1250: Der Regionalherrscher al-Azraq schreibt an die Königin von Aragón: Unterschied zwischen den Versionen

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Warum al-Azraq die gewünschte Gegengesandtschaft nicht an den König, sondern an dessen Gemahlin richtete, ist unbekannt. Es ist gut denkbar, dass Jakob I. ihn in dem erwähnten Schreiben selbst dazu aufgefordert hatte, war die selbstbewusst auftretende Yolanda doch in der Vergangenheit schon mehrfach in bedeutende politische und diplomatische Entscheidungsprozesse miteinbezogen worden.<ref name="ftn30">So etwa 1238 bei den Geheimverhandlungen über die Kapitulation von València (''Balansiya''): [König Jakob I. von Aragón], ''Llibre dels feits'', ed. Soldevila, cap. 276–277, S. 335–336; übers. ''Book of Deeds'', ed. Smith/Buffery, cap. 276–277, S. 227. Erst im Februar 1249 hatte sie zudem als schlichtende Instanz in einer Auseinandersetzung zwischen ihrem Mann und dem Infanten Peter von Portugal agiert, die sich im Wesentlichen um die Vertreibung muslimischer Bauern aus dessen Herrschaftsbereich im Norden des Königreiches drehte. S. dazu die Edition des beurkundeten Endergebnisses in Burns, ''Guerra'', App. I und dessen neuere Interpretation in Torró, ''Expellere'', S. 82–83.</ref> Ob der Monarch ihr und ihren Beratern bestimmte Kapazitäten zu einer kampflosen Lösung der militärischen Pattsituation zuschrieb oder die Korrespondenz schlicht aufgrund etwaiger anderer Verpflichtungen an sie delegierte, bleibt unklar.<ref name="ftn31">Weiterführend zum generellen Handlungsspielraum der Königin und ihres Hofes vgl. etwa Ponsich, ''Petite filie.''</ref>
Warum al-Azraq die gewünschte Gegengesandtschaft nicht an den König, sondern an dessen Gemahlin richtete, ist unbekannt. Es ist gut denkbar, dass Jakob I. ihn in dem erwähnten Schreiben selbst dazu aufgefordert hatte, war die selbstbewusst auftretende Yolanda doch in der Vergangenheit schon mehrfach in bedeutende politische und diplomatische Entscheidungsprozesse miteinbezogen worden.<ref name="ftn30">So etwa 1238 bei den Geheimverhandlungen über die Kapitulation von València (''Balansiya''): [König Jakob I. von Aragón], ''Llibre dels feits'', ed. Soldevila, cap. 276–277, S. 335–336; übers. ''Book of Deeds'', ed. Smith/Buffery, cap. 276–277, S. 227. Erst im Februar 1249 hatte sie zudem als schlichtende Instanz in einer Auseinandersetzung zwischen ihrem Mann und dem Infanten Peter von Portugal agiert, die sich im Wesentlichen um die Vertreibung muslimischer Bauern aus dessen Herrschaftsbereich im Norden des Königreiches drehte. S. dazu die Edition des beurkundeten Endergebnisses in Burns, ''Guerra'', App. I und dessen neuere Interpretation in Torró, ''Expellere'', S. 82–83.</ref> Ob der Monarch ihr und ihren Beratern bestimmte Kapazitäten zu einer kampflosen Lösung der militärischen Pattsituation zuschrieb oder die Korrespondenz schlicht aufgrund etwaiger anderer Verpflichtungen an sie delegierte, bleibt unklar.<ref name="ftn31">Weiterführend zum generellen Handlungsspielraum der Königin und ihres Hofes vgl. etwa Ponsich, ''Petite filie.''</ref>


