1009: Adémar von Chabannes über die Zerstörung der Grabeskirche zu Jerusalem: Unterschied zwischen den Versionen

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== Kontextualisierung, Analyse & Interpretation ==
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[§10] Adémars Erzählung zur Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem stellt auf vielschichtige Weise mehrere Bezüge zwischen dem lateinisch-christlichen Westen und der arabisch-islamischen Sphäre her und verbindet diese mit innerchristlichen Diskursen. Der folgende Abschnitt geht zunächst auf die Geschichte der Grabeskirche und ihre Bedeutung für lateinische Christen ein und erörtert dann vor dem Hintergrund mehrerer Parallelquellen Adémars Darstellung und Begründung der antichristlichen Maßnahmen des Fatimidenkalifen al-Ḥākim und ihrer Folgen. Abschließend stehen Adémars Wissen über die mit den „Völkern Arabiens“ zusammenhängenden innerfatimidischen Entwicklungen sowie seine potenziellen Informationsquellen im Zentrum. </div>
[§10] Adémars Erzählung zur Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem stellt auf vielschichtige Weise mehrere Bezüge zwischen dem lateinisch-christlichen Westen und der arabisch-islamischen Sphäre her und verbindet diese mit innerchristlichen Diskursen. Der folgende Abschnitt geht zunächst auf die Geschichte der Grabeskirche und ihre Bedeutung für lateinische Christen ein und erörtert dann vor dem Hintergrund mehrerer Parallelquellen Adémars Darstellung und Begründung der antichristlichen Maßnahmen des Fatimidenkalifen al-Ḥākim und ihrer Folgen. Abschließend stehen Adémars Wissen über die mit den „Völkern Arabiens“ zusammenhängenden innerfatimidischen Entwicklungen sowie seine potenziellen Informationsquellen im Zentrum.


Die zitierte Passage verdeutlicht zunächst einmal das Interesse des Autors am Heiligtum der Grablege Jesu, deren Zerstörung eine Erschütterung für die christliche Welt bedeutete und dem Jahr 1010 den Beinamen ''annus terribilis'' einbrachte. Indem sie den Hügel Golgota und das Felsengrab Christi durch eine Baugruppe vereint, bildet die Grabeskirche in Jerusalem bis heute einen der zentralsten bedeutendsten Bezugspunkte der Christenheit und eine ihrer bedeutendsten Wallfahrtsstätten.<ref name="ftn16">Arbeiter, Grabeskirche, S. 10.</ref> Unter Kaiser Konstantin wurden in Palästina Kult- und Gedenkstätten an den wichtigsten Lebensstationen Jesu (Geburt, Kreuzigung, Grablege, Auferstehung, Himmelfahrt) errichtet und die Region somit als christlicher Erinnerungsraum ausgestaltet.<ref name="ftn17">Arbeiter, Grabeskirche, S. 7.</ref> Dazu gehörte auch die Grabeskirche, über deren ursprüngliche Form Eusebius von Caesarea berichtet, dass die Anlage im Westen das von einer Ädikula markierte Felsgrab umfasste, über dem eine Rotunde errichtet war, und im Osten eine Basilika.<ref name="ftn18">Arbeiter, Grabeskirche, S. 10</ref> Geweiht im Jahr 335 erlangte der Ort bald eine herausragende Bedeutung als Pilgerzentrum, sodass Jerusalem zur Begegnungsstätte zwischen Christen unterschiedlicher Herkunft und Konfession sowie Vertretern anderer Religionen, v. a. Juden und später Muslimen, wurde.<ref name="ftn19">[https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/570:_Kontakte_mit_der_vorislamischen_arabischen_Welt_im_Pilgerbericht_des_Antoninus_Placentinus Vgl. 570: Kontakte mit der vorislamischen arabischen Welt im Pilgerbericht des Antoninus Placentinus].</ref> Die Kirche wurde bis zu ihrer Zerstörung durch al-Ḥākim mehrfach beschädigt und restauriert, so nach der Invasion der Sassaniden (614) durch den byzantinischen Kaiser Herakleios (regn. 610-641) im Jahr 630. Im Zuge der arabisch-islamischen Expansion wurde die Stadt erobert, das Heiligtum blieb den Christen aber erhalten, wobei es Mitte des 8. Jahrhunderts von einem schweren Erdbeben erschüttert wurde. Durch den Angriff auf die Kirche unter dem Kalifen al-Ḥākim nahm sie den schwerwiegendsten Schaden, sodass – entgegen der Behauptungen Adémars – offenbar sogar die Strukturen am eigentlichen Felsgrab in Mitleidenschaft gezogen wurden.<ref name="ftn20">Zur Baugeschichte vgl. Ousterhout, Rebuilding.</ref> </div>
