812: Eine Anweisung Karls des Großen bezüglich immigrierter Hispani: Unterschied zwischen den Versionen

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In den 780ern war den ''Hispani'' von Karl dem Großen gestattet worden, sich auf unbebautem Brachland im Südwesten des Frankenreiches anzusiedeln und dieses durch Kultivierung im Laufe von dreißig Jahren in ihren erblichen Besitz zu überführen. Dieser Prozess der gestaltenden Landnahme wird im ''Praeceptum ''als ''aprisio'' bezeichnet.<ref name="ftn7">Zu diesem Begriff bzw. dieser Form der Landnahme, siehe Jarrett, Settling the King’s Lands, S. 320-342; Lewis, ''Development, ''S. 70-72. Zu seiner Einordnung in die Diskussion um Feudalismus und Lehenswesen siehe Reynolds, ''Fiefs and Vassals'', S. 109-111. Lewis, ''Development'', S. 17-19, argumentiert, dass es sich nicht um kriegsverwüstetes Land handelt, da kriegerische Handlungen in dieser Region immer nur kurzfristig und jeweils nur auf einen Teil des Südwestens beschränkt waren. Somit hätten sie keine großflächigen Verwüstungen anrichten können. Das Vorhandensein von Brachland erklärt er somit aus einer wenig intensiven Landnutzung. Auf der Basis der Untersuchungen von Higounet, L’Occupation, S. 301-330, zur Nutzung von Agrarflächen durch das Kloster Moissac behauptet er, dass im Rahmen der ''aprisio'' im Südwesten des Frankenreiches immer nur bereits urbar gemachte aber wieder verlassene Agrarflächen kultiviert worden seien.</ref> Es wird deutlich, dass sich die Immigranten aus der Perspektive Karls in den letzten dreißig Jahren als ruhige und loyale Untertanen erwiesen hatten, vor nicht allzulanger Zeit aber von Seiten der Grafen, ihrer ''iuniores'' und auch der ruralen Bevölkerung (''pagenses'') unter Druck geraten waren. Das ''Praeceptum'' ermahnt die Grafen (''comites'') nicht nur, den Landbesitz der hispanischen Immigranten unversehrt zu erhalten und keine eigenen Steuern auf ihn zu erheben. Es fordert sie auch auf, schon durchgeführte Besitzentwendungen oder gar Vertreibungen wieder rückgängig zu machen.
In den 780ern war den ''Hispani'' von Karl dem Großen gestattet worden, sich auf unbebautem Brachland im Südwesten des Frankenreiches anzusiedeln und dieses durch Kultivierung im Laufe von dreißig Jahren in ihren erblichen Besitz zu überführen. Dieser Prozess der gestaltenden Landnahme wird im ''Praeceptum ''als ''aprisio'' bezeichnet.<ref name="ftn7">Zu diesem Begriff bzw. dieser Form der Landnahme, siehe Jarrett, Settling the King’s Lands, S. 320-342; Lewis, ''Development, ''S. 70-72. Zu seiner Einordnung in die Diskussion um Feudalismus und Lehenswesen siehe Reynolds, ''Fiefs and Vassals'', S. 109-111. Lewis, ''Development'', S. 17-19, argumentiert, dass es sich nicht um kriegsverwüstetes Land handelt, da kriegerische Handlungen in dieser Region immer nur kurzfristig und jeweils nur auf einen Teil des Südwestens beschränkt waren. Somit hätten sie keine großflächigen Verwüstungen anrichten können. Das Vorhandensein von Brachland erklärt er somit aus einer wenig intensiven Landnutzung. Auf der Basis der Untersuchungen von Higounet, L’Occupation, S. 301-330, zur Nutzung von Agrarflächen durch das Kloster Moissac behauptet er, dass im Rahmen der ''aprisio'' im Südwesten des Frankenreiches immer nur bereits urbar gemachte aber wieder verlassene Agrarflächen kultiviert worden seien.</ref> Es wird deutlich, dass sich die Immigranten aus der Perspektive Karls in den letzten dreißig Jahren als ruhige und loyale Untertanen erwiesen hatten, vor nicht allzulanger Zeit aber von Seiten der Grafen, ihrer ''iuniores'' und auch der ruralen Bevölkerung (''pagenses'') unter Druck geraten waren. Das ''Praeceptum'' ermahnt die Grafen (''comites'') nicht nur, den Landbesitz der hispanischen Immigranten unversehrt zu erhalten und keine eigenen Steuern auf ihn zu erheben. Es fordert sie auch auf, schon durchgeführte Besitzentwendungen oder gar Vertreibungen wieder rückgängig zu machen.


Ihre gute Beziehung zum Herrscher mag es den ''Hispani'' erleichtert haben, den König aufgrund des erlittenenen Unrechtes direkt anzusprechen. Der Ausstellungsort des ''Praeceptum'' in Aachen und die Formulierung ''ad nos venientes ''implizieren nicht automatisch, dass eine Begegnung der 42 namentlich genannten ''Hispani'' mit dem Kaiser in Aachen stattfand.<ref name="ftn8">Depreux, ''Prosopographie'', geht im Zusammenhang mit den Einträgen zu den oben genannten ''comites'' allerdings davon aus. </ref> Man könnte sich vorstellen, dass der Erlass erst nach einer außerhalb Aachens stattgefundenen Begegnung mit dem Kaiser ausgestellt wurde. Da Karl der Große aber zwei Jahre vor seinem Tod (814) nicht mehr so viel herumreiste wie noch in früheren Jahren, erscheint es allerdings vorstellbar, dass die Gruppe der Petenten direkt in Aachen aufschlug und dort das ''Praeceptum'' ausgestellt bekam.<ref name="ftn9">Vgl. Gauert, Itinerar, S. 17: „Nach 806 hat er es [Aachen] nur noch aus aktuellem Anlaß und zur gewohnten Jagd in den Ardennen verlassen.“</ref> Zu überlegen wäre ferner, ob die Formulierung ''ad nos venientes ''lediglich dahingehend zu verstehen ist, dass der Kaiser durch einen Repräsentanten der Petentengruppe oder sogar schriftlich adressiert wurde. Die Umsetzung der kaiserlichen Bestimmungen wiederum sollte zunächst durch die Entsendung eines Königsboten (''missus''), des Erzbischofs Johannes von Arles, dann durch die Intervention von Karls Sohn Ludwig, zu dieser Zeit noch Unterkönig von Aquitanien, garantiert werden.== Kontextualisierung, Analyse, Interpretation  ==
Ihre gute Beziehung zum Herrscher mag es den ''Hispani'' erleichtert haben, den König aufgrund des erlittenenen Unrechtes direkt anzusprechen. Der Ausstellungsort des ''Praeceptum'' in Aachen und die Formulierung ''ad nos venientes ''implizieren nicht automatisch, dass eine Begegnung der 42 namentlich genannten ''Hispani'' mit dem Kaiser in Aachen stattfand.<ref name="ftn8">Depreux, ''Prosopographie'', geht im Zusammenhang mit den Einträgen zu den oben genannten ''comites'' allerdings davon aus. </ref> Man könnte sich vorstellen, dass der Erlass erst nach einer außerhalb Aachens stattgefundenen Begegnung mit dem Kaiser ausgestellt wurde. Da Karl der Große aber zwei Jahre vor seinem Tod (814) nicht mehr so viel herumreiste wie noch in früheren Jahren, erscheint es allerdings vorstellbar, dass die Gruppe der Petenten direkt in Aachen aufschlug und dort das ''Praeceptum'' ausgestellt bekam.<ref name="ftn9">Vgl. Gauert, Itinerar, S. 17: „Nach 806 hat er es [Aachen] nur noch aus aktuellem Anlaß und zur gewohnten Jagd in den Ardennen verlassen.“</ref> Zu überlegen wäre ferner, ob die Formulierung ''ad nos venientes ''lediglich dahingehend zu verstehen ist, dass der Kaiser durch einen Repräsentanten der Petentengruppe oder sogar schriftlich adressiert wurde. Die Umsetzung der kaiserlichen Bestimmungen wiederum sollte zunächst durch die Entsendung eines Königsboten (''missus''), des Erzbischofs Johannes von Arles, dann durch die Intervention von Karls Sohn Ludwig, zu dieser Zeit noch Unterkönig von Aquitanien, garantiert werden.


