Der Minne-Diskurs (Reinhart Fuchs): Unterschied zwischen den Versionen

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Dieser Artikel behandelt den '''Minne-Diskurs''' zwischen Reinhart und der Wölfin Hersant, wobei die Repräsentation von Sexualität und deren Polarität zwischen 'höfischem'/'sittlichem' und 'niederem'/'animalischem' Begehren im Vordergrund steht. Dieses Spannungsverhältnis bietet die Grundlage für die im [[Inhaltsangabe (Reinhart Fuchs)|Reinhart Fuchs]] dargestellte Satire der historischen Realität der höfischen Minne.
Dieser Artikel behandelt den '''Minne-Diskurs''' zwischen Reinhart und der Wölfin Hersant, wobei die Repräsentation von Sexualität und deren Polarität zwischen 'höfischem'/'sittlichem' und 'niederem'/'animalischem' Begehren im Vordergrund steht. Dieses Spannungsverhältnis bietet die Grundlage für die im [[Inhaltsangabe (Reinhart Fuchs)|Reinhart Fuchs]] dargestellte Satire der historischen Realität der höfischen Minne.
==Markierung der Weiblichkeit Hersants vs. geschlechtliche Indifferenz ==
- Im Gegensatz zu vielen anderen Tierfiguren, wie etwa der [[Fuchs und Meise (Reinhart Fuchs)|Meise]] wird Hersants Weiblichkeit stark markiert: Ehe (und damit einhergehende Zweitnennung nach Isengrin), Minnesang durch Reinhart, spätere Vergewaltigung und 'Entehrung' <br>
- Verweis auf höfische Geschlechterbeziehungen: Hersant ist eine hohe Dame und Beraterin von Isengrin, Mitregentin <br>
- aber auch radikale, sprachliche Egalisierung: Sowohl Erzählstimme als auch Reinhart sprechen sie nicht geschlechtlich markiert ("gevaterin") an (Herschaftsfähigkeit). [[Die Rolle der Frau am ritterlichen Hof (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Interessante Information hier.]] <br>
- bei Wölfen und Füchsen Geschlecht nicht so leicht am Körper abzulesen wie bei Hühnern [Link?] -> Szene Spiegelbilder im Brunnen. Darstellung der Geschlechterunterschiede als imaginiert und nur 'im Kopf existent', wenn sich die Männer im Spiegelbild mit ihren Frauen verwechseln? [[Die Ständegesellschaft der Tiere in "Reinhart Fuchs"]]


==Reinharts Werben um die Wölfin Hersant und ihre Zurückweisung==
==Reinharts Werben um die Wölfin Hersant und ihre Zurückweisung==

Version vom 11. Juni 2020, 15:11 Uhr

Hinweis: Dieser Artikel befindet sich noch im Entstehen und wird daher derzeit nur konzeptuell angezeigt.

Dieser Artikel behandelt den Minne-Diskurs zwischen Reinhart und der Wölfin Hersant, wobei die Repräsentation von Sexualität und deren Polarität zwischen 'höfischem'/'sittlichem' und 'niederem'/'animalischem' Begehren im Vordergrund steht. Dieses Spannungsverhältnis bietet die Grundlage für die im Reinhart Fuchs dargestellte Satire der historischen Realität der höfischen Minne.

Reinharts Werben um die Wölfin Hersant und ihre Zurückweisung

Die höfische Minne ist traditionell Ausdruck eines nicht sexuell konnotierten Wohlwollens vom Minnesänger auf eine hohe Dame, bei dem sogar oft die Unmöglichkeit des Geschlechtsverkehrs beklagt wird. Mehr Informationen dazu finden sich in diesem Artikel. Es war üblich, dass der Minnesänger trotz mehrfacher Zurückweisung weiterhin seinen Minnedienst fortführt und sowohl den eigenen, als auch den Teil der Dame vorträgt. Das letzte Kriterium trifft nicht auf dieses Textbeispiel zu.

Nach einvernehmlichem Abschluss des Gesellenvertrags zwischen Isengrin und Reinhart übergibt ersterer feierlich seine Ehefrau:

Mittelhochdeutsch Übersetzung
sin wip nam er bi der hant Seine Frau nahm er [Isengrin] an der Hand
vnde bevalch si Reinharte sere und übergab sie inständig/feierlich? Reinhart
an sine trewe vnde an sine ere. (und) dessen Treuepflicht und dessen Tugend.
Reinhart warb vmb di gevatern sin. Reinhart warb um seine Gevatterin/Freundin.
do hat aber er Ysengrin Nun hatte aber Isengrin
einen vbelen kamerere. einen bösen Kammerdiener.
hi hebent sich vremde mere. Von hier an kamen merkwürdige Geschichten auf.