[§11] Die zitierte Passage verdeutlicht zunächst einmal das Interesse des Autors am Heiligtum der Grablege Jesu, deren Zerstörung eine Erschütterung für die christliche Welt bedeutete und dem Jahr 1010 den Beinamen ''annus terribilis'' einbrachte. Indem sie den Hügel Golgota und das Felsengrab Christi durch eine Baugruppe vereint, bildet die Grabeskirche in Jerusalem bis heute einen der zentralsten bedeutendsten Bezugspunkte der Christenheit und eine ihrer bedeutendsten Wallfahrtsstätten.<ref name="ftn16">Arbeiter, Grabeskirche, S. 10.</ref> Unter Kaiser Konstantin wurden in Palästina Kult- und Gedenkstätten an den wichtigsten Lebensstationen Jesu (Geburt, Kreuzigung, Grablege, Auferstehung, Himmelfahrt) errichtet und die Region somit als christlicher Erinnerungsraum ausgestaltet.<ref name="ftn17">Arbeiter, Grabeskirche, S. 7.</ref> Dazu gehörte auch die Grabeskirche, über deren ursprüngliche Form Eusebius von Caesarea berichtet, dass die Anlage im Westen das von einer Ädikula markierte Felsgrab umfasste, über dem eine Rotunde errichtet war, und im Osten eine Basilika.<ref name="ftn18">Arbeiter, Grabeskirche, S. 10</ref> Geweiht im Jahr 335 erlangte der Ort bald eine herausragende Bedeutung als Pilgerzentrum, sodass Jerusalem zur Begegnungsstätte zwischen Christen unterschiedlicher Herkunft und Konfession sowie Vertretern anderer Religionen, v. a. Juden und später Muslimen, wurde.<ref name="ftn19">[https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/570:_Kontakte_mit_der_vorislamischen_arabischen_Welt_im_Pilgerbericht_des_Antoninus_Placentinus Vgl. 570: Kontakte mit der vorislamischen arabischen Welt im Pilgerbericht des Antoninus Placentinus].</ref> Die Kirche wurde bis zu ihrer Zerstörung durch al-Ḥākim mehrfach beschädigt und restauriert, so nach der Invasion der Sassaniden (614) durch den byzantinischen Kaiser Herakleios (regn. 610-641) im Jahr 630. Im Zuge der arabisch-islamischen Expansion wurde die Stadt erobert, das Heiligtum blieb den Christen aber erhalten, wobei es Mitte des 8. Jahrhunderts von einem schweren Erdbeben erschüttert wurde. Durch den Angriff auf die Kirche unter dem Kalifen al-Ḥākim nahm sie den schwerwiegendsten Schaden, sodass – entgegen der Behauptungen Adémars – offenbar sogar die Strukturen am eigentlichen Felsgrab in Mitleidenschaft gezogen wurden.<ref name="ftn20">Zur Baugeschichte vgl. Ousterhout, Rebuilding.</ref>  


Neben dem Angriff auf die Grabeskirche spricht Adémar von weiteren Attacken auf christliche Gotteshäuser und Klöster sowie von einem erhöhten Konversionsdruck auf Christen während der Herrschaft al-Ḥākims. Diese Formen der Unterdrückung sind auch in anderen Quellen belegt und bestätigen damit das weit verbreitete schlechte Bild dieses wohl bekanntesten und umstrittensten Herrschers der schiitisch-ismailitischen Fatimidendynastie: Schon 393/1003 wurden auf al-Ḥākims Befehl einige Kirchen in Moscheen umgewandelt; im Folgejahr wurden Juden und Christen gezwungen, sich öffentlich durch das Tragen eines schwarzen Gürtels (''zunnār'') und Turbans kenntlich zu machen; im Jahr darauf wurde Wein verboten, der zentral für die religiöse und liturgische Praxis von Juden und Christen ist; 397/1007 verbot al-Ḥākim die Palmsonntagprozessionen, 398/1008 beschlagnahmte man die Besitzungen einiger ägyptischer Kirchen und Klöster, 399/1009 mussten sich die Minderheiten auch in Bädern durch das Tragen von Zeichen kenntlich machen, außerdem wurden Kirchen in Kairo und Damaskus zerstört und Menschen durch Folterungen zur Konversion gezwungen. Im Jahr 400/1009-1010 folgten dann die Zerstörung der Heilig-Grab-Kirche in Jerusalem und weiterer Kirchen.<ref name="ftn21">Canard, al-Ḥākim.</ref> </div>
