Tafelrunde und Gralsgesellschaft (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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Eines der zentralen Themen im Parzivalroman ist der Unterschied zwischen zwei bedeutenden Gruppierungen: den Rittern der Tafelrunde um König Artus einerseits und der Gralsgesellschaft um den heiligen Gral mit Anfortas und später Parzival als Gralskönigen andererseits. Diese zwei Gruppierungen sind verschiedene Königreiche unter den genannten Herrschern in der Welt von Wolframs Parzival, aber auch deutlich unterschiedliche Darstellungen von ritterlichen Gesellschaften in eben jener. In diesem Artikel werden die zwei Gesellschaften einander im Vergleich gegenübergestellt und analysiert. Durch den Vergleich ausgewählter Aspekte sollen Gemeinsamkeiten, Differenzen und Übergänge zwischen ihnen herausgearbeitet, anschaulich dargestellt und interpretiert werden.

Forschungsansätze

Dualistisches Modell

Als Modelle sind vor allem ein dualistisches und ein gradualistisches verbreitet. [Pratelidis 1994: S. 32] Die ältere, dualistische Deutung stellt die zwei Gesellschaften als Gegensätze gegenüber: die Tafelrunde stelle das Bild der höfischen auf Ehre, Kampf und Minne fokussierten Rittergesellschaft dar, das Artuskönigstum sei weltgewandt und politisch aktiv. Dagegen sei die Gralssphäre auf Religiösität fokussiert, sie stelle eine Art kirchliches Rittertum dar, ihre Kämpfe seien auf die Verteidigung ihres Gebietes beschränkt, Kämpfe für Ehre und Frauen gäbe es nicht, auch an politischem Machtgewinn sei das Gralsreich nicht interessiert. In dieser Deutung handelt es sich um zwei Gegenpole die sich in keiner Weise auf einander zu bewegen oder von einander beeinflusst würden. Die Gralsgesellschaft wurde dabei oft durch ihre scheinbare Nähe zu Gott als überlegen und übergeordnet zum weltlich Artushof betrachtet. [Pratelidis 1994: S. 14]

Gradualistisches Modell

Die zweite Deutung ist gradualistisch,[Pratelidis 1994: S. 43] dabei wird zwar auch von zwei weitgehend gegensätzlichen Gesellschaftsmodellen ausgegangen, jedoch bestehe ein Wandel und Wechsel zwischen ihnen. In der Regel gilt hier die Artussphäre als Vorstufe zur Gralssphäre, eine weltliche, ritterliche Gesellschaft, die sich weiterentwickeln könnte in eine spirituelle, christliche Rittergesellschaft. Dabei würden vor allem die egoistischen Motive des Artushofs (Ehrstreben, Kampf und Minne) zu den altruistischen der Gralsgesellschaft (Selbstaufgabe für die Gemeinschaft, Zurückhaltung und Enthaltsamkeit) weiterentwickelt und dadurch eine größere Nähe zu Gott enworben. Parzivals Übergang vom Ritter der Tafelrunde zum Gralskönig und sein Sieg über Gawan im IX. Buch verdeutlichen in dieser Interpretation die Überlegenheit der Gralssphäre gegenüber der Artussphäre.

Neuere Forschungsansätze

Mitlerweile ist die Forschung wieder offener für andere Modelle [Pratelidis 1994: S. 36]: gerade ein gleiches Nebeneinander ohne Hierachrie und eine stärkere Vermischung der beiden Spähren stehen stärker im Fokus. Die religiös beeinflusste Betrachtungsweise schwindet und eröffnet damit einen unbefangeneren Blick auf die Gesellschaftsformen als zwei verschiedene und dennoch miteinander agierende, verschmelzende Konzepte des mittelalterlichen Miteinander.

Die unterschiedlichen Sphären

Die zwei unterschiedlichen Sphären sind vor der Detailanalyse nocheinmal kurz zusammengefasst und anschaulich dargestellt.

