Kampf (Gottfried von Straßburg, Tristan)
Dieser Artikel beschäftigt sich mit Kampfhandlungen und deren Darstellungen in Gottfrieds von Straßburg Tristan.
Textstellen
Die folgenden (beispielhaften) Textpassagen im Tristan sollen die weiteren Ausführungen stützen und veranschaulichen können:[1]
- 0335-0408 Krieg mit Morgan
- 1119-1198 Riwalins Verwundung
- 1638-1702 Riwalins Tod
- 5309-5633 Rachefeldzug gegen Morold
- 5867-5941 Gurmun und Morold
- 6135-6192 Tristans Anerbieten
- 6406-7142 Morold
- 8887-9092 Kampf mit dem Drachen (9144-9210 Kampf-Parodie mit dem toten Drachen)
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Zum Verständnis von Kampf
Der Kampf an sich tritt in der höfischen Epik, so auch im Tristan, überraschend vielschichtig und durchaus zentral und erzählungsrelevant auf. So lassen sich Kämpfe in unterschiedlichsten Konstellationen der Beteiligten, an Dauer und Ort verschiedene oder in Absicht und Legitimation abweichender Weise finden. Nach solchen Kriterien sollen im Folgenden die Kampfhandlungen des Tristan-Romans gegliedert werden. Es sind also hauptsächlich formale Kriterien an der Oberfläche der Kämpfe, die eine Unterteilung in kriegerische Auseinadnersetzungen, ritterliche Zweikämpfe wie Gerichtskämpfe oder âventiurevarten bestimmen.
Viel wesentlicher und bedeutungsreicher sind dagegen die Gemeinsamkeiten, die sich für die episch erzählten Kampfhandlungen finden lassen, so deutlich sich manche Kämpfe doch in Ablauf und Form von einander unterscheiden. Entscheidend ist hier die Ehre als symbolisches Gut der höfischen Ritter, das es zu erwerben und zu mehren gilt. Dass dieser Ehranhäufungsprozess nicht uneingeschränkt und mit grenzenloser, brachialer Gewalt durchlebt werden kann, geht einher mit disziplinierenden Regulierungen und der Verpflichtung zur Erfüllung bestimmter ethischer Werte, ritterlicher Tugenden und gesellschaftlicher Konventionen, welche Bestandteil einer höfischen Welt sind. So wird die Ritterschaft selbst zum festen Wertobjekt dieser feudal-adligen Lebensidealität, gar zur höfischen Kunst.[2]
Kampfhandlungen
Im Tristan-Roman wird eine Vielzahl an Kämpfen beschrieben. Diese werden nicht nur auf unterschiedlichste Weise dargestellt sondern unterscheiden sich auch in ihrer Art und ihrem Sinn. Diese verschiedenartigen Kampfformen sollen im Folgenden vorgestellt werden.
Kriege
Hierunter sollen militärische Auseinandersetzungen größeren Ausmaßes fallen, Konflikte also, die nicht nur durch Einzelpersonen ausgetragen werden, sondern durch ganze Heeresstreitmächte oder wenigstens größere Rittergruppen. Diese Konflikte werden meist in mehreren Schlachten in ausgedehnteren geographischen Gebieten abgehalten. Es sei darauf Verwiesen, dass darüberhinausgehend von einigen weiteren Kriegshandlungen am Rande berichtet wird, doch sind diese vorerst ausklammerbar.[3] Mit diesen Ausnahmen kommt man also auf gerade einmal drei ausführlicher dargestellte Kriegsgeschehen.
Erster und zweiter Krieg zwischen Riwalin und Morgan
Kriegsbeginn
Aus der Einleitung zu Riwalins Angriff auf seinen eigenen Lehnsherren, den Herzog Morgan, wird deutlich, was neben der kunst ze ritterschaft (V.339) die grundlegenden Voraussetzungen zum Führen eines Krieges (ze urliuge volleclîche craft, V.340) sind, nämlich:
- er haete lant, liute unde guot (V.341).
Darüberhinaus findet sich der Hinweis, dass sowohl nôt als auch übermuot (V.342) anscheinend übliche Auslöser und Gründe eines Krieges sind. Was im Falle dieses Angriffs Riwalins auf Morgan ausschlaggebend war, erfährt man jedoch nicht.
