1250: Der Regionalherrscher al-Azraq schreibt an die Königin von Aragón: Unterschied zwischen den Versionen

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[§25] Im weiteren Kontext der politischen Entwicklungen im westlichen Mittelmeerraum kann der erste große Aufstand der Mudejaren im Königreich València unter Führung al-Azraqs als regionales Symptom für zeitgenössische Entwicklungen in zahlreichen Gebieten der südlichen Iberischen Halbinsel betrachtet werden. Während die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die massiven Gebietsgewinne der nach Süden expandierenden Königreiche Kastilien und Aragón geprägt war, kam es in den Jahrzehnten danach immer wieder zu Aufständen der neu unter christliche Oberherrschaft geratenen muslimischen Bevölkerung. Diese erschütterten neben dem Königreich València (1247–1258, 1275–1277) auch das kastilisch beherrschte Königreich Múrcia (1263–1266) und waren aufgrund der nahezu allgegenwärtigen Konkurrenz zwischen Kastilien und Aragón außerordentlich brisant, zumal diese Brisanz – wie das Beispiel al-Azraqs deutlich zeigt – von den muslimischen Akteuren erkannt und zum eigenen Vorteil genutzt werden konnte.<ref name="ftn38">Auch in Múrcia versuchten die Rebellenführer, die Könige Aragóns und Kastiliens gegeneinander auszuspielen und suchten sogar die diplomatische Verständigung mit der römischen Kurie. Letztendlich setzte Jakob I. aber einen Feldzug zugunsten seines Schwiegersohnes Alfons X. ins Werk, in dessen Rahmen die Aufstände militärisch niedergeschlagen wurden. Zu den Ereignissen s. die jüngere Studie von Maser, ''Convivencia''.</ref> Nach der gewaltsamen Niederschlagung der muslimischen Aufstände verstärkten die jeweiligen christlichen Landesherren ihre Bemühungen um Konsolidierung der Herrschaft über die unterworfenen Gebiete noch erheblich, sodass die Machtverhältnisse zum Ende des Jahrhunderts klar zugunsten der christlichen Oberherrschaft etabliert worden waren.  
[§25] Im weiteren Kontext der politischen Entwicklungen im westlichen Mittelmeerraum kann der erste große Aufstand der Mudejaren im Königreich València unter Führung al-Azraqs als regionales Symptom für zeitgenössische Entwicklungen in zahlreichen Gebieten der südlichen Iberischen Halbinsel betrachtet werden. Während die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die massiven Gebietsgewinne der nach Süden expandierenden Königreiche Kastilien und Aragón geprägt war, kam es in den Jahrzehnten danach immer wieder zu Aufständen der neu unter christliche Oberherrschaft geratenen muslimischen Bevölkerung. Diese erschütterten neben dem Königreich València (1247–1258, 1275–1277) auch das kastilisch beherrschte Königreich Múrcia (1263–1266) und waren aufgrund der nahezu allgegenwärtigen Konkurrenz zwischen Kastilien und Aragón außerordentlich brisant, zumal diese Brisanz – wie das Beispiel al-Azraqs deutlich zeigt – von den muslimischen Akteuren erkannt und zum eigenen Vorteil genutzt werden konnte.<ref name="ftn38">Auch in Múrcia versuchten die Rebellenführer, die Könige Aragóns und Kastiliens gegeneinander auszuspielen und suchten sogar die diplomatische Verständigung mit der römischen Kurie. Letztendlich setzte Jakob I. aber einen Feldzug zugunsten seines Schwiegersohnes Alfons X. ins Werk, in dessen Rahmen die Aufstände militärisch niedergeschlagen wurden. Zu den Ereignissen s. die jüngere Studie von Maser, ''Convivencia''.</ref> Nach der gewaltsamen Niederschlagung der muslimischen Aufstände verstärkten die jeweiligen christlichen Landesherren ihre Bemühungen um Konsolidierung der Herrschaft über die unterworfenen Gebiete noch erheblich, sodass die Machtverhältnisse zum Ende des Jahrhunderts klar zugunsten der christlichen Oberherrschaft etabliert worden waren.  