[§12] Neben dem Angriff auf die Grabeskirche spricht Adémar von weiteren Attacken auf christliche Gotteshäuser und Klöster sowie von einem erhöhten Konversionsdruck auf Christen während der Herrschaft al-Ḥākims. Diese Formen der Unterdrückung sind auch in anderen Quellen belegt und bestätigen damit das weit verbreitete schlechte Bild dieses wohl bekanntesten und umstrittensten Herrschers der schiitisch-ismailitischen Fatimidendynastie: Schon 393/1003 wurden auf al-Ḥākims Befehl einige Kirchen in Moscheen umgewandelt; im Folgejahr wurden Juden und Christen gezwungen, sich öffentlich durch das Tragen eines schwarzen Gürtels (''zunnār'') und Turbans kenntlich zu machen; im Jahr darauf wurde Wein verboten, der zentral für die religiöse und liturgische Praxis von Juden und Christen ist; 397/1007 verbot al-Ḥākim die Palmsonntagprozessionen, 398/1008 beschlagnahmte man die Besitzungen einiger ägyptischer Kirchen und Klöster, 399/1009 mussten sich die Minderheiten auch in Bädern durch das Tragen von Zeichen kenntlich machen, außerdem wurden Kirchen in Kairo und Damaskus zerstört und Menschen durch Folterungen zur Konversion gezwungen. Im Jahr 400/1009-1010 folgten dann die Zerstörung der Heilig-Grab-Kirche in Jerusalem und weiterer Kirchen.<ref name="ftn21">Canard, al-Ḥākim.</ref>


Dass sich die Zerstörung der Grabeskirche also in einen jahrelangen Prozess der Ausgrenzung und Unterdrückung christlicher ''und'' jüdischer Minderheiten unter al-Ḥākims Herrschaft einreiht, geht aus der Darstellung Adémars nicht hervor. Vielmehr führt er diese Maßnahmen auf eine von Juden und Sarazenen initiierte Verschwörung zurück. Dabei ist bemerkenswert, dass Adémar die Transregionalität dieser Machenschaft betont, hätten sich doch „Juden des Westens“ und „Sarazenen Spaniens“ miteinander verbündet und die Muslime im Nahen Osten durch Lügen aufgewiegelt. Während es unklar bleibt, welche muslimisch-iberischen Gruppen Adémar hier im Sinne hat, ist es auffällig, dass sich sein Groll gegen die Juden v. a. gegen die seiner eigenen Lebenswelt, nämlich die „Juden im Westen“, richtete. Auch der Benediktinermönch und Zeitgenosse Adémars, Rodulfus Glaber (gest. 1047), befasste sich mit der Frage, was die ursächlichen Hintergründe für die Zerstörung der Grabeskirche gewesen seien.<ref name="ftn22">Zur Quellenstelle zu den Briefen und dem jüdischen Komplott, siehe: Rodulfus Glaber, ''Historiarum Libri Quinque'', ed./übers. John France, Oxford: Oxford University Press, 2002, lib. III, cap. XXIV, S. 133-136.</ref> Für Glaber waren allein die in Westeuropa lebenden Juden schuld, unter ihnen vor allem die Juden von Orléans, die einen Boten zum Kalifen gesandt hätten, um diesen gegen die Christen aufzuhetzen.<ref name="ftn23">Rodulfus Glaber (gest. 1047) identifiziert diese als die in Orléans lebenden Juden, siehe Rodulfus Glaber: Rodulfi Glabri Historiarum Libri Quinque, ed. und ins Engl. übers. von John France, Oxford: Oxford University Press 2002, S. 134.</ref> Adémars und Glabers Zuschreibung, die Juden seien pro-muslimisch<ref name="ftn24">Jestice, Conspiracy?, S. 27.</ref> und Werkzeuge des Teufels,<ref name="ftn25">Jestice, Conspiracy?, S. 27.</ref> auch ihre Idee einer „globalen“ Verschwörung der Juden gegen die Christen können als proto-antisemitische bzw. antijudaistische Narrative identifiziert werden, die in ihrer Herkunftsregion eine gefährliche Stimmung heraufbeförderten. So kam es zu Gewaltausbrüchen gegen Juden in Städten Aquitaniens, und auch im Reich wurden die Juden unter König Heinrich II. (regn. 1002-1024) 1012 aus Mainz vertrieben.<ref name="ftn26">Palmer, Apocalypse, S. 219-220.</ref> Dieser aufkommende Antijudaismus<ref name="ftn27">Fried, 999 Jahre; Heil, Juden.</ref> ging außerdem mit Konversionsbemühungen und der Vorstellung einher, die jüdische „Häresie“ bedrohe die christliche Weltordnung und habe den Aufstieg des Antichristen zur Folge. Allerdings lässt Adémar sogar verlautbaren, dass das Unglück der Zerstörung auch „durch unsere Sünden herbeigeführt“ (''peccatis nostris promerentibus'') worden sei. Damit bricht er zwar sein eigentliches Erklärungsmuster auf, das die Schuld ja den „Juden“ und „Sarazenen“ zuweist, nimmt gleichzeitig aber die in seiner Chronik immer wieder auftauchende Furcht vor der herannahenden Apokalypse und dem Antichristen auf, die eng mit dem Motiv diesseitiger Sündhaftigkeit verbunden ist. So berichtet Adémar unmittelbar vor Einsetzen der hier zitierten Quellenstelle von der Zwangskonversion der Juden in Limoges sowie von anderen Vorzeichen der Endzeit, von Hungersnot, bestimmten Sternkonstellationen, ausgetrockneten Flüssen und einem weinenden Christus am Kreuz, der ihm am Südhimmel erschienen sei.<ref name="ftn28">Adémar, Chronicon, lib. 3, cap. 46, S. 165-166.</ref> </div>
