1221: al-Ṣafadī zur Inszenierung ayyubidischer Macht in Anwesenheit der Kreuzfahrer von Damiette: Unterschied zwischen den Versionen

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Im oben zitierten Abschnitt berichtet al-Ṣafadī zunächst vom Sieg des Sultans gegen die Franken, die daraufhin eine Sicherheitsgarantie (''amān'') von ihm fordern. Nachdem al-Kāmil ihnen zunächst seinen Sohn und seinen Neffen geschickt hat, empfängt er die fränkischen Herrscher in seinem Zeltlager und lässt eine große Versammlung ausrichten. Hierbei sind sowohl seine Brüder, die fränkischen Herrscher als auch die Kavallerie des Sultans zugegen.   
Im oben zitierten Abschnitt berichtet al-Ṣafadī zunächst vom Sieg des Sultans gegen die Franken, die daraufhin eine Sicherheitsgarantie (''amān'') von ihm fordern. Nachdem al-Kāmil ihnen zunächst seinen Sohn und seinen Neffen geschickt hat, empfängt er die fränkischen Herrscher in seinem Zeltlager und lässt eine große Versammlung ausrichten. Hierbei sind sowohl seine Brüder, die fränkischen Herrscher als auch die Kavallerie des Sultans zugegen.   


In diesem Rahmen trägt der ayyubidische Dichter Rāǧiḥ al-Ḥillī (gest. 627/1230) einige Verse vor.<ref name="ftn15">Zur Person und zeitgenössischen Dokumentation dieses Autors vgl. ''Mawsūʿa al-tarāǧim'', Bd. 3, S. 10, URL: [http://www.taraajem.com/persons/3631 http://www.taraajem.com/persons/3631] (Zugriff 26.02.2020). </ref> Diese zeugen von der Freude über den Sieg des Sultans und der Dankbarkeit für die im Sieg erfahrene göttliche Unterstützung: Dem wiederaufblühenden Islam stellt der Dichter das dem Untergang geweihte, als polytheistisch gebrandmarkte Christentum der besiegten Feinde gegenüber. Aus dem Universum erschallt, dass Jesus und Moses gemeinsam Muḥammad zum Sieg verholfen hätten. Dabei zeigt der Dichter auf die drei ayyubidischen Brüder, die jeweils die Vornamen Jesus (''ʿIsā''), Moses (''Mūsā'') und Muḥammad tragen.   
In diesem Rahmen trägt der ayyubidische Dichter Rāǧiḥ al-Ḥillī (gest. 627/1230) einige Verse vor.<ref name="ftn15">Zur Person und zeitgenössischen Dokumentation dieses Autors vgl. ''Mawsūʿa al-tarāǧim'', Bd. 3, S. 10, URL: http://www.taraajem.com/persons/3631 http://www.taraajem.com/persons/3631 (Zugriff 26.02.2020). </ref> Diese zeugen von der Freude über den Sieg des Sultans und der Dankbarkeit für die im Sieg erfahrene göttliche Unterstützung: Dem wiederaufblühenden Islam stellt der Dichter das dem Untergang geweihte, als polytheistisch gebrandmarkte Christentum der besiegten Feinde gegenüber. Aus dem Universum erschallt, dass Jesus und Moses gemeinsam Muḥammad zum Sieg verholfen hätten. Dabei zeigt der Dichter auf die drei ayyubidischen Brüder, die jeweils die Vornamen Jesus (''ʿIsā''), Moses (''Mūsā'') und Muḥammad tragen.   