Das ''Praeceptum'' vom 2. April 812 ist nur vor dem Hintergrund verschiedener Ereignisse in und um die fränkisch-umayyadische Grenzzone der vorangegangenen einhundert Jahre zu verstehen. Am Anfang standen muslimische Razzien ins fränkische Gebiet, die nicht nur in der bekannten Schlacht von Tours und Poitiers gipfelten, sondern auch zu etwa vier Jahrzehnten muslimischer Herrschaft in Narbonne führten (ca. 719-759), die erst Karls Vater Pippin (regn. 751/752-768) im Jahre 759 beendete.<ref name="ftn10">Vgl. <span style="background-color:transparent;">720-759: Das Chronicon Anianense zu Beginn und Ende muslimischer Herrschaft über Septimanien</span>.</ref> Schon unter Pippin hatte sich ein karolingisches Ausgreifen auf die Iberische Halbinsel angedeutet, als ihm nach Aussage fränkischer Quellen der muslimische Gouverneur von Barcelona und Girona 752 beide Städte zur Herrschaft anbot.<ref name="ftn11">''Annales Mettenses priores'', ed. Bernhard von Simson (MGH SS rer. Germ. 10), Hannover: Hahn, 1905, a. 752, S. 43.</ref> Mit Karls Eingreifen auf der Iberischen Halbinsel im Jahre 778 wendete sich das Blatt dahingehend, dass nun tatsächlich karolingische Kräfte Gebiete im Nordosten der Iberischen Halbinsel in Beschlag nahmen und damit eine karolingisch beherrschte Pufferzone um die 801 eroberte Stadt Barcelona ins Leben riefen, die den Grundstein für das spätere Katalonien legte.<ref name="ftn12">Zu diesem ganzen Themenkomplex siehe Sénac, ''Carolingiens et al-Andalus'', S. 13-85, mit einer chronologischen Tafel S. 145-146. Zur Loslösung Kataloniens aus dem karolingischen Orbit dann Zimmermann, Datation, S. 345-375<nowiki>; Zimmermann, Origine</nowiki>, S. 237-255. </ref>
== Kontextualisierung, Analyse, Interpretation  ==
Das ''Praeceptum'' vom 2. April 812 ist nur vor dem Hintergrund verschiedener Ereignisse in und um die fränkisch-umayyadische Grenzzone der vorangegangenen einhundert Jahre zu verstehen. Am Anfang standen muslimische Razzien ins fränkische Gebiet, die nicht nur in der bekannten Schlacht von Tours und Poitiers gipfelten, sondern auch zu etwa vier Jahrzehnten muslimischer Herrschaft in Narbonne führten (ca. 719-759), die erst Karls Vater Pippin (regn. 751/752-768) im Jahre 759 beendete.<ref name="ftn10">Vgl. [[719-759: Das Chronicon Anianense zu Beginn und Ende muslimischer Herrschaft über Septimanien]].</ref> Schon unter Pippin hatte sich ein karolingisches Ausgreifen auf die Iberische Halbinsel angedeutet, als ihm nach Aussage fränkischer Quellen der muslimische Gouverneur von Barcelona und Girona 752 beide Städte zur Herrschaft anbot.<ref name="ftn11">''Annales Mettenses priores'', ed. Bernhard von Simson (MGH SS rer. Germ. 10), Hannover: Hahn, 1905, a. 752, S. 43.</ref> Mit Karls Eingreifen auf der Iberischen Halbinsel im Jahre 778 wendete sich das Blatt dahingehend, dass nun tatsächlich karolingische Kräfte Gebiete im Nordosten der Iberischen Halbinsel in Beschlag nahmen und damit eine karolingisch beherrschte Pufferzone um die 801 eroberte Stadt Barcelona ins Leben riefen, die den Grundstein für das spätere Katalonien legte.<ref name="ftn12">Zu diesem ganzen Themenkomplex siehe Sénac, ''Carolingiens et al-Andalus'', S. 13-85, mit einer chronologischen Tafel S. 145-146. Zur Loslösung Kataloniens aus dem karolingischen Orbit dann Zimmermann, Datation, S. 345-375<nowiki>; Zimmermann, Origine</nowiki>, S. 237-255. </ref>


Karl der Große war im Jahre 777 von zwei muslimischen Dissidenten – Ibn al-Aʿrābī und Ibn Yūsuf – in Paderborn aufgesucht worden. Fränkischen und arabischen Quellen zufolge sollen diese ihn animiert haben, in das Gebiet jenseits der Pyrenäen einzugreifen.<ref name="ftn13">''Annales Regni Francorum / Annales qui dicuntur Einhardi'', ed. Georg Heinrich Pertz und Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), Hannover: Hahn, 1895, a. 777-778, S. 48-51; ''Aḫbār maǧmūʿa'', ed./transl. Don Emilio Lafuente y Alcántara, Madrid: Rivadeneyra, 1867, S. 112–13 (AR), S. 103 (ES).</ref> Die dortigen instabilen Verhältnisse waren u. a. auch Folge einer Schwächung der Zentralgewalt in Córdoba beim Herrschaftsantritt Hišāms I. (regn. 172-180/788-796), der sich gegen seine Brüder Sulaymān und ʿAbd Allāh durchsetzen musste.<ref name="ftn14">Dunlop, Hi<u>sh</u>ām I.</ref> Als Karl mit Truppen aus verschiedenen Reichsteilen 778 über die Pyrenäen setzte, erhielt er von der muslimischen Führung Zaragozas einige Geiseln gestellt, geriet dann aber in Kämpfe mit den nichtmuslimischen Basken und Navarrern, die in Karls Zerstörung Pamplonas resultierten. Bei seiner Rückkehr wurde sein Heer von baskischen Gruppen aufgerieben.<ref name="ftn15">Zu den Ereignissen 777-778 vgl. ''Annales Regni Francorum / Annales qui dicuntur Einhardi'', ed. Pertz und Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), S. 48-51; ''Annales Mettenses priores'', ed. von Simson (MGH SS rer. Germ. 10), ad 778, S. 66-67. Einblicke in die arabisch-islamische Quellenperspektive bei König, ''Arabic-Islamic Views'', S. 192-194; Schilling, Karl der Große, S. 201-221. Zu den Ereignissen, vgl. Sénac, ''Carolingiens et al-Andalus'', S. 51-70; Collins, ''Arab Conquest,'' S. 210-217.'' ''Zu Pamplona, vgl. Leroy, Pamplona, Sp. 1649; Lévi-Provençal und Huici Miranda, Banbalūna, S. 1011-1012. Die Stadt wurde 121/739 unter dem Gouverneur ʿUqba b. al-Ḥaǧǧādī kurzfristig unter muslimische Kontrolle gebracht, die allerdings vor der fränkischen Zerstörung durch eine baskische Rebellion vertrieben wurde.</ref>
