600: Papst Gregor der Große greift zugunsten des exilierten Ǧafnidenfürsten al-Munḏir b. al-Ḥāriṯ ein: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Kapitel LAT-DE|Daniel G. König|Gregorius Magnus, Registrum Epistularum, ed. Ludwig Hartmann (MGH Epp. in Quart 2: Gregorii papae registrum epistolarum, libri VIII-XIV), Berlin: Weidmann, 1899, lib. X, cap. 16 (a. 600), S. 251, übers. Daniel G. König.|''De Anamundaro autem quae scripsistis fecimus, sed voluntatem utinam sequatur effectus, quia, quantum ad nos pertinet, afflictis intercessionis nostrae solacium non negamus.''|In Bezug auf al-Munḏir haben wir getan, was Ihr geschrieben habt. Wenn nun doch nur diesem Wunsch die Ausführung folgen würde. Denn was uns angeht, so haben wir den Betroffenen den Trost unserer Fürsprache nicht verweigert.|5===Autor/in & Werk==  
{{Kapitel LAT-DE|Daniel G. König|Gregorius Magnus, ''Registrum Epistularum'', ed. Ludwig Hartmann (MGH Epp. in Quart 2: Gregorii papae registrum epistolarum, libri VIII-XIV), Berlin: Weidmann, 1899, lib. X, cap. 16 (a. 600), S. 251, übers. Daniel G. König.|''De Anamundaro autem quae scripsistis fecimus, sed voluntatem utinam sequatur effectus, quia, quantum ad nos pertinet, afflictis intercessionis nostrae solacium non negamus.''|In Bezug auf al-Munḏir haben wir getan, was Ihr geschrieben habt. Wenn nun doch nur diesem Wunsch die Ausführung folgen würde. Denn was uns angeht, so haben wir den Betroffenen den Trost unserer Fürsprache nicht verweigert.|5===Autor/in & Werk==  
Gregor I. (sed. 590-604) stammte aus reicher römischer Senatorenfamilie, übernahm wohl 573 das Amt des römischen Stadtpräfekten und gründete mit Hilfe des väterlichen Erbes sieben Klöster, davon sechs in Sizilien. 579 von Papst Pelagius zum Diakon geweiht, wurde er zur Regierungszeit von Kaiser Tiberios (regn. 574-578 als Mitregent, 578-582 als Alleinherrscher) nach Konstantinopel geschickt, wo er zunächst Tiberios, dann Maurikios (regn. 582-602) um Hilfe gegen die Langobarden bitten sollte, bevor er 586 zurückgerufen und 590 zum Papst gewählt wurde.<ref name="ftn1">Richards, Gregor I., Sp. 1663.</ref> Der im Juli 600 verfasste Brief an Innocentius, den ''praefectus Africae'', ist Teil der riesigen Briefsammlung Gregors I.  
Gregor I. (sed. 590-604) stammte aus reicher römischer Senatorenfamilie, übernahm wohl 573 das Amt des römischen Stadtpräfekten und gründete mit Hilfe des väterlichen Erbes sieben Klöster, davon sechs in Sizilien. 579 von Papst Pelagius zum Diakon geweiht, wurde er zur Regierungszeit von Kaiser Tiberios (regn. 574-578 als Mitregent, 578-582 als Alleinherrscher) nach Konstantinopel geschickt, wo er zunächst Tiberios, dann Maurikios (regn. 582-602) um Hilfe gegen die Langobarden bitten sollte, bevor er 586 zurückgerufen und 590 zum Papst gewählt wurde.<ref name="ftn1">Richards, Gregor I., Sp. 1663.</ref> Der im Juli 600 verfasste Brief an Innocentius, den ''praefectus Africae'', ist Teil der riesigen Briefsammlung Gregors I.  
==Inhalt & Quellenkontext==  
==Inhalt & Quellenkontext==  
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Kurz vor dem Tod des Tiberios wurde al-Munḏir in Konstantinopel gefangengenommen und und sofort nach dem Herrschaftsantritt des Maurikios 582 von dort ins sizilische Exil geschickt. Er scheint dabei von seiner Frau, einer Tochter und einem Sohn sowie einigen anderen Personen begleitet worden zu sein.<ref name="ftn15">Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 103-104.</ref> In die letzte Periode des Exils ist nun der Brief Papst Gregors einzuordnen. Gregor mag in seiner Funktion als von Papst Pelagius II. geschickter ''apocrisiarius'' in Konstantinopel Zeuge der bei Johannes von Biclaro für das Jahr 575 berichteten bzw. 580 erfolgten „Krönung“<ref name="ftn16">[→Kapitelverweis: 575].</ref>, aber auch der später folgenden Vorwürfe, Gefangenschaft und der Exilierung al-Munḏirs gewesen sein.<ref name="ftn17">Zu Gregors Aktivitäten als ''apocrisiarius'' vgl. Dal Santo, Gregory, S. 63-65.</ref> Nach seiner Rückkehr nach Italien und seiner Wahl zum Papst setzte er sich in jedem Falle für den Exilierten ein.<ref name="ftn18">Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 602-605, 618.</ref> Irfan Shahîd erklärt seinen Einsatz mit der kritischen Haltung des Papstes gegenüber dem Kaiser Maurikios, die u.a. mit dessen mangelnder Unterstützung gegen die Langobarden zusammenhing.<ref name="ftn19">Siehe etwa den Brief Gregors and Kaiser Maurikios vom Juni 595: Gregorius I. papa, Registrum epistolarum, Bd. 1 (libri I-VII), ed. Ewald und Hartmann, ep. V,36, S. 318-320. Vgl. Dal Santo, Gregory, S. 73-75.</ref> Die Tatsache, dass sich der Papst für einen monophysitischen arabischen Herrscher einsetzte, begründet Shahîd mit Gregors Wunsch, al-Munḏir durch seine Hilfeleistung für das Chalcedonense und die von Rom vertretene dogmatische Kompromissposition zu gewinnen.<ref name="ftn20">Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 604.</ref>
