Die Rolle des Fährmanns Plippalinot: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Fährmann '''Plippalinot''' muss innerhalb des Romans ''Parzival'' von [[Wolfram von Eschenbach (Biographie)|Wolfram von Eschenbachs]] als widersprüchliche Figur eingeordnet werden. Dieser Artikel verfolgt die Idee, die Schlüsselrolle Plippalinots für Gawans Reise nach ''Schastel marveile'' einzuordnen.
Der Fährmann '''Plippalinot''' muss innerhalb des Romans ''Parzival'' von [[Wolfram von Eschenbach (Biographie)|Wolfram von Eschenbachs]] als widersprüchliche Figur eingeordnet werden. Dieser Artikel zeigt die Schlüsselrolle Plippalinots für Gawans Reise nach ''Schastel marveile'' auf.


== Gawan trifft auf Plippalinot ==
== Gawan trifft auf Plippalinot ==

Version vom 9. Juli 2015, 10:12 Uhr

Hinweis: Dieser Artikel entsteht derzeit im Rahmen des Haupt- und Oberseminars zu Wolframs Parzival (Sommersemester 2015) und wird konstant überarbeitet.

Der Fährmann Plippalinot muss innerhalb des Romans Parzival von Wolfram von Eschenbachs als widersprüchliche Figur eingeordnet werden. Dieser Artikel zeigt die Schlüsselrolle Plippalinots für Gawans Reise nach Schastel marveile auf.

Gawan trifft auf Plippalinot

Auf dem Weg zu Schastel marveile zeigt Orgeluse Gawan den Weg durch einen Wald und überquert den Fluss, auf dessen anderer Seite sich das Schloss befindet. Gawan wird von Leschoy angegriffen und besiegt diesen. Der Fährmann Plippalinot fordert darauf das Pferd von Lischoy ein und erhält überraschend den gefangenen Ritter selbst von Gawan, da dieser im erbeuteten Tier sein Eigenes erkennt. Als Gâwan dem Fährmann von seiner unerfüllten Liebe klagt, informiert ihn Plippalinot, dass hier halt alles abenteuerlich sei (538: 3-12):

Original Übersetzung
dô sprach er 'hêrre, ez ist hier reht,

ûfem plâne unt in dem fôreht

unt aldâ Chlinschor hêrre ist:

zagheit noch manlîch list

füegentz anders nigh wan sô,

hiute est iu lîhte unbekant:

gar âventiure ist al diz lant:

sus wer ez naht und ouch den tac.

bî manheit sælde helfen mac

Da sprach er: "Mein Herr, das ist halt

hier so Brauch, auf der Wiese und im

Wald un überhaupt im ganzen Reich des

Chlinschor; feiges Nichtstun ändert daran

nichts und ebensowenig Tapferkeit mit

Kraft und Kunst, so ist es eben: heute

traurig, morgen froh. Vielleicht wißt Ihr

das noch nicht: In diesem Land sind alle

Wunder möglich, es ist lauter Abenteuer

bei Tag und bei Nacht. Wo Mannheit

ist, da kann das Glück helfen.


Plippalinot lädt Gawan erfreut zu sich ein und beherbergt ihn für eine Nacht. Des Fährmanns Tochter Bene legt sich in der Nacht zu Gawan. Intim werden die beiden jedoch nicht, da Gawan sofort einschläft. Im Text heisst es dazu (532: 27-30):

Original Übersetzung
het er iht hin zir gegert,

ich wæn si hetes in gewert.

er sol ouch slâfen, ob er mac.

got hüete sîn, so kom der tac.

Wenn er etwas von ihr gewollt hätte, ich glaube,

sie hätte es ihm erlaubt. Es ist aber auch

besser so - er soll schlafen, wenn er

kann. Gott möge ihn beschützen an dem

Tag, der dann anbricht.

Sowohl Plippalinot als auch Bene warnen Gawan ausdrücklich vor dem Unterfangen, schastel marveile zu betreten. (557, 15-22). Gâwan folgt dem "ritterlichen Appell" [Mohr 1958]

Plipalinot und seine Tochter scheinen den Ritter insgeheim auf bevorstehende âventiuren vorbereiten zu wollen. Bene lässt Gawan seinen Schlaf und auch ihr Vater Plippalinot trifft Vorkehrungen für die Abenteuer von Gawan. So legt Bene Gawan seine Rüstung an und Plippalinot gibt ihm seinen Schild. Weiter erteilt Plippalinot Gawan klare Instruktionen zum Umgang mit dem Händler, welcher er vor schastel merveile antreffen werde. Weiter sagt ihm der Fährmann voraus, dass er in der Burg ein Bett, das lit marveile, vorfinden werde.