Auch aus dem Maghreb erhält der Sultan auf einem besonderen Schriftstück dichterisches Lob für seinen Sieg. Die maghrebinischen Verse schildern das Heimweh eines weit Gereisten, dem Gott in Mekka, Medina und – dank des Sieges gegen die Franken – nun auch in Kairo eine Zufluchtsstätte geschenkt hat. Auf dieses Gedicht entgegnet der Sultan, dass Gott ihm durch den Propheten und der Stadt Kairo durch ihn selbst Güte erwiesen habe. Mit diesen Worten endet der Eintrag al-Ṣafadīs über al-Kāmil.  
Auch aus dem Maghreb erhält der Sultan auf einem besonderen Schriftstück dichterisches Lob für seinen Sieg. Die maghrebinischen Verse schildern das Heimweh eines weit Gereisten, dem Gott in Mekka, Medina und – dank des Sieges gegen die Franken – nun auch in Kairo eine Zufluchtsstätte geschenkt hat. Auf dieses Gedicht entgegnet der Sultan, dass Gott ihm durch den Propheten und der Stadt Kairo durch ihn selbst Güte erwiesen habe. Mit diesen Worten endet der Eintrag al-Ṣafadīs über al-Kāmil.  
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Das Motiv der Einigkeit nimmt in dieser Darstellung dabei einen wichtigen Platz ein: Es sind die drei monotheistischen Religionen und die drei ayyubidischen Brüder gemeinsam, die gegen den fränkischen Aggressor siegen. Ganz konkret mag der bei den Ereignissen um Damiette anwesende Dichter Rāǧiḥ al-Ḥillī das Ziel verfolgt haben, den ayyubidischen Brüdern die Bedeutung und positiven Folgen dynastischen Zusammenhalts vor Augen zu führen und ihnen für ihre Leistung zu danken. Bei dem viel später schreibenden, literarisch komponierenden al-Ṣafadī geht es eher um Anerkennung ihrer historischen Größe: Dass sich die Ayyubiden als würdige Verteidiger der islamischen Welt gegen die Kreuzfahrer erwiesen haben, wird nicht nur in anderen Teilen der islamischen Sphäre, sondern auch von der Nachwelt anerkannt.   
Das Motiv der Einigkeit nimmt in dieser Darstellung dabei einen wichtigen Platz ein: Es sind die drei monotheistischen Religionen und die drei ayyubidischen Brüder gemeinsam, die gegen den fränkischen Aggressor siegen. Ganz konkret mag der bei den Ereignissen um Damiette anwesende Dichter Rāǧiḥ al-Ḥillī das Ziel verfolgt haben, den ayyubidischen Brüdern die Bedeutung und positiven Folgen dynastischen Zusammenhalts vor Augen zu führen und ihnen für ihre Leistung zu danken. Bei dem viel später schreibenden, literarisch komponierenden al-Ṣafadī geht es eher um Anerkennung ihrer historischen Größe: Dass sich die Ayyubiden als würdige Verteidiger der islamischen Welt gegen die Kreuzfahrer erwiesen haben, wird nicht nur in anderen Teilen der islamischen Sphäre, sondern auch von der Nachwelt anerkannt.   


