Parmenien (Gottfried von Straßburg, Tristan): Unterschied zwischen den Versionen

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 22: Zeile 22:
===Politik und Ökonomie===
===Politik und Ökonomie===


Da zu Beginn der Erzählung lediglich von ''hêrre Riwalîn'' (V. 335) die Rede ist, was soviel wie 'Herr' oder 'Gebieter'<ref> Rüdiger Krohn übersetzt es hier zwar mit "Fürst", doch ist das nicht die wörtliche Entsprechung: Gottfried von Straßburg: Tristan, S. 31, V. 335.</ref> meint, so ist die Form seines regierenden Amtes in Parmenien nicht klar. Er ist zwar ''wol an gebürte künege genôz,/ an lande vürsten ebengrôz,'' (V. 249 f.), in Wirklichkeit aber weder ein König noch ein Fürst. Somit ist auch nicht eindeutig festzustellen, welche Regierungsform in Parmenien vorherrscht. Klar ist, es gibt einen einzigen Herrscher, Anfangs Riwalin und später Tristan. Zweitmächtigster Mann im Land ist der ''marschalc'', Rual. Aufgrund des zu Beginn erwähnten Reichtums Riwalins (V. 267),sowie des neuen Reichtums durch Tristan<ref>Marke verspricht Tristan, Tintajol werde auf ewig sein Schatzhaus sein (V. 4482 f.)</ref>, ist davon auszugehen, dass Parmenien relativ wohlhabend ist und es dem Volk an materiellem Besitz nicht fehlt.
Da zu Beginn der Erzählung lediglich von ''hêrre Riwalîn'' (V. 335) die Rede ist, was soviel wie 'Herr' oder 'Gebieter'<ref> Rüdiger Krohn übersetzt es hier zwar mit "Fürst", doch ist das nicht die wörtliche Entsprechung: Gottfried von Straßburg: Tristan, S. 31, V. 335.</ref> meint, so ist die Form seines regierenden Amtes in Parmenien nicht klar. Er ist zwar ''wol an gebürte künege genôz,/ an lande vürsten ebengrôz,'' (V. 249 f.), in Wirklichkeit aber weder ein König noch ein Fürst. Somit ist auch nicht eindeutig festzustellen, welche Regierungsform in Parmenien vorherrscht. Klar ist, es gibt einen einzigen Herrscher, anfangs Riwalin und später Tristan. Zweitmächtigster Mann im Land ist der ''marschalc'', Rual. Aufgrund des zu Beginn erwähnten Reichtums Riwalins (V. 267),sowie des neuen Reichtums durch Tristan<ref>Marke verspricht Tristan, Tintajol werde auf ewig sein Schatzhaus sein (V. 4482 f.)</ref>, ist davon auszugehen, dass Parmenien relativ wohlhabend ist und es dem Volk an materiellem Besitz nicht fehlt.


===Tristans Aufenthalte in Parmenien===
===Tristans Aufenthalte in Parmenien===

Version vom 28. November 2010, 21:54 Uhr

Parmenien ist das Reich von Tristans Vater Riwalin und Ausgangspunkt der Tristanerzählung Gottfrieds von Straßburg.

Parmenien in der Tristanerzählung

Parmenien ist neben Cornwall und Irland eines der drei Hauptreiche in Gottfrieds Tristanerzählung. Hier wächst Tristan auf und im Laufe der Erzählung kehrt er zweimal wieder dorthin zurück. Im Gegensatz zu den anderen beiden Ländern ist Parmenien jedoch kein - zumindest heutzutage - real existierender Staat. Seine Lage lässt sich dennoch anhand einer Vielzahl von Hinweisen aus dem Tristanstoff recht gut bestimmen.

Geographie

Über die geographischen Begebenheiten des Landes erfährt man in der Erzählung selbst zunächst nicht sehr viel. Im einleitenden Kapitel über Riwalin und Blanscheflur werden jedoch bereits einige wichtige Details klar: Als Riwalin nach seinem Sieg über den Morgan König Marke von Cornwall einen Freunschaftsbesuch abstatten will, wird Riwalin ein Schiff beladen und er reist mit zwelf gesellen über sê (V. 471)[1]. Dadurch ist, wenn auch nicht direkt erwähnt, klar, dass Parmenien von Cornwall durch ein Meer getrennt ist. Ebenso ist davon auszugehen, dass das Land über einen direkten Zugang zum Meer verfügt. Einen weiteren kleinen Einblick in die geographischen Begebenheiten Parmeniens gewährt Gottfried bei Tristans erster Heimkehr. Hier begrüßt Rual li Foitenant seinen Ziehsohn und neuen Herren Tristan mit den Worten:

kieset, hêrre: sehet ir
diz schoene lant bî disem mer?
veste stete, starke wer
und manic schoene castêl: (V. 5190 ff.)

