Kriemhild (Nibelungenlied): Unterschied zwischen den Versionen

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<!--=Frauengestalten nehmen im [[Das Nibelungenlied|Nibelungenlied]] eine besondere Stellung ein, so dominieren sie im ersten Teil sowie im zweiten Teil mindestens den Handlungshintergrund, sodass der bedeutende Philologe Werner Schröder sogar von einem „Kriemhiltroman“ spricht.[Schroeder 1960] Kriemhild (mhd. „Kriemhilt“, vgl. Str. 2[Nibelungenlied 2004]) ist die zentrale Figur, welche die Handlung des Nibelungenliedes prägt und zugleich als eine der bedeutendsten weiblichen Charaktere der Literatur des deutschen Mittelalters gilt. Kriemhild ist die Schwester der drei Burgunderkönige [[Gunther (Nibelungenlied)|Gunther]], Gernot und Giselher. Sie ist die Gattin von [[Siegfried (Nibelungenlied)|Siegfried]] bis zu seinem Tod und im späteren Verlauf des Nibelungenlieds die Gattin von Etzel.  
Frauengestalten nehmen im [[Das Nibelungenlied|Nibelungenlied]] eine besondere Stellung ein, so dominieren sie im ersten Teil sowie im zweiten Teil mindestens den Handlungshintergrund, sodass der bedeutende Philologe Werner Schröder sogar von einem „Kriemhiltroman“ spricht.[Schroeder 1960] Kriemhild (mhd. „Kriemhilt“, vgl. Str. 2)<ref> In diesem Artikel wird die gängige Zitation nach dem Text von Karl Bartsch und Helmut de Boor, welche von Siegfried Grosse ins neuhochdeutsche übersetzt und kommentiert wurde, verwendetVgl. hierzu [Nibelungenlied 2004] </ref> ist die zentrale Figur, welche die Handlung des Nibelungenliedes prägt und zugleich als eine der bedeutendsten weiblichen Charaktere der Literatur des deutschen Mittelalters gilt. Kriemhild ist die Schwester der drei Burgunderkönige [[Gunther (Nibelungenlied)|Gunther]], Gernot und Giselher. Sie ist die Gattin von [[Siegfried (Nibelungenlied)|Siegfried]] bis zu seinem Tod und im späteren Verlauf des Nibelungenlieds die Gattin von Etzel.  
In der Rezeption und in der Forschung wird die Figur der Kriemhild auf die unterschiedlichste Art und Weise interpretiert und deswegen keinesfalls eindeutig beurteilt.  Dieser Artikel gibt eine kurze Inhaltsangabe des Nibelungenliedes, wobei der Fokus auf Kriemhild gelegt wird. Darauf folgt eine Ausarbeitung der Darstellung von Kriemhild im Nibelungenlied und die folgenden Punkte behandeln Kriemhild als handlungstreibende Person im ersten sowie im zweiten Teil. Es soll zum ersten Teil ebenfalls das Verhältnis zu Siegfried herausgearbeitet werden. Der abschließende Beitrag befasst sich mit der Rezeption der Kriemhildsfigur in der literaturwissenschaftlichen Forschung, besonders in Bezug darauf, wie mit ihr als weibliche Hauptfigur „umgegangen“ wird.--~~~~


=== Kurzzusammenfassung des Nibelungenliedes mit Kriemhild im Fokus===
In der Rezeption und in der Forschung wird die Figur der Kriemhild auf die unterschiedlichste Art und Weise interpretiert und deswegen keinesfalls eindeutig beurteilt.  Dieser Artikel gibt eine kurze Inhaltsangabe des Nibelungenliedes, wobei der Fokus auf Kriemhild gelegt wird. Darauf folgt eine Ausarbeitung der Darstellung von Kriemhild im Nibelungenlied und die folgenden Punkte behandeln Kriemhild als handlungstreibende Person im ersten sowie im zweiten Teil. Es soll zum ersten Teil ebenfalls das Verhältnis zu Siegfried herausgearbeitet werden. Der abschließende Beitrag befasst sich mit der Rezeption der Kriemhildsfigur in der literaturwissenschaftlichen Forschung, besonders in Bezug darauf, wie mit ihr als weibliche Hauptfigur „umgegangen“ wird.--TBartmann 16:53, 25. Aug. 2020 (CEST)
Bei Kriemhild handelt es sich um die Schwester der in Worms herrschenden Burgunderkönige [[Gunther (Nibelungenlied)|Gunther]], Gernot und Giselher. Ute und Dankrat sind ihre Eltern, von welchem letzterer nach seinem Tod ihren Brüdern den Thron vermachte. Nach einem prophetischen Traum Kriemhilds, in welchem zwei Adler einen starken und schönen Falken zerfleischen, kommt der junge [[Siegfried (Nibelungenlied)|Siegfried]], ein Thronfolger aus Xanten und Besitzer des [[Der Hort (Nibelungenlied)| Nibelungenhortes]], an den Burgunder Hof und [[Die Brautwerbung (Nibelungenlied)|wirbt]] anfangs auf heroische, dann auf höfische Art und Weise um Kriemhild. Um die Hand von Kriemhild zu erhalten, streitet er im Sachsenkrieg für die Burgunden und hilft Gunther tatkräftig und erfolgreich bei seiner [[Die Brautwerbung (Nibelungenlied)|Brautwerbung]] um die heroische [[Brünhild (Nibelungenlied) | Brünhild]], indem er sich fälschlicherweise als seinen Dienstmann ausgibt. Seine Unterstützung geht sogar so weit, dass er sie im Ehebett für Gunther bändigen muss und als Trophäe Ring und Gürtel von Brünhild an sich nimmt. Kriemhild und Siegfried reisen in Folge der Hochzeit nach Xanten, wo Siegfried die Krone erhält und Kriemhild knapp zehn Jahre später einen Sohn mit Namen Gunther gebiert. Einige Zeit später werden die beiden wieder an den Burgunderhof geladen. Dort entzündet sich ein [[Der Königinnenstreit (Nibelungenlied)|Streit]], da auf der einen Seite Brünhild nach wie vor annimmt, dass Siegfried ein Vasall von Gunther sei und auf der anderen Seite Kriemhild durch die Kleinodien darauf schließt, dass ihr Mann Brünhild entehrt hat. Dieser [[Der Königinnenstreit (Nibelungenlied)|Streit]] eskaliert, sodass die Burgunder, unter anderem Gunther und der treue Gefolgsmann [[Hagen (Nibelungenlied)|Hagen]], die Ermordung Siegfrieds beschließen und in Folge dessen auch durchführen. Die Trauer von Kriemhild über Siegfrieds Tod ist tiefgreifend und sie prangert die Schuldigen an, jedoch versöhnt sie sich einige Zeit später wieder mit Gunther. Durch das Erbe des Hortes versucht Kriemhild Gefolgsleute anzuwerben, was jedoch unterbunden wird, da Hagen ihr den [[Der Hort (Nibelungenlied)| Nibelungenhort]] raubt und im Rhein versenken lässt. 13 Jahre später wirbt Etzel um Kriemhild und sie reist für die Hochzeit nach Wien und dann weiter nach Etzelburg, wo sie durch die Heirat zur Hunnenkönigin aufsteigt und dem König einen Sohn, Ortlieb, schenkt. Durch eine hinterlistige Einladung reisen die Burgunder mit einem Heer nach Osten und werden am Hof von Etzel empfangen. Als Hagen preisgibt, dass er der Mörder Siegfrieds war, fordert Kriemhild die Hunnenkrieger auf, ihr Leid zu rächen. Infolge eines Überfalls auf die burgundischen Truppen übernehmen die Burgunder die Kontrolle über den Festsaal, aus welchem Kriemhild und Etzel dank Dietrich von Bern, einem Gefolgsmann Etzels, fliehen können. Die folgenden Angriffe auf die Burgunden, welche ebenfalls hohe Verluste der Gegnerseite fordern, dezimieren die Schar unter anderem auch durch das Anzünden des Festsaals auf Kriemhilds Befehl so weit, dass schließlich nur noch Gunther und Hagen am Leben sind. Diese werden vor Kriemhild geführt und, da die beiden den Ort der Hortversenkung nicht verraten wollen, lässt sie erst Gunther töten und erschlägt anschließend Hagen mit Siegfrieds Schwert selbst. Diese Handlung wird Kriemhild zum Verhängnis, da eine Frauenhand den tapferen Recken getötet hat. Kriemhild wird von Hildebrand getötet und zerstückelt und das Lied endet nach einer Trauerepisode um die gefallenen Recken und die tote Kriemhild.  
 
