Das niederfränkische Tristan-Fragment: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Fragment weist auf eine Quelle mit gewisser Verwandtschaft zum französischen Text, aber auch wesentlichen Abweichungen hin. Demnach vertritt Lambel die Ansicht, es handle sich bei dem niederfränkischen Fragment wahrscheinlicher um eine Fortsetzung Gottfrieds als um eine eigenständige Abfassung des Tristanstoffes.[Lambel 1881:S.361-364.]
Das Fragment weist auf eine Quelle mit gewisser Verwandtschaft zum französischen Text, aber auch wesentlichen Abweichungen hin. Demnach vertritt Lambel die Ansicht, es handle sich bei dem niederfränkischen Fragment wahrscheinlicher um eine Fortsetzung Gottfrieds als um eine eigenständige Abfassung des Tristanstoffes.[Lambel 1881:S.361-364.]


Tomasek[Tomasek 2002] führt die Erklärung Lambels weiter, dass das Fragment Teil eines Codexes aus Gottfrieds unvollendetem Tristan sei, dem die Erzählung ''[[Tristan als Mönch]]'' (dort tritt König Artus auf und Tristan inszeniert seinen eigenen Tod) folgt, sodass an dieser Stelle<ref>An welcher auch „in *RS mit Hilfe von Ulrichs von der Türheim Nampotanis-Episode ein Ende angeflickt wurde“[Tomasek 2002:76]</ref> Gottfried fortsetzend sowie den Inhalt von ''Tristan als Mönch'' berücksichtigend das niederfränkische Fragment stand.<ref>Wie auch schon de Boor diese Möglichkeit einer kombinierten Codifizierung in den Raum stellte.[de Boor 1997:S.119.]</ref>
Tomasek[Tomasek 2002] führt die Erklärung Lambels weiter, dass das Fragment Teil eines Codexes aus Gottfrieds unvollendetem Tristan sei, dem die Erzählung ''[[Tristan als Mönch]]'' (dort tritt König Artus auf und Tristan inszeniert seinen eigenen Tod) folgt, sodass an dieser Stelle<ref>An welcher auch „in *RS mit Hilfe von Ulrichs von der Türheim Nampotanis-Episode ein Ende angeflickt wurde“[Tomasek 2002:76]</ref> Gottfried fortsetzend sowie den Inhalt von ''Tristan als Mönch'' berücksichtigend das niederfränkische Fragment stand.<ref>Wie auch schon de Boor diese Möglichkeit einer kombinierten Codifizierung in den Raum stellte, aber auch die der Existenz einer Thomas-Version als Vorlage, die die Totenklage über Tristan beinhalte.[de Boor 1997:S.119.]</ref>
Die Gegenthese Steinhoffs[Steinhoff 1987], welcher Lambels Annahmen für unwahrscheinlich hält und auf Tristans vermeintlichen Tod im altfranzösischen Prosatristan hinweist, entkräftet er.<ref>Auch de Boor hält es für unwahrscheinlich, dass es sich um eine Fortsetzung Gottfrieds handelt.[de Boor 1997:S.119.]</ref> Denn dort, im altfranzösischen ''Tristan'', werde Tristans Tod sogar mehrmals angenommen, doch immer angezweifelt und aufgelöst, im niederfränkischen Fragment hingegen müsse Tristans Tod offiziell erklärt worden sein<ref>Da dort „öffentlich Totenklage gehalten (60f.) und Tristans Seele Gott empfohlen wird (56f.)“, was so anscheinend „nur in »Tristan als Mönch« vorliegt“.[Tomasek 2002:S.77.]</ref><br />
Die Gegenthese Steinhoffs[Steinhoff 1987], welcher Lambels Annahmen für unwahrscheinlich hält und auf Tristans vermeintlichen Tod im altfranzösischen Prosatristan hinweist, entkräftet er.<ref>Auch de Boor hält es für unwahrscheinlich, dass es sich um eine Fortsetzung Gottfrieds handelt.[de Boor 1997:S.119.]</ref> Denn dort, im altfranzösischen ''Tristan'', werde Tristans Tod sogar mehrmals angenommen, doch immer angezweifelt und aufgelöst, im niederfränkischen Fragment hingegen müsse Tristans Tod offiziell erklärt worden sein<ref>Da dort „öffentlich Totenklage gehalten (60f.) und Tristans Seele Gott empfohlen wird (56f.)“, was so anscheinend „nur in »Tristan als Mönch« vorliegt“.[Tomasek 2002:S.77.]</ref><br />
Tomasek widmet sich besonders einem Randeintrag bei V. 125, welcher zuvor fälschlicherweise für ein (unbekanntes) tschechisches Wort ''pudibundi'' gehalten wurde, sich nach dem Anheben einer Falzkante aber als lateinisches ''pudibundus'' (der Verschämte) herausstellte. Der Eintrag ist neben ''kardinen'' ([[Kaedin]]) platziert, könnte also auf Kaedins peinliche Situation in der Zauberkissenepisode hinweisen.
Tomasek widmet sich besonders einem Randeintrag bei V. 125, welcher zuvor fälschlicherweise für ein (unbekanntes) tschechisches Wort ''pudibundi'' gehalten wurde, sich nach dem Anheben einer Falzkante aber als lateinisches ''pudibundus'' (der Verschämte) herausstellte. Der Eintrag ist neben ''kardinen'' ([[Kaedin]]) platziert, könnte also auf Kaedins peinliche Situation in der Zauberkissenepisode hinweisen.
Hieraus zieht Tomasek eine Reihe von Rückschlüssen.  