Kurz vor dem Tod des Tiberios wurde al-Munḏir in Konstantinopel gefangengenommen und und sofort nach dem Herrschaftsantritt des Maurikios 582 von dort ins sizilische Exil geschickt. Er scheint dabei von seiner Frau, einer Tochter und einem Sohn sowie einigen anderen Personen begleitet worden zu sein.<ref name="ftn15">Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 103-104.</ref> In die letzte Periode des Exils ist nun der Brief Papst Gregors einzuordnen. Gregor mag in seiner Funktion als von Papst Pelagius II. geschickter ''apocrisiarius'' in Konstantinopel Zeuge der bei Johannes von Biclaro für das Jahr 575 berichteten bzw. 580 erfolgten „Krönung“<ref name="ftn16">[→Kapitelverweis: 575].</ref>, aber auch der später folgenden Vorwürfe, Gefangenschaft und der Exilierung al-Munḏirs gewesen sein.<ref name="ftn17">Zu Gregors Aktivitäten als ''apocrisiarius'' vgl. Dal Santo, Gregory, S. 63-65.</ref> Nach seiner Rückkehr nach Italien und seiner Wahl zum Papst setzte er sich in jedem Falle für den Exilierten ein.<ref name="ftn18">Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 602-605, 618.</ref> Irfan Shahîd erklärt seinen Einsatz mit der kritischen Haltung des Papstes gegenüber dem Kaiser Maurikios, die u.a. mit dessen mangelnder Unterstützung gegen die Langobarden zusammenhing.<ref name="ftn19">Siehe etwa den Brief Gregors and Kaiser Maurikios vom Juni 595: Gregorius I. papa, Registrum epistolarum, Bd. 1 (libri I-VII), ed. Ewald und Hartmann, ep. V,36, S. 318-320. Vgl. Dal Santo, Gregory, S. 73-75.</ref> Die Tatsache, dass sich der Papst für einen monophysitischen arabischen Herrscher einsetzte, begründet Shahîd mit Gregors Wunsch, al-Munḏir durch seine Hilfeleistung für das Chalcedonense und die von Rom vertretene dogmatische Kompromissposition zu gewinnen.<ref name="ftn20">Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 604.</ref>
Al-Munḏir taucht in diesem Brief als bekannte Person auf, zu der schon vorher Informationsaustausch zwischen dem aus Nordafrika stammenden Präfekten und dem Papst stattgefunden hatte. Der Brief zeigt, dass Gregor Empathie für das Los der Betroffenen (''afflictis'') hatte und diese auch unterstützte, seine Bemühungen bei der Reichsspitze bisher aber erfolglos gewesen waren. Eine Wendung trat erst mit der Absetzung des Maurikios und der Usurpation des Phokas (regn. 602-610) ein. Letzterer ließ den schon alternden Ǧafnidenfürsten 602 sofort aus dem Exil zurückkehren, möglicherweise um nach seiner Usurpation in den Ǧafniden Verbündete zu finden, die er in den anschließenden Auseinandersetzungen mit dem sassanidischen Persien auch gebrauchen konnte.<ref name="ftn21">Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 619, 622.</ref>  
Al-Munḏir taucht in diesem Brief als bekannte Person auf, zu der schon vorher Informationsaustausch zwischen dem aus Nordafrika stammenden Präfekten und dem Papst stattgefunden hatte. Der Brief zeigt, dass Gregor Empathie für das Los der Betroffenen (''afflictis'') hatte und diese auch unterstützte, seine Bemühungen bei der Reichsspitze bisher aber erfolglos gewesen waren. Eine Wendung trat erst mit der Absetzung des Maurikios und der Usurpation des Phokas (regn. 602-610) ein. Letzterer ließ den schon alternden Ǧafnidenfürsten 602 sofort aus dem Exil zurückkehren, möglicherweise um nach seiner Usurpation in den Ǧafniden Verbündete zu finden, die er in den anschließenden Auseinandersetzungen mit dem sassanidischen Persien auch gebrauchen konnte.<ref name="ftn21">Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 619, 622.</ref>  
Für die lateinisch-arabischen Verflechtungen ist der Brief Gregors deswegen relevant, weil er zeigt, dass die römische Kirche des späten 6. und frühen 7. Jahrhunderts dank ihrer intensiven Beziehungen zu Konstantinopel sehr wohl Kenntnisse von der arabischen Welt besaß, deren Christianisierung beobachtete und auch über die politischen Beziehungen zwischen der oströmischen Reichsregierung und der arabischen Peripherie informiert war. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Gregor u. a. Beziehungen mit dem Bischof Marianus von Arabia pflegte, dem er 601 Reliquien zukommen ließ.<ref name="ftn22">Gregorius Magnus, Registrum, ed. Norberg (CCL 140a), lib. XI, cap. 20 (Febr. 601), S. 889; ed. Hartmann, S. 281. Vgl. hierzu Rotter, ''Abendland und Sarazenen'', S. 246; König, ''Arabic-Islamic Views, ''S. 231.</ref>|6=<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Gregorius Magnus, Registrum Epistularum, ed. Ludwig Hartmann (MGH Epp. in Quart 2: Gregorii papae registrum epistolarum, tomus II, libri VIII-XIV), Berlin: Weidmann, 1899, lib. X, cap. 16 (a. 600), S. 250-252.</div>
Für die lateinisch-arabischen Verflechtungen ist der Brief Gregors deswegen relevant, weil er zeigt, dass die römische Kirche des späten 6. und frühen 7. Jahrhunderts dank ihrer intensiven Beziehungen zu Konstantinopel sehr wohl Kenntnisse von der arabischen Welt besaß, deren Christianisierung beobachtete und auch über die politischen Beziehungen zwischen der oströmischen Reichsregierung und der arabischen Peripherie informiert war. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Gregor u. a. Beziehungen mit dem Bischof Marianus von Arabia pflegte, dem er 601 Reliquien zukommen ließ.<ref name="ftn22">Gregorius Magnus, Registrum, ed. Norberg (CCL 140a), lib. XI, cap. 20 (Febr. 601), S. 889; ed. Hartmann, S. 281. Vgl. hierzu Rotter, ''Abendland und Sarazenen'', S. 246; König, ''Arabic-Islamic Views, ''S. 231.</ref>|6=<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Gregorius Magnus, ''Registrum Epistularum'', ed. Ludwig Hartmann (MGH Epp. in Quart 2: Gregorii papae registrum epistolarum, tomus II, libri VIII-XIV), Berlin: Weidmann, 1899, lib. X, cap. 16 (a. 600), S. 250-252.</div>