Die Komplexität ihrer Figur zeigt sich zum einen in der aktiven Handlungsmotivation, welche charakterlich der der Männer entspricht. Zum anderen wird sie im Verlauf des Liedes deutlich, denn Kriemhild wird im ersten Teil als höfische Dame eingeführt, gilt durch den [[Der Königinnenstreit (Nibelungenlied)|Königinnenstreit]] und Siegfrieds folgender Ermordung als Bindeglied zwischen den zwei Teilen des Nibelungenlieds und tritt im zweiten Teil als Auslöser der Gewalt durch die hinterlistige Einladung und die Aufforderung zur Rache auf. Das Ende des Nibelungenliedes und der Untergang der Nibelungen ist das Ergebnis dieser Gewalt und eines nicht mehr durch „herkömmliche Riten“ oder durch „männliche Schutzhandlung“ aufhaltbaren Racheakts der maßlosen Zerstörung, welcher nach der Mediävistin Irmgard Gephart durch den Betrug der männlichen Protagonisten entstanden ist.[Gephart 2005: 102] Somit geht es bei Kriemhilds Rache um das handlungsbestimmende Prinzip des Nibelungenliedes. Um diesen Wandel zu verstehen, lohnt es sich, die Darstellung von Kriemhild genauer zu betrachten.--~~~~
= Kriemhild als handelnde Person im Nibelungenlied (Zusammenfassung) =
Bei Kriemhild handelt es sich um die Schwester der in Worms herrschenden Burgunderkönige [[Gunther (Nibelungenlied)|Gunther]], Gernot und Giselher. Ute und Dankrat sind ihre Eltern, von welchem letzterer nach seinem Tod ihren Brüdern den Thron vermachte. Nach einem prophetischen Traum Kriemhilds, in welchem zwei Adler einen starken und schönen Falken zerfleischen, kommt der junge [[Siegfried (Nibelungenlied)|Siegfried]], ein Thronfolger aus Xanten und Besitzer des [[Der Hort (Nibelungenlied)| Nibelungenhortes]], an den Burgunder Hof und [[Die Brautwerbung (Nibelungenlied)|wirbt]] anfangs auf heroische, dann auf höfische Art und Weise um Kriemhild. Um die Hand von Kriemhild zu erhalten, streitet er im Sachsenkrieg für die Burgunden und hilft Gunther tatkräftig und erfolgreich bei seiner [[Die Brautwerbung (Nibelungenlied)|Brautwerbung]] um die heroische [[Brünhild (Nibelungenlied) | Brünhild]], indem er sich fälschlicherweise als seinen Dienstmann ausgibt. Seine Unterstützung geht sogar so weit, dass er sie im Ehebett für Gunther bändigen muss und als Trophäe Ring und Gürtel von Brünhild an sich nimmt. Kriemhild und Siegfried reisen in Folge der Hochzeit nach Xanten, wo Siegfried die Krone erhält und Kriemhild knapp zehn Jahre später einen Sohn mit Namen Gunther gebiert.  
 
Einige Zeit später werden die beiden wieder an den Burgunderhof geladen. Dort entzündet sich ein [[Der Königinnenstreit (Nibelungenlied)|Streit]], da auf der einen Seite Brünhild nach wie vor annimmt, dass Siegfried ein Vasall von Gunther sei und auf der anderen Seite Kriemhild durch die Kleinodien darauf schließt, dass ihr Mann Brünhild entehrt hat. Dieser [[Der Königinnenstreit (Nibelungenlied)|Streit]] eskaliert, sodass die Burgunder, unter anderem Gunther und der treue Gefolgsmann [[Hagen (Nibelungenlied)|Hagen]], die Ermordung Siegfrieds beschließen und in Folge dessen auch durchführen.  
 
Die Trauer von Kriemhild über Siegfrieds Tod ist tiefgreifend und sie prangert die Schuldigen an, jedoch versöhnt sie sich einige Zeit später wieder mit Gunther. Durch das Erbe des Hortes versucht Kriemhild Gefolgsleute anzuwerben, was jedoch unterbunden wird, da Hagen ihr den [[Der Hort (Nibelungenlied)| Nibelungenhort]] raubt und im Rhein versenken lässt.  
 
13 Jahre später wirbt Etzel um Kriemhild und sie reist für die Hochzeit nach Wien und dann weiter nach Etzelburg, wo sie durch die Heirat zur Hunnenkönigin aufsteigt und dem König einen Sohn, Ortlieb, schenkt. Durch eine hinterlistige Einladung reisen die Burgunder mit einem Heer nach Osten und werden am Hof von Etzel empfangen.  
Als Hagen preisgibt, dass er der Mörder Siegfrieds war, fordert Kriemhild die Hunnenkrieger auf, ihr Leid zu rächen. Infolge eines Überfalls auf die burgundischen Truppen übernehmen die Burgunder die Kontrolle über den Festsaal, aus welchem Kriemhild und Etzel dank Dietrich von Bern, einem Gefolgsmann Etzels, fliehen können. Die folgenden Angriffe auf die Burgunden, welche ebenfalls hohe Verluste der Gegnerseite fordern, dezimieren die Schar unter anderem auch durch das Anzünden des Festsaals auf Kriemhilds Befehl so weit, dass schließlich nur noch Gunther und Hagen am Leben sind. Diese werden vor Kriemhild geführt und, da die beiden den Ort der Hortversenkung nicht verraten wollen, lässt sie erst Gunther töten und erschlägt anschließend Hagen mit Siegfrieds Schwert selbst. Diese Handlung wird Kriemhild zum Verhängnis, da eine Frauenhand den tapferen Recken getötet hat. Kriemhild wird von Hildebrand getötet und zerstückelt und das Lied endet nach einer Trauerepisode um die gefallenen Recken und die tote Kriemhild.  
 
Die Komplexität ihrer Figur zeigt sich zum einen in der aktiven Handlungsmotivation, welche charakterlich der der Männer entspricht. Zum anderen wird sie im Verlauf des Liedes deutlich, denn Kriemhild wird im ersten Teil als höfische Dame eingeführt, gilt durch den [[Der Königinnenstreit (Nibelungenlied)|Königinnenstreit]] und Siegfrieds folgender Ermordung als Bindeglied zwischen den zwei Teilen des Nibelungenlieds und tritt im zweiten Teil als Auslöser der Gewalt durch die hinterlistige Einladung und die Aufforderung zur Rache auf. Das Ende des Nibelungenliedes und der Untergang der Nibelungen ist das Ergebnis dieser Gewalt und eines nicht mehr durch „herkömmliche Riten“ oder durch „männliche Schutzhandlung“ aufhaltbaren Racheakts der maßlosen Zerstörung, welcher nach der Mediävistin Irmgard Gephart durch den Betrug der männlichen Protagonisten entstanden ist. [Gephart 2005:102] Somit geht es bei Kriemhilds Rache um das handlungsbestimmende Prinzip des Nibelungenliedes. Um diesen Wandel zu verstehen, lohnt es sich, die Darstellung von Kriemhild genauer zu betrachten.--TBartmann 16:53, 25. Aug. 2020 (CEST)
 
= Darstellung im Nibelungenlied =
In der ersten Aventiure wird Kriemhild als höfische Dame eingeführt, denn sie ist „ein vil édel magedîn, / daz in allen landen / niht schœners mohte sîn [und] si wart ein scœne wîp“ (Str. 2). Sie ist höfisch gebildet (vgl. Str. 45), weiß sich höfisch zu gebären (vgl. Str. 348, 587, 787), soll Nähen können (Str. 361-3) und auch Reiten (Vgl. Str. 1337), was im Mittelalter Eigenschaften einer adeligen Frau waren.
 