[§13] Dass sich die Zerstörung der Grabeskirche also in einen jahrelangen Prozess der Ausgrenzung und Unterdrückung christlicher ''und'' jüdischer Minderheiten unter al-Ḥākims Herrschaft einreiht, geht aus der Darstellung Adémars nicht hervor. Vielmehr führt er diese Maßnahmen auf eine von Juden und Sarazenen initiierte Verschwörung zurück. Dabei ist bemerkenswert, dass Adémar die Transregionalität dieser Machenschaft betont, hätten sich doch „Juden des Westens“ und „Sarazenen Spaniens“ miteinander verbündet und die Muslime im Nahen Osten durch Lügen aufgewiegelt. Während es unklar bleibt, welche muslimisch-iberischen Gruppen Adémar hier im Sinne hat, ist es auffällig, dass sich sein Groll gegen die Juden v. a. gegen die seiner eigenen Lebenswelt, nämlich die „Juden im Westen“, richtete. Auch der Benediktinermönch und Zeitgenosse Adémars, Rodulfus Glaber (gest. 1047), befasste sich mit der Frage, was die ursächlichen Hintergründe für die Zerstörung der Grabeskirche gewesen seien.<ref name="ftn22">Zur Quellenstelle zu den Briefen und dem jüdischen Komplott, siehe: Rodulfus Glaber, ''Historiarum Libri Quinque'', ed./übers. John France, Oxford: Oxford University Press, 2002, lib. III, cap. XXIV, S. 133-136.</ref> Für Glaber waren allein die in Westeuropa lebenden Juden schuld, unter ihnen vor allem die Juden von Orléans, die einen Boten zum Kalifen gesandt hätten, um diesen gegen die Christen aufzuhetzen.<ref name="ftn23">Rodulfus Glaber (gest. 1047) identifiziert diese als die in Orléans lebenden Juden, siehe Rodulfus Glaber: Rodulfi Glabri Historiarum Libri Quinque, ed. und ins Engl. übers. von John France, Oxford: Oxford University Press 2002, S. 134.</ref> Adémars und Glabers Zuschreibung, die Juden seien pro-muslimisch<ref name="ftn24">Jestice, Conspiracy?, S. 27.</ref> und Werkzeuge des Teufels,<ref name="ftn25">Jestice, Conspiracy?, S. 27.</ref> auch ihre Idee einer „globalen“ Verschwörung der Juden gegen die Christen können als proto-antisemitische bzw. antijudaistische Narrative identifiziert werden, die in ihrer Herkunftsregion eine gefährliche Stimmung heraufbeförderten. So kam es zu Gewaltausbrüchen gegen Juden in Städten Aquitaniens, und auch im Reich wurden die Juden unter König Heinrich II. (regn. 1002-1024) 1012 aus Mainz vertrieben.<ref name="ftn26">Palmer, Apocalypse, S. 219-220.</ref> Dieser aufkommende Antijudaismus<ref name="ftn27">Fried, 999 Jahre; Heil, Juden.</ref> ging außerdem mit Konversionsbemühungen und der Vorstellung einher, die jüdische „Häresie“ bedrohe die christliche Weltordnung und habe den Aufstieg des Antichristen zur Folge. Allerdings lässt Adémar sogar verlautbaren, dass das Unglück der Zerstörung auch „durch unsere Sünden herbeigeführt“ (''peccatis nostris promerentibus'') worden sei. Damit bricht er zwar sein eigentliches Erklärungsmuster auf, das die Schuld ja den „Juden“ und „Sarazenen“ zuweist, nimmt gleichzeitig aber die in seiner Chronik immer wieder auftauchende Furcht vor der herannahenden Apokalypse und dem Antichristen auf, die eng mit dem Motiv diesseitiger Sündhaftigkeit verbunden ist. So berichtet Adémar unmittelbar vor Einsetzen der hier zitierten Quellenstelle von der Zwangskonversion der Juden in Limoges sowie von anderen Vorzeichen der Endzeit, von Hungersnot, bestimmten Sternkonstellationen, ausgetrockneten Flüssen und einem weinenden Christus am Kreuz, der ihm am Südhimmel erschienen sei.<ref name="ftn28">Adémar, Chronicon, lib. 3, cap. 46, S. 165-166.</ref>


Die Schriften christlicher Autoren aus der islamisch beherrschten Sphäre weisen andere Deutungsmuster auf: Als Begründung für al-Ḥākims Befehl zur Zerstörung der Grabeskirche führen sie an, dass der Kalif die von den Christen als wundersam gefeierte Niederkunft des Heiligen Feuers zum Osterfest unterbinden wollte.<ref name="ftn29">Callahan, Destruction, S. 16.</ref> Dieser Ansatz findet sich interessanterweise nicht nur bei christlichen, sondern auch bei arabisch-islamischen Chronisten.<ref name="ftn30">Jestice, Conspiracy?, S. 28.</ref> Bei der Jerusalemer Osterliturgie und den zugehörigen Feierlichkeiten handelte es sich um ein interreligiöses Fest, an welchem neben Christen verschiedener Denominationen auch Muslime unterschiedlichen sozialen Ranges Teil hatten<ref name="ftn31">Kedar, Convergence, S. 59-69.</ref> und dabei sogar organisatorische Funktionen ausübten.