Der Rote Ritter: Unterschied zwischen den Versionen
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Parzival tötet Ithêr durch einen Speerwurf. Trevrizent bezeichnet diesen Mord später als unbeabsichtigt. Auch der Erzähler sieht keine Schuld bei Parzival, er schiebt die Tat auf Parzivals Jugend und seine ''groziu tumpheit'' (156,24). Zuvor fordert er von Artus, ihm die Rüstung Ithêrs zu überlassen. Er ist bereit zu kämpfen und "eine Mißbilligung durch Artus hätte ihn davon ebensowenig abhalten können, wie die Bitten der Mutter deinen Auszug aus Soltane verhindern konnten."[Rosskopf 1972:161] Parzival ist wie berauscht von der Rüstung Ithers. Er will sie in seinen Besitz bringen weil der Besitz ihn in seinen Augen zu einem vollwertigen Ritter machen würde. Er versucht sich eine neue, ''ritterlîche'' Identität anzueignen. Dieser Versuch misslingt jedoch, weil das reine Überziehen einer neuen Identität in Form einer rüstung noch keine neue Identität schafft. Sie ist lediglich geliehen. Dies ist zumindest eine Interpretation der Identitätsübernahme Parzivals. Bleibt man nah am Primärtext, so wird Parzival von Gurnemanz eine neue Identität zugesprochen. | Parzival tötet Ithêr durch einen Speerwurf. Trevrizent bezeichnet diesen Mord später als unbeabsichtigt. Auch der Erzähler sieht keine Schuld bei Parzival, er schiebt die Tat auf Parzivals Jugend und seine ''groziu tumpheit'' (156,24). In oder wegen Parzivals Anwesenheit kommen im Laufe der Ezählung zahlreiche Personen zu Tode. Davon bekommt Parzival aber so gut wie nichts mit. Er bleibt von den Konsequenzen seiner Taten verschont. Im Fall Ithêr von Gaheviez verhält es sich erstmalig anders. Er tötet Ithêr bewusst, weil er dessen Rüstung besitzen möchte und weil er weiß, dass er so seinem Traum des Ritter-Seins einen großen Schritt näher kommt. Deshalb empfindet Parzival in dieser Episode auch keinerlei Unrechtsbewusstsein.[Bumke 2004:59-60] Zuvor fordert er von Artus, ihm die Rüstung Ithêrs zu überlassen. Er ist bereit zu kämpfen und "eine Mißbilligung durch Artus hätte ihn davon ebensowenig abhalten können, wie die Bitten der Mutter deinen Auszug aus Soltane verhindern konnten."[Rosskopf 1972:161] Parzival ist wie berauscht von der Rüstung Ithers. Er will sie in seinen Besitz bringen weil der Besitz ihn in seinen Augen zu einem vollwertigen Ritter machen würde. Er versucht sich eine neue, ''ritterlîche'' Identität anzueignen. Dieser Versuch misslingt jedoch, weil das reine Überziehen einer neuen Identität in Form einer rüstung noch keine neue Identität schafft. Sie ist lediglich geliehen. Dies ist zumindest eine Interpretation der Identitätsübernahme Parzivals. Bleibt man nah am Primärtext, so wird Parzival von Gurnemanz eine neue Identität zugesprochen. | ||
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Version vom 14. Juli 2015, 14:04 Uhr
Dieser Artikel befasst sich mit der Rolle und Konzeption des Roten Ritters in Wolfram von Eschenbachs Parzival. Der Rote Ritter ist eine wiederkehrende Figur, vielmehr eine Sagengestalt in der mittelalterlichen Literatur. Im Parzival lernen wir den Roten Ritter als Ithêr von Gaheviez oder Kukûmerlant kennen. Im Laufe der Geschichte wird die Rolle des Roten Ritters jedoch von Parzival selbst übernommen, nachdem Ithêr zu Tode gekommen ist.
Der Rote Ritter Ithêr von Gaheviez
Ithêr ist der erste Rote Ritter den wir im Verlauf der Parzival Erzählung von Wolfram von Eschenbach kennen lernen. Auch in Chrétien de Troyes Werk gibt es einen vergleichbaren Roten Ritter. [Rosskopf 1972: 156] Ithêr war Mitglied der Tafelrunde (Vgl. 203, 28-204, 4) und ist ein Verwandter Parzivals. Parzival und Ithêr treffen zwei mal aufeinander, beim zweiten Aufeinandertreffen wird Ithêr tödlich von Parzival verwundet (vgl. 156, 10). Zu diesem Zeitpunkt weiß Parzival jedoch nichts von dem bestehenden Verwandtschaftsgrad zwischen Ithêr und ihm. Darüber aufgeklärt wird er erst von Trevrizent, der ihm seine Sünden erklärt.[1] Ithêr wird aufgrund der Farbe seiner Rüstung Roter Ritter genannt. Wolfram beschreibt das Aussehen des Roten Ritters und seines Pferdes sehr genau:
Original 145, 15-28 | Übersetzung |
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ez was Ithêr von Gaheviez:
den rôten rîter man in hiez. Sîn harnasch was gar sô rôt daz ez den ougen rœte bôt: sîn ors was rôt unde snel, al rôt was sîn gügerel, rôt samît was sîn covertiur, sîn schilt noch rœter danne ein fiur, al rôt was sîn kursît und wol an in gesniten wît, rôt was sîn schaft, rôt was sîn sper, al rôt nâch des heldes ger, was im sîn swert gerœtet, nâch der scherpfe iedoch gelœtet.