Kriemhild, die anfangs 16 Jahre alt ist, ist also das schönste Mädchen weit und breit und wächst später zu einer schönen Frau heran, welche einen Ritter heiraten soll (vgl. Str. 16). Ihre ästhetische Eigenschaft wird im Laufe des Nibelungenliedes zahlreich betont, wie beispielsweise „âne mâzen schœne“ (Str. 2) und „unmâzen scœne“ (Str. 49), und auch im zweiten Teil bei den Hunnen wird sie u. a. als „Kríemhílt diu scoene“ (Str. 1737) bezeichnet. Als „vil hêrlîchen“ (Str. 281) wird Kriemhild in jener Szene bezeichnet, in welcher [[Siegfried (Nibelungenlied)|Siegfried]] sich untersterblich in Kriemhild verliebt und ihre Ästhetik mit dem Morgenrot verglichen wird (vgl. Str. 281). Ihre Haut wird als „rôsenrôtiu varwe / vil minneclîchen scein“ (Str. 282) stilisiert und der Erzähler beschreibt auch, dass die Haut „luht‘ ir ûz dem golde“ (Str. 1351). Ihre Kleidung sei außerordentlich, denn sie „was ouch sô gezieret“ (Str. 300), dass sie für viele Krieger eine Augenweide war und vor der Fahrt nach Island werden die edlen Stoffe beschrieben, aus welcher sich die Kleidung zusammensetzt (vgl. Str. 364-366).


=== Darstellung im Nibelungenlied ===
In der ersten Aventiure wird Kriemhild als höfische Dame eingeführt, denn sie ist „ein vil édel magedîn, / daz in allen landen / niht schœners mohte sîn [und] si wart ein scœne wîp“ (Str. 2). Sie ist höfisch gebildet (vgl. Str. 45), weiß sich höfisch zu gebären (vgl. Str. 348, 587, 787), soll Nähen können (Str. 361-3) und auch Reiten (Vgl. Str. 1337), was im Mittelalter Eigenschaften einer adeligen Frau waren. Kriemhild, die anfangs 16 Jahre alt ist, ist also das schönste Mädchen weit und breit und wächst später zu einer schönen Frau heran, welche einen Ritter heiraten soll (vgl. Str. 16). Ihre ästhetische Eigenschaft wird im Laufe des Nibelungenliedes zahlreich betont, wie beispielsweise „âne mâzen schœne“ (Str. 2) und „unmâzen scœne“ (Str. 49), und auch im zweiten Teil bei den Hunnen wird sie u. a. als „Kríemhílt diu scoene“ (Str. 1737) bezeichnet. Als „vil hêrlîchen“ (Str. 281) wird Kriemhild in jener Szene bezeichnet, in welcher [[Siegfried (Nibelungenlied)|Siegfried]] sich untersterblich in Kriemhild verliebt und ihre Ästhetik mit dem Morgenrot verglichen wird (vgl. Str. 281). Ihre Haut wird als „rôsenrôtiu varwe / vil minneclîchen scein“ (Str. 282) stilisiert und der Erzähler beschreibt auch, dass die Haut „luht‘ ir ûz dem golde“ (Str. 1351). Ihre Kleidung sei außerordentlich, denn sie „was ouch sô gezieret“ (Str. 300), dass sie für viele Krieger eine Augenweide war und vor der Fahrt nach Island werden die edlen Stoffe beschrieben, aus welcher sich die Kleidung zusammensetzt (vgl. Str. 364-366).
Allein die Quantität der ästhetischen Betonung und die Versicherungen des Erzählers, dass sie die Schönste ist, zeigt, dass sie äußerlich vollständig ohne Makel ist, wie beispielsweise durch die folgende Textstelle und dem Vergleich mit anderen Frauen bestätigt wird:
Allein die Quantität der ästhetischen Betonung und die Versicherungen des Erzählers, dass sie die Schönste ist, zeigt, dass sie äußerlich vollständig ohne Makel ist, wie beispielsweise durch die folgende Textstelle und dem Vergleich mit anderen Frauen bestätigt wird:
Sam der liehte mâne / vor den sternen stât, /  
Sam der liehte mâne / vor den sternen stât, /  
des scîn sô lûterliche / ab den wolken gât,/  
des scîn sô lûterliche / ab den wolken gât,/  
dem stuont si nu gelîche / vor maneger frouwen guot (Str. 283).  
dem stuont si nu gelîche / vor maneger frouwen guot (Str. 283).  
Der Erzähler spricht dadurch, dass er kaum objektive Referenzpunkte zur Schönheit von Kriemhild benennt, ein jeweiliges subjektives Schönheitsideal an, woraus für jeden Lesenden die Schönheit Kriemhilds als Begriff entsteht, der an ein Maximum heranreichen soll, wie folgendes Beispiel zeigt: „Ob iemen wünscen solde, / der kunde niht gejen, / daz er ze dirre werlde / het iht scoeners gesehen“(Str. 282). Jedoch wird bereits in der ersten Aventiure Kriemhilds Schönheit durch eine Prolepse (vgl. Str. 19) mit Leid verknüpft und nach der Germanistin Elisabeth Lienert korrelieren somit Schönheit und Gewalt, und über die Schönheit und durch die Minne stehen zugleich auch Weiblichkeit und Gewalt in einem Zusammenhang.[Lienert 2003: 7]
 
Kriemhilds Verhalten ist dem Hofe angepasst, denn sie ist fromm, ruhig und besonnen (vgl. Str. 15, 17f, u.a.), aber auch mädchenhaft (vgl. Str. 615) und neugierig, da sie „durch diu venster“ (Str. 133) schaut, um die Welt zu entdecken. Da sie als Prinzessin fest in die Heiratspolitik des Mittelalters integriert ist, zeigt sie ihre unschuldige und naive Jugendlichkeit dadurch, dass sie vorerst „âne recken mínne […] immer sîn“ (Str. 15) will. Jedoch verwirft sie diesen Gedanken als sie Siegfried zum ersten Mal sieht, denn sie braucht keinen anderen Zeitvertreib, als ihm zuzuschauen (vgl. Str. 133) und verliebt sich in diesen (vgl. Str. 292-4)  
Der Erzähler spricht dadurch, dass er kaum objektive Referenzpunkte zur Schönheit von Kriemhild benennt, ein jeweiliges subjektives Schönheitsideal an, woraus für jeden Lesenden die Schönheit Kriemhilds als Begriff entsteht, der an ein Maximum heranreichen soll, wie folgendes Beispiel zeigt:  
 
„Ob iemen wünscen solde, / der kunde niht gejen, /  
 
daz er ze dirre werlde / het iht scoeners gesehen“(Str. 282).  
 
Jedoch wird bereits in der ersten Aventiure Kriemhilds Schönheit durch eine Prolepse (vgl. Str. 19) mit Leid verknüpft und nach der Germanistin Elisabeth Lienert korrelieren somit Schönheit und Gewalt, und über die Schönheit und durch die Minne stehen zugleich auch Weiblichkeit und Gewalt in einem Zusammenhang.[Lienert 2003:7]
 
Kriemhilds Verhalten ist dem Hofe angepasst, denn sie ist fromm, ruhig und besonnen (vgl. Str. 15, 17f, u.a.), aber auch mädchenhaft (vgl. Str. 615) und neugierig, da sie „durch diu venster“ (Str. 133) schaut, um die Welt zu entdecken. Da sie als Prinzessin fest in die Heiratspolitik des Mittelalters integriert ist, zeigt sie ihre unschuldige und naive Jugendlichkeit dadurch, dass sie vorerst „âne recken mínne […] immer sîn“ (Str. 15) will. Jedoch verwirft sie diesen Gedanken als sie Siegfried zum ersten Mal sieht, denn sie braucht keinen anderen Zeitvertreib, als ihm zuzuschauen (vgl. Str. 133) und verliebt sich in diesen (vgl. Str. 292-4).
 