Auch über die durch das Schreiben akkreditierten Gesandten können keine zusätzlichen Informationen aus anderen Quellen eingeholt werden. Sie erscheinen weder im erwähnten Abkommen von 1245 noch im ''Llibre dels feits''. Die Entscheidung al-Azraqs, mit seinem Cousin mütterlicherseits, Abū l-Ḥasan b. Huḏayl, einen nahen Verwandten als Gesandten auszuwählen, entsprach jedenfalls einer gängigen Praxis. Ob er nach dem Ende des Widerstandes 1258 mit dem einstigen Rebellenführer ins Exil ging oder auf den vom König überlassenen Familiengütern blieb, ist nicht bekannt. In der vergleichsweise dichten urkundlichen Überlieferung taucht er nicht auf. Seine beiden Begleiter werden im Schreiben als Kommandeure (''quwwād)'' ausgewiesen, doch wissen wir nicht, welche konkreten Rollen sie innerhalb des Herrschaftsbereiches al-Azraqs einnahmen. Während der ''qāʾid'' Abū ʿAmr ʿUṯman b. Sahl zuletzt und ohne weitere Titulatur genannt wird und daher möglicherweise weniger Ansehen als seine Gefährten genoss, fiel Abū l-Qāsim b. Hilāl ganz offensichtlich die Rolle des Anführers und Wortführers innerhalb der Gruppe zu. Was ihn vor dem Cousin al-Azraqs qualifizierte, wissen wir nicht, aber die ihn lobenden Adjektive weisen ihn als Mann hohen Ranges aus. Allen Gesandten war mit Sicherheit gemeinsam, dass sie das nahezu uneingeschränkte Vertrauen al-Azraqs besaßen. Andernfalls wären sie für eine derartige Gesandtschaft, von der man sich konkrete politische Vorteile in einer militärisch schwierigen Lage erhoffte, kaum geeignet gewesen. Vor diesem Hintergrund ist wohl auch die Bezeichnung b. Huḏayls als „unser Vertrauter“ (''ṯiqatanā'') zu bewerten. Ob die Gesandten aufgrund ihrer Sprachkenntnisse für die Aufgabe qualifiziert waren, ist gleichsam unbekannt. Denkbar ist in jedem Falle, dass sie die Sprache(n) ihrer Adressaten auf ausreichendem Niveau beherrschten, um sich auf ihrer Reise grundlegend eigenständig verständigen zu können. Doch mögen sie ebenso von im Text nicht gesondert genannten Sprachmittlern begleitet worden sein oder auf entsprechende Sachverständige am Hof der Königin zurückgegriffen haben. Die Herrscherin selbst musste mit Sicherheit auf Unterstützung zurückgreifen, um den Inhalt des an sie gerichteten Schreibens verstehen zu können.<ref name="ftn32">Bzgl. weitergefasster Überlegungen zum Thema Sprachmittlung s. etwa Echevarría Arsuaga, ''Trujamanes''.</ref>  
Auch über die durch das Schreiben akkreditierten Gesandten können keine zusätzlichen Informationen aus anderen Quellen eingeholt werden. Sie erscheinen weder im erwähnten Abkommen von 1245 noch im ''Llibre dels feits''. Die Entscheidung al-Azraqs, mit seinem Cousin mütterlicherseits, Abū l-Ḥasan b. Huḏayl, einen nahen Verwandten als Gesandten auszuwählen, entsprach jedenfalls einer gängigen Praxis. Ob er nach dem Ende des Widerstandes 1258 mit dem einstigen Rebellenführer ins Exil ging oder auf den vom König überlassenen Familiengütern blieb, ist nicht bekannt. In der vergleichsweise dichten urkundlichen Überlieferung taucht er nicht auf. Seine beiden Begleiter werden im Schreiben als Kommandeure (''quwwād)'' ausgewiesen, doch wissen wir nicht, welche konkreten Rollen sie innerhalb des Herrschaftsbereiches al-Azraqs einnahmen. Während der ''qāʾid'' Abū ʿAmr ʿUṯman b. Sahl zuletzt und ohne weitere Titulatur genannt wird und daher möglicherweise weniger Ansehen als seine Gefährten genoss, fiel Abū l-Qāsim b. Hilāl ganz offensichtlich die Rolle des Anführers und Wortführers innerhalb der Gruppe zu. Was ihn vor dem Cousin al-Azraqs qualifizierte, wissen wir nicht, aber die ihn lobenden Adjektive weisen ihn als Mann hohen Ranges aus. Allen Gesandten war mit Sicherheit gemeinsam, dass sie das nahezu uneingeschränkte