[§26] Für das Königreich València als jüngstes Teilreich der Krone Aragón konstituierte die Rebellion al-Azraqs zwar schon seit 1250 keine akute militärische Bedrohung mehr, barg jedoch ein mehr oder weniger dauerhaft präsentes Risikopotential. Zudem drohte der hartnäckige Widerstand des zwar militärisch eingekreisten, aber nicht ohne Weiteres zu besiegenden Rebellenführers, auch außenpolitisch zum Problem zu werden: König Jakob I., der sich in den Beziehungen zum Papsttum und den weltlichen Herrschern Lateineuropas allzu gern als erfolgreicher „Eroberer“ (Katalan./Aragon.: ''Conqueridor'', Kastil.: ''Conquistador'') und Vorkämpfer der lateinischen Christenheit präsentierte, riskierte den Verlust seiner Glaubwürdigkeit, wenn er seine Eroberungen nicht unter Kontrolle zu halten vermochte. In einer Zeit, in der die Mongolen als bis dato unbekannte und bedrohliche Macht an den östlichen Grenzen des Euromediterraneums in Erscheinung traten, und so einflussreiche Herrscher wie Friedrich II. oder Ludwig IX. ebenso intensive wie folgenreiche diplomatische und militärische Beziehungen zur islamischen Welt unterhielten, hatte das „internationale“ Prestige des aragonesischen Königs eine dezidiert politische Dimension, die es zu bewahren galt.<ref name="ftn39">Zu den Außenbeziehungen der Krone Aragón unter Jakob I. s. schon die klassische Synthese von Engels, ''König Jakob I.''<nowiki>; zudem Smith, </nowiki>''Jaime I'', Ferrer i Mallol, ''Panorama'' und Vela Aulesa, ''Jaume I''.</ref>  
[§26] Für das Königreich València als jüngstes Teilreich der Krone Aragón konstituierte die Rebellion al-Azraqs zwar schon seit 1250 keine akute militärische Bedrohung mehr, barg jedoch ein mehr oder weniger dauerhaft präsentes Risikopotential. Zudem drohte der hartnäckige Widerstand des zwar militärisch eingekreisten, aber nicht ohne Weiteres zu besiegenden Rebellenführers, auch außenpolitisch zum Problem zu werden: König Jakob I., der sich in den Beziehungen zum Papsttum und den weltlichen Herrschern Lateineuropas allzu gern als erfolgreicher „Eroberer“ (Katalan./Aragon.: ''Conqueridor'', Kastil.: ''Conquistador'') und Vorkämpfer der lateinischen Christenheit präsentierte, riskierte den Verlust seiner Glaubwürdigkeit, wenn er seine Eroberungen nicht unter Kontrolle zu halten vermochte. In einer Zeit, in der die Mongolen als bis dato unbekannte und bedrohliche Macht an den östlichen Grenzen des Euromediterraneums in Erscheinung traten, und so einflussreiche Herrscher wie Friedrich II. (regn. 1198–1250) oder Ludwig IX. (regn. 1226–1270) ebenso intensive wie folgenreiche diplomatische und militärische Beziehungen zur islamischen Welt unterhielten, hatte das „internationale“ Prestige des aragonesischen Königs eine dezidiert politische Dimension, die es zu bewahren galt.<ref name="ftn39">Zu den Außenbeziehungen der Krone Aragón unter Jakob I. s. schon die klassische Synthese von Engels, ''König Jakob I.''<nowiki>; zudem Smith, </nowiki>''Jaime I'', Ferrer i Mallol, ''Panorama'' und Vela Aulesa, ''Jaume I''.</ref>  


[§27] Die Ereignisse um den muslimischen Aufstand unter Führung al-Azraqs, in deren Zusammenhang das hier behandelte Schreiben aus dem Jahr 647/1250 entstanden ist, fielen damit in eine Zeit, in der die christliche Herrschaft über weite Teile des iberischen Südens zwar schon grundlegend etabliert, aber noch nicht stabilisiert worden war. Auch in anderen Regionen des Euromediterraneums stellten sich den bisher sehr erfolgreich verlaufenen, lateinchristlichen Expansionsbestrebungen immer häufiger Akteure entgegen, die auf militärischer und diplomatischer Ebene durchaus ebenbürtige Kräfte darstellten.|6=María del Carmen Barceló Torres (Hrsg.): Documentos árabes de Al-Azrāq (1245–1250), in: ''Saitabi. Revista de la Facultat de Geografia i Història'' 32 (1982), S. 40–41, URL: https://dialnet.unirioja.es/servlet/articulo?codigo=1034238 [nur recto].
[§27] Die Ereignisse um den muslimischen Aufstand unter Führung al-Azraqs, in deren Zusammenhang das hier behandelte Schreiben aus dem Jahr 647/1250 entstanden ist, fielen damit in eine Zeit, in der die christliche Herrschaft über weite Teile des iberischen Südens zwar schon grundlegend etabliert, aber noch nicht stabilisiert worden war. Auch in anderen Regionen des Euromediterraneums stellten sich den bisher sehr erfolgreich verlaufenen, lateinchristlichen Expansionsbestrebungen immer häufiger Akteure entgegen, die auf militärischer und diplomatischer Ebene durchaus ebenbürtige Kräfte darstellten.|6=María del Carmen Barceló Torres (Hrsg.): Documentos árabes de Al-Azrāq (1245–1250), in: ''Saitabi. Revista de la Facultat de Geografia i Història'' 32 (1982), S. 40–41, URL: https://dialnet.unirioja.es/servlet/articulo?codigo=1034238 [nur recto].
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