694: Der Vorwurf jüdischer Kollaboration in den Akten des 17. Konzils von Toledo: Unterschied zwischen den Versionen

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Dass König Egica eine gewisse Ahnung von den nordafrikanisch-iberischen Beziehungen hatte, lässt sich u. a. aus einer Bestimmung herauslesen, in der er Juden, die in ihrem Glauben verharren, verbietet, an die Landungsbrücken zu gehen, um transmarinen Handel zu treiben.<ref name="ftn11">Lex Visigothorum''',''' ed. Karl Zeumer (MGH Leges: Leges nationum germanicarum I: Leges Visigothorum), Hannover: Hahn, 1902, cap. XII,2,18: Flavius Egiga rex: De perfidia Iudeorum, S. 427: „scilicet ut nec ad cataplum pro transmarinis commerciis faciendis ulterius audeant properare“.</ref> Hieraus lässt sich allerdings nicht ablesen, ob er Informationen zur muslimischen Expansion hatte, die Muslime überhaupt als von den Juden unterschiedliche Religionsgruppe identifizieren konnte oder gar seine Theorie von einer jüdischen Verschwörung gegen seine Herrschaft in einen Zusammenhang mit der muslimischen Herrschaftsübernahme in Nordafrika stellte.
Dass König Egica eine gewisse Ahnung von den nordafrikanisch-iberischen Beziehungen hatte, lässt sich u. a. aus einer Bestimmung herauslesen, in der er Juden, die in ihrem Glauben verharren, verbietet, an die Landungsbrücken zu gehen, um transmarinen Handel zu treiben.<ref name="ftn11">Lex Visigothorum''',''' ed. Karl Zeumer (MGH Leges: Leges nationum germanicarum I: Leges Visigothorum), Hannover: Hahn, 1902, cap. XII,2,18: Flavius Egiga rex: De perfidia Iudeorum, S. 427: „scilicet ut nec ad cataplum pro transmarinis commerciis faciendis ulterius audeant properare“.</ref> Hieraus lässt sich allerdings nicht ablesen, ob er Informationen zur muslimischen Expansion hatte, die Muslime überhaupt als von den Juden unterschiedliche Religionsgruppe identifizieren konnte oder gar seine Theorie von einer jüdischen Verschwörung gegen seine Herrschaft in einen Zusammenhang mit der muslimischen Herrschaftsübernahme in Nordafrika stellte.


==Kontextualisierung, Analyse & Interpretation==
==Kontextualisierung, Analyse, Interpretation==
Deutlich ist allerdings, dass vor Egica schon anderen Herrschern zugeschrieben wurde, aus Angst vor einer Destabilisierung ihrer Herrschaft Maßnahmen gegen Juden ergriffen zu haben. Die so genannte Fredegarchronik berichtet etwa, dass der byzantinische Kaiser Herakleios (regn. 610-640) dank astrologischer Praktiken in Erfahrung brachte, dass seine Herrschaft bald “von beschnittenen Völkern” (''a circumcisis gentibus'') gestürzt werden würde. Weil er diese mit den Juden identifizierte, soll er sowohl in allen Provinzen seines Reiches Zwangskonversionen angeordnet wie auch an den merowingischen König Dagobert (regn. 623-629) die Bitte geschickt haben, er solle doch alle Juden seines Reiches zwangstaufen lassen, eine Bitte, die Dagobert sofort erfüllt haben soll.<ref name="ftn12">''Chronicarum quae dicuntur Fredegarii scholastici'', ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov., 2), lib. IV, cap. 65, S. 153: „Cum esset litteris nimius aeruditus, astralogus effecetur; per quod cernens, a circumcisis gentibus diuino noto emperium esse uastandum, legationem ad Dagobertum regem Francorum dirigens, petens, ut omnes ludeos regni sui ad fidem catolecam baptizandum preciperit. Quod protenus Dagobertus empleuit. Aeraglius per omnea prouincias emperiae talem idemque facere decreuit. Ignorabat, unde haec calametas contra emperium surgerit.“; ''Die Chronik Fredegars und der Frankenkönige'', übers. Otto Abel, Leipzig: Dyk, 1888, S. 36-38. Diese Zwangskonversionen sind auch dokumentiert in ''Gesta Dagoberti I. regis Francorum'', ed. Bruno Krusch (SS rer. Merov. 2), Hannover: Hahn, 1888, cap. 24, S. 409.<span style="color:#1f3864;"> </span>Vgl. hierzu Esders, Herakleios, Dagobert und die „beschnittenen Völker“, S. 239-311.</ref> Zu den Opfern seiner Zwangsmaßnahmen werden dabei wohl auch Juden gehört haben, die vor den Zwangskonversionen unter dem Westgotenkönig Sisebut (regn 612-620) nach Gallien geflohen waren, wie die Akten des vierten Konzils von Toledo berichten.<ref name="ftn13">Concilium Toletanum [Toledo] IV (633), can. 57, ed./übers. Vives, S. 210.</ref>  
Deutlich ist allerdings, dass vor Egica schon anderen Herrschern zugeschrieben wurde, aus Angst vor einer Destabilisierung ihrer Herrschaft Maßnahmen gegen Juden ergriffen zu haben. Die so genannte Fredegarchronik berichtet etwa, dass der byzantinische Kaiser Herakleios (regn. 610-640) dank astrologischer Praktiken in Erfahrung brachte, dass seine Herrschaft bald “von beschnittenen Völkern” (''a circumcisis gentibus'') gestürzt werden würde. Weil er diese mit den Juden identifizierte, soll er sowohl in allen Provinzen seines Reiches Zwangskonversionen angeordnet wie auch an den merowingischen König Dagobert (regn. 623-629) die Bitte geschickt haben, er solle doch alle Juden seines Reiches zwangstaufen lassen, eine Bitte, die Dagobert sofort erfüllt haben soll.<ref name="ftn12">''Chronicarum quae dicuntur Fredegarii scholastici'', ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov., 2), lib. IV, cap. 65, S. 153: „Cum esset litteris nimius aeruditus, astralogus effecetur; per quod cernens, a circumcisis gentibus diuino noto emperium esse uastandum, legationem ad Dagobertum regem Francorum dirigens, petens, ut omnes ludeos regni sui ad fidem catolecam baptizandum preciperit. Quod protenus Dagobertus empleuit. Aeraglius per omnea prouincias emperiae talem idemque facere decreuit. Ignorabat, unde haec calametas contra emperium surgerit.“; ''Die Chronik Fredegars und der Frankenkönige'', übers. Otto Abel, Leipzig: Dyk, 1888, S. 36-38. Diese Zwangskonversionen sind auch dokumentiert in ''Gesta Dagoberti I. regis Francorum'', ed. Bruno Krusch (SS rer. Merov. 2), Hannover: Hahn, 1888, cap. 24, S. 409.<span style="color:#1f3864;"> </span>Vgl. hierzu Esders, Herakleios, Dagobert und die „beschnittenen Völker“, S. 239-311.</ref> Zu den Opfern seiner Zwangsmaßnahmen werden dabei wohl auch Juden gehört haben, die vor den Zwangskonversionen unter dem Westgotenkönig Sisebut (regn 612-620) nach Gallien geflohen waren, wie die Akten des vierten Konzils von Toledo berichten.<ref name="ftn13">Concilium Toletanum [Toledo] IV (633), can. 57, ed./übers. Vives, S. 210.</ref>  


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