1245: Matthaeus Parisiensis zur Verteidigung Friedrichs II. auf dem Konzil von Lyon: Unterschied zwischen den Versionen

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[§18] Gegenüber den Muslimen in seinem süditalienischen Königreich agierte Friedrich seinem dortigen Herrschaftsverständnis entsprechend. Anders als in deutschen Landen konnte er sich im Königreich Sizilien auf einen stark ausgeprägten Beamtenapparat stützen, der es ihm ermöglichte, aus eigener Machtvollkommenheit Recht zu setzen und zu regieren.<ref name="ftn56">Stürner,'' Deutschland'', S. 157.</ref> Das zwischen 1234 und 1239 errichtete Tor von Capua, der ersten großen Stadt im Königreich, wenn man von Norden kam, fasste in seinem Bildprogramm das für Süditalien geltende Herrschaftsverständnis Friedrichs zusammen.<ref name="ftn57">Das Tor wurde im 16. Jahrhundert zerstört und ist heute nur durch Zeichnungen aus der Renaissance überliefert, vgl. Rader,'' Friedrich II''., S. 219; Michalsky, De ponte Capuano, 137-151.</ref> Der Kaiser war hier neben der allegorischen Figur der ''Iustitia'' dargestellt, der die folgende Worte in den Mund gelegt werden:  
[§18] Gegenüber den Muslimen in seinem süditalienischen Königreich agierte Friedrich seinem dortigen Herrschaftsverständnis entsprechend. Anders als in deutschen Landen konnte er sich im Königreich Sizilien auf einen stark ausgeprägten Beamtenapparat stützen, der es ihm ermöglichte, aus eigener Machtvollkommenheit Recht zu setzen und zu regieren.<ref name="ftn56">Stürner,'' Deutschland'', S. 157.</ref> Das zwischen 1234 und 1239 errichtete Tor von Capua, der ersten großen Stadt im Königreich, wenn man von Norden kam, fasste in seinem Bildprogramm das für Süditalien geltende Herrschaftsverständnis Friedrichs zusammen.<ref name="ftn57">Das Tor wurde im 16. Jahrhundert zerstört und ist heute nur durch Zeichnungen aus der Renaissance überliefert, vgl. Rader,'' Friedrich II''., S. 219; Michalsky, De ponte Capuano, 137-151.</ref> Der Kaiser war hier neben der allegorischen Figur der ''Iustitia'' dargestellt, der die folgende Worte in den Mund gelegt werden:  


„Auf des Kaisers Geheiß werde ich zur Wächterin (''custodia'')'' ''dieses Königreichs./ Stürzen werde ich in Schmach, die ich wankelmütig weiß./ Sicher schreite hindurch wer ohne Fehler zu leben gewillt ist./ Aber der Untreue fürchte Bann und im Kerker den Tod.“<ref name="ftn58">Vgl. Andreas Ungarus, Descriptio victoriae a Karolo provinciae comite reportatae (MGH Scriptores 26), Hannover: Hahn 1882, S. 559-580, hier S. 571: „Cesaris imperio regni concordia [andere Überlieferungen: custodia] fio, / Quam miseros facio quos variare scio; / Intrent securi qui querunt vivere puri, / Infidus excludi timeat vel carcere trudi.“ Übersetzung nach Rader, ''Friedrich II.'', S. 218.</ref>  
<div style="margin-left:0.635cm;margin-right:0cm;">„Auf des Kaisers Geheiß werde ich zur Wächterin (''custodia'')'' ''dieses Königreichs./ Stürzen werde ich in Schmach, die ich wankelmütig weiß./ Sicher schreite hindurch wer ohne Fehler zu leben gewillt ist./ Aber der Untreue fürchte Bann und im Kerker den Tod.“<ref name="ftn58">Vgl. Andreas Ungarus, Descriptio victoriae a Karolo provinciae comite reportatae (MGH Scriptores 26), Hannover: Hahn 1882, S. 559-580, hier S. 571: „Cesaris imperio regni concordia [andere Überlieferungen: custodia] fio, / Quam miseros facio quos variare scio; / Intrent securi qui querunt vivere puri, / Infidus excludi timeat vel carcere trudi.“ Übersetzung nach Rader, ''Friedrich II.'', S. 218.</ref></div>


