903-906: Die Raffelstettener Zollordnung und der Export slawischer Sklaven in die islamische Sphäre: Unterschied zwischen den Versionen

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[§18] Sklaven aus Europa wurden nicht nur über Prag und Venedig, sondern auch über das Frankenreich ausgeführt. Der arabisch-islamische Geograph Ibn Ḫurdāḏbah (gest. ca. 300/911) berichtet im Zusammenhang mit den so genannten radhanitischen Juden (''al-Yahūd al-Rāḏāniyya''), dass sie u. a. weibliche und männliche Sklaven (''al-ḫadam wa-l-ǧawārī wa-l-ġulmān'') aus dem Frankenreich im Westmeer (''min Firanǧa fī l-baḥr al-ġarbī'') nach Osten brächten.<ref name="ftn28">Ibn Ḫurdāḏbah, ''Kitāb al-Masālik wa-l-mamālik'', ed. Michael de Goeje, Leiden: Brill, 1896, S. 153.</ref> Liutprand von Cremona (gest. vor 972) berichtet bezüglich seiner im Jahre 949 im Auftrag König Berengars II. von Ivrea (regn. 950-966) durchgeführten Gesandtschaft nach Konstantinopel, dass er dem Kaiser Konstantin VII. (regn. 913-959, ab 945 als Alleinherrscher) u. a. vier „carzimasische“ Sklaven (''mancipia IIII<sup>or</sup> carzimasia'') als Gastgeschenk übergeben habe, von denen Henning aufgrund ihrer Bezeichnung vermutet, dass sie ursprünglich aus dem zentralasiatischen Choresmien (''Ḫwārazm'') stammten.<ref name="ftn29">Henning, Gefangenenfesseln, S. 417.</ref> „Carzimasier“, so Liutprand,  
[§18] Sklaven aus Europa wurden nicht nur über Prag und Venedig, sondern auch über das Frankenreich ausgeführt. Der arabisch-islamische Geograph Ibn Ḫurdāḏbah (gest. ca. 300/911) berichtet im Zusammenhang mit den so genannten radhanitischen Juden (''al-Yahūd al-Rāḏāniyya''), dass sie u. a. weibliche und männliche Sklaven (''al-ḫadam wa-l-ǧawārī wa-l-ġulmān'') aus dem Frankenreich im Westmeer (''min Firanǧa fī l-baḥr al-ġarbī'') nach Osten brächten.<ref name="ftn28">Ibn Ḫurdāḏbah, ''Kitāb al-Masālik wa-l-mamālik'', ed. Michael de Goeje, Leiden: Brill, 1896, S. 153.</ref> Liutprand von Cremona (gest. vor 972) berichtet bezüglich seiner im Jahre 949 im Auftrag König Berengars II. von Ivrea (regn. 950-966) durchgeführten Gesandtschaft nach Konstantinopel, dass er dem Kaiser Konstantin VII. (regn. 913-959, ab 945 als Alleinherrscher) u. a. vier „carzimasische“ Sklaven (''mancipia IIII<sup>or</sup> carzimasia'') als Gastgeschenk übergeben habe, von denen Henning aufgrund ihrer Bezeichnung vermutet, dass sie ursprünglich aus dem zentralasiatischen Choresmien (''Ḫwārazm'') stammten.<ref name="ftn29">Henning, Gefangenenfesseln, S. 417.</ref> „Carzimasier“, so Liutprand,  