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Es war Ithêr von Gaheviez,
den nannte man den Roten Ritter. Seine Rüstung war so ganz und gar rot, dass einem rot vor Augen wurde. Sein Roß war rot und kühn, und lauter rot war dessen Kopfputz. Die Couvertüre war ein roter Samt, sein Schild noch röter als Feuer. Ganz rot war der Streitrock, den er trug, schön weit geschnitten, rot war sein Speerschaft, rot das Eisen daran, ganz rot hatte sich der Held sein Schwert ge- wünscht, und also hatte man es ihm in Gold gerötet und seine Schärfe hart gemacht.
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Der Rote Ritter Parzival
Parzival tötet Ithêr durch einen Speerwurf. Trevrizent bezeichnet diesen Mord später als unbeabsichtigt. Auch der Erzähler sieht keine Schuld bei Parzival, er schiebt die Tat auf Parzivals Jugend und seine groziu tumpheit (156,24). In oder wegen Parzivals Anwesenheit kommen im Laufe der Ezählung zahlreiche Personen zu Tode. Davon bekommt Parzival aber so gut wie nichts mit. Er bleibt von den Konsequenzen seiner Taten verschont. Im Fall Ithêr von Gaheviez verhält es sich erstmalig anders. Er tötet Ithêr bewusst, weil er dessen Rüstung besitzen möchte und weil er weiß, dass er so seinem Traum des Ritter-Seins einen großen Schritt näher kommt. Deshalb empfindet Parzival in dieser Episode auch keinerlei Unrechtsbewusstsein.[Bumke 2004:59-60] Zuvor fordert er von Artus, ihm die Rüstung Ithêrs zu überlassen. Er ist bereit zu kämpfen und "eine Mißbilligung durch Artus hätte ihn davon ebensowenig abhalten können, wie die Bitten der Mutter deinen Auszug aus Soltane verhindern konnten."[Rosskopf 1972:161] Parzival ist wie berauscht von der Rüstung Ithers. Er will sie in seinen Besitz bringen weil der Besitz ihn in seinen Augen zu einem vollwertigen Ritter machen würde. Er versucht sich eine neue, ritterlîche Identität anzueignen. Dieser Versuch misslingt jedoch, weil das reine Überziehen einer neuen Identität in Form einer rüstung noch keine neue Identität schafft. Sie ist lediglich geliehen. Dies ist zumindest eine Interpretation der Identitätsübernahme Parzivals. Bleibt man nah am Primärtext, so wird Parzival von Gurnemanz eine neue Identität zugesprochen.
Original 170, 3-6 | Übersetzung |
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der wirt erkante den ritter rôt:
er dersiufte, in derbrmt sîn nôt. sînen gast des namn er niht erliez, den rôten ritter er in hiez. |
Der Wirt erkannte den Roten Ritter, und
er mußte seufzen: Ihn erbarmte sein trau- riges Geschick. Seinen Gast aber ließ er diesen Namen nicht einfach abtun: Er nannte in selber den Roten Ritter. |
Parzival ist nun der neue Rote Ritter und wird als solcher offiziell wahrgenommen. Doch es bleibt nicht nur bei der Identitätsübergabe. Parzivals vorhergesehenes Schicksal und bewahrheitet sich und er wird in die Tafelrunde aufgenommen.
Original 280, 12-18 | Übersetzung |
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do er den künec Ithêren schôz
und Clâmidên und Kingrûn ouch sande gein den Bertûn in sînen hof besunder. über die tafelrunder wolt er in durch gesellekeit laden. durch daz er nâch im reit, |
als er den König Ithêr
erschoss und als er Clâmidê und vorher noch Kingrûn gefangen an seinen Hof zu den Bertûnen sandte. Diesen Ritter wollte Artûs zur Tafelrunde laden, dort sollte er Mitglied werden. Deshalb war er aufge- brochen, ihn zu suchen. |
Literaturnachweise
<HarvardReferences/>
[*Rosskopf 1972] Rosskopf, Rudolf. Der Traum Herzeloydes Und Der Rote Ritter; Erwägungen Über Die Bedeutung Des Staufisch-welfischen Thronstreites Für Wolframs Parzival. Göppingen: Kümmerle, 1972. S. 156-217.
[*Carnevale 2005] Carnevale, Carla. Gesellenstück Und Meisterwerk: Adolf Muschgs Roman Der Rote Ritter Zwischen Auserzählung Und Neuschöpfung Des Parzival. Frankfurt Am Main: P. Lang, 2005. Print.
[*Bumke 2004] Bumke, Joachim. Wolfram Von Eschenbach. 8., Völlig Neu Bearb. Aufl. ed. Stuttgart: Metzler, 2004.
Textausgabe
Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.
- ↑ Zu diesem Thema existiert ein weiterer Artikel: Parzivals Schuld (Wolfram von Eschenbach, Parzival)