Der Artushof

König Artus ist das namensgebende und zentrale Element des Artushofs, einer weltlich, ritterlichen Gesellschaft im Parzival. Der Hof besteht aus Artus als König samt seiner Frau Ginover und der Tafelrunde: einer Gruppe von Männern und Frauen welche den König beraten, teilweise für ihn Kämpfen und mit ihm die Bedeutung des Hofes darstellen. In der Welt des Parzival gilt der Artushof als das Zentrum alles ritterlichen(123,7-11) und stellt eine große politische Macht dar. Die Tafelrunde ist mehr eine freie Verbindung denn klassisches Vasallentum und der König hat keine absolute Macht über die Mitglieder, dies entspricht weitgehend der Position eines Königs im hochmittelalterlichen Westeuropa. Der zentrale Aspekt des Hofes ist die Ritterlichkeit, aufbauend auf Ehre, Kampf und Minne. Wolframs Artushof unterscheidet sich massiv von älteren Darstellungen, wie durch Chrétin de Troyes, Artus und seine ganze Gesellschaft werden "entzaubert", Artus ist kein glorreicher Friedenskönig und keine mysteriöse Figur mehr.[Pratelidis 1994: S. 30] Wolfram stellt den Artushof aber nicht einfach negativ dar, vielmehr zieht er ihn aus dem Reich der Märchen und Sagen in eine realitätsnähere und glaubwürdigere Umgebung. Im Parzival dient der Artushof als Zentrum der Ritterlichkeit sowie als Gemeinsamkeit und Treffpunkt zwischen Parzival und Gawan.

Der Gralshof

Der heilige Gral ist das namensgebende zentrale Element des Gralshofs, einer geistlichen, kämpferischen Gesellschaft im Parzival. Der Hof besteht aus dem Gral, seinen durch Gott erwählten Amtsleuten, wie dem König oder der Gralsträgerin, und der Gralsgesellschaft, einem Bund aus erwählten Rittern welche den Gral schützen und Damen welche politisch agieren und für den Gralsaufzug wichtig scheinen. Große Teile des Parzivals über ist Anfortas der Gralskönig, da er aber gegen das Minneverbot der Gralswelt verstoßen hatte, ist er stetigem Leid ausgesetzt und die Graslgesellschaft erwartet einen neuen König. Dieser wird schlussendlich in Parzival gefunden (827,7f). Die Sippe des Titurels, des ersten Gralskönigs, welcher den Gral durch "neutrale Engel"* erhalten hat, spielt eine zentrale Rolle in der Gralsgesellschaft. Alle Könige sind mit Titurel direkt verwandt. Die Gralsgesellschaft hat andere Wertvorstellungen und Zugänge zu Begriffen wie Ehre oder Minne und ist stark auf ihre Aufgabe fokussiert. Der heilige Gral ist ein wichtiges Element der Welt im Parzival und das Ziel vieler Suchen. Auch die zentrale Tätigkeit des Romanprotagonisten Parzival ist die Suche nach dem heiligen Gral, welche im letzten Buch mit seiner Ernennung zum Gralskönig ihre Vollendung findet.

Zentrale Vergleichsaspekte

Das Verhältnis zwischen den zwei Sphären lässt sich am besten dadurch darstellen, dass einzelne zentrale Aspekte beleutet und ausgewertet werden. Dabei werden bei jedem Aspekt zuerst die Position des Artushofs und anschließenden des Gralshofs aufgeführt, anschließend werden die Unterschiede aufgearbeitet.

Die Königreiche

Ländereien

Artus hat die Königreiche Bretane (273,5), Engellant (735,16) und Löver (216,3ff) in Besitz. In diesen Reichen reist er mit seinem Hof, der Tafelrunde von einem Ort zum Nächsten. Diese Länder verfügen über Städte und Burgen, sind belebt und bewohnt und demnach nicht viel weiter beschrieben. Der Gralskönig ist hingegen nur der König von Terre Salvaesche, einem Gebiet das wie eine Wüste aus Wald beschrieben wird, um die Gralsburg Munsalvaesche herum seien 30 Meilen weit keine Häuser ausser jene der Einsiedler (225,19-22), dieses Reich wirkt ohne Leibeigene, Landwirtschaft oder ähnliches wenig realitätsnah. Die Realitätsnähe ist also der zentrale Unterschied, Artus Reich wirkt weitgehend passend und in der Welt verankert, das Gralsreich hingegen ist definitiv kein Beispiel eines mittelalterlichen Königreiches sondern wirkt andersartig, da es aber durch die Gefahr anderer Ritter bedroht ist aber nicht entrückt. Hier wirkt also alles verschieden und unvereinbar miteinander.

