen Standpunkt des Gelehrten aus: Der Name „Saḥnūn“ bezeichnet nämlich eine Vogelart, die dem Gelehrten, der eigentlich Muḥammad b. Saʿīd hieß, auf Grund seiner Spitzfindigkeit zugedacht worden war.<ref name="ftn22">Brockopp, Saḥnūn, S. 84.</ref> In al-Nuwayrī positioniert sich Saḥnūn damit gegen ein Unternehmen, das der Emir unter das Kommando eines gewissen Asad b. al-Furāt (gest. 213/828) stellte.  
[§10] Der Bericht des al-Nuwayrī hebt sich in einem weiteren Punkt von den übrigen Darstellungen zu 827 ab, weil er eindrücklich die inner-islamische Entscheidungsfindung behandelt, die dem Angriff auf Sizilien vorausgegangen sein soll. Anders als beispielsweise im ''Chronicon Salernitanum'', in welchem sich der aġlabidische Emir beinahe schadenfroh über den inner-byzantinischen Konflikt gefreut haben soll und unmittelbar zum Angriff bereit gewesen sei, stellt al-Nuwayrī nicht den Willen des Herrschers, sondern die Diskussionen seiner Gelehrten in den Vordergrund. Während zunächst die Meinung eines Kollektivs wiedergegeben wird, das die Plünderung, nicht aber die Besiedelung Siziliens empfiehlt, wird der Gelehrte Saḥnūn als Vertreter einer Gegenmeinung namentlich aus dieser Gruppe hervorgehoben. Nachdem sich der Gelehrte über die geostrategische Lage Siziliens informiert hat, rät er von dem Vorhaben ab, indem er von einem Vogel spricht, der auf Grund der Entfernung zu Ifrīqiya nicht nach Sizilien fliegen würde. Dieses Bild dient nicht nur der objektiven Veranschaulichung von potenzieller Gefahr, sondern drückt als Metapher vielleicht auch den persönlichen Standpunkt des Gelehrten aus: Der Name „Saḥnūn“ bezeichnet nämlich auch eine Vogelart, die womöglich auf die Spitzfindigkeit des Namensträgers verweist.<ref name="ftn22">So zumindest wird der Name des Rechtsgelehrten Saḥnūn b. Saʿīd (gest. 240/855) erklärt bei: Brockopp, Saḥnūn, S. 84.</ref> In al-Nuwayrī positioniert sich Saḥnūn damit gegen ein Unternehmen, das der Emir unter das Kommando eines gewissen Asad b. al-Furāt (gest. 213/828) stellte.  


[§11] Asad b. al-Furāt gehörte ebenfalls den Religionsgelehrten von Kairouan an und stand ihnen nach Saḥnūn für eine Zeit als oberster Richter (''qāḍī'') vor. Erwähnenswert ist dabei, dass Asad zusammen mit Saḥnūn in Medina bei Mālik b. Anas studiert hatte, in Ifrīqiya aber später nicht mehr die Lehrmeinungen der mālikitischen, sondern der konkurrierenden hanafitischen Rechtsschule vertrat. Verschiedene arabisch-islamische Quellen berichten, dass Konkurrenz und Feindschaft das Verhältnis der beiden zueinander bestimmt habe. Außerdem weiß man, dass die islamischen Rechtsgelehrten Eroberungen und vor allem Plünderungen nicht unbedingt positiv gegenüber eingestellt waren. Gerade unter den Vertretern der mālikitischen Rechtsschule soll die Sorge groß gewesen sein, dass die Moral der Muslime durch Beutekriege verdorben werden könnte.<ref name="ftn23">Metcalfe, ''Muslims'', S. 11-12, mit FN 18 auf S. 23.