Rual li Foitenant (Gottfried von Straßburg, Tristan)
Rual li Foitenant ist Marschall am Hofe von Kanoel und Ziehvater Tristans. Er ist verheiratet mit Floraete und Vater von zwei leiblichen Söhnen, die in der Erzählung jedoch nicht namentlich erwähnt werden.
Ruals Rolle in der Tristanerzählung
Rual kommt in der Erzählung eine wichtige Rolle zu. Er übernimmt nach Riwalins Tod die Fürsorge über dessen neugeborenen Sohn. Er ist wie ein Vater für den jungen Tristan, auch nachdem dieser seine wahre Abstammung erfährt.
Äußerliche Beschreibung
Der Marschall von Kanoel wird in der Erzählung als an lîbe und an gebâre/ vollekomen unde rîch (V. 4032 f.) beschrieben. Sein Auftreten ist vornehm und höfisch anständig, seine Gestalt hünenhaft und herrlich gebaut. Ruals gesamte Erscheinung ist stattlich und edel, jedem Kaiser ebenbürtig: er was an rehter hêrschaft/ aller keiser genôz. (V. 4044 f.) Allgemeine Bewunderung und Respekt werden seiner Gestalt entgegengebracht.
Inbegriff der Loyalität
Rual li Foitenant wird eingeführt als der êren unde der triuwe ein habe,/ der nie gewancte an triuwen abe. (V. 1594 f.), also ein Vorbild an Verlässlichkeit und Loyalität. Der Erzählerkommentar Gottfrieds lässt zu keiner Zeit irgendeinen Zweifel an der Vortrefflichkeit und Unerreichtheit der vollkommenen Treue und Ehrenhaftigkeit des Marschalls. In unerschütterlicher loyaler Selbstverständlichkeit nimmt er den Waisenjungen Tristan als seinen Sohn auf und sorgt bis an den Rande der Selbstaufopferung für dessen Wohl und Sicherheit. Sein gesamtes Leben stellt er selbstlos in den Dienst seines jeweiligen Herrn, zunächst Riwalin, später Tristan. Gottfried schafft mit Rual - inclusive seiner Frau Floraete - eine Figur, die an Loyalität in der ganzen Welt unübertroffen ist: solt ieman ûf der erden/ von triuwen halben werden/ künic oder künigîn,/ binamen daz möhten sî wol sîn,/ als ich iu vin in beiden/ waerlîche mag bescheiden, (V. 1811 - 1816).
Vaterfigur für Tristan
Erziehung
Aufopferungsvoll kümmert sich Rual um Tristan nâch vil vaterlîchem site (V. 2193), mehr als um seine leiblichen Söhne: sîner eigenen kinde/ was er sô vlîzec niht sô sîn. (V. 2186 f.)