Hieraus zieht Tomasek eine Reihe von Rückschlüssen.  
Die Eintragung spricht gegen eine Thomas strikt folgende Handschrift, denn sie wäre in diesem Falle recht unwahrscheinlich, da Kaedin dort noch vier Zeilen vor dem Einsetzpunkt des niederfränkischen Fragmentes genannt wird,<ref>Das Fragment „beginnt bei V. 2193 der Thomasfragmente […], Kaedin wird bei Thomas zuletzt genannt in V. 2189“.[Tomasek 2002:S.79, Anm. 18.]</ref> er ihm Zuge des vorhergehenden Rückkehrabenteuers zusammen mit Tristan eine Rolle spielt. Die Erklärung ist wohl aber scheinbar notwendig, wenn Kaedin nicht, wie bei Thomas, kontinuierlich auftritt. Tomasek weist darauf hinn, dass in ''Tristan als Mönch'' Kaedin für die letzten 1300 Verse die Handlung verlässt, was dafür spricht, dass dieser Text dem Fragment in einem Codex vorausgegangen sein könnte. Die Erläuterung Kaedins als ‚Verschämter‘ deutet, wie bereits erwähnt, auf die Zauberkissenepisode hin, führt aber weg von den Thomas folgenden Schriften, in denen Scham keine Rolle spielt, hin zu anderen Quellen, etwa Eilharts ''Tristrant''. Diese Zweifel an einer durchgängigen Orientierung an Thomas erweckenden Abweichungen des Fragmentes deuten auf eine Verwandtschaft zu den Gottfriedhandschriften R und S hin.<ref>So durch den szenisch eingeschränkten Endteil eines ''Tristans'', der „einen Kenner, wie den Glossator, dazu animierte, eigenes Wissen über die Figuren einzubringen“, und „der die Handlung mit dem Liebestod abschloß, aber darauf verzichtete, die Rückkehrabenteuer im einzelnen zu bieten“[Tomasek 2002:S.81.]</ref>
Die Eintragung spricht gegen eine Thomas strikt folgende Handschrift, denn sie wäre in diesem Falle recht unwahrscheinlich, da Kaedin dort noch vier Zeilen vor dem Einsetzpunkt des niederfränkischen Fragmentes genannt wird,<ref>Das Fragment „beginnt bei V. 2193 der Thomasfragmente […], Kaedin wird bei Thomas zuletzt genannt in V. 2189“.[Tomasek 2002:S.79, Anm. 18.]</ref> er ihm Zuge des vorhergehenden Rückkehrabenteuers zusammen mit Tristan eine Rolle spielt. Die Erklärung ist wohl aber scheinbar notwendig, wenn Kaedin nicht, wie bei Thomas, kontinuierlich auftritt. Tomasek weist darauf hinn, dass in ''Tristan als Mönch'' Kaedin für die letzten 1300 Verse die Handlung verlässt, was dafür spricht, dass dieser Text dem Fragment in einem Codex vorausgegangen sein könnte. Die Erläuterung Kaedins als ‚Verschämter‘ deutet, wie bereits erwähnt, auf die Zauberkissenepisode hin, führt aber weg von den Thomas folgenden Schriften, in denen Scham keine Rolle spielt, hin zu anderen Quellen, etwa Eilharts ''Tristrant''. Diese Zweifel an einer durchgängigen Orientierung an Thomas erweckenden Abweichungen des Fragmentes deuten auf eine Verwandtschaft zu den Gottfriedhandschriften R und S hin.<ref>So durch den szenisch eingeschränkten Endteil eines ''Tristans'', der „einen Kenner, wie den Glossator, dazu animierte, eigenes Wissen über die Figuren einzubringen“, und „der die Handlung mit dem Liebestod abschloß, aber darauf verzichtete, die Rückkehrabenteuer im einzelnen zu bieten“[Tomasek 2002:S.81.]</ref>
Auffällig ist hierbei, dass keine Übernahme von Schlusselementen Ulrichs von Türheim gegeben ist, sondern viel mehr eine Zurückführung des Schlusses auf Thomas, wie Gottfried verlangt, doch unter Raffung der Ausführungen Thomases um ein Drittel und Voraussetzung der Kenntnis des Inhalts von ''Tristan als Mönch''. Dies stützt etwa auch die Unbestimmtheit des Ortes und Weglassung [[Isolde Weißhand|Isolde Weißhands]] bei dem Treffen Tristans und Kaedins nach ersteren Verwundung (bei Thomas findet die Szenerie am Hofe zu Karke mit Isolde Weißhand statt, in ''Tristan als Mönch'' beschließt Isolde Weißhand aber nach dem vermeintlichen Tod Tristans fortan zurückgezogen zu leben).[Tomasek 2002:S.81f.]
Auffällig ist hierbei, dass keine Übernahme von Schlusselementen Ulrichs von Türheim wie in *RS gegeben ist, sondern viel mehr eine Zurückführung des Schlusses auf Thomas, wie Gottfried verlangt, doch unter Raffung der Ausführungen Thomases um ein Drittel und Voraussetzung der Kenntnis des Inhalts von ''Tristan als Mönch''. Dies stützt etwa auch die Unbestimmtheit des Ortes und Weglassung [[Isolde Weißhand|Isolde Weißhands]] bei dem Treffen Tristans und Kaedins nach ersteren Verwundung (bei Thomas findet die Szenerie am Hofe zu Karke mit Isolde Weißhand statt, in ''Tristan als Mönch'' beschließt Isolde Weißhand aber nach dem vermeintlichen Tod Tristans fortan zurückgezogen zu leben).[Tomasek 2002:S.81f.]
 