</ref> In der Sammlung von Gelehrtenbiographien aus Ifrīqiya des mālikitischen Rechtsgelehrten und Historiographen al-Mālikī (gest. nach 449/1057) werden mehrere Aussprüche, Stellungnahmen und Entscheide muslimischer Rechtsgelehrter des 3./9. Jahrhunderts überliefert. Al-Mālikī hatte zu diesen Zeugnissen in den Archiven und Bibliotheken von Kairouan selbst Zugang. Er gibt dabei auch mehrere Meinungen zum Thema der Eroberung Siziliens wieder.<ref name="ftn24">Al-Mālikī, ''Riyāḍ al-nufūs fī ṭabaqāt ʿulamāʾ al-Qayrawān wa-Ifrīqiya'', ed. Bašīr al-Bakkūš, Beirut: Dār al-Ġarb al-islāmī, 3 Bde., 1981-1984, Bd. 2, S. 254-273.</ref> Dabei taucht auch Saḥnūn auf, wobei seine kritische Haltung zum sizilischen Unternehmen immer wieder zum Vorschein kommt und ebenfalls mit der Haltung von Asad b. Fūrāt kontrastiert wird.<ref name="ftn25">Al-Mālikī, ''Riyāḍ al-nufūs'', ed. al-Bakkūš, Bd. 2, S. 254-273, S. 422.</ref> Der Konflikt zwischen den beiden Autoritäten könnte damit stellvertretend für die konkurrierenden Positionen der verschiedenen Rechtsschulen zum Thema Plünderung, Eroberung und Expansion stehen.  
[§11] Asad b. al-Furāt gehörte den Religionsgelehrten von Kairouan an und stand ihnen für eine Zeit als oberster Richter (''qāḍī'') vor. Erwähnenswert ist dabei, dass Asad in Medina bei Mālik b. Anas studiert hatte, in Ifrīqiya aber später nicht mehr die Lehrmeinungen der mālikitischen, sondern der konkurrierenden hanafitischen Rechtsschule vertrat. Verschiedene arabisch-islamische Quellen berichten, dass Konkurrenz und Feindschaft das Verhältnis zwischen Asad und Saḥnūn zueinander bestimmt habe. Außerdem weiß man, dass die islamischen Rechtsgelehrten generell Eroberungen und vor allem Plünderungen nicht unbedingt positiv gegenüber eingestellt waren. Gerade unter den Vertretern der mālikitischen Rechtsschule soll die Sorge groß gewesen sein, dass die Moral der Muslime durch Beutekriege verdorben werden könnte.<ref name="ftn23">Metcalfe, ''Muslims'', S. 11-12, mit FN 18 auf S. 23.</ref> In der Sammlung von Gelehrtenbiographien aus Ifrīqiya des mālikitischen Rechtsgelehrten und Historiographen al-Mālikī (gest. nach 449/1057) werden mehrere Aussprüche, Stellungnahmen und Entscheide muslimischer Rechtsgelehrter des 3./9. Jahrhunderts überliefert. Al-Mālikī hatte zu diesen Zeugnissen in den Archiven und Bibliotheken von Kairouan selbst Zugang. Er gibt dabei auch mehrere Meinungen zum Thema der Eroberung Siziliens wieder.<ref name="ftn24">Al-Mālikī, ''Riyāḍ al-nufūs fī ṭabaqāt ʿulamāʾ al-Qayrawān wa-Ifrīqiya'', ed. Bašīr al-Bakkūš, Beirut: Dār al-Ġarb al-islāmī, 3 Bde., 1981-1984, Bd. 2, S. 254-273.</ref> Dabei taucht auch Saḥnūn auf, wobei seine kritische Haltung zum sizilischen Unternehmen immer wieder zum Vorschein kommt und ebenfalls mit der Haltung von Asad b. Fūrāt kontrastiert wird.<ref name="ftn25">Al-Mālikī, ''Riyāḍ al-nufūs'', ed. al-Bakkūš, Bd. 2, S. 254-273, S. 422.</ref> Der Konflikt zwischen den beiden Autoritäten könnte damit stellvertretend für die konkurrierenden Positionen von Gelerhten zum Thema Plünderung, Eroberung und Expansion stehen.  