Herrscher

Artus ist der König des Artushofs, der Hof ist so eng um ihn zentriert, dass er sogar seinen Namen trägt. Artus hat die Reiche von seinem Vater Utependragun geerbt, jedoch hat er seine Zeit so sehr beeinflusst, dass dies in den Hintergrund rückt und seine Rolle als Herrscher einer ganzen Generation der Ritterlichkeit überwiegt.* Er wird sehr ambivalent beschrieben, einerseits verfügt er über große Macht und Durchsetzungskraft (280,1-4/290,22/680,1-8/651,1-3/755,5-8), aber andererseits kann er auch nicht absolut regieren, sondern ist sehr auf seinen Rat und die Zustimmung seiner Mitglieder angewiesen. Vor wichtigen Entscheidungen holt er stets den Rat der Tafelrunde ein (280,1-4/652,1-3/730,11-13) und mehrfach werden seine Entscheidungen gebeugt, er kann sie nicht durchsetzen oder muss sie sogar zurücknehmen (150,11ff/787,1-788,16).[Pratelidis 1994: S. 86] Auch im Kampf ist er bei seinen Männern und wird als guter Tjoster dargestellt (664,10-665,24). Zusammengefasst ist er also trotz Passagen des zögerns, der Passivität und mangelnden Durchsetzungskraft dennoch ein funktionierender und für sein Reich ausreichender Herrscher. Der Gralskönig ist durch den Gral direkt als Herrscher der Gralssphäre berufen, er Befehligt die Templeisen und genießt viel Respekt (793,21-30/798,9f)[Pratelidis 1994: S. 68f] aber untersteht doch deutlich Gott (und dadurch dem Gral) selbst (455,2-8/493,23f), Befehle die denen des Grals wiedersprechen, wie der Todeswunsch des Anfortas, führen die Templeisen nicht durch (787,1-788,16). Demnach ist der Gralskönig also ein integraler Bestandteil der Gralsgesellschaft, aber dem Gral so weit untergeordnet dass dieser (und damit Gott) eher der wahre Herrscher der Gralsgesellschaft ist. Der Name deutet ebenso darauf hin, alles ist auf den Gral fixiert, nicht den Gralskönig. Demnach ist das wirkliche Vergleichsstück zu Artus eher der heilige Gral selbst und nicht der Gralskönig als dessen Diener.[Delabar 1990: S.190] In diesem Gebiet besteht also keine wirkliche Ähnlichkeit, das Gottesgnadentum des Gralskönigs ist einerseits deutlicher zu sehen, andererseits ist die Herrschaft des Artus doch nennenswert stärker als die des Gralkönigs, weswegen eine Hierarchisierung nicht ersichtlich ist.