Die Formulierungen aus Reinharts Minne-Diskurs sind vom deutschen Nachdichter des 'Roman de Renard' übenommen[Ruh 1980:15]:

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Reinhart sprach zv der vrowen: Reinhart sagte zu der hohen Dame:
'gevatere, mochtet ir beschowen 'Gevatterin, bitte seht
grozen kvmmer, den ich trage: den großen Kummer, den ich trage:
von eweren minnen, daz ist min clage, Wegen dem Minnedienst an Ihnen, das ist meine Klage,
bin ich harte sere wunt.' leide ich sehr stark.'
'Tv zv, Reinhart, dinen mvnt!' 'Mach zu, Reinhart, deinen Mund!'
sprach er Ysengrinis wip, sprach Isengrins Frau,
'min herre hat so schonen lip, 'Mein Mann hat einen so schönen Körper,
daz ich wol frvndes schal enpern. dass ich bestimmt auf einen Geliebten verzichten kann. [?]

Reinhart Fuchs, V. 416-431 [1]


"Durch das höfisch-galante Vorspiel, schon als solches parodistisch durch die undamenhafte Replik der mehrfach als edel [...] apostrophierten Partnerin, erhält die Reinhart-Hersant-Minne ein zusätzliches Element literarischer Kritik. Höfische Minne ist, ungeachtet der Theorie hôher minne und nobler Worte, bîligen im Ehebruch."[Ruh 1980:15] Während Reinhart trotz der groben Zurückweisung Hersants vorerst die Rolle des Minnesängers beibehält, verhält sich Hersant gegen die höfische Tradition und reduziert den Minnedienst ausschließlich auf das Sexuelle. Das setzt sie im Kontrast zu ihrer höfisch-adelig stilisierten Ehe als animalisch-primitiv herab und nimmt ihre Vergewaltigung durch die List Reinharts vorweg. Mit der vorangehenden, feierlichen Übergabe seiner Frau an den Fuchs wird Isengrin als Gegenbild zu diesem konstruiert: Er glaubt wirklich an die höfisch-katholischen Ideale und Sitten, was sich auch in seinem Glauben an Hersants Treue nach seiner schweren Verletzung zeigt. Reinhart hingegen bedient sich dieser Sitten von Beginn an nur aus Opportunismus, mit dem Ziel des Ehebruchs.

- keine sprachliche geschlechtliche Markierung Hersants durch Reinhart

Vergewaltigung Hersants - Wegkürzen mit Verlinkung auf Artikel über sexuelle Gewalt

- Artikel Sexuelle Gewalt im Reinhart Fuchs Wiki-Artikel
- Schlüsselszene Vergewaltigung: Parodie der Minne? Unmöglichkeit der Abwesenheit (männlich-dominanter) Sexualität? Tatsächliche Intime Verhältnisse zwischen 'Hoher Dame' und Minnesänger in historischer Realität? (Aber Reinhart entspricht nicht normativem Bild von Maskulinität und körperlicher Stärke, ist Hersant körperlich unterlegen, überlistet sie)
-> Ausdruck eines Zusammenbruchs einer Ordnung? (Satire ja auch beispielsweise an Klosterleben/Justiz angewandt)
- Definitive Markierung Weiblichkeit auf Inhaltsebene
- Vorangegangene Kastration Isengrins: ebenfalls geschlechtliche Markierung, Selbstverschuldung durch Naivität des Wolfes. Humor in Bezug auch auf Isengrins 'Seeligkeit' -> Mönche glauben, er sei einer von ihnen, Vergleich mit Beschneidung. Schwarzer Humor auch in Bezug auf adeliges Eheverhältnis: Jammer Hersants über Kastration ihres Mannes richtet sich gegen sie selbst? (Animalismus, Sexualität, s. o.: Tendenz zu Primitivität)
- Aufbrechen der Trennung Ehe und Minne
[- Im Text mehrmals nur angedeutetes Eingehen auf Fuchsfrau, Erkennen im Brunnen, tiefe Verbundenheit - hier Ideal der Trennung Minne-Ehe umgesetzt? Humor: Reinhart springt nur nach sich selbst, Narzissmus, Egoismus, "männliches Phantasma der selbstreferentiellen Inkorporation des Weiblichen", Eignung Tierfiguren gegen Homosexualitätsverdacht]

Literaturverzeichnis

<HarvardReferences />

  • [*Ruh 1980] Ruh, Kurt: Reinhart Fuchs, eine antihöfische Kontrafaktur.
  1. Alle Versangaben des Artikels beziehen sich auf Heinrich der Glîchezâre: Reinhart Fuchs. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, hg., übers. und erläutert von Karl-Heinz Göttert, bibliographisch ergänzte Ausg., Stuttgart 2005 (Reclams Universal-Bibliothek 9819).

- Schilling, M. (1989). Vulpekuläre Narrativik. Beobachtungen zum Erzählen im 'Reinhart Fuchs'. Zeitschrift Für Deutsches Altertum Und Deutsche Literatur, 118(2), 108-122. Retrieved May 20, 2020, from www.jstor.org/stable/20657904
- Schul, Böth, Mecklenburg: "Abenteuerliche Überkreuzungen : Vormoderne intersektional." (2017)