<ref name="ftn32">Weltecke, Anfragen, S. 260-261.</ref> Einige arabisch-islamische Autoren vermuteten, dass die an der Heiliggrabkirche lebenden Mönche aber Hilfsmittel zur Entfachung des Heiligen Feuers anwendeten, was al-Ḥākim erfahren und als böswillige Täuschung und Häme aufgefasst haben soll. Daraufhin habe er die Zerstörung der Grabeskirche veranlasst.<ref name="ftn33">Canard, Destruction, S. 39-42.</ref> Weiterhin ist hinsichtlich der Rezeption al-Ḥākims erratischer und diskriminierender Entscheidungen interessant, dass beispielsweise der koptische Bischof Michael von Tinnis (gest. im 11. Jh.) die Maßnahmen gegen die Christen als Strafe Gottes zum einen für den Ämterkauf in den koptischen Diözesen ansah, zum anderen damit begründete, dass innerchristliche Konflikte zu häufig an außerkirchliche Obrigkeiten, wie den Kalifen, getragen worden seien, was nun in Dissens und Zerstörung münde.<ref name="ftn34">Weltecke, Anfragen, S. 267.</ref> Im Vergleich zur orientalisch-christlichen Rezeption findet bei Adémar also eine deutliche Verlagerung der Ursachen statt.</div>
[§14] Die Schriften christlicher Autoren aus der islamisch beherrschten Sphäre weisen andere Deutungsmuster auf: Als Begründung für al-Ḥākims Befehl zur Zerstörung der Grabeskirche führen sie an, dass der Kalif die von den Christen als wundersam gefeierte Niederkunft des Heiligen Feuers zum Osterfest unterbinden wollte.<ref name="ftn29">Callahan, Destruction, S. 16.</ref> Dieser Ansatz findet sich interessanterweise nicht nur bei christlichen, sondern auch bei arabisch-islamischen Chronisten.<ref name="ftn30">Jestice, Conspiracy?, S. 28.</ref> Bei der Jerusalemer Osterliturgie und den zugehörigen Feierlichkeiten handelte es sich um ein interreligiöses Fest, an welchem neben Christen verschiedener Denominationen auch Muslime unterschiedlichen sozialen Ranges Teil hatten<ref name="ftn31">Kedar, Convergence, S. 59-69.</ref> und dabei sogar organisatorische Funktionen ausübten.<ref name="ftn32">Weltecke, Anfragen, S. 260-261.</ref> Einige arabisch-islamische Autoren vermuteten, dass die an der Heiliggrabkirche lebenden Mönche aber Hilfsmittel zur Entfachung des Heiligen Feuers anwendeten, was al-Ḥākim erfahren und als böswillige Täuschung und Häme aufgefasst haben soll. Daraufhin habe er die Zerstörung der Grabeskirche veranlasst.<ref name="ftn33">Canard, Destruction, S. 39-42.</ref> Weiterhin ist hinsichtlich der Rezeption al-Ḥākims erratischer und diskriminierender Entscheidungen interessant, dass beispielsweise der koptische Bischof Michael von Tinnis (gest. im 11. Jh.) die Maßnahmen gegen die Christen als Strafe Gottes zum einen für den Ämterkauf in den koptischen Diözesen ansah, zum anderen damit begründete, dass innerchristliche Konflikte zu häufig an außerkirchliche Obrigkeiten, wie den Kalifen, getragen worden seien, was nun in Dissens und Zerstörung münde.<ref name="ftn34">Weltecke, Anfragen, S. 267.</ref> Im Vergleich zur orientalisch-christlichen Rezeption findet bei Adémar also eine deutliche Verlagerung der Ursachen statt.


[§11] Neben der Zerstörung christlicher Heiligtümer und ihrer Hintergründe fällt im behandelten Quellenausschnitt auch die Schilderung der Folgen umfangreich aus. So seien der Kalif und alle Muslime nach dem Feuerwunder vom Sinai, das vielleicht eine Anspielung auf das biblische Motiv des brennenden Dornbuschs auf dem Sinai (Ex 3,2) sein mag (ein Brombeerbusch wird heute als ''rubus sanctus'' im Katharinenkloster als Ableger dieses Dornbusches verehrt), von großer Reue überkommen worden, weshalb er den Wiederaufbau der Grabeskirche erlaubt habe.<ref name="ftn35">Zum Wiederaufbau vgl. Ousterhout, Rebuilding.</ref> Bis dieser allerdings zwischen Kalif und byzantinischem Kaiser verhandelt war, verging einige Zeit, sodass erst unter Kaiser Michael IV. Paphlagon (regn. 1034-1041) oder Konstantin IX. Monomachos (regn. 1042-1055) der eigentliche Wiederaufbau vorgenommen wurde.<ref name="ftn36">Halm, ''Kalifen'', S. 339-347, 349; für die spätere Datierung Ousterhout, Wiederaufbau.</ref> Adémars Aussage, die wiederaufgebaute Kirche gleiche nicht der ursprünglichen, von Kaiser Konstantins Mutter Helena errichteten Kirche, ist somit als rhetorisch zu deuten.