Ihre unschuldige Kindheit endet mit der Hochzeit, indem sie fordert, dass ihr „suln ê mine brüeder / teilen mit diu lant“ (Str. 691) und sie nach Macht und Besitz strebt. Siegfried spricht sich dagegen aus und auch [[Hagen (Nibelungenlied)|Hagen]] will nicht als Gefolgsmann mit ihr gehen (Str. 694-9). Dass Kriemhild als Einzige auf ihrer Mitgift beharrt und sich sogar offen gegen Siegfrieds Entscheidung auflehnt und meint, dass es „umb Búrgónden degene / sô lîht‘ ez niht enstât, / si müg‘ ein künic gerne / füeren in sîn lant“ (Str. 696), zeigt den Wandel von Naivität zu selbstmächtigem Auftreten und ebenfalls eine gewisse Gerissenheit. Die Zeit, die während ihrer und Siegfrieds Abwesenheit vergeht, verändert Kriemhild, denn sie kommt nach der Einladung als stolze Frau zurück, welche zuvor noch schlichtend, aber dann provokativ und impulsiv im [[Der Königinnenstreit (Nibelungenlied)|Königinnenstreit]]  agiert.[Bryan 2013: 360-3] Das wird daran deutlich, dass sie anfangs Siegfried über [[Gunther (Nibelungenlied)|Gunther]] stellt, indem sie sagt, dass er „tíwerr danne sî / Gunther mîn bruider, der viel edel man“ (Str. 824) und sie sieht sich als Spitze des burgundischen Hofes (Vgl. Str. 829). Kriemhild kündigt auf gleiche Weise provokant an, dass sie vorhat, [[Brünhild (Nibelungenlied)|Brünhild]] zu demütigen, indem sie vor ihr in das Münster eintreten will. Darüber hinaus beschuldigt sie Brünhild während der Eskalation des Streits als „mannes kebse“ (Str. 839) und zieht vor Brünhild ins Münster ein, was im Mittelalter aber teilweise auch noch in der heutigen Zeit unverzeihliche Provokationen sind. Durch das Demonstrieren des Ringes und des Gürtels (Vgl. Str. 847-50) wird ihr unbedachtes Handeln erneut deutlich, da sie damit Brünhilds Ehre verletzt und direkt Siegfrieds Ansehen gefährdet und die Konsequenzen vernachlässigt. Auf indirekte Weise besiegelt sie somit auch Siegfrieds Schicksal. Ihr unüberlegtes Handeln und ihre Naivität werden an folgender Stelle erneut überdeutlich, als sie  
Ihre unschuldige Kindheit endet mit der Hochzeit, indem sie fordert, dass ihr „suln ê mine brüeder / teilen mit diu lant“ (Str. 691) und sie nach Macht und Besitz strebt. Siegfried spricht sich dagegen aus und auch [[Hagen (Nibelungenlied)|Hagen]] will nicht als Gefolgsmann mit ihr gehen (Str. 694-9). Dass Kriemhild als Einzige auf ihrer Mitgift beharrt und sich sogar offen gegen Siegfrieds Entscheidung auflehnt und meint, dass es „umb Búrgónden degene / sô lîht‘ ez niht enstât, / si müg‘ ein künic gerne / füeren in sîn lant“ (Str. 696), zeigt den Wandel von Naivität zu selbstmächtigem Auftreten und ebenfalls eine gewisse Gerissenheit. Die Zeit, die während ihrer und Siegfrieds Abwesenheit vergeht, verändert Kriemhild, denn sie kommt nach der Einladung als stolze Frau zurück, welche zuvor noch schlichtend, aber dann provokativ und impulsiv im [[Der Königinnenstreit (Nibelungenlied)|Königinnenstreit]]  agiert.[Bryan 2013: 360-3] Das wird daran deutlich, dass sie anfangs Siegfried über [[Gunther (Nibelungenlied)|Gunther]] stellt, indem sie sagt, dass er „tíwerr danne sî / Gunther mîn bruider, der viel edel man“ (Str. 824) und sie sieht sich als Spitze des burgundischen Hofes (Vgl. Str. 829). Kriemhild kündigt auf gleiche Weise provokant an, dass sie vorhat, [[Brünhild (Nibelungenlied)|Brünhild]] zu demütigen, indem sie vor ihr in das Münster eintreten will. Darüber hinaus beschuldigt sie Brünhild während der Eskalation des Streits als „mannes kebse“ (Str. 839) und zieht vor Brünhild ins Münster ein, was im Mittelalter aber teilweise auch noch in der heutigen Zeit unverzeihliche Provokationen sind. Durch das Demonstrieren des Ringes und des Gürtels (Vgl. Str. 847-50) wird ihr unbedachtes Handeln erneut deutlich, da sie damit Brünhilds Ehre verletzt und direkt Siegfrieds Ansehen gefährdet und die Konsequenzen vernachlässigt. Auf indirekte Weise besiegelt sie somit auch Siegfrieds Schicksal. Ihr unüberlegtes Handeln und ihre Naivität werden an folgender Stelle erneut überdeutlich, als sie  
„mit kleinen sîden / nae ich [(Kriemhild)] ûf sîn gewant /  
„mit kleinen sîden / nae ich [(Kriemhild)] ûf sîn gewant /  
ein tougenlîchez kriuze. / dâ sol, helt, dîn [(Hagens)] hant /  
ein tougenlîchez kriuze. / dâ sol, helt, dîn [(Hagens)] hant /  
den mînen man behüeten, / so ez an die herte gât, /  
den mînen man behüeten, / so ez an die herte gât, /  
swenn‘ er in den stürmen / vor sînen vîánden stât. (Str. 904).
swenn‘ er in den stürmen / vor sînen vîánden stât. (Str. 904).
Mit Siegfrieds Tod entsteht ein weiterer Wandel von Kriemhilds Darstellung im Nibelungenlied, denn aus dem einst jungen und frommen Mädchen und später der gerissenen und stolzen Frau wird eine trauernde und rachsüchtige Witwe. Als Kriemhild von Siegfried Abschied nimmt und vor seinem Grab zusammenbricht, „dô truoc man sie von dannen; / sine kúnde niht gegân. / dô vant man sinnelôse / daz hêrlîche wîp. vor leide möht‘ ersterben der ir vil wünneclîcher lîp (Str. 1070). Diese Passage zeigt Kriemhilds Trauer allzu deutlich und sie trauert so sehr, dass „Es was ein michel wunder, / daz si ie genas“ (Str. 1067) und „daz blout ir ûz dem munde / von herzen jâmer brast“ (Str. 1010). Durch die Bahrprobe bestätigt sich ihre Ahnung, wer ihren Mann ermordet hat und vermutlich durch das Eingeständnis an ihrer Mitschuld am Tod kümmert sie sich auch nicht mehr um ihr ästhetisches Erscheinungsbild, denn  
Mit Siegfrieds Tod entsteht ein weiterer Wandel von Kriemhilds Darstellung im Nibelungenlied, denn aus dem einst jungen und frommen Mädchen und später der gerissenen und stolzen Frau wird eine trauernde und rachsüchtige Witwe. Als Kriemhild von Siegfried Abschied nimmt und vor seinem Grab zusammenbricht, „dô truoc man sie von dannen; / sine kúnde niht gegân. / dô vant man sinnelôse / daz hêrlîche wîp. vor leide möht‘ ersterben der ir vil wünneclîcher lîp (Str. 1070). Diese Passage zeigt Kriemhilds Trauer allzu deutlich und sie trauert so sehr, dass „Es was ein michel wunder, / daz si ie genas“ (Str. 1067) und „daz blout ir ûz dem munde / von herzen jâmer brast“ (Str. 1010). Durch die Bahrprobe bestätigt sich ihre Ahnung, wer ihren Mann ermordet hat und vermutlich durch das Eingeständnis an ihrer Mitschuld am Tod kümmert sie sich auch nicht mehr um ihr ästhetisches Erscheinungsbild, denn  
Kríemhílt diu hêre / und vil trûréc gemuot,  
 