Plippalinots soziale Stellung

Otto [Otto 1993: vgl 209] hält fest, dass Plippalinot dank seiner adeligen Herkunft zwar finanziell privilegiert ist, jedoch besteht "seine einzige Einnahmequelle im Zusammenhang mit dem Fährdienst". [Otto 1993: 209] Dass der Fährmann einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, steht in einem grundlegenden Konflikt mit der adligen Lebensweise. Otto verweist auf diesen Widerspruch, löst diesen wiederum auf, wenn er ausführt: "das Pferd des bezwungenen Lischoys (...) ist nicht die Gebühr für den Fährdienst, der Fährdienst ist nur mit seinem Lebensrecht gekoppelt." [Otto 1993: 263] Folglich stellt die Möglichkeit des Fährdiensts ein Privileg und nicht primär eine bezahlte Arbeit dar. Plippalinot ist als ritterlicher Fährmann einzuordnen. Er hat adlige Vorfahren (644, 3-4), verkehrt jedoch nicht am Hof. Gawans Mahl im Haus der Fährmanns ist „bereits dem Gepräge und dem Stand seines Ausrichters nach ein höfisches. Doch der Ort, an dem es stattfindet, gehört nicht zur höfischen Lebenswelt.“ [Höhner 2015: 106] Das Mahl wird deutlich von höfischer Esskultur geprägt. [Höhner 2015: vgl. 107] Dieser Ausschnitt aus dem Roman verdeutlicht, was Höhner „das verzerrte Spiegelbild höfischer zuht“ nennt. [Höhner 2015: 107] Plippalinot ist Stellvertreter für die adligen Landsleute, welche durchaus im Stande sind, Gawan standesgemäss gegenüberzutreten. Gleichsam sind die beiden Welten voneinander getrennt. Als Gawan beim Mahl im Haus des Fährmanns um Gesellschaft dessen Tochter Bene bittet, macht Plippalinot explizit auf den Standesunterschied aufmerksam (550, 16-19).

Verweise auf höfisches Leben im Haus des Fährmanns

Die Wohnverhältnisse Plippalinots sind für einen Fährmann ausserordentlich ungewöhnlich. Sein Haus hat mehrere Zimmer sowie eine kemenâte. Kemenaten sind beheizte Zimmer, welche sonst nur in Burgen als Frauengemach zu finden sind. [Höhner 2015: vgl. 107] Im Anwesen von Plippalinot finden sich eine Reihe von Luxusgütern, welche sich ein normaler Fährmann unmöglich leisten könnte. Die Fenster sind verglast (553.5), was zu Wolframs Lebenszeiten höchst selten war. [Höhner 2015: vgl. 107] Gawans Lager und das Bett werde mit höfischen Stoffen gepolstert. (549, 23-30 sowie 552,7-39). Der Ritter erhält als Bettdecke den Mantel von Bene, welcher aus hermelîn gefertigt ist sowie ein Federkissen (552, 22 und 552, 90).

Gawan und Bene

Auf die Beziehung zwischen Gawan und Bene wird bereits in einem bestehenden Artikel bereits kurz eingegangen. Im Hinblick auf die soziale Stellung des Fährmanns ist die Art des Umgangs von Gawan mit Bene zentral. Der Ritter spricht Bene mit frouwe an. Diese Anredeform ist auch für eine adlige Tochter eines Fährmanns nicht angemessen.

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Literaturnachweise:

[*Höhner 2015] Höhner, Jens: Zu Tisch mit König Artus und Parzival: Mähler in epischen Texten des Mittelalters im Kontext höfischer Etikette, höfischer Kommunikationsformen und rhetorischer Darstellung. Hamburg 2015.
[*Otto 1993] Otto, Dietmar: Definition, Darstellung und Bewertung von Arbeit und Tätigkeit in den deutschen Epen des Hohen Mittelalters, Frankfurt am Main 1993.
[*Mohr 1958] Mohr, Wolfgang: Parzival und Gawan. In: Euphorion, Zeitschrift für Literaturgeschichte 52, (1958). S. 1-22.