Die Rezeption des "Parzival"

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Parzival ist ein überaus vielrezipiertes Buch. Im Folgenden soll die Rezeption des Werks genauer untersucht werden, wobei Rezeption nicht nur die literarische, bildliche und musikalische Wiederaufnahme des Stoffes meint, sondern auch den Stellenwert des Parzival und die Denkweise der Gesellschaft über das Werk einschließt. Dabei soll, beginnend im Mittelalter, chronologisch vorgegangen werden, um die prägnantesten Phasen der Rezeptionsgeschichte herauszuarbeiten.


Rezeption im Mittelalter

Wolfram galt schon zu seiner Zeit als ein berühmter Dichter. [Bumke 2004: S. 29] Dementsprechend war auch Parzival bereits im Mittelalter entsprechend erfolgreich, [Bumke 2004: S. 255] was unter anderem die zahlreichen Handschriften und die "direkt[...] [einsetzende] und sehr intensive Rezeption" [Dallapiazza 2009: S. 28] in der Literatur bezeugen. Das Werk wird meistens positiv erwähnt, nur Gottfried von Straßburg fällt ein "vernichtendes Gesamturteil", [Schirok 1982: S. 67] das sich allem voran gegen Wolframs sprachlichen Stil und seine Erzählweise richtet. Den größeren Anteil macht jedoch eine anerkennende Erwähnung aus, es entsteht sogar eine Wolfram-Schule, deren Anhänger teilweise in Wolframs Namen dichteten. [Bumke 2004: S. 30] Ferner werden in anderen Werken auf Figuren des Parzival angespielt [Schirok 1982: S. 69] oder auch sprachliche sowie stilistische Eigenheiten des Autors übernommen. [Bumke 2004: S. 256] Häufig werden Figuren des Parzival übernommen und deren Geschichte in einem eigenen Werk erzählt. [Bumke 2004: S. 255] So wurde unter anderem die Gawan-Handlung in einem eigenen Werk aufgenommen und bearbeitet. [Bumke 2004: S. 255] Darüber hinaus werden Eigennamen, wie zum Beispiel Herzeloyde, Sigune oder Parzival in dieser Zeit populär. Der Einfluss des Parzival kann also auch in der spätmittelalterlichen Gesellschaft ausgemacht werden.

Da die Rezeption des Parzival in der Literatur bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts kontinuierlich abgenommen hat und schließlich abbrach, [Schirok 1982: S. 65] werde ich in meiner Darstellung einen Sprung bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts machen.

18. Jahrhundert (Romantik)

In der Romantik setzte sich nicht nur in der Literatur das Interesse für das Mittelalter fort, welches in der Aufklärung begann. [Wasielewski-Knecht 1993: S. 40] Daraus ergibt sich die erneute Beschäftigung mit dem Parzival. Erwähnenswert ist die Parzival-Dichtung Johann Jakob Bodmers, der einige religiöse Aspekte, wie die Taufe Feirefiz', ausspart. [Wasielewski-Knecht 1993: S. 42] Damit passt er sich nicht nur der in der Romantik propagierten Glaubensfreiheit an, sondern auch an die Rationalisierung der vorausgegangenen Aufklärung. Daneben kann bezüglich Bodmers Fassung auch von einer "Homerisierung Wolframs" [Dallapiazza 2009: S. 145] gesprochen werden. Dies zeigt sich im veränderten Versmaß und in dem "Musenanruf". [Dallapiazza 2009: S. 145] Es wird deutlich, dass Bodmer den Parzival-Stoff "dem Geschmack der Zeit entsprechend" [Dallapiazza 2009: S. 145] abändert.

19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert begannen Übertragungen des Parzival in andere Medien (Film, Radio) und andere Gattungen. [Bumke 2004: S. 257] Dies fügt dem Begriff der "Breitenwirkung Wolframs" [Bumke 2004: S. 31] eine neue Dimension hinzu.

Die Oper Parsifal von Richard Wagner

Entscheidend für die Parzival-Rezeption im 19. Jahrhundert ist die Übernahme des Stoffes von Richard Wagner. Die Oper Parsifal ist jedoch ideell so weit entfernt von Wolframs Parzival, dass "es nicht unbedingt offensichtlich [ist], daß es in der Hauptsache Wolframs Werk ist, das hinter dem Wagnerschen Musikdrama steht": [Wynn 1982: S. 432] Während sich Wolframs Werk schwerpunktmäßig mit Religion, Glauben und der Position des Menschen diesbezüglich auseinandersetzt, steht in der musikalischen Adaption Wagners der Zusammenhang der beiden Bereiche Sexualität und Erlösung im Zentrum.

Wilhelminismus

In der wilhelminischen Epoche standen der "Gral und Gralsucher [als] Projektionsflächen für das weit verbreitete Unbehagen des deutschen Bürgertums in der weiterhin "verspäteten Nation", [...] mit den bedrohlich erscheinenden Entwicklungen des industriellen Fortschritts und der Moderne". [Dallapiazza 2009: S. 149] Der Stoff wird also von einem bestimmten Blickwinkel aus betrachtet, der bedeutende Strömungen der damaligen Gesellschaft spiegelt. Der Parzival erscheint in diesem Zusammenhang als "konservative[] Weltanschauungsliteratur". [Dallapiazza 2009: S. 149]

20./21. Jahrhundert

Ende des 20. Jahrunderts kann von einem Mittelalterboom gesprochen werden, in dessen Rahmen auch Wolframs Parzival verstärkt ins Licht rückt. Im Bereich der bildenden Kunst sind vor allem die Bilder von Margret Hofheinz-Döring bedeutend. Sie malte mehrere Bilder, die Themen des Parzival darstellen, so zum Beispiel das Bild „Reitender Parzival“.

Hinsichtlich der Rezeption des 21. Jahrhunderts stellt sich die Frage, was den Parzival auch noch in dieser Zeit aktuell sein lässt. Ich denke es sind allem voran die zeitlos gültigen Konzepte von Schuld, Religion, aber auch Rastlosigkeit und Sehnsucht, die Parzival auch heute noch einen universellen Bedeutungsanspruch verleihen.

Fazit

Abschließend kann festgehalten werden, dass Wolframs Parzival eine "intensive Wirkungsgeschichte" [Dallapiazza 2009: S. 28] aufweist. Offensichtlich gab es in vielen Phasen der Geschichte relevante Elemente, die das Werk zeitlos gemacht haben. Oft wurde dabei das Werk aus der Sicht der damaligen Gesellschaft interpretiert und bestimmte Aspekte in den Adaptionen herausgehoben. So wurden beispielsweise im 18. Jahrhundert religiöse Themen ausgelassen.

Quellennachweise

[*Bumke 2004] Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., Stuttgart/Weimar 2004 (Sammlung Metzler 36).

[*Dallapiazza 2009] Dallapiazza, Michael: Wolfram von Eschenbach: Parzival, Berlin 2009 (Klassiker-Lektüren 12).

[*Schirok 1982] Schirok, Bernd: Parzivalrezeption im Mittelalter, Darmstadt 1982.

[*Wasielewski-Knecht 1993] Wasielewski-Knecht, Claudia: Studien zur deutschen Parzival-Rezeption in Epos und Drama des 18.-20. Jahrhunderts, Frankfurt a.M., Berlin, Bern [u.a.] 1993.

[*Wynn 1982] Wynn, Marianne: "Mittelalterliche Literatur in der Rezeption. Richard Wagner und Wolframs Parzival", In: Archiv für Kulturgeschichte, 1983, Vol. 65, Issue 2, S. 431-449.