Kriegsverlauf
(V.345-391) Riwalin überfiel Morgans Land so erfolgreich, dass er
- genuoge bürge valte;
- die stete muosen sich ergeben
- und loesen ir guot unde ir leben (V.350-352)
also genug Burgen schleifte und und Städte belagerte, bis diese sich freikauften, sodass Riwalin durch diese Tributzahlungen der bretonischen Städte seine Heeresstreitkräfte ausbauen konnte,
- sîne ritterschaft
- sô starke gemêrte,
- swar er mit her kêrte,
- ez waeren bürge oder stete,
- daz er vil sînes willen tete. (V.356-360)
Wobei Riwalin dabei aber auch starke Verluste hinnehmen und galt mit manegem biderben man (V.362), wenn sich Morgan ihm mit seinem Heer entgegenstellte, sodass sich der Krieg durch gegenseitige Angriffe, seien es Schlachten auf dem Felde, oder Belagerungen der gegnerischen Städte und Burgen, in seinem weiteren Verlauf hinausstreckte. Interessanterweise beruhen Gottfrieds von Straßburg Schilderungen zu Morgans Gegenangriffen nur auf seinen Vermutungen, so waenet er nur, dass im Morgân alsam tete (V.371). Doch entspricht dies Gorrfrieds Definition von Krieg:
- wan ze urliuge und zu ritterschaft
- hoeret verlust unde gewin:
- hier mite sô gânt urliuge hin;
- verliesen unde gewinnen
- daz treit die criege hinnen. (V.366-370)
Kriegsende
Da Riwalin überlegen ist, immer wieder siegreich, bleibt Morgan und dessen Truppen nichts anderes übrig, als in seinen Burgen, den sterkesten und den besten (V. 384) Zuflucht und Schutz zu suchen. Dort hält Riwalin ihn fest und schlägt Ausfälle erfolgreich zurück, hält turneie und rîche ritterschaft (V.391, zu Turnieren s. unten) vor den Toren ab.
Als Morgen endlich zu Verhandlungen bereit ist, kommt es zwar nicht direkt zum Friedensschluss, doch wird ein einjähriger Waffenstillstand erreicht,
- daz ez getaget wart under in zwein
- ein jâr vride getragen in ein,
- und wart der von in beiden
- mit bürgen und mit eiden
- gestaetet, alse er solte sîn. (V.397-401)
Hieraus wird deutlich, wie dass Prozedere von Friedensverhandlungen üblicherweise abgeschlossen wurde und die kriegführenden Parteien einadner Sicherheit verschafften, nämlich mit Bürgschaften wie Geiseln und Eiden.
Fortsetzung des Krieges
Nach dem Riwalin Morgan besiegt und seine getreuen Soldaten entlohnt und entlassen hat, begiebt er sich auf eine Reise nach England, zu dem jungen König Marke von Cornwall. Dort hat er vor ein Jahr lang zu bleiben, also die Periode der Waffenruhe zwischen ihm und Morgan abzuwarten, diese Zeit darüberhinaus aber auch sinnvoll zu nutzen. So will Riwalin sich am Hofe Marke in seinen ritterlichen Tugenden vervollkommnen.
Doch als die Jahresfrist der Waffenruhe verstreicht und Riwalin noch immer in Cornwall weilt, überfällt Morgan Parmenien, die Heimat Riwalins mit dessen Sitz des Hofes in 'Kanoel'. Von dieser Nachricht überrascht, bricht Riwalin bald darauf auf nach Parmenien, um seinen Widersacher dort zu bekämpfen.
Am Ende dieses Krieges jedoch, steht dann der Tod Riwalins, welcher im Schlachtgetümmel von Morgan selbst getötet wird.
Tristans Einfall in Britannien (Rachefeldzug gegen Morgan)
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Krieg in Arundel
Arundel ist ein Herzogtum, das zwischen der Bretagne und England liegt, außerdem erfahren wir noch das es ans Meer angrenzt. Tristan hört, dass große Teile des Landes, dem herrschenden Herzog Jovelin bereits weggenommen und von seinen Nachbarn von Kriegen überzogen werden. er gedâhte sîner swaere aber ein teil vergezzen dâ. (V. 18718-18719), er denkt sich also, dort seinen Kummer über Isolde vergessen zu können, indem er sich durch Krieg von seinem eigenen Leid ablenkt. Tristan bietet dem Herzog seine Hilfe an, kann jedoch einen Kampf auf freiem Felde nicht wagen, da die Gegner zahlenmäßig überlegen sind. So beschränkt er sich vorläufig auf das heimliche Rauben und Brandschatzen um den feindlichen Gebieten Schaden zuzufügen. Zugleich schickt Tristan heimlich eine Nachricht nach Parmenien, um seine Gefolgsleute, die Söhne Ruals, um Verstärkung zu bitten. Diese schicken ihm sogleich fünfhundert Ritter, die Tristan unbemerkt in das Herzogtum bringt. Die Hälfte der Männer stationiert er in Herzog Jovelins Burg Karke, die andere Hälfte nimmt er mit sich zu einer zweiten Festung, die Tristan selbst anvertraut wurde. Mit hundert ausgewählten Rittern reitet Tristan den Tag darauf los, um nun in aller Öffentlichkeit einen Kriegszug gegen die Feinde zu führen. Als die Gegner Nachricht von Tristans Kriegseingriff erhalten, sammeln sie alle verfügbaren Truppen, und ziehen sofort nach Karke. Tristan verfolgt sie und stellt sie in der Nähe der Burg, als sie unvorbereitet sind. Sobald das Schlachtenglück sich zugunsten Tristans wendet, fallen die Truppen von Karke den Feinden in die Flanke. Nach dem Sieg reitet Tristan ins Feindesland und unterwirft es.