De Boor vertritt dagegen die Meinung, dass auf Grund stilistisch und sprachlicher Eigenständigkeit<ref>"Auch deutet nichts an Stil und Sprache des in Vers und Reim sorgfältigen Dichters auf eine kenntnis von Gottfrieds Gedicht hin."[de Boor 1997:S.119.]</ref> des Fragments eine Kenntnis des Gottfried'schen Textes auszuschließen sei.[de Boor 1997:S.119.]


==Anmerkungen==
==Anmerkungen==

Version vom 23. Januar 2011, 18:45 Uhr

Dieser Artikel soll sich mit dem auf die zweite Hälfte des 13. Jahrunderts geschätzten Tristanfragment in niederfränkischer Sprache beschäftigen. In der älteren Forschung ist häufiger von einem "niederdeutschen" oder auch "ripuarischen" Fragment zu lesen, doch hat die heutige Forschung die Sprache als niederfränkisch identifiziert.

Das Fragment umfasst lediglich ein einzelnes Pergamentblatt und insgesamt 158 V.[1] und ist dennoch von besonderer Bedeutung, wenn auch es noch keine allzu große Rolle in der Forschung spielt.
Die zentrale Frage der Forschung lautet, ob es sich bei dem Fragment um einen eigenständigen Tristan-Roman handelt, oder um eine Fortsetzung Gottfrieds.

Auffindung/Aufbewahrung

Gefunden wurde das Fragment vor 1881 von A. Patera, Custos des Böhmischen Museums, in der Bibliothek des Böhmischen Domkapitels. Bei der Entdeckung war das Pergament verwendet als Falzblätter des Werkes Computus nonus totius fere Astronomie fundamentum pulcherrimum continens (Liptzk 1514).[Titz 1881:S.248.][Lambel 1881:S.361.]