Kríemhílt diu hêre / und vil trûréc gemuot, /
 
[ … ] in der wæte, / die si álle tage truoc. /
[ … ] in der wæte, / die si álle tage truoc. /
dâ bî truoc ir gesinde / rîcher kléidér genuoc (Str. 1225).  
dâ bî truoc ir gesinde / rîcher kléidér genuoc (Str. 1225).  
Joachim Heinzle meint, dass durch die vorangegangene Passage deutlich wird, dass die Trauer echt ist und anhält.[Heinzle 2005:81] Nach Siegfried Tod wird Kriemhild vom Erzähler mit Attributen der Trauer versehen („jâmerhafte“ (Str. 1014), „manegiu leit“ (Str. 1208), „vil trûréc gemout“  (Str. 1225) und als „arme Kriemhild“ bezeichnet, was zeigt, dass sie noch nicht bereit für eine neue Heirat ist, da klagen unde weinen / mir immer zæme baz. /   wi sold‘ ich [(Kriemhild)] vor recken / dâ ze hove gân? / wart mîn lîp ie schoene, / des bin ich âné getân (Str. 1245). „si was im getriuwe, des ir diu meiste menige giht“ (Str. 1142) lautet der Erzählerkommentar am Ende der 19. Aventiure, was ebenfalls auf Kriemhilds Trauer und ihre Liebe zu Siegfried hindeutet. Als Hagen ihr den Hort raubt, bricht er Kriemhild endgültig, da ihr der Drang nach Rache verwehrt wird und erst als die Möglichkeit der Heirat mit Etzel aufkommt, erblüht sie wieder scheinbar und sie kümmerte sich erneut um ihr äußerliches Auftreten, denn „Ûf ructe si ir gebende“ (Str. 1351), da in ihr ein Racheplan Gestalt annimmt. Erst nach vielen Jahren am Hof in Worms, kehren ihre prächtigen Kleider in Folge der Werbung Etzels wieder zurück.
 
Bei Etzels Brautwerbung wird noch einmal ihr frommer, aber auch berechnender Charakter deutlich, denn „het ich [(Kriemhild)] daz vernommen, / daz er [(Etzel)] niht waere ein heiden, sô wold‘ ich gerne komen, / swar er hete willen, und naem‘ in z’einem man“ (Str. 1261). Aber dies lässt darauf schließen, dass Kriemhild Etzel schlussendlich vorrangig wegen der Rache heiratet, denn ihre Frömmigkeit widerspricht dieser Handlung.  
Joachim Heinzle meint, dass durch die vorangegangene Passage deutlich wird, dass die Trauer echt ist und anhält.[Heinzle 2005:81] Nach Siegfried Tod wird Kriemhild vom Erzähler mit Attributen der Trauer versehen („jâmerhafte“ (Str. 1014), „manegiu leit“ (Str. 1208), „vil trûréc gemout“  (Str. 1225) und als „arme Kriemhild“ bezeichnet, was zeigt, dass sie noch nicht bereit für eine neue Heirat ist, da  
 
klagen unde weinen / mir immer zæme baz. /
wi sold‘ ich [(Kriemhild)] vor recken / dâ ze hove gân? /  
wart mîn lîp ie schoene, / des bin ich âné getân (Str. 1245).
 
„Si was im getriuwe, des ir diu meiste menige giht“ (Str. 1142)  
 
lautet der Erzählerkommentar am Ende der 19. Aventiure, was ebenfalls auf Kriemhilds Trauer und ihre Liebe zu Siegfried hindeutet. Als Hagen ihr den Hort raubt, bricht er Kriemhild endgültig, da ihr der Drang nach Rache verwehrt wird und erst als die Möglichkeit der Heirat mit Etzel aufkommt, erblüht sie wieder scheinbar und sie kümmerte sich erneut um ihr äußerliches Auftreten, denn „Ûf ructe si ir gebende“ (Str. 1351), da in ihr ein Racheplan Gestalt annimmt. Somit kehren erst nach vielen Jahren am Hof in Worms ihre prächtigen Kleider in Folge der Werbung Etzels wieder zurück.
 
 
Bei Etzels Brautwerbung wird noch einmal ihr frommer, aber auch berechnender Charakter deutlich, denn  
 
„het ich [(Kriemhild)] daz vernommen, / daz er [(Etzel)] niht waere ein heiden, /
 
sô wold‘ ich gerne komen, / swar er hete willen, und naem‘ in z’einem man“ (Str. 1261).  
 
Aber dies lässt darauf schließen, dass Kriemhild Etzel schlussendlich vorrangig wegen der Rache heiratet, denn ihre Frömmigkeit widerspricht dieser Handlung.  
 
Ein weiterer Aspekt wird im zweiten Teil des Nibelungenlieds deutlich, denn sie erwähnt ihren Sohn in Xanten nicht und reist auch nicht dorthin, was zeigt, dass sie nicht als besonders mütterlich gelten kann. Dennoch trauert sie auch während ihrer Zeit am Hunnenhof täglich um Siegfried, wie Dietrich von Bern den Burgunden berichtet (Str. 1730). Dieses Phänomen könnte aber auch das Ergebnis der Komposition zweier Lieder mit unterschiedlicher Vorlage sein und an den in der Forschung diskutierten Prozess von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit anknüpfen.
Ein weiterer Aspekt wird im zweiten Teil des Nibelungenlieds deutlich, denn sie erwähnt ihren Sohn in Xanten nicht und reist auch nicht dorthin, was zeigt, dass sie nicht als besonders mütterlich gelten kann. Dennoch trauert sie auch während ihrer Zeit am Hunnenhof täglich um Siegfried, wie Dietrich von Bern den Burgunden berichtet (Str. 1730). Dieses Phänomen könnte aber auch das Ergebnis der Komposition zweier Lieder mit unterschiedlicher Vorlage sein und an den in der Forschung diskutierten Prozess von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit anknüpfen.
Nach einiger Vorbereitung (Rüdiger von Bechelarens Schwur, Bündnisse (vgl. Str. 1323)) und durch die hinterlistige Einladung kann sie schließlich ihren Drang nach Rache befriedigen, aber sie ist dabei so zügellos, dass sie erneut die Konsequenzen nicht beachtet und deshalb selbst stirbt. In den letzten Versen ist sie unbarmherzig, grausam und wird selbst zur Mörderin. Sie wird von Dietrich von Bern als „vâlandinne“ (Str. 1748) bezeichnet und handelt gnadenlos, denn „den sal den hiez dô zünden / daz Etzelen wîp“ (Str. 2111), obwohl die Burgunden an ihre Vernunft appelieren. Kriemhild agiert als goldgierige Frau, denn sie erwartet, dass die Burgunden ihr den Hort bringen (vgl. Str. 1739-43) und als Hagen meint: „jâ hân ich des gesworn, / daz ich den hort iht zeige, / die wîle daz si leben / deheiner mîner herren, / sô sól ich in níeméne geben“ (Str. 2368), lässt sie ihren Bruder köpfen, um ihn zum Reden zu bringen. Dennoch überwiegt Kriemhilds Liebe zu Siegfried der Liebe zum Gold, denn „waere sîn [(der Hort)] tûsent stunde / noch alse vil gewesen, / und solt‘ der herre Sîfrît / gesunder sîn gewesen, / bî im waere Kriemhilt / hendeblôz bestân. / getriuwer wîbes künne / ein helt nie mêr gewan“ (Str. 1126).--~~~~


=== Fußnoten ===
Nach einiger Vorbereitung (Rüdiger von Bechelarens Schwur, Bündnisse (vgl. Str. 1323)) und durch die hinterlistige Einladung kann sie schließlich ihren Drang nach Rache befriedigen, aber sie ist dabei so zügellos, dass sie erneut die Konsequenzen nicht beachtet und deshalb selbst stirbt. In den letzten Versen ist sie unbarmherzig, grausam und wird selbst zur Mörderin. Sie wird von Dietrich von Bern als „vâlandinne“ (Str. 1748) bezeichnet und handelt gnadenlos, denn „den sal den hiez dô zünden / daz Etzelen wîp“ (Str. 2111), obwohl die Burgunden an ihre Vernunft appelieren. Kriemhild agiert als goldgierige Frau, denn sie erwartet, dass die Burgunden ihr den Hort bringen (vgl. Str. 1739-43) und als Hagen meint: „jâ hân ich des gesworn, / daz ich den hort iht zeige, / die wîle daz si leben / deheiner mîner herren, / sô sól ich in níeméne geben“ (Str. 2368), lässt sie ihren Bruder köpfen, um ihn zum Reden zu bringen. Dennoch überwiegt Kriemhilds Liebe zu Siegfried der Liebe zum Gold, denn „waere sîn [(der Hort)] tûsent stunde / noch alse vil gewesen, / und solt‘ der herre Sîfrît / gesunder sîn gewesen, / bî im waere Kriemhilt / hendeblôz bestân. / getriuwer wîbes künne / ein helt nie mêr gewan“ (Str. 1126).--TBartmann 16:53, 25. Aug. 2020 (CEST)
 