Karl der Große war im Jahre 777 von zwei muslimischen Dissidenten – Ibn al-Aʿrābī und Ibn Yūsuf – in Paderborn aufgesucht worden. Fränkischen und arabischen Quellen zufolge sollen diese ihn animiert haben, in das Gebiet jenseits der Pyrenäen einzugreifen.<ref name="ftn13">''Annales Regni Francorum / Annales qui dicuntur Einhardi'', ed. Georg Heinrich Pertz und Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), Hannover: Hahn, 1895, a. 777-778, S. 48-51; ''Aḫbār maǧmūʿa'', ed./transl. Don Emilio Lafuente y Alcántara, Madrid: Rivadeneyra, 1867, S. 112–13 (AR), S. 103 (ES).</ref> Die dortigen instabilen Verhältnisse waren u. a. auch Folge einer Schwächung der Zentralgewalt in Córdoba beim Herrschaftsantritt Hišāms I. (regn. 172-180/788-796), der sich gegen seine Brüder Sulaymān und ʿAbd Allāh durchsetzen musste.<ref name="ftn14">Dunlop, Hi<u>sh</u>ām I.</ref> Als Karl mit Truppen aus verschiedenen Reichsteilen 778 über die Pyrenäen setzte, erhielt er von der muslimischen Führung Zaragozas einige Geiseln gestellt, geriet dann aber in Kämpfe mit den nichtmuslimischen Basken und Navarrern, die in Karls Zerstörung Pamplonas resultierten. Bei seiner Rückkehr wurde sein Heer von baskischen Gruppen aufgerieben.<ref name="ftn15">Zu den Ereignissen 777-778 vgl. ''Annales Regni Francorum / Annales qui dicuntur Einhardi'', ed. Pertz und Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), S. 48-51; ''Annales Mettenses priores'', ed. von Simson (MGH SS rer. Germ. 10), ad 778, S. 66-67. Einblicke in die arabisch-islamische Quellenperspektive bei König, ''Arabic-Islamic Views'', S. 192-194; Schilling, Karl der Große, S. 201-221. Zu den Ereignissen, vgl. Sénac, ''Carolingiens et al-Andalus'', S. 51-70; Collins, ''Arab Conquest,'' S. 210-217.'' ''Zu Pamplona, vgl. Leroy, Pamplona, Sp. 1649; Lévi-Provençal und Huici Miranda, Banbalūna, S. 1011-1012. Die Stadt wurde 121/739 unter dem Gouverneur ʿUqba b. al-Ḥaǧǧādī kurzfristig unter muslimische Kontrolle gebracht, die allerdings vor der fränkischen Zerstörung durch eine baskische Rebellion vertrieben wurde.</ref>
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Dass die Immigranten, die etwa dreißig Jahre früher ins fränkische Gebiet gekommen waren, als Religionsflüchtlinge klassifiziert werden müssen und der religiöse Gegensatz zwischen Muslimen und Christen ab der Herrschaftsperiode Karls des Großen zu einem kontinuierlich dominanten Migrationsmotiv wurde, erscheint vor dem skizzierten politischen Hintergrund nicht restlos überzeugend. Die Grenzregion zwischen dem karolingischen Frankenreich und dem umayyadischen al-Andalus war seit Jahrzehnten umkämpft. Die Aktivitäten umayyadischer Dissidenten brachten diese Grenzregion dann nochmals stärker ins Visier der umayyadischen Autoritäten in Córdoba und lockten auch noch Karl in die Region. Dessen Feldzug restituierte nicht gerade friedliche Verhältnisse, sondern führte sogar zur Zerstörung Pamplonas. Man muss sich also fragen, ob es nicht weniger der religiöse Gegensatz zwischen Christen und Muslimen, als vielmehr die chaotische Situation in der fränkisch-umayyadischen Grenzregion war, die verschiedene Menschen dazu animierte, diese Region in Richtung Frankenreich zu verlassen.<ref name="ftn40">König, Charlemagne’s ‚Jihad‘, S. 23.</ref> Dieses mag als imperiale Großregion eine gewisse Anziehungskraft ausgeübt haben: Anders als für das frühe 8. Jahrhundert sind nach Gillard und Sénac für die Zeit nach Karls Eingreifen auf der Iberischen Halbinsel keine Migrationsbewegungen in andere Gegenden, etwa den christlichen Nordosten und Norden oder den andalusischen Süden der Iberischen Halbinsel, verzeichnet.<ref name="ftn41">Vgl. Gillard und Sénac, Hispani, S. 166-167.</ref> Zu überlegen wäre ferner, ob die von Karl dem Großen in den 780ern versprochenen Ansiedlungsbedingungen der ''aprisio'' nicht gewisse Migrationsanreize schufen. Aus dem ''Praeceptum ''lässt sich schließlich ableiten, dass die hispanischen Siedler die Zusicherung erhalten hatten, das von ihnen in Besitz genommene Land nach dreißig Jahren in vererbbaren Eigenbesitz zu überführen. Als Gegenleistung wurde von ihnen hierfür nur gefordert, dass sie das zugewiesene Brach- in Kulturland verwandelten und dem König und seinen Söhnen gegenüber loyal blieben.