Mittlerweile wird die Handschrift in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien als Cod. Vind. Ser. Nova 3968 aufbewahrt.

Beschaffenheit

Das Dokument besteht aus zwei ungleiche Hälften eines zweispaltigen Pergamentblattes, beidseitig beschrieben, mit den Maßen 25,5 cm Höhe, 17,5 cm Breite.[Titz 1881:S.24.8] Jede Seite umfasst 46 Zeilen (auf vorgezogenen Linien). Die geraden Zeilen sind um einen Buchstaben eingerückt, mit Minuskel beginnend, ungerade Zeilen mit Majuskel (zwischen zwei vorgezogenen senkrechten Linien).[Lambel 1881:S.361.]

Auf der einen Hälfte (Spalte A, D) fehlen oben 10½-11, auf der anderen (Spalte B, C) unten je 5 Zeilen, da weggeschnitten.

Verortung/Datierung

Der Schrift wegen wurd das Dokument schon früh auf Mitte bis Ende des 13. Jh. geschätzt.[Titz 1881:S.248.] Von der späteren Forschung wurde und wird das Fragment dagegen zumeist auf vor 1240/1250 datiert.[de Smet 1979: S.151.][2] Einer paläographischen Untersuchung zu Folge lässt es sich dagegen wohl genauer in den Zeitraum zwischen etwa 1270 und 1295 festsetzen.[Schneider 1987:S.269f.][3] Auch sprachlich spricht es für die Mitte bis zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts und lässt sich örtlich im Rhein-Maas-Raum um Geldern / Kleve / Arnheim / Nimwegen lokalisieren.[Tomasek 2002:S.77f.]

Editionen

Abdrucke

[Schneider 1987: Abb.166.] zeigt Seite 1r (Spalte A, B), [de Smet/Gysseling 1967] bildet die gesamte Handschrift ab.

Herausgaben

[Titz 1881] und [Lambel 1881] drucken den Text in diplomatischer Edition, und erneut [Gysseling 1980:S.338-342.].

Übersetzungen

[Buschinger 1983/84] bietet eine französische Übersetzung an, [Winkelmann 1998/2:S.822-827.] eine kritische Übersetzung ins Neuhochdeutsche.

Forschung

Der Inhalt der im Fragment erhaltenen Textpassage ist die tödliche Verwundung Tristans auf seinem letzten Abenteuer mit Tristan dem Zwerg, wie es die Thomas'sche, nicht aber die Eilhart'sche Version enthält.[4] Gegenüber den anderen, auf Thomas beruhenden Texten bestehen aber Abweichungen in den Beinahmen Tristans oder die nicht ummittelbare Annahme der angebotenen Hilfe Tristans; darüberhinaus die Klage Tristans dem Zwerg über Tristans Tod (B12-29), welche folglich eine vorher stattgefundene Verbreitung von Tristans Tod (ähnlich Ulrichs von Türheim Fortsetzung des Tristans Gottfrieds, mit dem auch das Einlenken zu Tristans letzten Abenteuer gemein ist) bedingt.
Das Fragment weist auf eine Quelle mit gewisser Verwandtschaft zum französischen Text, aber auch wesentlichen Abweichungen hin. Demnach vertritt Lambel die Ansicht, es handle sich bei dem niederfränkischen Fragment wahrscheinlicher um eine Fortsetzung Gottfrieds als um eine eigenständige Abfassung des Tristanstoffes.[Lambel 1881:S.361-364.]

