Komik und Erzählen (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Dieser Text befasst sich mit der Komik als ein bedeutendes Merkmal des Erzählers im Parzival von Wolfram von Eschenbach.
Allgemeines
wes spotte ich der getriwen diet? mîn alt unfuoge mir daz riet(487, 11f.).[1] So beschreibt der Erzähler im Parzival seinen eigenen Wesenszug, als er sich spöttisch über Mangel an Nahrung auslässt, den Parzival beim Einsiedler Trevrizent vorfindet. Nicht nur an dieser Stelle ist erkennbar, dass Komik ein wichtiges Merkmal des Werkes ist.
Der Erzählstil Wolframs im Parzival zeichnet sich in besonderem Maße durch komische Elemente aus. Dies wird in zahlreichen Texten der Forschungsliteratur, die sich mit der Narratologie oder der Komik als Spezifikum des Erzählens im Parzival auseinandersetzt, erwähnt. Dallapiazza schreibt, dass bereits die frühe Forschung "auf eine besondere Gegenwart von Komik und Humor als Kennzeichen von Wolframs Erzählen" aufmerksam geworden ist. [Dallapiazza 2009: 177] Tomasek führt weiter an, dass die Komikverwendung "noch nie dagewesene Ausmaße" erreicht und "zum Bestandteil einer neuen Erzählqualität" wird. [Tomasek 2005: 94] Wehrli macht deutlich, dass es der Humor ist, der den Parzival im Wesentlichen vom Perceval Chrétiens unterscheidet.(vgl.[Wehrli 1966: 108])
Dabei lässt sich die Komik im Werk in verschiedene Bereiche aufteilen, auf die im Folgenden genauer eingegangen werden soll.
Wortspiele
Im Werk sind häufig Wortspiele anzutreffen, die einen ambigen Charakter aufweisen und deren ungeläufigere Bedeutung wörtlich genommen wird. Das Beispiel, welches am häufigsten dieser Kategorie zugeordnet wird, ist die sogenannte Jeschute-Szene:
nantes iemen vilân, |
der het ir unreht getân: |
wan si hete wênc an ir.(257, 23f.) |
Durch die zahlreichen Löcher des zerrissenen Kleids scheint Jeschutes nackte Haut, ihr unhöfisches Aussehen wird durch das französische Wort "vilân" beschrieben, das Dallapiazza wie folgt beschreibt: "Ein vilân ist ein Bauer, eigentlich gar kein wirklicher Mensch".[Dallapiazza 2009: 142] Aber auch eine zweite, deutsche Bedeutung lässt sich dem Wort zuordnen. Übersetzt man es mit "viel an", wird diesem im übernächsten Vers "wenig an" gegenübergesetzt.(vgl. [Bumke 2004: 225])
Zahlreiche weitere Wortspiele dieser Art lassen sich im Text finden, beispielsweise die Mitteilung an Fürst Hermann von Thüringen, sein "ingesinde" müsse besser "ûzgesinde" heißen (297, 17f.). Dieter Kühn übersetzt hier nicht ganz wortgetreu mit "Gesinde" und "Gesindel".
Auch unter diesen Punkt fallen fremdartig klingende Namen, die selbst den Rezipienten im Mittelalter unbekannt waren und durch ihren unbekannten Klang zur Komik beigetragen haben. Dazu gehören "Mahmumelin, Kingrimursel, Plippalinot, Schipelpjonte usw."[Bumke 2004: 225]
Anmerkungen
- ↑ Alle Textsangaben des Primärtextes aus Wolfram von Eschenbach: Parzival. Nach der Ausgabe Karl Lachmanns, revidiert und kommentiert von Eberhard Nellman, übertragen von Dieter Kühn. Frankfurt a. M.: Deutscher Klassiker Verlag, 2006.
Bibliographie
<HarvardReferences />
- [*Bumke 2004] Joachim Bumke: Wolfram von Eschenbach. 8., völlig neu bearb. Aufl., Stuttgart; Weimar: Metzler, 2004.
- [*Dallapiazza 2009] Michael Dallapiazza: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2009.
- [*Tomasek 2005] Tomas Tomasek: Bemerkungen zur Komik und zum "Humor" bei Wolfram von Eschenbach. In: Komik und Sakralität. Aspekte einer ästhetischen Paradoxie in Mittelalter und früher Neuzeit. Hg: Anja Grebe, Nikolais Staubach. Frankfurt a. M.; Berlin; Bern; Wien [u.a.]: Lang, 2005.
- [*Wehrli 1966] Max Wehrli: Wolframs Humor. In: Wolfram von Eschenbach. Hg: Heinz Rupp. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1966.