[§15] Neben der Zerstörung christlicher Heiligtümer und ihrer Hintergründe fällt im behandelten Quellenausschnitt auch die Schilderung der Folgen umfangreich aus. So seien der Kalif und alle Muslime nach dem Feuerwunder vom Sinai, das vielleicht eine Anspielung auf das biblische Motiv des brennenden Dornbuschs auf dem Sinai (Ex 3,2) sein mag (ein Brombeerbusch wird heute als ''rubus sanctus'' im Katharinenkloster als Ableger dieses Dornbusches verehrt), von großer Reue überkommen worden, weshalb er den Wiederaufbau der Grabeskirche erlaubt habe.<ref name="ftn35">Zum Wiederaufbau vgl. Ousterhout, Rebuilding.</ref> Bis dieser allerdings zwischen Kalif und byzantinischem Kaiser verhandelt war, verging einige Zeit, sodass erst unter Kaiser Michael IV. Paphlagon (regn. 1034-1041) oder Konstantin IX. Monomachos (regn. 1042-1055) der eigentliche Wiederaufbau vorgenommen wurde.<ref name="ftn36">Halm, ''Kalifen'', S. 339-347, 349; für die spätere Datierung Ousterhout, Wiederaufbau.</ref> Adémars Aussage, die wiederaufgebaute Kirche gleiche nicht der ursprünglichen, von Kaiser Konstantins Mutter Helena errichteten Kirche, ist somit als rhetorisch zu deuten.


[§12] Weiter berichtet Adémar von einer Hungersnot, die die muslimischen Länder (''omnem terram Sarracenorum'') gleichsam als Strafe heimsuchte, außerdem erwähnt er den Einfall so genannter „Völker Arabiens“ (''gentes Arabiae''), die den Kalifen schließlich getötet haben sollen. Während Adémar den Begriff „Sarazenen“ (''Sarraceni'') sowohl allgemein als Oberbegriff für die Muslime als auch speziell für die Gefolgsleute des Fatimidenkalifen al-Ḥākim verwendet, sind mit den ''gentes Arabiae'' hier wohl arabische Beduinenstämme gemeint. Welche genau aber unter diesem Begriff subsumiert werden, ist nicht eindeutig zu klären. Zum einen könnte es sich um die Stämme der Banū Hilāl und Banū Sulaym handeln, die bereits im 2./8. Jahrhundert von der arabischen Halbinsel nach Ägypten gekommen waren und nach der fatimidischen Gründung Kairos (358/969) nach Oberägypten zwangsumgesiedelt,<ref name="ftn37">Grohmann, al-Arab.</ref> Anfang des 11. Jahrhunderts dann nach Nordafrika (''Ifrīqiya'') weiterdirigiert wurden, um dort gegen die Dynastie der Ziriden zu kämpfen, die sich der schiitischen Vormacht der Fatimiden nicht beugen wollte. Mitglieder der Banū Hilāl verwüsteten die Gebiete Nordafrikas beträchtlich, so dass es den Fatimiden kurzzeitig gelang, ihre Herrschaft dort wieder durchzusetzen. Bald aber entfernten sich die Banū Hilāl von ihren fatimidischen Auftraggebern, führten eigenständige militärische Aktionen durch und legten den schiitischen zugunsten des sunnitischen Islam ab. Zum anderen hatte al-Ḥākim aber auch mit anderen Gruppen arabischer Beduinen zu kämpfen, nämlich in der Cyrenaika (395/1004), wo von Córdoba aus dirigierte Stämme gen Ägypten vordrangen, sowie in einer Revolte in Palästina (402/1011-1012).<ref name="ftn38">Halm, ''Kalifen'', S. 209-224; Halm, ''Fatimiden'', S. 218.</ref> Dass Adémar, wenn auch nur äußerst vage, über diese Vorgänge informiert war, ist durchaus beachtlich.  