Der Krieg in Arundel zeigt nicht nur Tristans Stärke im Kampf, vielmehr steht hier die Taktik der Kriegsführung im Vordergrund. Wieder einmal beweißt er eindrucksvoll seine List und sein Können.
Der ritterlicher Zweikampf
Gemeint sind Kämpfe zweier Protagonisten Mann gegen Mann, wie sie an mehreren Stellen des Tristans eine Rolle spielen. Es ist das typischste und, neben kriegerischen Auseinandersetzungen im Sinne von Massenschlachten, die häufigste Form von Kampfhandlung in der mittelhochdeutschen Literatur. Für den Handlungsverlauf kommen diesen Kämpfen oft zentrale Rollen zu, sie dienen besonders der Geltendmachung rechtlicher oder sozialer Ordnungen. ...
Der Entscheidungs-/Gerichtskampf
Für weite Teile des Mittelalters existiert die Praxis eines rechtlich legalisierten Zweikampfes als akzeptiertes Schlichtungsmittel bei Konfliktfällen (unter Adligen).[4] Die dahinterstehende Rechtsauffassung lässt sich als ein Recht des Stärkeren verstehen.
Kampf gegen Morold
Der Ire Morold kommt jedes Jahr nach England und fordert zwei Kinder der englischen Barone als Tribut für sein Land. Dies treibt die Barone jedes Mal in Verzweiflung und Trauer, zwingt sie jedoch zum Einlenken. Der einzige Ausweg bestünde für sie darin, Morold im Zweikampf zu besiegen, was bisher jedoch noch keinem gelang. Diese Unrechtmäßigkeit will Tristan nicht länger geschehen lassen und will daher den Kampf mit Morold aufnehmen.[5]
Tristan beruft sich auf Gott und geltendes Recht und darauf, dass Gleiches mit Gleichem zu vergelten sei. Er gewinnt den Kampf und tötet Morold, wird von diesem jedoch zuvor mit dessen Giftlanze verwundet und vergiftet. Tristan widmen sich detaillierte Beschreibungen, Morold hingegen nicht. Letzterer wird dem Teufel, Tristan Gott zugeordnet.[6]
Kampf gegen den Truchsessen
Nachdem der Truchsess betrügericherweise vorgibt, den Drachen getötet zu haben, obwohl dies Tristan getan hatte, fliegt seine Lüge auf, weil die beiden Isolden um den wahren Drachentöter wissen. Weil der Truchsess die mit dem Sieg über den Drachen verbundene Brautnahme Isoldes einfordert, kommt es zur Gerichtsverhandlung. In dieser fordert der Truchsess Tristan vehement zum Zweikampf auf und schließlich wird ein ordentlicher Gerichtskampf festgelegt auf den dritten Tage nach der Verhandlung.
Zu diesem Zweikampf zwischen Tristan und dem Truchsessen kommt es jedoch nicht, weil des Truchsessen Berater und Gefolgsleute ihn davon überzeugen können, sich nicht auf einen Kampf mit Tristan einzulassen, da dieser ihm überlegen ist. Verbunden mit der folgenden Demütigung und Verspottung des Truchsessen wird der Gerichtskampf schließlich ausgesetzt.
Der Kampf gegen Ungeheuer/Âventiurekämpfe
Als âventiurehaften Kampf kann man dein Einzelkonflikt eines ritterlichen Helden gegen eine mythische Kreatur sehen, wie es doch ein typisches Handlungsschema der mittelalterlichen Literatur ist. Gelegentlich tritt ein solches Motiv auf, wenn Kreaturen zur Plage geworden sind, Frieden und Sicherheit von Menschen außerhalb oder in Städten oder Burgen gefährden und ein Held da gegen vorgehen muss. Durch diese Kämpfe soll schließlich die idealtypische Sicherheit und Ordnung der höfischen Welt wiederhergestellt werden.