 
 
= Anmerkungen =
<References />
 
= Literaturverzeichnis =
<HarvardReferences />
<HarvardReferences />
*[*Bryan 2013] Bryan, Eric Shane: Indirekt Aggression. A Pragmatic Analysis of the Quarrel of the Queens in Völsungasaga, Þiðreks Saga, and Das Nibelungenlied, in: Neophilologus 97 (2013), S. 349-365.
*[*Bryan 2013] Bryan, Eric Shane: Indirekt Aggression. A Pragmatic Analysis of the Quarrel of the Queens in Völsungasaga, Þiðreks Saga, and Das Nibelungenlied, in: Neophilologus 97 (2013), S. 349-365.
*[*Gephart 2005] Gephart, Irmgard, Totenklage, ambivalente Bindungen und aufgeschobene Rache, in: Der Zorn der Nibelungen. Rivalität und Rache im 'Nibelungenlied', hg. von Irmgard Gephart, Köln, Weimar, Wien, Böhlau 2005, S. 94-102.
*[*Heinzle 2005] Heinzle, Joachim: Die Nibelungen. Lied und Sage, Darmstadt: Primus Verlag 2005.
*[*Lienert 2003] Lienert, Elisabeth: Geschlecht und Gewalt im „Nibelungenlied“ in: ZfdA 132 (2003), S.2-23.
*[*Lienert 2003] Lienert, Elisabeth: Geschlecht und Gewalt im „Nibelungenlied“ in: ZfdA 132 (2003), S.2-23.
*[*Gephart 2005] Gephart, Irmgard, Totenklage, ambivalente Bindungen und aufgeschobene Rache, in: Der Zorn der Nibelungen. Rivalität und Rache im 'Nibelungenlied', hg. von Irmgard Gephart, Köln, Weimar, Wien, Böhlau 2005, S. 94 ‒ 102.
*[*Nibelungenlied 2004] In diesem Artikel wird die gängige Zitation nach dem Text von Karl Bartsch und Helmut de Boor, welche von Siegfried Grosse ins neuhochdeutsche übersetzt und kommentiert wurde, verwendet: Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch, Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2004.
*[*Heinzle 2005] Heinzle, Joachim: Die Nibelungen. Lied und Sage, Darmstadt: Primus Verlag 2005.
*[*Schroeder 1960] Schroeder, Werner: Die Tragödie Kriemhilts im Nibelungenlied, in: ZfdA 90(1960/61) S. 123-160.
*[*Schroeder 1960] Schroeder, Werner: Die Tragödie Kriemhilts im Nibelungenlied, in: ZfdA 90(1960/61) S. 123-160.
== Textausgaben ==
*[*Nibelungenlied 2004] Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch, Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2004.

Version vom 25. August 2020, 15:53 Uhr

Frauengestalten nehmen im Nibelungenlied eine besondere Stellung ein, so dominieren sie im ersten Teil sowie im zweiten Teil mindestens den Handlungshintergrund, sodass der bedeutende Philologe Werner Schröder sogar von einem „Kriemhiltroman“ spricht.[Schroeder 1960] Kriemhild (mhd. „Kriemhilt“, vgl. Str. 2)[1] ist die zentrale Figur, welche die Handlung des Nibelungenliedes prägt und zugleich als eine der bedeutendsten weiblichen Charaktere der Literatur des deutschen Mittelalters gilt. Kriemhild ist die Schwester der drei Burgunderkönige Gunther, Gernot und Giselher. Sie ist die Gattin von Siegfried bis zu seinem Tod und im späteren Verlauf des Nibelungenlieds die Gattin von Etzel.

In der Rezeption und in der Forschung wird die Figur der Kriemhild auf die unterschiedlichste Art und Weise interpretiert und deswegen keinesfalls eindeutig beurteilt. Dieser Artikel gibt eine kurze Inhaltsangabe des Nibelungenliedes, wobei der Fokus auf Kriemhild gelegt wird. Darauf folgt eine Ausarbeitung der Darstellung von Kriemhild im Nibelungenlied und die folgenden Punkte behandeln Kriemhild als handlungstreibende Person im ersten sowie im zweiten Teil. Es soll zum ersten Teil ebenfalls das Verhältnis zu Siegfried herausgearbeitet werden. Der abschließende Beitrag befasst sich mit der Rezeption der Kriemhildsfigur in der literaturwissenschaftlichen Forschung, besonders in Bezug darauf, wie mit ihr als weibliche Hauptfigur „umgegangen“ wird.--TBartmann 16:53, 25. Aug. 2020 (CEST)

Kriemhild als handelnde Person im Nibelungenlied (Zusammenfassung)

Bei Kriemhild handelt es sich um die Schwester der in Worms herrschenden Burgunderkönige Gunther, Gernot und Giselher. Ute und Dankrat sind ihre Eltern, von welchem letzterer nach seinem Tod ihren Brüdern den Thron vermachte. Nach einem prophetischen Traum Kriemhilds, in welchem zwei Adler einen starken und schönen Falken zerfleischen, kommt der junge Siegfried, ein Thronfolger aus Xanten und Besitzer des Nibelungenhortes, an den Burgunder Hof und wirbt anfangs auf heroische, dann auf höfische Art und Weise um Kriemhild. Um die Hand von Kriemhild zu erhalten, streitet er im Sachsenkrieg für die Burgunden und hilft Gunther tatkräftig und erfolgreich bei seiner Brautwerbung um die heroische Brünhild, indem er sich fälschlicherweise als seinen Dienstmann ausgibt. Seine Unterstützung geht sogar so weit, dass er sie im Ehebett für Gunther bändigen muss und als Trophäe Ring und Gürtel von Brünhild an sich nimmt. Kriemhild und Siegfried reisen in Folge der Hochzeit nach Xanten, wo Siegfried die Krone erhält und Kriemhild knapp zehn Jahre später einen Sohn mit Namen Gunther gebiert.

Einige Zeit später werden die beiden wieder an den Burgunderhof geladen. Dort entzündet sich ein Streit, da auf der einen Seite Brünhild nach wie vor annimmt, dass Siegfried ein Vasall von Gunther sei und auf der anderen Seite Kriemhild durch die Kleinodien darauf schließt, dass ihr Mann Brünhild entehrt hat. Dieser Streit eskaliert, sodass die Burgunder, unter anderem Gunther und der treue Gefolgsmann Hagen, die Ermordung Siegfrieds beschließen und in Folge dessen auch durchführen.

Die Trauer von Kriemhild über Siegfrieds Tod ist tiefgreifend und sie prangert die Schuldigen an, jedoch versöhnt sie sich einige Zeit später wieder mit Gunther. Durch das Erbe des Hortes versucht Kriemhild Gefolgsleute anzuwerben, was jedoch unterbunden wird, da Hagen ihr den Nibelungenhort raubt und im Rhein versenken lässt.

