815: Eine Constitutio Ludwigs des Frommen zu angesiedelten Hispani im Frankenreich: Unterschied zwischen den Versionen

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Aus den Einzelbestimmungen geht hervor, dass die ''Constitutio'' eine grundsätzliche Regelung der Besitz- und Rechtsverhältnisse der Hinzugezogenen beabsichtigte. Das Dokument zielt darauf ab, die Rechte der ''Hispani'' vor möglichen Angriffen zu schützen, u. a. durch das explizite Verbot, sie'' ''in irgendeine Form von Abhängigkeitsverhältnis zu den lokalen Herrschaftseliten zu drängen. Die Maßnahme, drei Exemplare der ''Constitutio'' an jedem zentralen Ort sowie bei den jeweils betroffenen Akteuren zu hinterlegen, sollte allen Beteiligten eine unabhängige Konsultation der kaiserlichen Rechtslage erlauben. Als Gegenleistung für den in diesem Dokument ausgesprochenen kaiserlichen Schutz werden die ''Hispani'' zu mehreren Dienstleistungen verpflichtet, die sie lediglich gegenüber dem Kaiser und seinen Vertretern zu leisten haben und die in ihrer militärischen Dimension auf die Sicherung der Grenzzone zum muslimischen Spanien abzielen.
Aus den Einzelbestimmungen geht hervor, dass die ''Constitutio'' eine grundsätzliche Regelung der Besitz- und Rechtsverhältnisse der Hinzugezogenen beabsichtigte. Das Dokument zielt darauf ab, die Rechte der ''Hispani'' vor möglichen Angriffen zu schützen, u. a. durch das explizite Verbot, sie'' ''in irgendeine Form von Abhängigkeitsverhältnis zu den lokalen Herrschaftseliten zu drängen. Die Maßnahme, drei Exemplare der ''Constitutio'' an jedem zentralen Ort sowie bei den jeweils betroffenen Akteuren zu hinterlegen, sollte allen Beteiligten eine unabhängige Konsultation der kaiserlichen Rechtslage erlauben. Als Gegenleistung für den in diesem Dokument ausgesprochenen kaiserlichen Schutz werden die ''Hispani'' zu mehreren Dienstleistungen verpflichtet, die sie lediglich gegenüber dem Kaiser und seinen Vertretern zu leisten haben und die in ihrer militärischen Dimension auf die Sicherung der Grenzzone zum muslimischen Spanien abzielen.


Die 815 erlassene ''Constitutio prima ''ist als Nachfolgedokument des von Karl dem Großen erlassenen ''Praeceptum pro Hispanis'' vom 2. April 812 zu sehen und stellt auch nicht das letzte karolingische Dokument zu hispanischen Immigranten dar. Das ''Praeceptum'' Karls des Großen von 812 reagierte auf eine Beschwerde hispanischer Immigranten, die sich etwa in den 780ern, also kurz nach dem spanischen Feldzug Karls des Großen von 778, im Südwesten des Frankenreichs niedergelassen hatten. Das ''Praeceptum'' verfolgte das Ziel, die von den lokalen Eliten in Frage gestellten Rechte dieser Immigranten zu sichern. Ihnen war damals gestattet worden, im Rahmen einer so genannten ''aprisio'' Brachland in Besitz zu nehmen, zu bebauen und nach kontinuierlicher dreißigjähriger Bearbeitung in ihren Eigenbesitz zu überführen.<ref name="ftn7">Vgl. <span style="background-color:#00ff00;">812: Eine Anweisung Karls des Großen bezüglich immigrierter </span><span style="background-color:#00ff00;">''Hispani</span>.''</ref> Bei Ludwigs ''Constitutio de Hispanis prima'' vom 1. Januar 815 handelt es sich um ein viel allgemeineres Dokument. Dieses war nicht Ergebnis einer Beschwerde beim Kaiser, sondern baute auf der vorangegangenen Regelung Karls des Großen auf, indem sie die Verhältnisse in der Grenzzone zum muslimischen al-Andalus und seinem fränkisch dominierten Hinterland nachhaltig zu regeln beabsichtigte.  
Die 815 erlassene ''Constitutio prima ''ist als Nachfolgedokument des von Karl dem Großen erlassenen ''Praeceptum pro Hispanis'' vom 2. April 812 zu sehen und stellt auch nicht das letzte karolingische Dokument zu hispanischen Immigranten dar. Das ''Praeceptum'' Karls des Großen von 812 reagierte auf eine Beschwerde hispanischer Immigranten, die sich etwa in den 780ern, also kurz nach dem spanischen Feldzug Karls des Großen von 778, im Südwesten des Frankenreichs niedergelassen hatten. Das ''Praeceptum'' verfolgte das Ziel, die von den lokalen Eliten in Frage gestellten Rechte dieser Immigranten zu sichern. Ihnen war damals gestattet worden, im Rahmen einer so genannten ''aprisio'' Brachland in Besitz zu nehmen, zu bebauen und nach kontinuierlicher dreißigjähriger Bearbeitung in ihren Eigenbesitz zu überführen.<ref name="ftn7">Vgl. [[812: Eine Anweisung Karls des Großen bezüglich immigrierter Hispani]]</ref> Bei Ludwigs ''Constitutio de Hispanis prima'' vom 1. Januar 815 handelt es sich um ein viel allgemeineres Dokument. Dieses war nicht Ergebnis einer Beschwerde beim Kaiser, sondern baute auf der vorangegangenen Regelung Karls des Großen auf, indem sie die Verhältnisse in der Grenzzone zum muslimischen al-Andalus und seinem fränkisch dominierten Hinterland nachhaltig zu regeln beabsichtigte.  