Vertrauen al-Azraqs besaßen. Andernfalls wären sie für eine derartige Gesandtschaft, von der man sich konkrete politische Vorteile in einer militärisch schwierigen Lage erhoffte, kaum geeignet gewesen. Vor diesem Hintergrund ist wohl auch die Bezeichnung Ibn Huḏayls als „unser Vertrauter“ (''ṯiqatanā'') zu bewerten. Ob die Gesandten aufgrund ihrer Sprachkenntnisse für die Aufgabe qualifiziert waren, ist gleichsam unbekannt. Denkbar ist in jedem Falle, dass sie die Sprache(n) ihrer Adressaten auf ausreichendem Niveau beherrschten, um sich auf ihrer Reise grundlegend eigenständig verständigen zu können. Doch mögen sie ebenso von im Text nicht gesondert genannten Sprachmittlern begleitet worden sein oder auf entsprechende Sachverständige am Hof der Königin zurückgegriffen haben. Die Herrscherin selbst musste mit Sicherheit auf Unterstützung zurückgreifen, um den Inhalt des an sie gerichteten Schreibens verstehen zu können.<ref name="ftn32">Bzgl. weitergefasster Überlegungen zum Thema Sprachmittlung s. etwa Echevarría Arsuaga, ''Trujamanes''.</ref>  


Bemerkenswert sind die Wendungen, mit denen der ''qāʾid'' Abū l-Qāsim als Wortführer akkreditiert wird. Zunächst einmal sollte er den Handkuss als Zeichen der Ehrerbietung al-Azraqs gegenüber seiner königlichen Ansprechpartnerin darbieten. Dieses in der lateinisch-christlichen Hofkultur übliche Ritual hatte im islamischen Kontext zumindest in Bezug auf weibliche Würdenträgerinnen keine Entsprechung. Es ist daher durchaus denkbar, dass es von christlicher oder gar von muslimischer Seite als symbolische Bestätigung eines nach wie vor bestehenden Abhängigkeitsverhältnisses zwischen al-Azraq und der Krone aufgefasst wurde.<ref name="ftn33">Vgl. zu den möglichen Implikationen der Formel „ʿabdikum wa-ḫadīmikum“'' ''bereits'' ''Barceló-Torres, ''Documentos'', S. 33, die vorgeschlagen hat, „ḫadīm“'' ''mit'' ''„Vasall“ gleichzusetzen, diese Terminologie aber nicht in ihre eigene Übersetzung des vorliegenden Dokuments (S. 41) übernommen hat. Angesichts unserer mangelnden Kenntnis über das andalusisch-arabische Verständnis des lateineuropäischen Konzeptes der Vasallität sind auf diesem Themenfeld ohnehin nur vage Vermutungen möglich.</ref>  
Bemerkenswert sind die Wendungen, mit denen der ''qāʾid'' Abū l-Qāsim als Wortführer akkreditiert wird. Zunächst einmal sollte er den Handkuss als Zeichen der Ehrerbietung al-Azraqs gegenüber seiner königlichen Ansprechpartnerin darbieten. Dieses in der lateinisch-christlichen Hofkultur übliche Ritual hatte im islamischen Kontext zumindest in Bezug auf weibliche Würdenträgerinnen keine Entsprechung. Es ist daher durchaus denkbar, dass es von christlicher oder gar von muslimischer Seite als symbolische Bestätigung eines nach wie vor bestehenden Abhängigkeitsverhältnisses zwischen al-Azraq und der Krone aufgefasst wurde.<ref name="ftn33">Vgl. zu den möglichen Implikationen der Formel „ʿabdikum wa-ḫadīmikum“'' ''bereits'' ''Barceló-Torres, ''Documentos'', S. 33, die vorgeschlagen hat, „ḫadīm“'' ''mit'' ''„Vasall“ gleichzusetzen, diese Terminologie aber nicht in ihre eigene Übersetzung des vorliegenden Dokuments (S. 41) übernommen hat. Angesichts unserer mangelnden Kenntnis über das andalusisch-arabische Verständnis des lateineuropäischen Konzeptes der Vasallität sind auf diesem Themenfeld ohnehin nur vage Vermutungen möglich.</ref>  
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