848: Beschluss zur Vertreibung der Muslime aus den langobardischen Herzogtümern: Unterschied zwischen den Versionen

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Dass derartige Konflikte eine Intervention Ludwigs II. auf den Plan rief, mag angesichts der ohnehin angespannten Lage, in der sich die süditalienische Halbinsel auf Grund der „Sarazenengefahr“ sah, nicht verwundern. Die Aktivität muslimischer Söldner, Plünderer und Eroberer beschränkte sich nämlich bei weitem nicht auf die langobardischen Gebiete: nach Razzien auf apulische und kalabresische Küstenstädten wurden nun auch das kampanische und lukanische Hinterland mit seinen Klöstern und Kirchen heimgesucht. Die dringlichste Aufmerksamkeit aber galt der Stadt Rom, die zusammen mit ihrer Hafenstadt Ostia von den Muslimen bedroht und schließlich angegriffen wurde. Neben solchen Überfällen gelang es auch, einige Orte zeitweise unter islamische Vorherrschaft zu bringen: Noch 839 eroberten die Muslime erstmals das byzantinische Tarent und 847 Bari, wo für rund 30 Jahre sogar ein eigenes Emirat etabliert werden konnte,<ref name="ftn7">847: Al-Balaḏūrī über das Emirat von Bari.</ref> für dessen Unterwerfung sich ebenfalls Ludwig II. einsetzte – ein erfolgloses erstes Mal bald nach den hier behandelten Verhandlungen und ein zweites Mal, als er die Stadt mit Unterstützung einer byzantinischen Flotte 871 einnehmen konnte.
Dass derartige Konflikte eine Intervention Ludwigs II. auf den Plan rief, mag angesichts der ohnehin angespannten Lage, in der sich die süditalienische Halbinsel auf Grund der „Sarazenengefahr“ sah, nicht verwundern. Die Aktivität muslimischer Söldner, Plünderer und Eroberer beschränkte sich nämlich bei weitem nicht auf die langobardischen Gebiete: nach Razzien auf apulische und kalabresische Küstenstädten wurden nun auch das kampanische und lukanische Hinterland mit seinen Klöstern und Kirchen heimgesucht. Die dringlichste Aufmerksamkeit aber galt der Stadt Rom, die zusammen mit ihrer Hafenstadt Ostia von den Muslimen bedroht und schließlich angegriffen wurde. Neben solchen Überfällen gelang es auch, einige Orte zeitweise unter islamische Vorherrschaft zu bringen: Noch 839 eroberten die Muslime erstmals das byzantinische Tarent und 847 Bari, wo für rund 30 Jahre sogar ein eigenes Emirat etabliert werden konnte,<ref name="ftn7">847: Al-Balaḏūrī über das Emirat von Bari.</ref> für dessen Unterwerfung sich ebenfalls Ludwig II. einsetzte – ein erfolgloses erstes Mal bald nach den hier behandelten Verhandlungen und ein zweites Mal, als er die Stadt mit Unterstützung einer byzantinischen Flotte 871 einnehmen konnte.


Trotz dieser bedrohlichen Dynamik islamischer Expansionen auf der süditalienischen Halbinsel fand aber auch ein beachtliches Maß an Kooperation zwischen lokalen lateinischen Herrschern und den muslimischen Kämpfern statt. Im Kontext der hier besprochenen Quellenstelle scheint diese zunächst verschleiert: Die Sarazenen werden nur oberflächlich erwähnt und als einheitliche Großgruppe gefasst, über die scheinbar keine weiteren Informationen vorlagen. In lokalen Chroniken dieser Zeit wird allerdings durchaus deutlich, dass Differenzen innerhalb der Gruppe wahrgenommen und beschrieben werden konnten, so beispielsweise zwischen ''Mauri'' und ''Saraceni''. Diese dienten nicht nur als Söldner, sondern wurden bald im nächsten Umfeld des Herrschers greifbar. So machte Radelchis muslimische Kämpfer zu seiner Leibwache, unter denen ein gewisser Massar so weit in der Gunst des Herrschers aufstieg, dass er mit dem Titel ''dux'' bezeichnet wurde. Dies zeigt, dass die ''Saraceni'' als bedeutende Stützen des umstrittenen Herrschers fungierten.
Trotz dieser bedrohlichen Dynamik islamischer Expansionen auf der süditalienischen Halbinsel fand aber auch ein beachtliches Maß an Kooperation zwischen lokalen christlichen Herrschern und den muslimischen Kämpfern statt. Im Kontext der hier besprochenen Quellenstelle scheint diese zunächst verschleiert: Die Sarazenen werden nur oberflächlich erwähnt und als einheitliche Großgruppe gefasst, über die scheinbar keine weiteren Informationen vorlagen. In lokalen Chroniken dieser Zeit wird allerdings durchaus deutlich, dass Differenzen innerhalb der Gruppe wahrgenommen und beschrieben werden konnten, so beispielsweise zwischen ''Mauri'' und ''Saraceni''. Diese dienten nicht nur als Söldner, sondern wurden bald im nächsten Umfeld des Herrschers greifbar. So machte Radelchis muslimische Kämpfer zu seiner Leibwache, unter denen ein gewisser Massar so weit in der Gunst des Herrschers aufstieg, dass er mit dem Titel ''dux'' bezeichnet wurde. Dies zeigt, dass die ''Saraceni'' als bedeutende Stützen des umstrittenen Herrschers fungierten.


Als Ludwig II. schließlich in den langobardischen Bürgerkrieg eingriff und die Stadt Benevent eroberte, unterwarf sich Radelchis I. dem König Italiens (Siconulf hatte seine Treue Ludwig II. schon einige Jahre zuvor geschworen). Er erklärte sich ohne weiteres bereit, seine muslimischen Getreuen zu verstoßen: ''Dux'' Massar, der als Anführer der von Radelchis gerufenen muslimischen Truppen fungierte,<ref name="ftn8">Settia, ''Castelli'', S. 45f.; Houben, Benevent, S. 7f.</ref> wurde öffentlich hingerichtet.<ref name="ftn9">Poupardin, Date, S. 22-25; Musca, ''Bari'', S. 38; RI I, 3, 1, Nr. 54. </ref> Folgend musste sich Radelchis I. mit der ''divisio'' zum Frieden verpflichten, was beinhaltete, die Muslime aus seinen Herrschaftsgebieten gänzlich zu vertreiben und in Zukunft keine mehr aufzunehmen.
Als Ludwig II. schließlich in den langobardischen Bürgerkrieg eingriff und die Stadt Benevent eroberte, unterwarf sich Radelchis I. dem König Italiens (Siconulf hatte seine Treue Ludwig II. schon einige Jahre zuvor geschworen). Er erklärte sich ohne weiteres bereit, seine muslimischen Getreuen zu verstoßen: ''Dux'' Massar, der als Anführer der von Radelchis gerufenen muslimischen Truppen fungierte,<ref name="ftn8">Settia, ''Castelli'', S. 45f.; Houben, Benevent, S. 7f.</ref> wurde öffentlich hingerichtet.<ref name="ftn9">Poupardin, Date, S. 22-25; Musca, ''Bari'', S. 38; RI I, 3, 1, Nr. 54. </ref> Folgend musste sich Radelchis I. mit der ''divisio'' zum Frieden verpflichten, was beinhaltete, die Muslime aus seinen Herrschaftsgebieten gänzlich zu vertreiben und in Zukunft keine mehr aufzunehmen.
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