[§12] Dass al-Nuwayrī selbst im nächsten Umfeld eines mālikitischen ''qāḍī'' lebte, der ursprünglich vielleicht sogar Patron seines Werkes war, mag dazu beigetragen zu haben, dass diese bemerkenswerte Anekdote, die an den mālikitischen Rechtsgelehrten Saḥnūn erinnert und seine Besonnenheit herausstellt, in den Bericht integriert wurde. Ob es sich um eine echte Aussage des Saḥnūn handelte oder ob al-Nuwayrī den Dialog, womöglich inspiriert durch die Sammlung des al-Mālikī, fingiert hat, lässt sich nicht beantworten. Es steht aber zumindest zu vermuten, dass al-Nuwayrī mit dieser Passage selbst Position zum Unternehmen in Sizilien bezog.  
[§12] Dass al-Nuwayrī selbst im nächsten Umfeld eines mālikitischen ''qāḍī'' lebte, der ursprünglich vielleicht sogar Patron seines Werkes war, mag dazu beigetragen zu haben, dass diese Anekdote in den Bericht integriert wurde. Ob es sich um eine echte Aussage des Saḥnūn handelte oder ob al-Nuwayrī den Dialog, womöglich inspiriert durch die Sammlung des al-Mālikī, fingiert hat, lässt sich nicht beantworten. Es steht aber zumindest zu vermuten, dass al-Nuwayrī mit dieser Passage selbst Position zum Unternehmen in Sizilien bezog.  


[§13] Insgesamt bietet die hier zitierte Passage somit nicht nur eine Parallelüberlieferung mit abweichendem Erklärungsmodell und wertvollen Zusatzinformationen zum Beginn der islamischen Eroberung Siziliens. Sie reflektiert außerdem das Handeln der Eroberer und lässt dadurch sowohl jegliche interreligiösen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen als auch Schuldzuweisungen oder moralische Wertungen in den Hintergrund treten. Allem Anschein nach mahnt al-Nuwayrī vorsichtig die eigenen Reihen: Durch die (vielleicht fingierte) Wiedergabe einer religiös-rechtlichen Autorität weist al-Nuwayrī auf Unstimmigkeiten innerhalb der Muslime hin und mag damit die Entscheidung zur Eroberung Siziliens retrospektiv sogar in Frage gestellt haben. Aus seiner Perspektive sollte Saḥnūn nämlich recht behalten: Die Eroberung Siziliens ging nicht nur enorm langsam voran, sondern war früh von inneren Spaltungen und Konflikten gezeichnet. Überdies schrieb al-Nuwayrī zu einem Zeitpunkt, da die islamische Provinz Sizilien längst wieder an die „Franken“ gefallen war, was in der arabisch-islamischen Geschichtsschreibung bisweilen als „Strafe Gottes“ gedeutet wurde.<ref name="ftn26">Al-Mālikī, ''Riyāḍ al-nufūs'', ed. al-Bakkūš, Bd. 1, S. 273.</ref>|6=Al-Nuwayrī, ''Nihāyat al-arab fī funūn al-adab'', ed. Naǧīb Muṣṭafā Fawwāz, Ḥikmat Kašlī Fawwāz, Bd. 24, Beirut: Dār al-Kutub al-ʿIilmīyat, 2004, S. 193-196.