[§19] Für jeden, der in das Königreich Sizilien kam, musste also klar sein, dass dort allein kaiserliches Recht galt. Ein weiterer Ausdruck der kaiserlichen Herrschaft waren die Konstitutionen von Melfi (1231). Gemeinsam mit den führenden Juristen seines Reiches sammelte und kodifizierte der Herrscher ein einheitliches Recht für sein Reich und trat somit in der Tradition spätantiker römischer Kaiser, aber auch seines Großvaters Friedrich I. (regn. 1155-1190) auf. Die Gerichtsgewalt war nach Auffassung Friedrichs II. Teil seines Amtes: Der Herrscher ließ sich als „lebendiges Gesetz“ (''lex animata'')'' ''feiern und war gleichzeitig „von den Gesetzen entbunden“ (''legibus solutus'').<ref name="ftn59">Rader, ''Friedrich II''., S. 153. </ref> Dabei leitete Friedrich II. seinen Herrschaftsanspruch nicht mehr nur von Gott ab, sondern von einer Naturnotwendigkeit (''rerum necessitas''), die den Kaiser zum Vollstrecker des göttlichen Willens machte.<ref name="ftn60">''Constitutiones et acta publica imperatorem et regum'','' ''ed Wolfgang Stürner (MGH Const. 2 Suppl.), Hannover: Hahn'', ''1996'', ''S. 147: „Sicque ipsarum rerum necessitate cogente minus divine provisionis instincta principes gentium sunt creati, per quos posset licentia scelerum coherceri (…)“</ref> Dieses in der Inschrift von Capua und der Konstitution von Melfi ausgedrückte kaiserliche Selbstverständnis schloss das Papsttum aus und provozierte die Kritik Gregors IX.<ref name="ftn61">Horst,'' Sultan'', S. 129-130.</ref>  
[§19] Für jeden, der in das Königreich Sizilien kam, musste also klar sein, dass dort allein kaiserliches Recht galt. Ein weiterer Ausdruck der kaiserlichen Herrschaft waren die Konstitutionen von Melfi (1231). Gemeinsam mit den führenden Juristen seines Reiches sammelte und kodifizierte der Herrscher ein einheitliches Recht für sein Reich und trat somit in der Tradition spätantiker römischer Kaiser, aber auch seines Großvaters Friedrich I. (regn. 1155-1190) auf. Die Gerichtsgewalt war nach Auffassung Friedrichs II. Teil seines Amtes: Der Herrscher ließ sich als „lebendiges Gesetz“ (''lex animata'')'' ''feiern und war gleichzeitig „von den Gesetzen entbunden“ (''legibus solutus'').<ref name="ftn59">Rader, ''Friedrich II''., S. 153. </ref> Dabei leitete Friedrich II. seinen Herrschaftsanspruch nicht mehr nur von Gott ab, sondern von einer Naturnotwendigkeit (''rerum necessitas''), die den Kaiser zum Vollstrecker des göttlichen Willens machte.<ref name="ftn60">''Constitutiones et acta publica imperatorem et regum'','' ''ed Wolfgang Stürner (MGH Const. 2 Suppl.), Hannover: Hahn'', ''1996'', ''S. 147: „Sicque ipsarum rerum necessitate cogente minus divine provisionis instincta principes gentium sunt creati, per quos posset licentia scelerum coherceri (…)“</ref> Dieses in der Inschrift von Capua und der Konstitution von Melfi ausgedrückte kaiserliche Selbstverständnis schloss das Papsttum aus und provozierte die Kritik Gregors IX.<ref name="ftn61">Horst,'' Sultan'', S. 129-130.</ref>  
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