Daneben spielen âventiuren gegen einzelne Kreaturen an eher abgelegenen Orten mit weniger offensiv bedrohendem Charakter eine primäre Rolle zum Erwerben von Ruhm und Ehre. Diese Kreaturen scheinen einzig dafür zu existieren, dass sich der eine nach dem anderen ruhmhungrigen Ritter an diesem Wesen im Kampfe versucht, um zu unterliegen, bis schließlich der Held der Erzählung das Ungeheuer bezwingt und ruhmreich in die höfische Gesellschaft zurückkehren kann.
Der Tristan liefert uns einen Kampf gegen einen Drachen und einen gegen einen Riesen als Beispiel.
Kampf mit dem Drachen in Irland
Mit dem Drachenkampf Tristans befasst sich ein eigener Hauptartikel Drachenkampf.
Kampf gegen den Riesen Urgan
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Das Turnier
Turniere finden im Tristan gelegentlich statt. Diese ritterlichen Kampfspiele sind ein wichtiger Bestandteil des höfischen Lebens. Der Ritterschaft wird bei diesen Veranstaltungen Gelegenheit geboten, sich einerseits in ihren militärischen Fähigkeiten zu üben und andererseits untereinander zu messen. Denn für den Prozess des Ruhmerwerbens sind Turniere ein wesentlicher Bestandteil. So hat sich ein jeder Ritter im Kampf zu bewähren, um Ruhm und Ehre zu erlangen. Turniere bieten dem Kriege hierbei eine Alternative in Friedenszeiten. Darüberhinaus bilden Turniere einen Bestandteil des höfischen Lebens, sind großflächiger Anziehungspunkt gesellschaftlichem Zusammenkommens und Mittel der Unterhaltung.
Anmerkungen
- ↑ Die Zitierung einfacher Versangaben im Folgenden (abgekürzt mit 'V.') bezieht sich innerhalb dieses Artikels auf: Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke. Hrsg. v. Rüdiger Krohn. Bd. 1/2. Stuttgart 1993/1994.
- ↑ Vgl. Udo Friedrich: Die 'symbolische Ordnung' des Zweikampfs im Mittelalter. In: Braun, Manuel/Herberichs, Cornelia (Hrsg.): Gewalt im Mittelalter. Realitäten - Imaginationen. München 2005. S.123-158. Hier S.133.
- ↑ Vgl. Martin H. Jones: The Depiction of Military Conflict in Gottfried's Tristan. In: Stevens, Adrian/Wisbey, Roy (Hrsg.): Gottfried von Strassburg and the medieval Tristan legend. Papers from an Anglo-North American symposium. London 1990 (Arturian studies 23)(Publications of the Institue of Germanic Studies 44). S.45-65. Hier S.45
- ↑ Nach Friedrich 2005: S.123. erscheint der Zweikampf als "Ultimo Ratio feudaladeligen Rechtsbewusstseins".
- ↑ Man könnte diesen Kampf evtl. auch als so etwas wie einen Zweimannkrieg sehen, zumal er nicht wie der Gerichtskampf des Truchsessen von einem Gericht bestimmt wurde, doch liegen ihm die äußeren Kriterien und Merkmale zugrunde, wie auch Gerichtskämpfe abgehalten werden.
- ↑ Vgl. Schnyder, Mireille: Erzählte Gewalt und die Gewalt des Erzählens. In: Braun, Manuel/Herberichs, Cornelia (Hrsg.): Gewalt im Mittelalter. Realitäten - Imaginationen. München 2005. S.365-379. S.370.
Literaturverzeichnis
Primärliteratur
- Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke. Hrsg. v. Rüdiger Krohn. Bd. 1/2. Stuttgart 1993/1994.
Sekundärliteratur
- Friedrich, Udo: Die 'symbolische Ordnung' des Zweikampfes im Mittelalter. In: Braun, Manuel/Herberichs, Cornelia (Hrsg.): Gewalt im Mittelalter. Realitäten - Imaginationen. München 2005. S.123-158.
- Haug, Walter: Strukturen als Schlüssel zur Welt. Kleine Schriften zur Erzählliteratur des Mittelalters. Tübingen 1989.
- Jones, Martin H.: The Depiction of Military Conflict in Gottfried's Tristan. In: Stevens, Adrian/Wisbey, Roy (Hrsg.): Gottfried von Strassburg and the medieval Tristan legend. Papers from an Anglo-North American symposium. London 1990 (Arturian studies 23) (Publications of the Institue of Germanic Studies 44). S.45-65.
- Schnyder, Mireille: Erzählte Gewalt und die Gewalt des Erzählens. In: Braun, Manuel/Herberichs, Cornelia (Hrsg.): Gewalt im Mittelalter. Realitäten - Imaginationen. München 2005. S.365-379.