Die Rolle des Fährmanns Plippalinot
Der Fährmann Plippalinot muss innerhalb des Romans Parzival von Wolfram von Eschenbachs als widersprüchliche Figur eingeordnet werden. Dieser Artikel verfolgt die Idee, die Schlüsselrolle Plippalinots für Gawans Reise nach Schastel marveile einzuordnen.
Gawan trifft auf Plippalinot
Auf dem Weg zu Schastel marveile zeigt Orgeluse Gawan den Weg durch einen Wald und überquert den Fluss, auf dessen anderer Seite sich das Schloss befindet. Gawan wird von Leschoy angegriffen und besiegt diesen. Der Fährmann Plippalinot fordert darauf das Pferd von Lischoy ein und erhält überraschend den gefangenen Ritter selbst von Gawan, da dieser im erbeuteten Tier sein Eigenes erkennt. Als Gâwan dem Fährmann von seiner unerfüllten Liebe klagt, informiert ihn Plippalinot, dass hier halt alles abenteuerlich sei (538: 3-12):
Original | Übersetzung |
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dô sprach er 'hêrre, ez ist hier reht,
ûfem plâne unt in dem fôreht unt aldâ Chlinschor hêrre ist: zagheit noch manlîch list füegentz anders nigh wan sô, hiute est iu lîhte unbekant: gar âventiure ist al diz lant: sus wer ez naht und ouch den tac. bî manheit sælde helfen mac |
Da sprach er: "Mein Herr, das ist halt
hier so Brauch, auf der Wiese und im Wald un überhaupt im ganzen Reich des Chlinschor; feiges Nichtstun ändert daran nichts und ebensowenig Tapferkeit mit Kraft und Kunst, so ist es eben: heute traurig, morgen froh. Vielleicht wißt Ihr das noch nicht: In diesem Land sind alle Wunder möglich, es ist lauter Abenteuer bei Tag und bei Nacht. Wo Mannheit ist, da kann das Glück helfen. |
Plippalinot lädt Gawan erfreut zu sich ein und beherbergt ihn für eine Nacht. Des Fährmanns Tochter Bene legt sich in der Nacht zu Gawan. Intim werden die beiden jedoch nicht, da Gawan sofort einschläft. Im Text heisst es dazu (532: 27-30):
Original | Übersetzung |
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het er iht hin zir gegert,
ich wæn si hetes in gewert. er sol ouch slâfen, ob er mac. got hüete sîn, so kom der tac. |
Wenn er etwas von ihr gewollt hätte, ich glaube,
sie hätte es ihm erlaubt. Es ist aber auch besser so - er soll schlafen, wenn er kann. Gott möge ihn beschützen an dem Tag, der dann anbricht. |
Sowohl Plippalinot als auch Bene warnen Gawan ausdrücklich vor dem Unterfangen, schastel marveile zu betreten. (557, 15-22). Gâwan folgt dem "ritterlichen Appell" [Mohr 1958]
Plipalinot und seine Tochter scheinen den Ritter insgeheim auf bevorstehende âventiuren vorbereiten zu wollen. Bene lässt Gawan seinen Schlaf und auch ihr Vater Plippalinot trifft Vorkehrungen für die Abenteuer von Gawan. So legt Bene Gawan seine Rüstung an und Plippalinot gibt ihm seinen Schild. Weiter erteilt Plippalinot Gawan klare Instruktionen zum Umgang mit dem Händler, welcher er vor schastel merveile antreffen werde. Weiter sagt ihm der Fährmann voraus, dass er in der Burg ein Bett, das lit marveile, vorfinden werde.
Plippalinots soziale Stellung
Otto (1993) hält fest, dass Plippalinot dank seiner adeligen Herkunft zwar finanziell privilegiert ist, jedoch besteht "seine einzige Einnahmequelle im Zusammenhang mit dem Fährdienst". [Otto 1993: 209] Plippalinot ist als ritterlicher Fährmann einzuordnen. Er hat adlige Vorfahren (644, 3-4), verkehrt jedoch nicht am Hof. Gawans Mahl im Haus der Fährmanns ist „bereits dem Gepräge und dem Stand seines Ausrichters nach ein höfisches. Doch der Ort, an dem es stattfindet, gehört nicht zur höfischen Lebenswelt.“ [Höhner 2015: 106] Das Mahl wird deutlich von höfischer Esskultur geprägt. [Höhner 2015: vgl. 107] Dieser Ausschnitt aus dem Roman verdeutlicht, was Höhner „das verzerrte Spiegelbild höfischer zuht“ nennt. [Höhner 2015: 107] Plippalinot ist Stellvertreter für die adligen Landsleute, welche durchaus im Stande sind, Gawan standesgemäss gegenüberzutreten. Gleichsam sind die beiden Welten voneinander getrennt.
Gawan und Bene
Auf die Beziehung zwischen Gawan und Bene wird bereits in einem bestehenden Artikel bereits kurz eingegangen. Der Teil über Gawan und Bene könnte durch den Einsatz von Textstellen aus dem Parzival noch ausgebaut werden.
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Literaturnachweise:
[*Höhner 2015] Höhner, Jens: Zu Tisch mit König Artus und Parzival: Mähler in epischen Texten des Mittelalters im Kontext höfischer Etikette, höfischer Kommunikationsformen und rhetorischer Darstellung. Hamburg 2015.
[*Otto 1993] Otto, Dietmar: Definition, Darstellung und Bewertung von Arbeit und Tätigkeit in den deutschen Epen des Hohen Mittelalters, Frankfurt am Main 1993.
[*Mohr 1958] Mohr, Wolfgang: Parzival und Gawan. In: Euphorion, Zeitschrift für Literaturgeschichte 52, (1958). S. 1-22.