Das Land wird also als schön und mit vielen mächtigen Burgen und Städten durchaus wehrhaft besetzt beschrieben. Die wiederholten gegenseitigen Angriffe Riwalins und Morgans auf das jeweils andere Land legen, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Morgan ein Bretone (vgl. V. 232 f.) ist, die Vermutung nahe, dass diese beiden Länder - Parmenien und Bretagne in nicht allzu großer Entfernung zueinander liegen, nicht durch ein Meer voneinander getrennt sind, augenscheinlich sogar direkte Nachbarländer sind.

Kanoel

Kanoel ist das Schloss Riwalins und der einzige Ort des Landes, der in der Erzählung namentlich erwähnt wird. Es ist also davon auszugehen, dass es sich bei Kanoel um Hauptstadt und Regierungssitz Parmeniens handelt. Es wird vom Marschall Rual li Foitenant und dessen Ehefrau Floraete verwaltet. Über die genaue Lage Kanoels im Land ist in der Erzählung wenig zu erfahren. Im Kapitel über Tristans Entführung wird erwähnt, dass das Schiff der Norweger an einem Landeplatz direkt vor dem Schloss ankert (vgl. V. 2150 ff.), was vermuten lässt, dass Kanoel entweder direkt am Meer liegen, bzw. in irgendeiner Form per Wasserweg mit selbigem verbunden sein muss. Für Ersteres spricht, dass Rual und Floraete nâch ir verlornem kinde/ weinen ûf des meres stat (V. 2384 f.). Geht man davon aus, dass die beiden nicht erst eine große Entfernung zu Pferde oder Wagen zurückgelegt haben, um am Strand dem verlorengegangenen Tristan nachzutrauern, würde dies bedeuten, dass Kanoel direkt an der Küste liegt.

Politik und Ökonomie

Da zu Beginn der Erzählung lediglich von hêrre Riwalîn (V. 335) die Rede ist, was soviel wie 'Herr' oder 'Gebieter'[2] meint, so ist die Form seines regierenden Amtes in Parmenien nicht klar. Er ist zwar wol an gebürte künege genôz,/ an lande vürsten ebengrôz, (V. 249 f.), in Wirklichkeit aber weder ein König noch ein Fürst. Somit ist auch nicht eindeutig festzustellen, welche Regierungsform in Parmenien vorherrscht. Klar ist, es gibt einen einzigen Herrscher, anfangs Riwalin und später Tristan. Zweitmächtigster Mann im Land ist der marschalc, Rual. Aufgrund des zu Beginn erwähnten Reichtums Riwalins (V. 267),sowie des neuen Reichtums durch Tristan[3], ist davon auszugehen, dass Parmenien relativ wohlhabend ist und es dem Volk an materiellem Besitz nicht fehlt.

Tristans Aufenthalte in Parmenien

Kindheit in Parmenien

Erste Rückkehr und Befreiung von Morgan

Zweite Rückkehr und Trauer um Rual und Floraete

Reale Lokalisierung

Nach der Trennung von seiner Geliebten Isolde segelt Tristan mit dem Schiff Richtung Normandie:

daz êrste schif, daz er dâ vant,
dar în sô kêrte er al zehant
und vuor ze Normandîe,
er und sîn massenîe(V. 18409 ff.).

Nach seiner kurzen Söldnertätigkeit in Deutschland beschließt er, nach Parmenien zurückzukehren. Im Text heißt es: dâ hin, von dannen er dar kam,/ hin wider ze Normandîe,/ dannen ze Parmenîe (V. 18612 ff.). Über die Normandie will er in sein Heimatland reisen. Parmenien liegt demzufolge nicht in der Normandie, sondern ist wohl dessen Nachbarland. Aufgrund der von Gottfried im Text gestreuten Informationen zu Parmenien kann man davon ausgehen, dass das Land sowohl in direkter Nachbarschaft zur Bretagne, als auch zur Normandie liegt. Folglich müsste es genau zwischen diesen beiden Ländern liegen. Auch Christoph Huber lokalisiert Parmenien im äußersten Nordwesten Frankreichs, im Gebiet des heutigen Départements Bretagne. [4] Kanoel ist in Hubers Karte jedoch nicht an der Küste zu finden, sondern im Landesinnern. Würde man eine aktuelle Karte Frankreichs über Hubers Überblickskarte legen, entspräche die Lage Kanoels etwa dem heutigen Rennes. ...

Literatur

  • Gottfried von Straßburg: Tristan. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu hg., ins Neuhochdeutsche übers., mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Band 1-3. Stuttgart 1980.
  • Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg: Tristan, 2. Aufl., Berlin 2001 (Klassikerlektüren).


Einzelnachweise

  1. Sämtliche in diesem Artikel zitierte Textangaben aus dem Tristan entstammen dieser Ausgabe: Gottfried von Straßburg: Tristan. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu hg., ins Neuhochdeutsche übers., mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Band 1-3. Stuttgart 1980.
  2. Rüdiger Krohn übersetzt es hier zwar mit "Fürst", doch ist das nicht die wörtliche Entsprechung: Gottfried von Straßburg: Tristan, S. 31, V. 335.
  3. Marke verspricht Tristan, Tintajol werde auf ewig sein Schatzhaus sein (V. 4482 f.)
  4. Huber 2001, S. 55.