13 Jahre später wirbt Etzel um Kriemhild und sie reist für die Hochzeit nach Wien und dann weiter nach Etzelburg, wo sie durch die Heirat zur Hunnenkönigin aufsteigt und dem König einen Sohn, Ortlieb, schenkt. Durch eine hinterlistige Einladung reisen die Burgunder mit einem Heer nach Osten und werden am Hof von Etzel empfangen. Als Hagen preisgibt, dass er der Mörder Siegfrieds war, fordert Kriemhild die Hunnenkrieger auf, ihr Leid zu rächen. Infolge eines Überfalls auf die burgundischen Truppen übernehmen die Burgunder die Kontrolle über den Festsaal, aus welchem Kriemhild und Etzel dank Dietrich von Bern, einem Gefolgsmann Etzels, fliehen können. Die folgenden Angriffe auf die Burgunden, welche ebenfalls hohe Verluste der Gegnerseite fordern, dezimieren die Schar unter anderem auch durch das Anzünden des Festsaals auf Kriemhilds Befehl so weit, dass schließlich nur noch Gunther und Hagen am Leben sind. Diese werden vor Kriemhild geführt und, da die beiden den Ort der Hortversenkung nicht verraten wollen, lässt sie erst Gunther töten und erschlägt anschließend Hagen mit Siegfrieds Schwert selbst. Diese Handlung wird Kriemhild zum Verhängnis, da eine Frauenhand den tapferen Recken getötet hat. Kriemhild wird von Hildebrand getötet und zerstückelt und das Lied endet nach einer Trauerepisode um die gefallenen Recken und die tote Kriemhild.

Die Komplexität ihrer Figur zeigt sich zum einen in der aktiven Handlungsmotivation, welche charakterlich der der Männer entspricht. Zum anderen wird sie im Verlauf des Liedes deutlich, denn Kriemhild wird im ersten Teil als höfische Dame eingeführt, gilt durch den Königinnenstreit und Siegfrieds folgender Ermordung als Bindeglied zwischen den zwei Teilen des Nibelungenlieds und tritt im zweiten Teil als Auslöser der Gewalt durch die hinterlistige Einladung und die Aufforderung zur Rache auf. Das Ende des Nibelungenliedes und der Untergang der Nibelungen ist das Ergebnis dieser Gewalt und eines nicht mehr durch „herkömmliche Riten“ oder durch „männliche Schutzhandlung“ aufhaltbaren Racheakts der maßlosen Zerstörung, welcher nach der Mediävistin Irmgard Gephart durch den Betrug der männlichen Protagonisten entstanden ist. [Gephart 2005:102] Somit geht es bei Kriemhilds Rache um das handlungsbestimmende Prinzip des Nibelungenliedes. Um diesen Wandel zu verstehen, lohnt es sich, die Darstellung von Kriemhild genauer zu betrachten.--TBartmann 16:53, 25. Aug. 2020 (CEST)

Darstellung im Nibelungenlied

In der ersten Aventiure wird Kriemhild als höfische Dame eingeführt, denn sie ist „ein vil édel magedîn, / daz in allen landen / niht schœners mohte sîn [und] si wart ein scœne wîp“ (Str. 2). Sie ist höfisch gebildet (vgl. Str. 45), weiß sich höfisch zu gebären (vgl. Str. 348, 587, 787), soll Nähen können (Str. 361-3) und auch Reiten (Vgl. Str. 1337), was im Mittelalter Eigenschaften einer adeligen Frau waren.

Kriemhild, die anfangs 16 Jahre alt ist, ist also das schönste Mädchen weit und breit und wächst später zu einer schönen Frau heran, welche einen Ritter heiraten soll (vgl. Str. 16). Ihre ästhetische Eigenschaft wird im Laufe des Nibelungenliedes zahlreich betont, wie beispielsweise „âne mâzen schœne“ (Str. 2) und „unmâzen scœne“ (Str. 49), und auch im zweiten Teil bei den Hunnen wird sie u. a. als „Kríemhílt diu scoene“ (Str. 1737) bezeichnet. Als „vil hêrlîchen“ (Str. 281) wird Kriemhild in jener Szene bezeichnet, in welcher Siegfried sich untersterblich in Kriemhild verliebt und ihre Ästhetik mit dem Morgenrot verglichen wird (vgl. Str. 281). Ihre Haut wird als „rôsenrôtiu varwe / vil minneclîchen scein“ (Str. 282) stilisiert und der Erzähler beschreibt auch, dass die Haut „luht‘ ir ûz dem golde“ (Str. 1351). Ihre Kleidung sei außerordentlich, denn sie „was ouch sô gezieret“ (Str. 300), dass sie für viele Krieger eine Augenweide war und vor der Fahrt nach Island werden die edlen Stoffe beschrieben, aus welcher sich die Kleidung zusammensetzt (vgl. Str. 364-366).

Allein die Quantität der ästhetischen Betonung und die Versicherungen des Erzählers, dass sie die Schönste ist, zeigt, dass sie äußerlich vollständig ohne Makel ist, wie beispielsweise durch die folgende Textstelle und dem Vergleich mit anderen Frauen bestätigt wird:

Sam der liehte mâne / vor den sternen stât, /

des scîn sô lûterliche / ab den wolken gât,/

dem stuont si nu gelîche / vor maneger frouwen guot (Str. 283).

Der Erzähler spricht dadurch, dass er kaum objektive Referenzpunkte zur Schönheit von Kriemhild benennt, ein jeweiliges subjektives Schönheitsideal an, woraus für jeden Lesenden die Schönheit Kriemhilds als Begriff entsteht, der an ein Maximum heranreichen soll, wie folgendes Beispiel zeigt:

„Ob iemen wünscen solde, / der kunde niht gejen, /

daz er ze dirre werlde / het iht scoeners gesehen“(Str. 282).

Jedoch wird bereits in der ersten Aventiure Kriemhilds Schönheit durch eine Prolepse (vgl. Str. 19) mit Leid verknüpft und nach der Germanistin Elisabeth Lienert korrelieren somit Schönheit und Gewalt, und über die Schönheit und durch die Minne stehen zugleich auch Weiblichkeit und Gewalt in einem Zusammenhang.[Lienert 2003:7]

Kriemhilds Verhalten ist dem Hofe angepasst, denn sie ist fromm, ruhig und besonnen (vgl. Str. 15, 17f, u.a.), aber auch mädchenhaft (vgl. Str. 615) und neugierig, da sie „durch diu venster“ (Str. 133) schaut, um die Welt zu entdecken. Da sie als Prinzessin fest in die Heiratspolitik des Mittelalters integriert ist, zeigt sie ihre unschuldige und naive Jugendlichkeit dadurch, dass sie vorerst „âne recken mínne […] immer sîn“ (Str. 15) will. Jedoch verwirft sie diesen Gedanken als sie Siegfried zum ersten Mal sieht, denn sie braucht keinen anderen Zeitvertreib, als ihm zuzuschauen (vgl. Str. 133) und verliebt sich in diesen (vgl. Str. 292-4).

Ihre unschuldige Kindheit endet mit der Hochzeit, indem sie fordert, dass ihr „suln ê mine brüeder / teilen mit diu lant“ (Str. 691) und sie nach Macht und Besitz strebt. Siegfried spricht sich dagegen aus und auch Hagen will nicht als Gefolgsmann mit ihr gehen (Str. 694-9). Dass Kriemhild als Einzige auf ihrer Mitgift beharrt und sich sogar offen gegen Siegfrieds Entscheidung auflehnt und meint, dass es „umb Búrgónden degene / sô lîht‘ ez niht enstât, / si müg‘ ein künic gerne / füeren in sîn lant“ (Str. 696), zeigt den Wandel von Naivität zu selbstmächtigem Auftreten und ebenfalls eine gewisse Gerissenheit. Die Zeit, die während ihrer und Siegfrieds Abwesenheit vergeht, verändert Kriemhild, denn sie kommt nach der Einladung als stolze Frau zurück, welche zuvor noch schlichtend, aber dann provokativ und impulsiv im Königinnenstreit agiert.[Bryan 2013: 360-3] Das wird daran deutlich, dass sie anfangs Siegfried über Gunther stellt, indem sie sagt, dass er „tíwerr danne sî / Gunther mîn bruider, der viel edel man“ (Str. 824) und sie sieht sich als Spitze des burgundischen Hofes (Vgl. Str. 829). Kriemhild kündigt auf gleiche Weise provokant an, dass sie vorhat, Brünhild zu demütigen, indem sie vor ihr in das Münster eintreten will. Darüber hinaus beschuldigt sie Brünhild während der Eskalation des Streits als „mannes kebse“ (Str. 839) und zieht vor Brünhild ins Münster ein, was im Mittelalter aber teilweise auch noch in der heutigen Zeit unverzeihliche Provokationen sind. Durch das Demonstrieren des Ringes und des Gürtels (Vgl. Str. 847-50) wird ihr unbedachtes Handeln erneut deutlich, da sie damit Brünhilds Ehre verletzt und direkt Siegfrieds Ansehen gefährdet und die Konsequenzen vernachlässigt. Auf indirekte Weise besiegelt sie somit auch Siegfrieds Schicksal. Ihr unüberlegtes Handeln und ihre Naivität werden an folgender Stelle erneut überdeutlich, als sie

„mit kleinen sîden / nae ich [(Kriemhild)] ûf sîn gewant /

ein tougenlîchez kriuze. / dâ sol, helt, dîn [(Hagens)] hant /

den mînen man behüeten, / so ez an die herte gât, /

swenn‘ er in den stürmen / vor sînen vîánden stât. (Str. 904).