[§13] Insgesamt bietet die hier zitierte Passage somit nicht nur eine Parallelüberlieferung mit abweichendem Erklärungsmodell und wertvollen Zusatzinformationen zum Beginn der islamischen Eroberung Siziliens. Sie reflektiert außerdem das Handeln der Eroberer und lässt dadurch sowohl jegliche interreligiösen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen als auch Schuldzuweisungen oder moralische Wertungen in den Hintergrund treten. Allem Anschein nach mahnt al-Nuwayrī vorsichtig die eigenen Reihen: Durch die (vielleicht fingierte) Wiedergabe einer religiös-rechtlichen Autorität weist al-Nuwayrī auf Unstimmigkeiten innerhalb der Muslime hin und mag damit die Entscheidung zur Eroberung Siziliens retrospektiv sogar in Frage gestellt haben. Aus seiner Perspektive sollte Saḥnūn nämlich recht behalten: Die Eroberung Siziliens ging nicht nur enorm langsam voran, sondern war früh von inneren Spaltungen und Konflikten gezeichnet. Überdies schrieb al-Nuwayrī zu einem Zeitpunkt, da die islamische Provinz Sizilien längst wieder an die „Franken“ gefallen war, was in der arabisch-islamischen Geschichtsschreibung bisweilen als „Strafe Gottes“ gedeutet wurde.<ref name="ftn26">Al-Mālikī, ''Riyāḍ al-nufūs'', ed. al-Bakkūš, Bd. 1, S. 273.</ref>|6=Al-Nuwayrī, ''Nihāyat al-arab fī funūn al-adab'', ed. Naǧīb Muṣṭafā Fawwāz, Ḥikmat Kašlī Fawwāz, Bd. 24, Beirut: Dār al-Kutub al-ʿIilmīyat, 2004, S. 193-196.
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Marçais, Georges: Art. Asab b. al-Furāt, in: ''Encyclopaedia of Islam ''2, Bd. 1, Leiden: Brill, 1960, S. 685.
Marçais, Georges: Art. Asab b. al-Furāt, in: ''Encyclopaedia of Islam ''2, Bd. 1, Leiden: Brill, 1960, S. 685.


Talbi, Mohamed: Art. Saḥnūn, in: ''Encyclopaedia of Islam ''2, Bd. 8, Leiden: Brill, 1995, S. 843.|8=arabisch-islamische Expansion, Asad b. al-Furāt, Byzanz, Eroberung, Euphemios, Flotte, Friedenverträge, Hanafiten, hanafitische Rechtsschule, Ifrīqiya, Kollaboration, Malikiten, malikitische Rechtsschule, Nordafrika, Rechtfertigung und Motive von Eroberung, Rechtsgelehrte, Saḥnūn b. Saʿīd, Sizilien, Syrakus, ''ʿulamāʾ|3a=في سنة إحدى عشرة ومائتين، ولى ملك القسطنطينية على صقلية قسنطين[sic] البطريق الملقب بسودة فعمر أسطوﻻ وسيره إلى برّ إفريقية. وولى عليهم فيمي الرومي، وكان مقدما من بطارقته، فاختطف من بعض سواحلها مجازا وبقي مدة. فوصل كتاب صاحب القسطنطينية إلى قسنطين، يأمره بعزل فيمي وأن يعذبه لشيء بلغه عنه.|3b=فاتصل ذلك بفيمي، فمضى إلى مدينة سرقوسة. وملكها ونزع يده من الطاعة . فخرج إليه قسنطين، فالتقوا واقتتلوا، فانهزم قسنطين وقتل. وخوطب فيمي بالملك. وكان ممن انقطع إليه علج من الأرمنيين، يقال له بلاطة. فقدمه وولاه على ناحية من الجزيرة . فخالف على فيمي وخرج إليه وقاتله . فانهزم فيمي وقتل من أصحابه ألف رجل. ودخل بلاطة مدينة سرقوسة.