<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Gregorius Magnus, Registrum Epistularum, ed. Dag Norberg (CCL 140A), Turnhout: Brepols, 1982, S. 844-845. </div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Gregorius Magnus, ''Registrum Epistularum'', ed. Dag Norberg (CCL 140A), Turnhout: Brepols, 1982, S. 844-845. </div>|7=<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">''The Acts of the Council of Chalcedon, Volume 1: General Introduction, Documents Before the Council, Session 1'', eingeleitet und übers. Richard Price, Michael Gaddis, Liverpool: Liverpool University Press, 2007.</div>
 
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">|7=<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">''The Acts of the Council of Chalcedon, Volume 1: General Introduction, Documents Before the Council, Session 1'', eingeleitet und übers. Richard Price, Michael Gaddis, Liverpool: Liverpool University Press, 2007.</div>


<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">''The Armenian History attributed to Sebeos'', trans. R. W. Thomson, Liverpool: Liverpool University Press, 1999.</div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">''The Armenian History attributed to Sebeos'', trans. R. W. Thomson, Liverpool: Liverpool University Press, 1999.</div>
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<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Shahîd, Irfan: ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century, Volume I, Part 1: Political and Military History'', Washington D.C.: Dumbarton Oaks Research Library, 1995. </div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Shahîd, Irfan: ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century, Volume I, Part 1: Political and Military History'', Washington D.C.: Dumbarton Oaks Research Library, 1995. </div>


<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Shahîd, Irfan: ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century, Volume II, Part 2'', Washington D.C.: Dumbarton Oaks, 2009.</div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Shahîd, Irfan: ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century, Volume II, Part 2'', Washington D.C.: Dumbarton Oaks, 2009.</div>|8=al-Munḏir, Monophysiten, Byzanz, Ǧafniden, Papsttum, Gregor I., Tiberios, Maurikios, Phokas, Sizilien, Religion, Christentum, Dogma, Konfession, Religion, Bilder des Anderen, Araber als Teil des Imperium Romanum, Römer und lateinische Christen im östlichen Mittelmeerraum}}
 
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">|8=al-Munḏir, Monophysiten, Byzanz, Ǧafniden, Papsttum, Gregor I., Tiberios, Maurikios, Phokas, Sizilien, Religion, Christentum, Dogma, Konfession, Religion, Bilder des Anderen, Araber als Teil des Imperium Romanum, Römer und lateinische Christen im östlichen Mittelmeerraum}}
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