Dass die Immigranten, die etwa dreißig Jahre früher ins fränkische Gebiet gekommen waren, als Religionsflüchtlinge klassifiziert werden müssen und der religiöse Gegensatz zwischen Muslimen und Christen ab der Herrschaftsperiode Karls des Großen zu einem kontinuierlich dominanten Migrationsmotiv wurde, erscheint vor dem skizzierten politischen Hintergrund nicht restlos überzeugend. Die Grenzregion zwischen dem karolingischen Frankenreich und dem umayyadischen al-Andalus war seit Jahrzehnten umkämpft. Die Aktivitäten umayyadischer Dissidenten brachten diese Grenzregion dann nochmals stärker ins Visier der umayyadischen Autoritäten in Córdoba und lockten auch noch Karl in die Region. Dessen Feldzug restituierte nicht gerade friedliche Verhältnisse, sondern führte sogar zur Zerstörung Pamplonas. Man muss sich also fragen, ob es nicht weniger der religiöse Gegensatz zwischen Christen und Muslimen, als vielmehr die chaotische Situation in der fränkisch-umayyadischen Grenzregion war, die verschiedene Menschen dazu animierte, diese Region in Richtung Frankenreich zu verlassen.<ref name="ftn40">König, Charlemagne’s ‚Jihad‘, S. 23.</ref> Dieses mag als imperiale Großregion eine gewisse Anziehungskraft ausgeübt haben: Anders als für das frühe 8. Jahrhundert sind nach Gillard und Sénac für die Zeit nach Karls Eingreifen auf der Iberischen Halbinsel keine Migrationsbewegungen in andere Gegenden, etwa den christlichen Nordosten und Norden oder den andalusischen Süden der Iberischen Halbinsel, verzeichnet.<ref name="ftn41">Vgl. Gillard und Sénac, Hispani, S. 166-167.</ref> Zu überlegen wäre ferner, ob die von Karl dem Großen in den 780ern versprochenen Ansiedlungsbedingungen der ''aprisio'' nicht gewisse Migrationsanreize schufen. Aus dem ''Praeceptum ''lässt sich schließlich ableiten, dass die hispanischen Siedler die Zusicherung erhalten hatten, das von ihnen in Besitz genommene Land nach dreißig Jahren in vererbbaren Eigenbesitz zu überführen. Als Gegenleistung wurde von ihnen hierfür nur gefordert, dass sie das zugewiesene Brach- in Kulturland verwandelten und dem König und seinen Söhnen gegenüber loyal blieben.


Karls Motivation, entsprechende Privilegien zu gewähren, müssen nicht unbedingt in dem Wunsch zu suchen sein, christlichen Religionsflüchtlingen aus al-Andalus eine sichere Zuflucht im Frankenreich zu bieten – zumal einige der Siedler möglicherweise gar keine Christen waren. Die im ''Praeceptum'' erwähnte Landbevölkerung (''pagenses''), die gegenüber den ''Hispani'' einen Besitzanspruch auf das von Letzteren kultivierte Land anmeldete, gibt vielleicht einen Einblick in Karls Motive. Dieser macht im ''Praeceptum'' schließlich sehr deutlich, dass es sich bei dem von den ''Hispani'' appropriierten Land um königliches Fiskalland handelt. Der König betrachtete also alles Brachland im Südwesten des Frankenreiches als sein eigen und wehrte alle Ansprüche lokaler Bewohner (''pagenses'') und Eliten (''comites, iuniores'') auf dieses Land ab. Aus königlicher Perspektive ging es hier nicht notwendigerweise um eine humanitär motivierte Aufnahme von Flüchtlingen, sondern um die Stärkung der Königsmacht durch Ansiedlung einer Gruppe, die sich aufgrund der ihr vom König gewährten Privilegien als loyal erweisen würde. In einer Region, die die Karolinger erst seit den Zeiten von Karls Großvater Karl Martell in das Frankenreich einzugliedern begannen, die Karl ab 781 durch das Unterkönigtum Ludwigs des Frommen stärker an das Reichszentrum anzubinden versucht hatte und die im Zuge des Vordringens auf die Iberische Halbinsel auch noch territorial erweitert wurde, war eine Stärkung der königstreuen Bevölkerung von großer Bedeutung.<ref name="ftn42">Chandler, Court, S. 27: „the maintenance of royal and imperial power, was at the heart of the ''aprisio'' grant.“</ref> Als Karl der Große am 2. April 812 das ''Praeceptum'' erließ, hatte er entweder gerade einen Friedensvertrag mit dem umayyadischen ''amīr'' al-Ḥakam I, auch bekannt unter dem Namen Abū l-ʿAṣi (''Abulaz''), geschlossen, oder war gerade dabei, dies zu tun. Er setzte also zu diesem Zeitpunkt auf eine Entspannungspolitik mit dem umayyadischen al-Andalus.<ref name="ftn43">''Annales Regni Francorum'', ed. Pertz und Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), a. 812, S. 137: “Pax cum Abulaz rege Sarracenorum facta.”</ref> Auch vor diesem Hintergrund ist zu erklären, dass ein religiöser Gegensatz zwischen Christen und Muslimen im ''Praeceptum ''keine Rolle spielt. Folglich ist davon auszugehen, dass die Betonung eines solchen religiösen Gegensatzes ab der Regierungsperiode Ludwigs des Frommen (regn. 814-840) mit Hinweis auf einen mittlerweile gewandelten politischen Hintergrund erklärt werden muss. Ein Jahr nach seinem Herrschaftsantritt kündigte Ludwig der Fromme schließlich den von seinem Vater geschlossenen Friedensvertrag mit al-Ḥakam I. auf und scheint den Plan verfolgt zu haben, die fränkisch-muslimische Grenzzone als Bollwerk gegen, vielleicht gar als Sprungbrett in das umayyadische al-Andalus auszubauen und zu sichern.<ref name="ftn44">Vgl. [815: Eine Constitutio Ludwigs des Frommen angesiedelten ''Hispani'' im Frankenreich]. Zu den umayyadisch-karolingischen Beziehungen und zum Bild des Islam in der Regierungszeit Ludwigs des Frommen siehe Sénac, ''Carolingiens et al-Andalus'', S. 87-98; Kedar, ''Crusade and Mission'', S. 7-8, 39.</ref>