Tomasek[Tomasek 2002] führt die Erklärung Lambels weiter, dass das Fragment Teil eines Codexes aus Gottfrieds unvollendetem Tristan sei, dem die Erzählung Tristan als Mönch (dort tritt König Artus auf und Tristan inszeniert seinen eigenen Tod) folgt, sodass an dieser Stelle[5] Gottfried fortsetzend sowie den Inhalt von Tristan als Mönch berücksichtigend das niederfränkische Fragment stand.[6] Die Gegenthese Steinhoffs[Steinhoff 1987], welcher Lambels Annahmen für unwahrscheinlich hält und auf Tristans vermeintlichen Tod im altfranzösischen Prosatristan hinweist, entkräftet er.[7] Denn dort, im altfranzösischen Tristan, werde Tristans Tod sogar mehrmals angenommen, doch immer angezweifelt und aufgelöst, im niederfränkischen Fragment hingegen müsse Tristans Tod offiziell erklärt worden sein[8]
Tomasek widmet sich besonders einem Randeintrag bei V. 125, welcher zuvor fälschlicherweise für ein (unbekanntes) tschechisches Wort pudibundi gehalten wurde, sich nach dem Anheben einer Falzkante aber als lateinisches pudibundus (der Verschämte) herausstellte. Der Eintrag ist neben kardinen (Kaedin) platziert, könnte also auf Kaedins peinliche Situation in der Zauberkissenepisode hinweisen. Hieraus zieht Tomasek eine Reihe von Rückschlüssen. Die Eintragung spricht gegen eine Thomas strikt folgende Handschrift, denn sie wäre in diesem Falle recht unwahrscheinlich, da Kaedin dort noch vier Zeilen vor dem Einsetzpunkt des niederfränkischen Fragmentes genannt wird,[9] er ihm Zuge des vorhergehenden Rückkehrabenteuers zusammen mit Tristan eine Rolle spielt. Die Erklärung ist wohl aber scheinbar notwendig, wenn Kaedin nicht, wie bei Thomas, kontinuierlich auftritt. Tomasek weist darauf hinn, dass in Tristan als Mönch Kaedin für die letzten 1300 Verse die Handlung verlässt, was dafür spricht, dass dieser Text dem Fragment in einem Codex vorausgegangen sein könnte. Die Erläuterung Kaedins als ‚Verschämter‘ deutet, wie bereits erwähnt, auf die Zauberkissenepisode hin, führt aber weg von den Thomas folgenden Schriften, in denen Scham keine Rolle spielt, hin zu anderen Quellen, etwa Eilharts Tristrant. Diese Zweifel an einer durchgängigen Orientierung an Thomas erweckenden Abweichungen des Fragmentes deuten auf eine Verwandtschaft zu den Gottfriedhandschriften R und S hin.[10] Auffällig ist hierbei, dass keine Übernahme von Schlusselementen Ulrichs von Türheim wie in *RS gegeben ist, sondern viel mehr eine Zurückführung des Schlusses auf Thomas, wie Gottfried verlangt, doch unter Raffung der Ausführungen Thomases um ein Drittel und Voraussetzung der Kenntnis des Inhalts von Tristan als Mönch. Dies stützt etwa auch die Unbestimmtheit des Ortes und Weglassung Isolde Weißhands bei dem Treffen Tristans und Kaedins nach ersteren Verwundung (bei Thomas findet die Szenerie am Hofe zu Karke mit Isolde Weißhand statt, in Tristan als Mönch beschließt Isolde Weißhand aber nach dem vermeintlichen Tod Tristans fortan zurückgezogen zu leben).[Tomasek 2002:S.81f.]

De Boor vertritt dagegen die Meinung, dass auf Grund stilistisch und sprachlicher Eigenständigkeit[11] des Fragments eine Kenntnis des Gottfried'schen Textes auszuschließen sei.[de Boor 1997:S.119.]

Anmerkungen

  1. Die Forschung variiert bei der Angabe der Verse auch mit "etwa 170" V.[de Smet 1979:S.151.]
  2. Wie auch Winkelmann das Fragment noch auf "kurz vor 1240/1250" einordnet.[Winkelmann 1998/2: S.822.] Siehe auch [Tervooren 2006:S.98.]
  3. Die Schrift, eine "kleine spitze Textualis auf einfachem Niveau", "ist wohl kaum älter als der Harffer Sachsenspiegel von 1295, aber wohl kaum vor den siebziger Jahren anzusetzen."[Schneider 1987:S.269.]
  4. Folgenden Ausführungen nach Lambel.[Lambel 1881]
  5. An welcher auch „in *RS mit Hilfe von Ulrichs von der Türheim Nampotanis-Episode ein Ende angeflickt wurde“[Tomasek 2002:76]
  6. Wie auch schon de Boor diese Möglichkeit einer kombinierten Codifizierung in den Raum stellte, aber auch die der Existenz einer Thomas-Version als Vorlage, die die Totenklage über Tristan beinhalte.[de Boor 1997:S.119.]
  7. Auch de Boor hält es für unwahrscheinlich, dass es sich um eine Fortsetzung Gottfrieds handelt.[de Boor 1997:S.119.]
  8. Da dort „öffentlich Totenklage gehalten (60f.) und Tristans Seele Gott empfohlen wird (56f.)“, was so anscheinend „nur in »Tristan als Mönch« vorliegt“.[Tomasek 2002:S.77.]
  9. Das Fragment „beginnt bei V. 2193 der Thomasfragmente […], Kaedin wird bei Thomas zuletzt genannt in V. 2189“.[Tomasek 2002:S.79, Anm. 18.]
  10. So durch den szenisch eingeschränkten Endteil eines Tristans, der „einen Kenner, wie den Glossator, dazu animierte, eigenes Wissen über die Figuren einzubringen“, und „der die Handlung mit dem Liebestod abschloß, aber darauf verzichtete, die Rückkehrabenteuer im einzelnen zu bieten“[Tomasek 2002:S.81.]
  11. "Auch deutet nichts an Stil und Sprache des in Vers und Reim sorgfältigen Dichters auf eine kenntnis von Gottfrieds Gedicht hin."[de Boor 1997:S.119.]