|3c=وركب فيمي ومن معه في البحر. وتوجه إلى إفريقية إلى زيادة الله بن إبراهيم بن الأغلب يستنصر به. فجمع زيادة الله وجوه أهل القيروان وفقهاءها واستشارهم في إنفاذ الأسطول إلى جزيرة صقلية . فقال بعضهم: «نغزوها ولا نسكنها ولا نتخذها وطناً.» فقال سحنون بن قادم رحمه الله: «كم بينها وبين بلاد الروم؟» فقالوا: «يروح الإنسان مرتين وثلاثة في النهار ويرجع.» قال: «ومن ناحية إفريقية» قالوا: «يوم وليلة» قال: «لو كنت طائراً ما طرت عليها.» وأشار من بقي بغزوها، ورغبوا في ذلك، وسارعوا إليه. فخرج أمر زيادة الله إلى فيمي بالتوجه إلى مرسى سوسة، والإقامة هناك إلى أن يأتيه الأسطول. وجمع الأسطول والمقاتلة. واستعمل عليهم القاضي أسد بن الغرات.|3d=وأقلع الأسطول من مدينة سوسة يوم السبت للنصف من شهر ربيع الأول سنة اثنتي عشرة ومائتين، وهو نحو مائة مركب سوى مراكب فيمى، وذلك فى خلافة المأمون. فوصل مازر يوم الثلاثاء. فأمر بالخيل فأخرجت من المراكب، وكانت سبعمائة فرس وعشرة آلاف راجل.|4a=Im Jahr 211 [April 826-April 827] setzte der Herrscher von Konstantinopel Qusnaṭīn al-Baṭrīq, der den Titel Sūda trug, in Sizilien ein. Dieser stellte eine Flotte auf und sandte sie zum Land von Ifrīqiya. Das Kommando über sie übernahm Euphemios der Byzantiner (''Fīmī al-Rūmī''), der der Befehlshaber (''muqaddam'') seiner [d.h. Siziliens] Verwaltungseinheit (''baṭāriqatihā'') [von Gr. ''πατρικία''/ ''patrikia''] war. Er bemächtigte sich einiger Küstenstreifen und blieb dort eine Weile. Dann erreichte ein Schreiben des Herrschers von Konstantinopel Qusnaṭīn, das ihm befahl, Euphemios zu verhaften und ihn für die Sache zu bestrafen, die man ihm [dem Kaiser] über diesen [Euphemios] mitgeteilt hatte.|4b=Als Euphemios dies erfuhr, zog er zur Stadt Syrakus, nahm sie in Besitz und entzog sich dem Gehorsam. Qusnaṭīn zog gegen ihn aus. Sie trafen aufeinander und kämpften. Qusnaṭīn wurde besiegt und getötet, und Euphemios wurde zum Herrscher ausgerufen. Unter denjenigen, die zu ihm überliefen, war ein gewisser Ungläubiger (''ʿilğ'') von den Armeniern, der Balāṭa hieß. Er [Euphemios] beförderte ihn und setzte ihn über eine Region der Insel ein. Aber er widersetzte sich Euphemios, zog gegen ihn aus und kämpfte mit ihm. Euphemios wurde besiegt, 1000 seiner Gefährten wurden getötet und Balāṭa zog in die Stadt Syrakus ein.|4c=Euphemios bestieg mit denen, die mit ihm waren, ein Schiff und wandte sich nach Ifrīqiya zu Ziyādat Allāh Ibrāhīm b. al-Aġlab, den er um Hilfe bat. Ziyādat Allāh versammelte die Obersten Kairouans und seine Rechtsgelehrten und befragte sie zur Entsendung einer Flotte zur Insel Sizilien. Einige von ihnen sagten: „Wir sollten die Insel plündern, aber weder besiedeln noch zur Heimat nehmen.“ Dann sagte Saḥnūn b. Qādīm, Gott sei ihm gnädig: „Wie weit ist es von dort zu den Ländern der Byzantiner?“ Sie antworteten: „Ein Mann kann zwei oder drei Mal pro Tag hin- und zurückfahren.“ Er sagte: „Und von Ifrīqiya?