Karls Motivation, entsprechende Privilegien zu gewähren, müssen nicht unbedingt in dem Wunsch zu suchen sein, christlichen Religionsflüchtlingen aus al-Andalus eine sichere Zuflucht im Frankenreich zu bieten – zumal einige der Siedler möglicherweise gar keine Christen waren. Die im ''Praeceptum'' erwähnte Landbevölkerung (''pagenses''), die gegenüber den ''Hispani'' einen Besitzanspruch auf das von Letzteren kultivierte Land anmeldete, gibt vielleicht einen Einblick in Karls Motive. Dieser macht im ''Praeceptum'' schließlich sehr deutlich, dass es sich bei dem von den ''Hispani'' appropriierten Land um königliches Fiskalland handelt. Der König betrachtete also alles Brachland im Südwesten des Frankenreiches als sein eigen und wehrte alle Ansprüche lokaler Bewohner (''pagenses'') und Eliten (''comites, iuniores'') auf dieses Land ab. Aus königlicher Perspektive ging es hier nicht notwendigerweise um eine humanitär motivierte Aufnahme von Flüchtlingen, sondern um die Stärkung der Königsmacht durch Ansiedlung einer Gruppe, die sich aufgrund der ihr vom König gewährten Privilegien als loyal erweisen würde. In einer Region, die die Karolinger erst seit den Zeiten von Karls Großvater Karl Martell in das Frankenreich einzugliedern begannen, die Karl ab 781 durch das Unterkönigtum Ludwigs des Frommen stärker an das Reichszentrum anzubinden versucht hatte und die im Zuge des Vordringens auf die Iberische Halbinsel auch noch territorial erweitert wurde, war eine Stärkung der königstreuen Bevölkerung von großer Bedeutung.<ref name="ftn42">Chandler, Court, S. 27: „the maintenance of royal and imperial power, was at the heart of the ''aprisio'' grant.“</ref> Als Karl der Große am 2. April 812 das ''Praeceptum'' erließ, hatte er entweder gerade einen Friedensvertrag mit dem umayyadischen ''amīr'' al-Ḥakam I, auch bekannt unter dem Namen Abū l-ʿAṣi (''Abulaz''), geschlossen, oder war gerade dabei, dies zu tun. Er setzte also zu diesem Zeitpunkt auf eine Entspannungspolitik mit dem umayyadischen al-Andalus.<ref name="ftn43">''Annales Regni Francorum'', ed. Pertz und Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), a. 812, S. 137: “Pax cum Abulaz rege Sarracenorum facta.”</ref> Auch vor diesem Hintergrund ist zu erklären, dass ein religiöser Gegensatz zwischen Christen und Muslimen im ''Praeceptum ''keine Rolle spielt. Folglich ist davon auszugehen, dass die Betonung eines solchen religiösen Gegensatzes ab der Regierungsperiode Ludwigs des Frommen (regn. 814-840) mit Hinweis auf einen mittlerweile gewandelten politischen Hintergrund erklärt werden muss. Ein Jahr nach seinem Herrschaftsantritt kündigte Ludwig der Fromme schließlich den von seinem Vater geschlossenen Friedensvertrag mit al-Ḥakam I. auf und scheint den Plan verfolgt zu haben, die fränkisch-muslimische Grenzzone als Bollwerk gegen, vielleicht gar als Sprungbrett in das umayyadische al-Andalus auszubauen und zu sichern.<ref name="ftn44">Vgl. [[815: Eine Constitutio Ludwigs des Frommen zu angesiedelten Hispani im Frankenreich]]. Zu den umayyadisch-karolingischen Beziehungen und zum Bild des Islam in der Regierungszeit Ludwigs des Frommen siehe Sénac, ''Carolingiens et al-Andalus'', S. 87-98; Kedar, ''Crusade and Mission'', S. 7-8, 39.</ref>


Alles in allem erscheint es damit unpräzise zu glauben, dass mit Karls Eingreifen auf der Iberischen Halbinsel im Jahre 778 plötzlich eine durch einen christlich-muslimischen Religionsgegensatz verursachte christliche Immigrationswelle aus dem umayyadischen al-Andalus ins karolingische Herrschaftsgebiet losbrach, auch wenn der Wunsch, lieber unter christlicher als unter muslimischer Herrschaft zu leben, die eine oder andere Auswanderung motiviert haben mag. Deutlich wird in jedem Fall, dass in der fränkisch-umayyadischen Grenzzone seit den 720ern chaotische Verhältnisse herrschten.<ref name="ftn45">Vgl. [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/731:_Die_Chronica_muzarabica_zur_Ehe_des_Berbers_Munnuz_mit_der_Tochter_von_Eudo,_dux_von_Aquitanien 731: Die Chronica muzarabica zur Ehe des Berbers Munnuz mit der Tochter von Eudo, dux von Aquitanien].</ref> Diese waren von einem zunehmend dominanteren Eingreifen der Karolinger geprägt, die nach mehreren Jahrzehnten muslimischer Razzienaktivitäten in Aquitanien und Septimanien nun aktiv in das muslimische Herrschaftsgebiet jenseits der Pyrenäen vordrangen, dort zunächst auf die Kooperation mit muslimischen Dissidenten setzten und das über Jahrzehnte eroberte Gebiet als eine Art Pufferzone zu festigen suchten. In diesen Kontext ist die oben behandelte Migration von ''Hispani'' einzuordnen. Diese scheinen die in den 780ern von Karl dem Großen gebotene Möglichkeit, unter Königsschutz Brachland zu bebauen und nach dreißig Jahren zu ihrem Besitz zu machen, attraktiv gefunden zu haben. Da wir dieses Angebot nur aus einem dreißig Jahre später erlassenen ''Praeceptum'' rekonstruieren können<ref name="ftn46">Vgl. Depreux, Préceptes, S. 23-24, zu Spekulationen über den Inhalt dieses Angebotes und seiner möglichen Dokumentation. Chandler, Counts, S. 25, geht auf der Basis eines nicht als Rekonstruktion erkannten Textes von der Existenz eines ''aprisio-''Dokumentes aus dem Jahre 780 aus. Siehe hierzu Fußnote <span style="background-color:transparent;">35</span>.</ref>, lässt sich über die Motive Karls und der ''Hispani ''in den 780ern nur spekulieren. Dass der Wunsch, nicht unter muslimischer, sondern unter christlicher Herrschaft zu leben, ein migrationsförderndes Motiv gewesen sein mag, kann nicht ausgeschlossen werden. Klar ist aber auch, dass der König Migrationswilligen besondere Konditionen versprach, die vielleicht darauf abzielten, königstreue Siedler anzuwerben und so die Königsmacht in einer Peripherie königlicher Macht zu stärken. In jedem Falle waren die Lebensumstände im Nordosten der Iberischen Halbinsel aufgrund der Turbulenzen der letzten Jahrzehnte eher unsicher, so dass die mit einer ''aprisio'' verbundene Abwanderung in ruhigere Gebiete den Siedlern größere physische Sicherheit und eine gewisse Sicherung ihrer materiellen Zukunft versprach.|6=''Praeceptum pro Hispanis'' (2. April 812), ed. Alfred Boretius (MGH Capitularia 1), Hannover: Hahn, 1883, n. 76, S. 169.