[§16] Weiter berichtet Adémar von einer Hungersnot, die die muslimischen Länder (''omnem terram Sarracenorum'') gleichsam als Strafe heimsuchte, außerdem erwähnt er den Einfall so genannter „Völker Arabiens“ (''gentes Arabiae''), die den Kalifen schließlich getötet haben sollen. Während Adémar den Begriff „Sarazenen“ (''Sarraceni'') sowohl allgemein als Oberbegriff für die Muslime als auch speziell für die Gefolgsleute des Fatimidenkalifen al-Ḥākim verwendet, sind mit den ''gentes Arabiae'' hier wohl arabische Beduinenstämme gemeint. Welche genau aber unter diesem Begriff subsumiert werden, ist nicht eindeutig zu klären. Zum einen könnte es sich um die Stämme der Banū Hilāl und Banū Sulaym handeln, die bereits im 2./8. Jahrhundert von der arabischen Halbinsel nach Ägypten gekommen waren und nach der fatimidischen Gründung Kairos (358/969) nach Oberägypten zwangsumgesiedelt,<ref name="ftn37">Grohmann, al-Arab.</ref> Anfang des 11. Jahrhunderts dann nach Nordafrika (''Ifrīqiya'') weiterdirigiert wurden, um dort gegen die Dynastie der Ziriden zu kämpfen, die sich der schiitischen Vormacht der Fatimiden nicht beugen wollte. Mitglieder der Banū Hilāl verwüsteten die Gebiete Nordafrikas beträchtlich, so dass es den Fatimiden kurzzeitig gelang, ihre Herrschaft dort wieder durchzusetzen. Bald aber entfernten sich die Banū Hilāl von ihren fatimidischen Auftraggebern, führten eigenständige militärische Aktionen durch und legten den schiitischen zugunsten des sunnitischen Islam ab. Zum anderen hatte al-Ḥākim aber auch mit anderen Gruppen arabischer Beduinen zu kämpfen, nämlich in der Cyrenaika (395/1004), wo von Córdoba aus dirigierte Stämme gen Ägypten vordrangen, sowie in einer Revolte in Palästina (402/1011-1012).<ref name="ftn38">Halm, ''Kalifen'', S. 209-224; Halm, ''Fatimiden'', S. 218.</ref> Dass Adémar, wenn auch nur äußerst vage, über diese Vorgänge informiert war, ist durchaus beachtlich.  


[§13] Die Aussage, al-Ḥākim sei durch diese „Völker Arabiens“ zu Tode gekommen, ist allerdings nicht zu belegen. Der fatimidische Herrscher war bekannt für seine nächtlichen Ausritte, die manche Forscher auf eine ernste Schlafstörung zurückführen. Im Jahr 411/1021 kam al-Ḥākim nach einem dieser Ausritte nicht wieder zurück. Lediglich sein Esel und seine von Dolchstichen zerfetzten Gewänder wurden einige Tage später gefunden.<ref name="ftn39">Halm, ''Fatimiden'', S. 183.</ref> Vom fehlenden Leichnam des Kalifen scheint auch Adémar gewusst zu haben, betont er doch, dass der mit Blei beschwerte Körper ins Meer geworfen worden sei. Woher genau Adémar seine Informationen zu den Ereignissen im fatimidischen Herrschaftsgebiet erhielt, bleibt ungewiss. Doch weiß man, dass Adémar den byzantinischen Geistlichen Simeon (auch Simeon von Trier genannt) 1027 in Angoulême traf, als Simeon mit einem Begleiter namens Kosmas im Auftrag des auf dem Sinai gelegenen Katharinenklosters durch Lateineuropa reiste. Nach Einschätzung von Alfred Haverkamp ist dies die wesentliche Inspiration und Quelle Adémars gewesen, um über das Heilige Land und Ägypten in der sonst stark auf Aquitanien fokussierten Chronik zu berichten.<ref name="ftn40">Haverkamp, Simeon, S. 5.</ref>
[§17] Die Aussage, al-Ḥākim sei durch diese „Völker Arabiens“ zu Tode gekommen, ist allerdings nicht zu belegen. Der fatimidische Herrscher war bekannt für seine nächtlichen Ausritte, die manche Forscher auf eine ernste Schlafstörung zurückführen. Im Jahr 411/1021 kam al-Ḥākim nach einem dieser Ausritte nicht wieder zurück. Lediglich sein Esel und seine von Dolchstichen zerfetzten Gewänder wurden einige Tage später gefunden.<ref name="ftn39">Halm, ''Fatimiden'', S. 183.</ref> Vom fehlenden Leichnam des Kalifen scheint auch Adémar gewusst zu haben, betont er doch, dass der mit Blei beschwerte Körper ins Meer geworfen worden sei. Woher genau Adémar seine Informationen zu den Ereignissen im fatimidischen Herrschaftsgebiet erhielt, bleibt ungewiss. Doch weiß man, dass Adémar den byzantinischen Geistlichen Simeon (auch Simeon von Trier genannt) 1027 in Angoulême traf, als Simeon mit einem Begleiter namens Kosmas im Auftrag des auf dem Sinai gelegenen Katharinenklosters durch Lateineuropa reiste. Nach Einschätzung von Alfred Haverkamp ist dies die wesentliche Inspiration und Quelle Adémars gewesen, um über das Heilige Land und Ägypten in der sonst stark auf Aquitanien fokussierten Chronik zu berichten.<ref name="ftn40">Haverkamp, Simeon, S. 5.</ref>