“ Sie antworteten: „Ein Tag und eine Nacht.“ Da sagte er: „Wenn ich ein Vogel wäre, so würde ich nicht dorthin fliegen.“ Die übrigen empfahlen aber anzugreifen, wünschten sich dies auch und beeilten sich, alles vorzubereiten. So erging der Befehl des Ziyādat Allāh an Euphemios, sich in den Hafen von Sousse zu begeben und dort zu bleiben, bis die Flotte ihn erreiche. Er [Euphemios] sammelte die Flotte und die Kämpfer und setzte ihnen den Qāḍī Asad b. al-Furāt vor.|4d=Die Flotte stach an einem Samstag von Sousse aus in See und zwar zur Mitte des Monats rabīʿ al-awwal 121 (14. Juni 827) mit etwa 100 Schiffen, das Schiff des Euphemios ausgenommen. Dies war zur Zeit des Kalifats von al-Maʾmūn [regn. 196-218/812-833]. Sie erreichten Mazara an einem Dienstag. Dort befahl er [Asad], dass die Pferde entladen werden von den Schiffen. Sie waren 700 Reiter und 10.000 Fußkämpfer.}}
|8=arabisch-islamische Expansion, Asad b. al-Furāt, Byzanz, Eroberung, Euphemios, Flotte, Friedenverträge, Hanafiten, hanafitische Rechtsschule, Ifrīqiya, Kollaboration, Malikiten, malikitische Rechtsschule, Nordafrika, Rechtfertigung und Motive von Eroberung, Rechtsgelehrte, Sizilien, Syrakus, ''ʿulamāʾ|3a=في سنة إحدى عشرة ومائتين، ولى ملك القسطنطينية على صقلية قسنطين[sic] البطريق الملقب بسودة فعمر أسطوﻻ وسيره إلى برّ إفريقية. وولى عليهم فيمي الرومي، وكان مقدما من بطارقته، فاختطف من بعض سواحلها مجازا وبقي مدة. فوصل كتاب صاحب القسطنطينية إلى قسنطين، يأمره بعزل فيمي وأن يعذبه لشيء بلغه عنه.|3b=فاتصل ذلك بفيمي، فمضى إلى مدينة سرقوسة. وملكها ونزع يده من الطاعة . فخرج إليه قسنطين، فالتقوا واقتتلوا، فانهزم قسنطين وقتل. وخوطب فيمي بالملك. وكان ممن انقطع إليه علج من الأرمنيين، يقال له بلاطة. فقدمه وولاه على ناحية من الجزيرة . فخالف على فيمي وخرج إليه وقاتله . فانهزم فيمي وقتل من أصحابه ألف رجل. ودخل بلاطة مدينة سرقوسة.|3c=وركب فيمي ومن معه في البحر. وتوجه إلى إفريقية إلى زيادة الله بن إبراهيم بن الأغلب يستنصر به. فجمع زيادة الله وجوه أهل القيروان وفقهاءها واستشارهم في إنفاذ الأسطول إلى جزيرة صقلية . فقال بعضهم: «نغزوها ولا نسكنها ولا نتخذها وطناً.» فقال سحنون بن قادم رحمه الله: «كم بينها وبين بلاد الروم؟» فقالوا: «يروح الإنسان مرتين وثلاثة في النهار ويرجع.» قال: «ومن ناحية إفريقية» قالوا: «يوم وليلة» قال: «لو كنت طائراً ما طرت عليها.» وأشار من بقي بغزوها، ورغبوا في ذلك، وسارعوا إليه. فخرج أمر زيادة الله إلى فيمي بالتوجه إلى مرسى سوسة، والإقامة هناك إلى أن يأتيه الأسطول. وجمع الأسطول والمقاتلة. واستعمل عليهم القاضي أسد بن الغرات.|3d=وأقلع الأسطول من مدينة سوسة يوم السبت للنصف من شهر ربيع الأول سنة اثنتي عشرة ومائتين، وهو نحو مائة مركب سوى مراكب فيمى، وذلك فى خلافة المأمون. فوصل مازر يوم الثلاثاء. فأمر بالخيل فأخرجت من المراكب، وكانت سبعمائة فرس وعشرة آلاف راجل.