Beim 5. Kreuzzug handelte es sich nicht um den letzten Versuch der Kreuzfahrer, Ägypten zu erobern. Zwar existierten zur selben Zeit auch Handelsbeziehungen zwischen Ägypten und den italienischen Seerepubliken<ref name="ftn27">Favreau-Lilie, Die italienischen Seestädte, S.&nbsp;147-178; Jacoby, Les Italiens, S.&nbsp;76-88.</ref>, während sich mit dem Kreuzzug (1228-1229) Kaiser Friedrichs II. (regn. 1220-1250) auch Tendenzen zur diplomatischen Lösung des Konfliktes um das Heilige Land erkennen lassen.<ref name="ftn28">Stürner, Kreuzzug Kaiser Friedrichs II., S. 144-157.</ref> Ein weiterer Angriff auf Damiette erfolgte dennoch drei Jahrzehnte später im Kreuzzug (1248-1256) Ludwigs IX. von Frankreich (regn. 1226-1270).<ref name="ftn29">Strayer, The Crusades of Louis IX, S. 487-518. Zu Ludwigs Kreuzzugsengagement siehe außerdem [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/1270:_Ibn_%E1%B8%AAald%C5%ABn_%C3%BCber_das_Vorspiel_zum_tunesischen_Kreuzzug_Ludwigs_IX. 1270: Ibn Ḫ][https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/1270:_Ibn_%E1%B8%AAald%C5%ABn_%C3%BCber_das_Vorspiel_zum_tunesischen_Kreuzzug_Ludwigs_IX. aldūn über das Vorspiel zum tunesischen Kreuzzug Ludwigs IX]. </ref> Noch 1365 plünderte Peter I. von Zypern (regn. 1359-1369) im so genannten Kreuzzug von Alexandria die mediterrane Metropole.<ref name="ftn30">Christ, Non ad caudam, S. 153-182.</ref> Wirkliche Expansionserfolge der Kreuzfahrer waren aber nicht mehr zu verzeichnen. Nach ihrem Sieg gegen die Mongolen in der Schlacht von ʿAyn Ǧālūt (658/1260) in Palästina, eroberten die neuen mamlukischen Herrscher Ägyptens sukzessive die Kreuzfahrerherrschaften in der Levante, bis 1291 die letzte Bastion Akkon fiel.<ref name="ftn31">Runciman, The Crusader States, S. 557-598; Jotischky, ''Crusading and the Crusader States'', S. 229-254.</ref> Der hier behandelte Kreuzzug auf Damiette fand also noch in einer Zeit statt, in der die Kreuzzüge eine wirkliche Bedrohung für Ägypten darstellten. Für muslimische Zeitgenossen war dies ein Grund, den ayyubidischen Sieg über die Kreuzfahrer wirksam zu inszenieren und zu feiern, für den später schreibenden al-Ṣafadī seine historische Bedeutung mit literarischen Mitteln zu betonen.|6=Al-Ṣafadī: ''Kitāb al-Wāfi bi-l-wafayāt'', Bd. 1, ed. Hans Ritter et al. (Bibliotheca Islamica 6), 30 Bde., Istanbul: Steiner, 1931-2007.  
Beim 5. Kreuzzug handelte es sich nicht um den letzten Versuch der Kreuzfahrer, Ägypten zu erobern. Zwar existierten zur selben Zeit auch Handelsbeziehungen zwischen Ägypten und den italienischen Seerepubliken<ref name="ftn27">Favreau-Lilie, Die italienischen Seestädte, S.&nbsp;147-178; Jacoby, Les Italiens, S.&nbsp;76-88.</ref>, während sich mit dem Kreuzzug (1228-1229) Kaiser Friedrichs II. (regn. 1220-1250) auch Tendenzen zur diplomatischen Lösung des Konfliktes um das Heilige Land erkennen lassen.<ref name="ftn28">Stürner, Kreuzzug Kaiser Friedrichs II., S. 144-157.</ref> Ein weiterer Angriff auf Damiette erfolgte dennoch drei Jahrzehnte später im Kreuzzug (1248-1256) Ludwigs IX. von Frankreich (regn. 1226-1270).<ref name="ftn29">Strayer, The Crusades of Louis IX, S. 487-518. Zu Ludwigs Kreuzzugsengagement siehe außerdem [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/1270:_Ibn_%E1%B8%AAald%C5%ABn_%C3%BCber_das_Vorspiel_zum_tunesischen_Kreuzzug_Ludwigs_IX. 1270: Ibn Ḫaldūn über das Vorspiel zum tunesischen Kreuzzug Ludwigs IX]. </ref> Noch 1365 plünderte Peter I. von Zypern (regn. 1359-1369) im so genannten Kreuzzug von Alexandria die mediterrane Metropole.<ref name="ftn30">Christ, Non ad caudam, S. 153-182.</ref> Wirkliche Expansionserfolge der Kreuzfahrer waren aber nicht mehr zu verzeichnen. Nach ihrem Sieg gegen die Mongolen in der Schlacht von ʿAyn Ǧālūt (658/1260) in Palästina, eroberten die neuen mamlukischen Herrscher Ägyptens sukzessive die Kreuzfahrerherrschaften in der Levante, bis 1291 die letzte Bastion Akkon fiel.<ref name="ftn31">Runciman, The Crusader States, S. 557-598; Jotischky, ''Crusading and the Crusader States'', S. 229-254.</ref> Der hier behandelte Kreuzzug auf Damiette fand also noch in einer Zeit statt, in der die Kreuzzüge eine wirkliche Bedrohung für Ägypten darstellten. Für muslimische Zeitgenossen war dies ein Grund, den ayyubidischen Sieg über die Kreuzfahrer wirksam zu inszenieren und zu feiern, für den später schreibenden al-Ṣafadī seine historische Bedeutung mit literarischen Mitteln zu betonen.|6=Al-Ṣafadī: ''Kitāb al-Wāfi bi-l-wafayāt'', Bd. 1, ed. Hans Ritter et al. (Bibliotheca Islamica 6), 30 Bde., Istanbul: Steiner, 1931-2007.  


Al-Ṣafadī: ''Kitāb al-Wāfi bi-l-wafayāt'', ed. Aḥmad al-Arnaʾwūṭ, Tazkī Muṣṭafā, 29 Bde., Beirut: Dār iḥyāʾ al-ʿarabī, 2000.|7=Abu-ʿUksa, Wael: Lives of Frankish Princes from al-Ṣafadī’s Biographical Dictionary al-wāfī bi-l-wafayāt, in: ''Mediterranean Historical Review'' 32 (2017), S. 83-104.  
Al-Ṣafadī: ''Kitāb al-Wāfi bi-l-wafayāt'', ed. Aḥmad al-Arnaʾwūṭ, Tazkī Muṣṭafā, 29 Bde., Beirut: Dār iḥyāʾ al-ʿarabī, 2000.|7=Abu-ʿUksa, Wael: Lives of Frankish Princes from al-Ṣafadī’s Biographical Dictionary al-wāfī bi-l-wafayāt, in: ''Mediterranean Historical Review'' 32 (2017), S. 83-104.  
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