<div style="margin-left:0.25cm;margin-right:0.25cm;">„aber nennen die Griechen jungfräuliche Eunuchen, deren männliche Geschlechtsteile amputiert worden sind. Diese pflegen die Kaufleute von Verdun aufgrund des unermesslichen Gewinns herzustellen (''facere'') und nach Spanien (''in Hispaniam'') auszuführen.“<ref name="ftn30">''Liutprandus, Antapodosis, ed. Joseph Becker (MGH SS rerum Germanicarum in usum scholarum, 41), Hannover, Leipzig: Hahn, 1915, lib. VI, cap. 6, S. 155-56: „Carzimasium autem Greci vocant amputatis virilibus et virga puerum eunuchum; quod Verdunenses mercatores ob inmensum lucrum facere et in Hispaniam ducere solent.“ Übersetzung adaptiert von: Aus Liutprand’s Werken, übers. Karl v. d. Osten-Sacken, neu bearb. von W. Wattenbach (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, 29), 5. Aufl., Leipzig: Dyk, 1940, lib. VI, cap. 6, S. 97.''</ref></div>
<div style="margin-left:0.25cm;margin-right:0.25cm;">„aber nennen die Griechen jungfräuliche Eunuchen, deren männliche Geschlechtsteile amputiert worden sind. Diese pflegen die Kaufleute von Verdun aufgrund des unermesslichen Gewinns herzustellen (''facere'') und nach Spanien (''in Hispaniam'') auszuführen.“<ref name="ftn30">Liutprandus, ''Antapodosis'', ed. Joseph Becker (MGH SS rerum Germanicarum in usum scholarum, 41), Hannover, Leipzig: Hahn, 1915, lib. VI, cap. 6, S. 155-156: „Carzimasium autem Greci vocant amputatis virilibus et virga puerum eunuchum; quod Verdunenses mercatores ob inmensum lucrum facere et in Hispaniam ducere solent.“ Übersetzung adaptiert von: ''Aus Liutprand’s Werken'', übers. Karl v. d. Osten-Sacken, neu bearb. von W. Wattenbach (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, 29), 5. Aufl., Leipzig: Dyk, 1940, lib. VI, cap. 6, S. 97.</ref></div>


[§19] Die im Westfrankenreich gelegene Stadt Verdun wird u. a. auch in der ''Vita Iohannis abbatis Gorziensis'' als Stadt erwähnt, die besondere Beziehungen in das umayyadische Spanien pflegte. Als Otto I. in Reaktion auf eine Gesandtschaft ʿAbd al-Raḥmāns III. im Jahre 953 den Mönch Johannes nach Córdoba entsandte, diente ihm “ein Mann aus Verdun, der sich in Spanien auskannte” als Führer, dessen Name dann als Ermenhard angegeben wird.<ref name="ftn31">Iohannes sancti Arnulfi, ''Vita Iohannis abbatis Gorziensis'', ed. Peter Christian Jacobsen (MGH SS in rer. Germ. in us. schol. 81), § 116-117, S. 420-422: „ad hoc et quo Virdunensis quidam, gnarus partium Hispanarum, qui eos iussus erat deducere (…). Imperator (…) mandata cum litteris seu muneribus imperatoris ei committit, predictumque Virdunensem, cui nomen erat Ermenhardo, socium ob locorum regionumque notitiam facit (…).</ref> Auch wenn sich dies nicht verifizieren lässt, hat die Forschung wiederholt behauptet, es habe sich bei diesem Ermenhard um einen Sklavenhändler gehandelt.<ref name="ftn32">Borst, ''Lebensformen'', S. 829; Walther, Der gescheiterte Dialog, S. 31; dazu kritisch: Jacobsen, ''Die Geschichte'','' ''S. 44 FN 92, 422-423 FN 629, mit weiterer Literatur. </ref>
[§19] Die im Westfrankenreich gelegene Stadt Verdun wird u. a. auch in der ''Vita Iohannis abbatis Gorziensis'' als Stadt erwähnt, die besondere Beziehungen in das umayyadische Spanien pflegte. Als Otto I. in Reaktion auf eine Gesandtschaft ʿAbd al-Raḥmāns III. im Jahre 953 den Mönch Johannes nach Córdoba entsandte, diente ihm “ein Mann aus Verdun, der sich in Spanien auskannte” als Führer, dessen Name dann als Ermenhard angegeben wird.<ref name="ftn31">Iohannes sancti Arnulfi, ''Vita Iohannis abbatis Gorziensis'', ed. Peter Christian Jacobsen (MGH SS in rer. Germ. in us. schol. 81), § 116-117, S. 420-422: „ad hoc et quo Virdunensis quidam, gnarus partium Hispanarum, qui eos iussus erat deducere (…). Imperator (…) mandata cum litteris seu muneribus imperatoris ei committit, predictumque Virdunensem, cui nomen erat Ermenhardo, socium ob locorum regionumque notitiam facit (…).</ref> Auch wenn sich dies nicht verifizieren lässt, hat die Forschung wiederholt behauptet, es habe sich bei diesem Ermenhard um einen Sklavenhändler gehandelt.<ref name="ftn32">Borst, ''Lebensformen'', S. 829; Walther, Der gescheiterte Dialog, S. 31; dazu kritisch: Jacobsen, ''Die Geschichte'','' ''S. 44 FN 92, 422-423 FN 629, mit weiterer Literatur. </ref>
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