Erbfolge und Legitimation

Artus ist der Sohn des Utependragun, dieser war der Sohn des Brickus und jener der des Mazadan. Mazadan hatte zwei Söhne, beide konnten ihre Geschlechter zu wichtigen Königreichen ausbauen. Aus dem Zweig des Lazalies entsprang die Königsfamilie von Anschouwe aus dem des Brickus die von Bretane. In der Brickus Linie gab es sowohl mit Utependragun als auch mit Artus jeweils nur einen Sohn der offensichtlich das Reich geerbt hat. Mit Artus ist diese agnatische Linie nun unterbrochen, da sein einziger Sohn Ilinot im Kampf gefallen ist (586,10). Die Frage seiner Erbfolge wird von Wolfram nicht weiter behandelt, ergibt jedoch Platz für Spekulationen wer die Nachfolge Artus nach dessen Tod antreten wird. Die Söhne seiner Schwester Sangive, Beacurs, Gawan oder Surdamurs scheinen am besten geeignet, jedoch ist diese Frage nicht endgültig zu beantworten. Auch die Frage ob unter Mazadan das Erbe noch fair unter den Brüdern geteilt wurde oder es bereits ein Primogenitursrecht, wie zu Beginnd es 1. Buches in Anschouwe*, gab muss unbeantwortet bleiben. Der Gral wurde an Titurel gegeben, in dessen Blutslinie wurde die Gralsherrschaft danach vererbt. Der Gral schreibt eine komplizierte Weitergabebestimmung vor: der Träger muss von Gott erwählt sein (468,12-24/471,26-29), aus der Linie des Titurel entspringen (455,12-22) und durch die Gralsgesellschaft, zumindest akklamatorisch, gewählt werden (796,17-21). Im Grunde jedoch ist die Abstammung von Titurel das Merkmal welches die Erfüllung der anderen zur Folge hat und demnach ausschlaggebend. Titurels Sohn Frimutel ist jedoch bereits Tod, er starb im Kampf (586,8-11), dessen erster Sohn Anfortas ist durch sein verbotenes Minnestreben nicht mehr würdig Gralskönig zu sein und nicht fähig ist Kinder zu zeugen (616,11-26), der zweite Sohn Trevrizent hat dem Rittertum abgeschworen und ist daher nicht geeignet (480,19-24). Wie dem Artushof fehlt dem Gralshof also ein Nachfolger, anders als bei Artus jedoch ist Anfortas nicht mehr fähig sein Reich ausreichend zu Regieren*, weswegen ein Nachfolger dringend gebraucht wird. Da die agnatische Linie jedoch nicht mehr fortbesteht muss auf die weibliche Verwandtschaft ausgeweitet werden. Parzivals Mutter Herzeloyde war eine Tochter des Frimutel, dadurch ist Titurel Parzivals Urgroßvater und sie teilen das selbe Blut. Schlussendlich erhält Parzival als letzter rechtmäßiger Erbe die Gralskönigswürde (827,7f), mit ihm wird zugleich sein Sohn Loherangrin zum nächsten Gralskönig berufen (781,17-19). Im Blick auf die Erbfolge bestehen also starke Parallen zwischen dem Artushof und dem Gralshof, beide wurden nun über 3 Generationen aus einer direkten Linie regiert und können diesen Standard nun nicht mehr erreichen. Mit Parzival wird Anfortas Schwesternsohn zum neuen Gralskönig, bei Artus ist es ebenso wahrscheinlich, dass einer seiner Schwestersöhne ihn beerben wird. Zwar ist die Legitimation durch die Massivität des Königheils des Gralshüter bei diesem deutlich stärker, jedoch ist die Erbfolge an und für sich sehr ähnlich und gut vergleichbar. Dadurch, dass möglicherweise Gawan Artus Erbe sein wird geht die Vergleichbarkeit zwischen diesen beiden Charakteren sogar weiter.

Lebendigkeit

Pracht und Repräsentation

Die Gesellschaften

Aufgaben

Regeln und Gebote

Ritter

Damen

Werte und Moralvorstellungen

Ehrbegriff

Minne

Religion und Gott

Übergreifend

Leid

Entwicklung

Parzival

Schuld

Auswertung

Die vermiedene Konkurrenz

Fazit

Ausblick

Literaturverzeichnis

<HavardReferences />

[*Pratelidis 1994] Pratelidis, Konstantin: Tafelrunde und Gral: die Artuswelt und ihr Verhältnis zur Gralswelt im ‚Parzival‘ Wolframs von Eschenbach, Würzburg 1994.

Arbei am laufen

Ich bekomme die Havard Referenzen leider nicht hin, wenn mir da jemand helfen könnte wäre ich sehr dankbar. Primär geht es um den hier benannten Pratelidis.