Geografische Orte im Parzival

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In Wolfram von Eschenbachs Roman Parzival spielt sich die Handlung an verschiedenen Orten ab. Parzival legt im Laufe der Erzählung große Distanzen zurück. Die geografischen Örtlichkeiten sowie die sie verbindenden Wege erlauben einen spezifischen Blick auf den Roman.

Visualisierung der Orte

Im Sinne von Franco Morettis Imaginative Geography[1] verfolgt dieser Artikel das Ziel die zentralen Orte aus der Erzählung grafisch zu visualisieren und damit die Handlungsebene im Sinne einer Matrix zu veranschaulichen. Eine Visualisierung auf einer Karte könnte dabei die Distanzen hervorheben und Aufschluss über den Zusammenhang der wichtigsten Orte geben.

Reale Orte im Parzival

In einem zweiten Schritt sollen die wichtigsten Orte mit möglichen realen Pendants zusammengeführt werden. Referenzen auf (heute noch) bestehende Städte und Regionen könnten Lesern dabei helfen, den Text einfacher zu erfassen. Zusätzlich könnte dieser Vergleich Rückschlüsse auf wichtige zeitgenössische Lokalitäten erlauben. Eine Einbindung in Google Karten im Sinne des Projekts Mapping Writing[2] ist ebenfalls denkbar.

Liste einiger ausgewählter Orte in alphabetischer Reihenfolge

Bearosche

Bearosche ist eine Stadt mit Burg, welche von Gâwân aufgesucht wird. Der Reichtum des Ortes wird im VI. Buch (350: 19-24) eindrücklich beschrieben.

Original Übersetzung
Gâwân gein Béârosche reit.

burg und stat sô vor im lac,

daz niemen bezzers hûses pflac.

ouch gleste gein im schône

aller ander bürge ein krône

mit türnen wol gezieret.

Burg und Stadt lagen vor ihm, so

schön, daß nie ein Herr sich eines schönern

Hauses rühmen konnte. Was ihm da

so wunderbar entgegenglänzte, das war

die Krone über allen Burgen, sie war mit

Türmen reich geziert.

Ascalun

Munsalvaesche

Die Gralsburg Munsalvaesche ist ein zentraler Handlungsort des Romans. In ihr befindet sich der heilige Gral.

Patelamunt

Patelamunt ist die Hauptstadt des Königreiches Zazamanc.

Mögliches Reales Pendant

Nolze hält fest, dass über die Lage der Hafen-Hauptstadt "in der Forschung Uneinigkeit herrscht". [Noltze 1995: 93.]

Pelrapeire

Pelrapeire ist die Hauptstadt des Landes Brobarz. Herrscherin von Pelrapeire ist Parzivals Frau Condwiramurs.

Lage der Stadt im Roman

Die Lage Stadt wird im fünften Buch Parzival (180, 21-26) folgendermassen beschreiben [3]

Original Übersetzung
Doch reit er wênec irre,

wan die slihte an der virre

kom er des tages von Grâharz

in daz künecrîch ze Brôbarz

durch wilde gebirge hôch.

der tac gein dem âbent zôch.

do kam er an ein wazzer snel:

daz was von sîme duzze hel:

ez gâbn die velse ein ander.

daz reit er nider: dô vander

die stat ze Pelrapeire.

Doch ritt er nicht viel irre, sondern

stracks geradeaus ins Blaue, und also

kam er an dem Tag von Grâharz durch

ein wildes, hohes Gebirge in das Königreich

Brôbarz. Der Tag ging gegen Abend

zu, da kam er an ein reißendes Wasser,

von Fels zu Fels hallte sein Tosen. An die-

sem Wasser ritt er hinab. Da sah er die

Stadt Pelrapeire liegen.

Weiter heisst es im sechsten Buch (181: 5-6):

Original Übersetzung
ez flôz aldâ reht in daz mer.

Pelrapeir stuont wol ze wer.

Das war genau dort, wo das Wasser

ins Meer floß: Pelrapeire lag sehr wehrhaft da.

Mögliches reales Pendant

Hofmann leitet aus der Beschreibung der Lage und Darstellung der Stadt Pelrapeir(e) ab, dass es sich um die französische Stadt Grenoble handeln könnte. Die Beschreibung der Lage ist für Hofmann identisch mit jener der grossen Kartause. Er schreibt dazu: „Der Ausdruck zer wilder albe klûsen (Parz. 190, 22), dessen sich Wolfram bedient, passt ganz vorzüglich auf die Kartäuser, welche bekanntlich das klösterliche mit dem Einsiedlerleben vereinigten und in dieser Kombination das Wesen ihre Ordens erblickten". [Hofmann 1883: 438-439.]

Soltane (Einöde)

Parzival wird von seiner Mutter Herzeloyde im Wald von Soltane abseits der Zivilisation aufgezogen.

Zazamanc

Beschreibung im Roman

Zazamanc ist ein Königreich im Orient. Aus dem Text ist nicht klar ersichtlich, ob es im afrikanischen oder asiatischen Kontinent liegt. Herrscherin über Zazamanc ist erst die Königin Belacane und dann später ihr Sohn Feirefiz.

Mögliches reales Pendant

Der Name des Reichs von Belacane wird auch im Nibelungenlied erwähnt. Dort heisst es: "die arabischen sîden, wiz alsô der snê, und von Zazamanc der guoten, grüen alsâm der klê" (NL 362.2). [Reichert 2005: 84]

Literaturnachweise

<HarvardReferences/> Hofmann, K.: Ueber die Lokalität von Pelrapeir in Wolframs Parzival. In: Romanische Forschungen1, Nr. 3 (1. Januar 1883): S. 438-429. [*Hofmann 1883]
Noltze, Holger: Gahmurets Orientfahrt: Kommentar zum ersten Buch von Wolfram 'Parzival' (4,27-58,26), Würzburg 1995. [*Noltze 1995]
Reichert, Hermann (Hrsg): Das Nibelungenlied: nach der St. Galler Handschrift: Berlin 2005. [*Reichert 2005]

  1. Siehe dazu auch: Moretti, Franco: Atlas of the European novel 1800-1900, London & New York 1998.
  2. Siehe dazu auch: Projekt Mapping Writing zur animierten Visualisierung von Literatur.
  3. Alle folgenden Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Text und Übersetzung. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/ New York 2003.