Alles in allem erscheint es damit unpräzise zu glauben, dass mit Karls Eingreifen auf der Iberischen Halbinsel im Jahre 778 plötzlich eine durch einen christlich-muslimischen Religionsgegensatz verursachte christliche Immigrationswelle aus dem umayyadischen al-Andalus ins karolingische Herrschaftsgebiet losbrach, auch wenn der Wunsch, lieber unter christlicher als unter muslimischer Herrschaft zu leben, die eine oder andere Auswanderung motiviert haben mag. Deutlich wird in jedem Fall, dass in der fränkisch-umayyadischen Grenzzone seit den 720ern chaotische Verhältnisse herrschten.<ref name="ftn45">Vgl. [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/731:_Die_Chronica_muzarabica_zur_Ehe_des_Berbers_Munnuz_mit_der_Tochter_von_Eudo,_dux_von_Aquitanien 731: Die Chronica muzarabica zur Ehe des Berbers Munnuz mit der Tochter von Eudo, dux von Aquitanien].</ref> Diese waren von einem zunehmend dominanteren Eingreifen der Karolinger geprägt, die nach mehreren Jahrzehnten muslimischer Razzienaktivitäten in Aquitanien und Septimanien nun aktiv in das muslimische Herrschaftsgebiet jenseits der Pyrenäen vordrangen, dort zunächst auf die Kooperation mit muslimischen Dissidenten setzten und das über Jahrzehnte eroberte Gebiet als eine Art Pufferzone zu festigen suchten. In diesen Kontext ist die oben behandelte Migration von ''Hispani'' einzuordnen. Diese scheinen die in den 780ern von Karl dem Großen gebotene Möglichkeit, unter Königsschutz Brachland zu bebauen und nach dreißig Jahren zu ihrem Besitz zu machen, attraktiv gefunden zu haben. Da wir dieses Angebot nur aus einem dreißig Jahre später erlassenen ''Praeceptum'' rekonstruieren können<ref name="ftn46">Vgl. Depreux, Préceptes, S. 23-24, zu Spekulationen über den Inhalt dieses Angebotes und seiner möglichen Dokumentation. Chandler, Counts, S. 25, geht auf der Basis eines nicht als Rekonstruktion erkannten Textes von der Existenz eines ''aprisio-''Dokumentes aus dem Jahre 780 aus. Siehe hierzu Fußnote <span style="background-color:transparent;">35</span>.</ref>, lässt sich über die Motive Karls und der ''Hispani ''in den 780ern nur spekulieren. Dass der Wunsch, nicht unter muslimischer, sondern unter christlicher Herrschaft zu leben, ein migrationsförderndes Motiv gewesen sein mag, kann nicht ausgeschlossen werden. Klar ist aber auch, dass der König Migrationswilligen besondere Konditionen versprach, die vielleicht darauf abzielten, königstreue Siedler anzuwerben und so die Königsmacht in einer Peripherie königlicher Macht zu stärken. In jedem Falle waren die Lebensumstände im Nordosten der Iberischen Halbinsel aufgrund der Turbulenzen der letzten Jahrzehnte eher unsicher, so dass die mit einer ''aprisio'' verbundene Abwanderung in ruhigere Gebiete den Siedlern größere physische Sicherheit und eine gewisse Sicherung ihrer materiellen Zukunft versprach.|6=''Praeceptum pro Hispanis'' (2. April 812), ed. Alfred Boretius (MGH Capitularia 1), Hannover: Hahn, 1883, n. 76, S. 169.
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Zimmermann, Michel: La datation des documents catalans du IX<sup>e</sup> au XII<sup>e</sup> siècle: un itinéraire politique, in: ''Annales du Midi : revue archéologique, historique et philologique de la France méridionale ''93/154 (1981), S. 345-375.
Zimmermann, Michel: La datation des documents catalans du IX<sup>e</sup> au XII<sup>e</sup> siècle: un itinéraire politique, in: ''Annales du Midi : revue archéologique, historique et philologique de la France méridionale ''93/154 (1981), S. 345-375.


Zimmermann, Michel: Origines et formation d’un Etat catalan (801-1137), in: Joaquim Nadal Farreras and Philippe Wolff (Hrsg.), ''Histoire de la Catalogne'', Toulouse: Privat, 1982, S. 237-255.|8=Karl der Große, Karolinger, Spanische Mark, ''marca hispanica'', Zaragoza, Pamplona, Barcelona, Basken, Umayyaden, Dissidenten, Flüchtlinge, Christen unter muslimischer Herrschaft, ''ḏimma'', dhimma, ''aprisio'', al-Andalus, Frankenreich, karolingisch-umayyadische Beziehungen, Lehnswesen, Landbesitz, Landnahme|3a=''In nomine Patris et Filii et Spiritus sancti. Karolus, serenissimus augustus, a Deo coronatus, magnus pacificus imperator, Romanorum gubernans imperium, qui et per misericordiam Dei rex Francorum et Langobardorum Berane, Gauscelino, Gisclafredo, Odilone, Ermengario, Ademaro, Laibulfo et Erlino comitibus.''|4a=Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Karl, erlauchter, von Gott gekrönter Augustus und großer friedensbringender Imperator, der das Imperium der Römer beherrscht, der durch die Gnade Gottes König der Franken und Langobarden ist, an die Grafen Beranus, Gauseclinus, Gisclafredus, Odilo, Ermengarius, Ademarus, Laibulfus and Erlinus.|3b=''Notum sit vobis, quia isti Ispani de vestra ministeria, Martinus presbiter, Iohannis, Quintila, Calapodius, Asinarius, Egila, Stephanus, Rebellis, Ofilo, Atila, Fredemirus, Amabilis, Christianus, Elpericus, Homodei, Jacentius, Esperandei, item Stephanus, Zoleiman, Marchatellus, Theodaldus, Paraparius, Gomis, Castellanus, Ardaricus, Wasco, Wisisus, Witericus, Ranoidus, Sunicfredus, Amancio, Cazerellus Longobardus, Zate, militeis, Odesindus, Walda, Roncariolus, Mauro, Pascales, Simplicio, Gabinus, Solomo presbyter, ad nos venientes suggesserint, quod multas obpressiones sustineant de parte vestra et iuniorum vestrorum. Et dixerunt, quod aliqui pagenses fiscum nostrum sibi alter alterius testificant ad eorum proprietatem et eos exinde expellant contra iusticiam et tollant nostram vestituram, quam per triginta annos seu amplius vestiti fuimus, et ipsi per nostrum donitum de eremo per nostram datam licentiam retraxerunt. Dicunt etiam, quod aliquas villas, quas ipsi laboraverunt, laboratas illis eis abstractas habeatis et beboranias illis superponitis, et saiones qui per fortia super eos exactant.''