Literaturangaben

<HarvardReferences />

  • [*Buschinger 1983/84] Buschinger, Danielle: Le fragment du Roman de Tristan bas-francique (cod. Vind. Ser. Nov. 3968). In: Tristania 9 (1983/84). S.3-24.
  • [*de Boor 1997] De Boor, Helmut: Die Deutsche Literatur im späten Mittelalter. 1. Teil 1250-1350. 5. Auflage, neubearb. von Johannes Janota. München 1997.
  • [*Gysseling 1980] Gysseling, Maurice: Tristant. In: Corpus van Middelnederlandse teksten, tot en met her jaar 1300. 's-Gravenhage 1980.
  • [*Lambel 1881] Lambel, Hans: Fragment einer Tristandichtung. In: Germania 26 (1881). S. 356-364.
  • [*Steinhoff 1987] Steinhoff, Hans Hugo: Art. 'Niederfränkischer Tristan'. In: VL² 1987. Bd. 6. Sp. 995f.
  • [*Schneider 1987] Schneider, Karin: Gotische Schriften in deutscher Sprache. I. Vom späten 12. Jahrhundert bis um 1300. Textbd./Tafelbd. Wiesbaden 1987.
  • [*de Smet/Gysseling 1968] De Smet, Gilbert / Gysseling, Maurice: Die niederfränkischen Tristan-Bruchstücke Cod. Vind. Ser. Nova 3968. In: Theodisca 2 (1968). S. 197-234.
  • [*de Smet 1979] De Smet, Gilbert A.R.: Ostmaasländische Poesie um 1200. In: Studien zur deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Rudolf Schützeichel. Bpnn 1979. S.149-162.
  • [*Stein 2001] Stein, Peter K.: Tristan-Studien. Hrsg. von Ingrid Bennewitz. Stuttgart 2001.
  • [*Tervooren 2006] Tervooren, Helmut: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Handbuch zur Geschichte der mittelalterlichen volkssprachlichen Literatur im Raum von Rhein und Maas. Berlin 2006.
  • [*Titz 1881] Titz, Karel Wilhem: Fragment eines niederdeutschen Tristant. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 25 (1881) S. 248-251.
  • [*Tomasek 2002] Tomasek, Tomas: Das niederfränkische Tristanfragment. In: Der »Tristan« Gottfrieds von Straßburg. Symposion Santiago de Compostela, 5. bis 8. April 2000. Hrsg. von Christoph Huber / Victor Millet. Tübingen 2002. S. 75-86.
  • [*Winkelmann 1998/1] Winkelmann, J[ohan] H.: Tristan in Gelderland. Een bijdrage tot de Oostmiddelnederlandse hofliteratuur uit het midden van de dertiende eeuw. In: Jozef D. Janssens e.a.: Op avontuur. Middeleeuwse epiek in de Lage Landen. Amsterdam 1998. S. 51-63 /293-295.
  • [*Winkelmann 1998/2] Winkelmann, Johan H.: Zu den Wiener „Tristant”-Fragmenten. In: Ir sult sprechen willekomen. Grenzenlose Mediävistik. Festschrift für Helmut Birkhan zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Christa Tuczay / Ulrike Hirhager / Karin Lichtblau. Bern / Berlin / Frankfurt a.M. / New York / Paris / Wien 1998. S. 821-838.