[§14] Abschließend sei darauf hingewiesen, dass aus der Zerstörung der Grabeskirche in den kommenden Generationen ein Legitimationsgrund für eine kriegerische Unternehmung im Heiligen Land abgeleitet wurde: Papst Sergius IV. (sed. 1009-1012) soll als Antwort auf die Zerstörung des Heiligen Grabes erste Pläne für einen Kreuzzug entworfen und diese in einer Kreuzzugsenzyklika verkündet haben.<ref name="ftn41">Erdmann, ''Kreuzzugsgedanke'', S. 102.</ref> Darin wird die Zerstörung des Heiligen Grabes sowie die stärker werdende Unterdrückung und sogar Verfolgung der Christen als Grund zur Führung eines Krieges gegen die „Feinde Gottes“ bzw. die Muslime benannt. Diese Schrift gilt zwar allgemein als Fälschung, deutet aber gleichwohl die weitreichende Wirkungsgeschichte dieser Begebenheit an.<ref name="ftn42">Schaller, Kreuzzugsenzyklika; Cowdrey, Martyrdom, S. 49-50.</ref>  
[§18] Abschließend sei darauf hingewiesen, dass aus der Zerstörung der Grabeskirche in den kommenden Generationen ein Legitimationsgrund für eine kriegerische Unternehmung im Heiligen Land abgeleitet wurde: Papst Sergius IV. (sed. 1009-1012) soll als Antwort auf die Zerstörung des Heiligen Grabes erste Pläne für einen Kreuzzug entworfen und diese in einer Kreuzzugsenzyklika verkündet haben.<ref name="ftn41">Erdmann, ''Kreuzzugsgedanke'', S. 102.</ref> Darin wird die Zerstörung des Heiligen Grabes sowie die stärker werdende Unterdrückung und sogar Verfolgung der Christen als Grund zur Führung eines Krieges gegen die „Feinde Gottes“ bzw. die Muslime benannt. Diese Schrift gilt zwar allgemein als Fälschung, deutet aber gleichwohl die weitreichende Wirkungsgeschichte dieser Begebenheit an.<ref name="ftn42">Schaller, Kreuzzugsenzyklika; Cowdrey, Martyrdom, S. 49-50.</ref>  


[§15] Die hier zitierte Quellenpassage fasst somit nicht nur ein entscheidendes historisches Ereignis und dessen „Ursachen“ und Konsequenzen zusammen, sondern vermittelt auch einen Einblick in die Wahrnehmungs- und Deutungsmuster, mit denen ein Mönch in Aquitanien um das Jahr 1000 Ereignisse im Heiligen Land und in muslimisch beherrschten Gebieten erklärte. So vermittelt Adémar nicht nur eines von mehreren Narrativen zur Zerstörung der Grabeskirche sowie zu den soziopolitischen Verhältnissen unter der Herrschaft des Kalifen al-Ḥākim. Er gibt gleichzeitig einen Eindruck von der aufkeimenden Judenfeindschaft und der Furcht vor Häresien in einem durch Endzeiterwartung ohnehin gespannten lateinischen Westen. Damit vermittelt die Quellenstelle wichtige Einblicke in die lateinchristlich-muslimischen sowie lateinchristlich-jüdischen Beziehungen im frühen 11. Jahrhundert.|6=Adémar de Chabannes, ''Chronicon'', ed. Pascale Bourgain (Corpus Christianorum Continuatio Mediaeualis 129), Turnhout: Brepols, 1999.
[§19] Die hier zitierte Quellenpassage fasst somit nicht nur ein entscheidendes historisches Ereignis und dessen „Ursachen“ und Konsequenzen zusammen, sondern vermittelt auch einen Einblick in die Wahrnehmungs- und Deutungsmuster, mit denen ein Mönch in Aquitanien um das Jahr 1000 Ereignisse im Heiligen Land und in muslimisch beherrschten Gebieten erklärte. So vermittelt Adémar nicht nur eines von mehreren Narrativen zur Zerstörung der Grabeskirche sowie zu den soziopolitischen Verhältnissen unter der Herrschaft des Kalifen al-Ḥākim. Er gibt gleichzeitig einen Eindruck von der aufkeimenden Judenfeindschaft und der Furcht vor Häresien in einem durch Endzeiterwartung ohnehin gespannten lateinischen Westen. Damit vermittelt die Quellenstelle wichtige Einblicke in die lateinchristlich-muslimischen sowie lateinchristlich-jüdischen Beziehungen im frühen 11. Jahrhundert.|6=Adémar de Chabannes, ''Chronicon'', ed. Pascale Bourgain (Corpus Christianorum Continuatio Mediaeualis 129), Turnhout: Brepols, 1999.


Adémar de Chabannes, ''Chronique'', trans. Yves Chauvin und Georges Pon (Miroir du Moyen Âge), Turnhout: Brepols, 2003.
Adémar de Chabannes, ''Chronique'', trans. Yves Chauvin und Georges Pon (Miroir du Moyen Âge), Turnhout: Brepols, 2003.
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