|4b=Weil diese Spanier (''Ispani'') unter Eurer Dienstaufsicht befindend, sei Euch mitgeteilt: Der Presbyter Martin, Johannes, Quintila, Calapodius, Asinarius, Egila, Stephanus, Rebellis, Ofilo, Atila, Fredemirus, Amabilis, Christianus, Elpericus, Homodei, Jacentius, Esperandei, ferner Stephan, Zoleiman, Marchatellus, Theodaldus, Paraparius, Gomis, Castellanus, Ardaricus, Wasco, Wisisus, Witericus, Ranoidus, Sunicfredus, Amancio, der Langobarde Cazerellus, Zate und seine Kämpfer [militeis = ''milites eius''?], Odesindus, Walda, Roncariolus, Mauro, Pascales, Simplicio, Gabinus, der Presbyter Solomo haben zu uns kommend (''ad nos venientes'') angedeutet, dass sie von Eurer Seite sowie derjenigen Eurer Untergebenen viele Unterdrückungen ertragen. Sie sagen, dass einige Dorfleute – jeweils einer für den anderen – bezeugen, dass unser Fiskalland zu ihrem Besitz zähle, sie [die ''Ispani''] rechtswidrig von da vertreiben und damit unser Landvergaberecht (''vestituram'') zunichte machen, das wir dreißig Jahre oder mehr ausgeübt haben, während jene [die ''Ispani''] und mit unserer ausdrücklichen Erlaubnis der Wüstenei [Land] abtrotzen. Sie behaupten auch, dass Ihr ihnen einige Landgüter, die sie selbst bearbeitet haben, abgenommen habt und ihnen Abgaben (''beboraniae<ref name="ftn1">''Dahn, Könige der Germanen, S. 44, übersetzt beboranias mit „Finanz-, Naturalleistungen“. Depreux, Préceptes, S. 31, übersetzt beide Begriffe (beboranias et saiones) mit „agents“. Zum Begriff siehe [http://ducange.enc.sorbonne.fr/BEBORANIA http://ducange.enc.sorbonne.fr/BEBORANIA]. ''</ref>)'' ''auferlegt'' ''und Funktionäre (''saiones<ref name="ftn2">''Hier handelt sich um Funktionäre untergeordneter Rangstufe, zu deren Aufgabe die Steuereintreibung gehörte. Weiterführende Literatur zum Begriff bei Depreux, Préceptes, S. 31 FN 103. Zum Begriff siehe [http://ducange.enc.sorbonne.fr/SAIONES http://ducange.enc.sorbonne.fr/SAIONES]</ref>)'' ''vorgesetzt habt, die sie mit ganzer Kraft auspressen.|3c=''Quamobrem iussimus Iohanne archiepiscopo misso nostro, ut ad dilectum filium nostrum Lodoicum regem veniret et hanc causam ei per ordinem recitaret. Et mandavimus illi, ut tempore oportuno illuc veniens et vos in eius presentiam venientes, hordinare faciat, quomodo aut qualiter ipsi Ispani vivere debeant.''|4c=Aus diesem Grund haben wir unserem Gesandten, dem Erzbischof Johannes, befohlen, dass er unseren geliebten Sohn, König Ludwig, besuche und ihm per Befehl diesen Fall schildere. Und wir haben ihm befohlen, dass er zu einer geeigneten Zeit dorthin kommen und Ihr in seine Gegenwart kommen sollt, damit er klar darlegt, auf welche Weise und wie diese Spanier leben sollen.|3d=''Propterea has litteras fieri praecepimus atque demandamus, ut neque vos neque iuniores vestri memoratos Ispanos nostros, qui ad nostram fiduciam de Ispania venientes, per nostram datam licentiam erema loca sibi ad laboricandum propriserant et laboratas habere videntur, nullum censum superponere praesumatis neque ad proprium facere permittatis; quoad usque illi fideles nobis aut filiis nostris fuerunt, quod per triginta annos abuerint per aprisionem, quieti possideant et illi et posteritas eorum et vos conservare debeatis. Et quicquid contra iustitiam eis vos aut iuniores vestri factum habetis aut si aliquid eis iniuste abstulistis, omnia in loco restituere faciatis, sicuti gratiam Dei et nostram vultis habere propitiam.''|4d=Deswegen haben wir befohlen, diese Briefe auszustellen und erwarten, dass weder Ihr noch Eure Untergebenen wagt, unseren erwähnten Spaniern, die aus Spanien unter unsere Obhut (''ad nostram fiduciam'') gekommen sind, sich mit unserer gegebenen Erlaubnis wüste Ländereien angeeignet und zu bearbeitet haben scheinen, irgendeine Steuer aufzuerlegen, noch erlaubt, dass man sich ihrer Besitztümer bemächtigt. Denn da jene sich bis jetzt uns und unseren Söhnen als loyal erwiesen haben, sollen sie und ihre Nachkommenschaft in Ruhe besitzen, was sie sich dreißig Jahre lang im Rahmen einer ''aprisio'' angeeignet haben, während Ihr es bewahren sollt. Was immer Ihr oder Eure Untergebenen ihnen gegen das Gesetz angetan habt, oder wenn Ihr ihnen irgendetwas unrechtmäßig weggenommen habt, sollt Ihr alles wieder an seinen Platz zurückführen, insofern Ihr die Gnade Gottes und unser Wohlwollen genießen wollt.|3e=''Et ut certius credatis, de anulo nostro subter sigillari iussimus. Guidbertus diaconus ad vicem Ercambaldi recognovit. Data IV. Nonas Aprili anno Christo propicio imperii nostri XII, regni vero in Francia XLIV. atque XXXVIII in Italia, indictione quinta. Actum Aquisgrani palacio regio in Dei nomine feliciter. Amen.''|4e=Und damit Ihr dies als sicher anerkennt, haben wir befohlen, unten mit unserem Ring zu siegeln. Der Diakon Guidbertus hat anstelle von Ercambaldus gegengezeichnet. Gegeben an den 4. Nonen des April im von Christus bevorzugten 12. Jahr unserer Kaiserherrschaft, unserem 54. Jahr unserer Herrschaft im Frankenreich und unserem 38. in Italien, in der 5. Indiktion. Ausgegeben in der königlichen Pfalz in Aachen, glücklich im Namen Gottes. Amen.}}
Zimmermann, Michel: Origines et formation d’un Etat catalan (801-1137), in: Joaquim Nadal Farreras and Philippe Wolff (Hrsg.), ''Histoire de la Catalogne'', Toulouse: Privat, 1982, S. 237-255.|8=Karl der Große, Karolinger, Spanische Mark, ''marca hispanica'', Zaragoza, Pamplona, Barcelona, Basken, Umayyaden, Dissidenten, Flüchtlinge, Christen unter muslimischer Herrschaft, ''ḏimma'', dhimma, ''aprisio'', al-Andalus, Frankenreich, karolingisch-umayyadische Beziehungen, Lehnswesen, Landbesitz, Landnahme|3a=''In nomine Patris et Filii et Spiritus sancti. Karolus, serenissimus augustus, a Deo coronatus, magnus pacificus imperator, Romanorum gubernans imperium, qui et per misericordiam Dei rex Francorum et Langobardorum Berane, Gauscelino, Gisclafredo, Odilone, Ermengario, Ademaro, Laibulfo et Erlino comitibus.''|4a=Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Karl, erlauchter, von Gott gekrönter Augustus und großer friedensbringender Imperator, der das Imperium der Römer beherrscht, der durch die Gnade Gottes König der Franken und Langobarden ist, an die Grafen Beranus, Gauseclinus, Gisclafredus, Odilo, Ermengarius, Ademarus, Laibulfus and Erlinus.