Mit Siegfrieds Tod entsteht ein weiterer Wandel von Kriemhilds Darstellung im Nibelungenlied, denn aus dem einst jungen und frommen Mädchen und später der gerissenen und stolzen Frau wird eine trauernde und rachsüchtige Witwe. Als Kriemhild von Siegfried Abschied nimmt und vor seinem Grab zusammenbricht, „dô truoc man sie von dannen; / sine kúnde niht gegân. / dô vant man sinnelôse / daz hêrlîche wîp. vor leide möht‘ ersterben der ir vil wünneclîcher lîp (Str. 1070). Diese Passage zeigt Kriemhilds Trauer allzu deutlich und sie trauert so sehr, dass „Es was ein michel wunder, / daz si ie genas“ (Str. 1067) und „daz blout ir ûz dem munde / von herzen jâmer brast“ (Str. 1010). Durch die Bahrprobe bestätigt sich ihre Ahnung, wer ihren Mann ermordet hat und vermutlich durch das Eingeständnis an ihrer Mitschuld am Tod kümmert sie sich auch nicht mehr um ihr ästhetisches Erscheinungsbild, denn

Kríemhílt diu hêre / und vil trûréc gemuot, /

[ … ] in der wæte, / die si álle tage truoc. /

dâ bî truoc ir gesinde / rîcher kléidér genuoc (Str. 1225).

Joachim Heinzle meint, dass durch die vorangegangene Passage deutlich wird, dass die Trauer echt ist und anhält.[Heinzle 2005:81] Nach Siegfried Tod wird Kriemhild vom Erzähler mit Attributen der Trauer versehen („jâmerhafte“ (Str. 1014), „manegiu leit“ (Str. 1208), „vil trûréc gemout“ (Str. 1225) und als „arme Kriemhild“ bezeichnet, was zeigt, dass sie noch nicht bereit für eine neue Heirat ist, da

klagen unde weinen / mir immer zæme baz. / wi sold‘ ich [(Kriemhild)] vor recken / dâ ze hove gân? / wart mîn lîp ie schoene, / des bin ich âné getân (Str. 1245).

„Si was im getriuwe, des ir diu meiste menige giht“ (Str. 1142)

lautet der Erzählerkommentar am Ende der 19. Aventiure, was ebenfalls auf Kriemhilds Trauer und ihre Liebe zu Siegfried hindeutet. Als Hagen ihr den Hort raubt, bricht er Kriemhild endgültig, da ihr der Drang nach Rache verwehrt wird und erst als die Möglichkeit der Heirat mit Etzel aufkommt, erblüht sie wieder scheinbar und sie kümmerte sich erneut um ihr äußerliches Auftreten, denn „Ûf ructe si ir gebende“ (Str. 1351), da in ihr ein Racheplan Gestalt annimmt. Somit kehren erst nach vielen Jahren am Hof in Worms ihre prächtigen Kleider in Folge der Werbung Etzels wieder zurück.


Bei Etzels Brautwerbung wird noch einmal ihr frommer, aber auch berechnender Charakter deutlich, denn

„het ich [(Kriemhild)] daz vernommen, / daz er [(Etzel)] niht waere ein heiden, /

sô wold‘ ich gerne komen, / swar er hete willen, und naem‘ in z’einem man“ (Str. 1261).

Aber dies lässt darauf schließen, dass Kriemhild Etzel schlussendlich vorrangig wegen der Rache heiratet, denn ihre Frömmigkeit widerspricht dieser Handlung.

Ein weiterer Aspekt wird im zweiten Teil des Nibelungenlieds deutlich, denn sie erwähnt ihren Sohn in Xanten nicht und reist auch nicht dorthin, was zeigt, dass sie nicht als besonders mütterlich gelten kann. Dennoch trauert sie auch während ihrer Zeit am Hunnenhof täglich um Siegfried, wie Dietrich von Bern den Burgunden berichtet (Str. 1730). Dieses Phänomen könnte aber auch das Ergebnis der Komposition zweier Lieder mit unterschiedlicher Vorlage sein und an den in der Forschung diskutierten Prozess von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit anknüpfen.

Nach einiger Vorbereitung (Rüdiger von Bechelarens Schwur, Bündnisse (vgl. Str. 1323)) und durch die hinterlistige Einladung kann sie schließlich ihren Drang nach Rache befriedigen, aber sie ist dabei so zügellos, dass sie erneut die Konsequenzen nicht beachtet und deshalb selbst stirbt. In den letzten Versen ist sie unbarmherzig, grausam und wird selbst zur Mörderin. Sie wird von Dietrich von Bern als „vâlandinne“ (Str. 1748) bezeichnet und handelt gnadenlos, denn „den sal den hiez dô zünden / daz Etzelen wîp“ (Str. 2111), obwohl die Burgunden an ihre Vernunft appelieren. Kriemhild agiert als goldgierige Frau, denn sie erwartet, dass die Burgunden ihr den Hort bringen (vgl. Str. 1739-43) und als Hagen meint: „jâ hân ich des gesworn, / daz ich den hort iht zeige, / die wîle daz si leben / deheiner mîner herren, / sô sól ich in níeméne geben“ (Str. 2368), lässt sie ihren Bruder köpfen, um ihn zum Reden zu bringen. Dennoch überwiegt Kriemhilds Liebe zu Siegfried der Liebe zum Gold, denn „waere sîn [(der Hort)] tûsent stunde / noch alse vil gewesen, / und solt‘ der herre Sîfrît / gesunder sîn gewesen, / bî im waere Kriemhilt / hendeblôz bestân. / getriuwer wîbes künne / ein helt nie mêr gewan“ (Str. 1126).--TBartmann 16:53, 25. Aug. 2020 (CEST)


Anmerkungen

  1. In diesem Artikel wird die gängige Zitation nach dem Text von Karl Bartsch und Helmut de Boor, welche von Siegfried Grosse ins neuhochdeutsche übersetzt und kommentiert wurde, verwendetVgl. hierzu [Nibelungenlied 2004]

Literaturverzeichnis

<HarvardReferences />

  • [*Bryan 2013] Bryan, Eric Shane: Indirekt Aggression. A Pragmatic Analysis of the Quarrel of the Queens in Völsungasaga, Þiðreks Saga, and Das Nibelungenlied, in: Neophilologus 97 (2013), S. 349-365.
  • [*Gephart 2005] Gephart, Irmgard, Totenklage, ambivalente Bindungen und aufgeschobene Rache, in: Der Zorn der Nibelungen. Rivalität und Rache im 'Nibelungenlied', hg. von Irmgard Gephart, Köln, Weimar, Wien, Böhlau 2005, S. 94-102.
  • [*Heinzle 2005] Heinzle, Joachim: Die Nibelungen. Lied und Sage, Darmstadt: Primus Verlag 2005.
  • [*Lienert 2003] Lienert, Elisabeth: Geschlecht und Gewalt im „Nibelungenlied“ in: ZfdA 132 (2003), S.2-23.
  • [*Schroeder 1960] Schroeder, Werner: Die Tragödie Kriemhilts im Nibelungenlied, in: ZfdA 90(1960/61) S. 123-160.

Textausgaben

  • [*Nibelungenlied 2004] Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch, Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2004.