|4a=Im Jahr 211 [April 826-April 827] setzte der Herrscher von Konstantinopel Qusnaṭīn al-Baṭrīq, der den Titel Sūda trug, in Sizilien ein. Dieser stellte eine Flotte auf und sandte sie zum Land von Ifrīqiya. Das Kommando über sie übernahm Euphemios der Byzantiner (''Fīmī al-Rūmī''), der der Befehlshaber (''muqaddam'') seiner [d.h. Siziliens] Verwaltungseinheit (''baṭāriqatihā'') [von Gr. ''πατρικία''/ ''patrikia''] war. Er bemächtigte sich einiger Küstenstreifen und blieb dort eine Weile. Dann erreichte ein Schreiben des Herrschers von Konstantinopel Qusnaṭīn, das ihm befahl, Euphemios zu verhaften und ihn für die Sache zu bestrafen, die man ihm [dem Kaiser] über diesen [Euphemios] mitgeteilt hatte.|4b=Als Euphemios dies erfuhr, zog er zur Stadt Syrakus, nahm sie in Besitz und entzog sich dem Gehorsam. Qusnaṭīn zog gegen ihn aus. Sie trafen aufeinander und kämpften. Qusnaṭīn wurde besiegt und getötet, und Euphemios wurde zum Herrscher ausgerufen. Unter denjenigen, die zu ihm überliefen, war ein gewisser Ungläubiger (''ʿilğ'') von den Armeniern, der Balāṭa hieß. Er [Euphemios] beförderte ihn und setzte ihn über eine Region der Insel ein. Aber er widersetzte sich Euphemios, zog gegen ihn aus und kämpfte mit ihm. Euphemios wurde besiegt, 1000 seiner Gefährten wurden getötet und Balāṭa zog in die Stadt Syrakus ein.|4c=Euphemios bestieg mit denen, die mit ihm waren, ein Schiff und wandte sich nach Ifrīqiya zu Ziyādat Allāh Ibrāhīm b. al-Aġlab, den er um Hilfe bat. Ziyādat Allāh versammelte die Obersten Kairouans und seine Rechtsgelehrten und befragte sie zur Entsendung einer Flotte zur Insel Sizilien. Einige von ihnen sagten: „Wir sollten die Insel plündern, aber weder besiedeln noch zur Heimat nehmen.“ Dann sagte Saḥnūn b. Qādīm, Gott sei ihm gnädig: „Wie weit ist es von dort zu den Ländern der Byzantiner?“ Sie antworteten: „Ein Mann kann zwei oder drei Mal pro Tag hin- und zurückfahren.“ Er sagte: „Und von Ifrīqiya?“ Sie antworteten: „Ein Tag und eine Nacht.“ Da sagte er: „Wenn ich ein Vogel wäre, so würde ich nicht dorthin fliegen.“ Die übrigen empfahlen aber anzugreifen, wünschten sich dies auch und beeilten sich, alles vorzubereiten. So erging der Befehl des Ziyādat Allāh an Euphemios, sich in den Hafen von Sousse zu begeben und dort zu bleiben, bis die Flotte ihn erreiche. Er [Euphemios] sammelte die Flotte und die Kämpfer und setzte ihnen den Qāḍī Asad b. al-Furāt vor.|4d=Die Flotte stach an einem Samstag von Sousse aus in See und zwar zur Mitte des Monats rabīʿ al-awwal 121 (14. Juni 827) mit etwa 100 Schiffen, das Schiff des Euphemios ausgenommen. Dies war zur Zeit des Kalifats von al-Maʾmūn [regn. 196-218/812-833]. Sie erreichten Mazara an einem Dienstag. Dort befahl er [Asad], dass die Pferde entladen werden von den Schiffen. Sie waren 700 Reiter und 10.000 Fußkämpfer.}}
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