|3b=''Notum sit vobis, quia isti Ispani de vestra ministeria, Martinus presbiter, Iohannis, Quintila, Calapodius, Asinarius, Egila, Stephanus, Rebellis, Ofilo, Atila, Fredemirus, Amabilis, Christianus, Elpericus, Homodei, Jacentius, Esperandei, item Stephanus, Zoleiman, Marchatellus, Theodaldus, Paraparius, Gomis, Castellanus, Ardaricus, Wasco, Wisisus, Witericus, Ranoidus, Sunicfredus, Amancio, Cazerellus Longobardus, Zate, militeis, Odesindus, Walda, Roncariolus, Mauro, Pascales, Simplicio, Gabinus, Solomo presbyter, ad nos venientes suggesserint, quod multas obpressiones sustineant de parte vestra et iuniorum vestrorum. Et dixerunt, quod aliqui pagenses fiscum nostrum sibi alter alterius testificant ad eorum proprietatem et eos exinde expellant contra iusticiam et tollant nostram vestituram, quam per triginta annos seu amplius vestiti fuimus, et ipsi per nostrum donitum de eremo per nostram datam licentiam retraxerunt. Dicunt etiam, quod aliquas villas, quas ipsi laboraverunt, laboratas illis eis abstractas habeatis et beboranias illis superponitis, et saiones qui per fortia super eos exactant.''|4b=Weil diese Spanier (''Ispani'') unter Eurer Dienstaufsicht befindend, sei Euch mitgeteilt: Der Presbyter Martin, Johannes, Quintila, Calapodius, Asinarius, Egila, Stephanus, Rebellis, Ofilo, Atila, Fredemirus, Amabilis, Christianus, Elpericus, Homodei, Jacentius, Esperandei, ferner Stephan, Zoleiman, Marchatellus, Theodaldus, Paraparius, Gomis, Castellanus, Ardaricus, Wasco, Wisisus, Witericus, Ranoidus, Sunicfredus, Amancio, der Langobarde Cazerellus, Zate und seine Kämpfer [militeis = ''milites eius''?], Odesindus, Walda, Roncariolus, Mauro, Pascales, Simplicio, Gabinus, der Presbyter Solomo haben zu uns kommend (''ad nos venientes'') angedeutet, dass sie von Eurer Seite sowie derjenigen Eurer Untergebenen viele Unterdrückungen ertragen. Sie sagen, dass einige Dorfleute – jeweils einer für den anderen – bezeugen, dass unser Fiskalland zu ihrem Besitz zähle, sie [die ''Ispani''] rechtswidrig von da vertreiben und damit unser Landvergaberecht (''vestituram'') zunichte machen, das wir dreißig Jahre oder mehr ausgeübt haben, während jene [die ''Ispani''] und mit unserer ausdrücklichen Erlaubnis der Wüstenei [Land] abtrotzen. Sie behaupten auch, dass Ihr ihnen einige Landgüter, die sie selbst bearbeitet haben, abgenommen habt und ihnen Abgaben (''beboraniae'')<ref name="ftn1">Dahn, ''Könige der Germanen'', S. 44, übersetzt ''beboranias'' mit „Finanz-, Naturalleistungen“. Depreux, Préceptes, S. 31, übersetzt beide Begriffe (''beboranias et saiones'') mit „agents“. Zum Begriff siehe [http://ducange.enc.sorbonne.fr/BEBORANIA http://ducange.enc.sorbonne.fr/BEBORANIA].</ref> auferlegt und Funktionäre (''saiones'')<ref name="ftn2">Hier handelt sich um Funktionäre untergeordneter Rangstufe, zu deren Aufgabe die Steuereintreibung gehörte. Weiterführende Literatur zum Begriff bei Depreux, Préceptes, S. 31 FN 103. Zum Begriff siehe [http://ducange.enc.sorbonne.fr/SAIONES http://ducange.enc.sorbonne.fr/SAIONES]</ref> vorgesetzt habt, die sie mit ganzer Kraft auspressen.|3c=''Quamobrem iussimus Iohanne archiepiscopo misso nostro, ut ad dilectum filium nostrum Lodoicum regem veniret et hanc causam ei per ordinem recitaret. Et mandavimus illi, ut tempore oportuno illuc veniens et vos in eius presentiam venientes, hordinare faciat, quomodo aut qualiter ipsi Ispani vivere debeant.''|4c=Aus diesem Grund haben wir unserem Gesandten, dem Erzbischof Johannes, befohlen, dass er unseren geliebten Sohn, König Ludwig, besuche und ihm per Befehl diesen Fall schildere. Und wir haben ihm befohlen, dass er zu einer geeigneten Zeit dorthin kommen und Ihr in seine Gegenwart kommen sollt, damit er klar darlegt, auf welche Weise und wie diese Spanier leben sollen.|3d=''Propterea has litteras fieri praecepimus atque demandamus, ut neque vos neque iuniores vestri memoratos Ispanos nostros, qui ad nostram fiduciam de Ispania venientes, per nostram datam licentiam erema loca sibi ad laboricandum propriserant et laboratas habere videntur, nullum censum superponere praesumatis neque ad proprium facere permittatis; quoad usque illi fideles nobis aut filiis nostris fuerunt, quod per triginta annos abuerint per aprisionem, quieti possideant et illi et posteritas eorum et vos conservare debeatis. Et quicquid contra iustitiam eis vos aut iuniores vestri factum habetis aut si aliquid eis iniuste abstulistis, omnia in loco restituere faciatis, sicuti gratiam Dei et nostram vultis habere propitiam.''|4d=Deswegen haben wir befohlen, diese Briefe auszustellen und erwarten, dass weder Ihr noch Eure Untergebenen wagt, unseren erwähnten Spaniern, die aus Spanien unter unsere Obhut (''ad nostram fiduciam'') gekommen sind, sich mit unserer gegebenen Erlaubnis wüste Ländereien angeeignet und zu bearbeitet haben scheinen, irgendeine Steuer aufzuerlegen, noch erlaubt, dass man sich ihrer Besitztümer bemächtigt. Denn da jene sich bis jetzt uns und unseren Söhnen als loyal erwiesen haben, sollen sie und ihre Nachkommenschaft in Ruhe besitzen, was sie sich dreißig Jahre lang im Rahmen einer ''aprisio'' angeeignet haben, während Ihr es bewahren sollt. Was immer Ihr oder Eure Untergebenen ihnen gegen das Gesetz angetan habt, oder wenn Ihr ihnen irgendetwas unrechtmäßig weggenommen habt, sollt Ihr alles wieder an seinen Platz zurückführen, insofern Ihr die Gnade Gottes und unser Wohlwollen genießen wollt.|3e=''Et ut certius credatis, de anulo nostro subter sigillari iussimus. Guidbertus diaconus ad vicem Ercambaldi recognovit. Data IV. Nonas Aprili anno Christo propicio imperii nostri XII, regni vero in Francia XLIV. atque XXXVIII in Italia, indictione quinta. Actum Aquisgrani palacio regio in Dei nomine feliciter. Amen.''|4e=Und damit Ihr dies als sicher anerkennt, haben wir befohlen, unten mit unserem Ring zu siegeln. Der Diakon Guidbertus hat anstelle von Ercambaldus gegengezeichnet. Gegeben an den 4. Nonen des April im von Christus bevorzugten 12. Jahr unserer Kaiserherrschaft, unserem 54. Jahr unserer Herrschaft im Frankenreich und unserem 38. in Italien, in der 5. Indiktion. Ausgegeben in der königlichen Pfalz in Aachen, glücklich im Namen Gottes. Amen.}}
 
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