In der etwa ein Jahr später, am 16. Februar 816 erlassenen ''Constitutio de Hispanis secunda'' reagierte Ludwig der Fromme, wie schon Karl der Große 812, auf eine Beschwerde (''querimonium''). Im Zentrum stehen wieder ''Hispani'', die sich der Macht der Sarazenen entzogen (''de potestate Sarracenorum se subtraxerunt'') und sich sowohl zu Ludwigs als auch zu seines Vaters Zeiten der fränkischen Herrschaft unterstellt hatten (''ad nostram seu genitoris nostri fidem se contulerunt''). In diesem Dokument erinnert Ludwig an die Regeln, die er 815 zum Verhalten der ''Hispani'' selbst und zum Verhalten ihnen gegenüber aufgestellt hatte und erwähnt, dass es von Seiten der ''Hispani'' zu einer Beschwerde in zwei Punkten gekommen war: Das eine Problem stellten eingewanderte mächtige Personen (''maiores et potentiores'') dar, die sich von Karl dem Großen oder Ludwig ein ''praeceptum'' zur Bearbeitung von Land geholt hatten, nun aber ihre Hilfskräfte – also andere, schwächere Eingewanderte (''minores et infirmiores'') – nach der Bearbeitung entweder vom Land vertrieben (''ab eisdem locis depellere'') oder aber in eine Art Knechtschaft herabgedrückt hätten (''sibi ad servitium subiicere''). Das andere Problem seien Eingewanderte, die sich in Abhängigkeit von lokalen Herren (''ad comites sive vassos nostros''<nowiki>; </nowiki>''vassos comitum'') begeben hätten und, nachdem sie das Brachland kultiviert hatten, von Letzteren verjagt worden seien (''eos inde expellere''). In beiden Fällen waren die günstigen Ansiedlungskonditionen, die Ludwig 815 bestätigt bzw. gewährt hatte, also nicht mehr erfüllt. Zur Restabilisierung ergriff Ludwig folgende Maßnahmen: Er bestätigte die schon gegebenen Verordnungen. All denjenigen, die Brachland (''loca deserta'') besetzt und kultiviert hatten, garantierte er das jeweilige Land als vererbbaren Eigenbesitz (''quicquid de inculto excoluerunt, absque ullius inquietudine possideant, tam ipsi quam illorum posteritas''). Denjenigen, die sich unter bestimmten Bedingungen zur Bearbeitung von Land in den Dienst eines lokalen Herren gestellt hatten, bestätigte er, dass sie und ihre Nachkommen unter den vereinbarten Konditionen auf diesem Boden bleiben dürften (''se commendaverunt et ab eis terras ad habitandum acceperunt, sub quali convenientia atque conditione acceperunt, tali eas in futurum et ipsi possideant et suae posteritati derelinquant)''. Abschließend befahl Ludwig eine Mehrfachkopie des Dokuments in Narbonne, Carcassonne, Roussillon, Barcelona, Girona, Béziers sowie im königlichen Palastarchiv zu hinterlegen.<ref name="ftn8">''Constitutio Hludowici de Hispanis secunda'' (10. Feb. 816), ed. Alfred Boretius (MGH Leges, Capitularia regum Francorum 1), n. 133, Hannover: Hahn, 1883, S. 263-264.</ref>
In der etwa ein Jahr später, am 16. Februar 816 erlassenen ''Constitutio de Hispanis secunda'' reagierte Ludwig der Fromme, wie schon Karl der Große 812, auf eine Beschwerde (''querimonium''). Im Zentrum stehen wieder ''Hispani'', die sich der Macht der Sarazenen entzogen (''de potestate Sarracenorum se subtraxerunt'') und sich sowohl zu Ludwigs als auch zu seines Vaters Zeiten der fränkischen Herrschaft unterstellt hatten (''ad nostram seu genitoris nostri fidem se contulerunt''). In diesem Dokument erinnert Ludwig an die Regeln, die er 815 zum Verhalten der ''Hispani'' selbst und zum Verhalten ihnen gegenüber aufgestellt hatte und erwähnt, dass es von Seiten der ''Hispani'' zu einer Beschwerde in zwei Punkten gekommen war: Das eine Problem stellten eingewanderte mächtige Personen (''maiores et potentiores'') dar, die sich von Karl dem Großen oder Ludwig ein ''praeceptum'' zur Bearbeitung von Land geholt hatten, nun aber ihre Hilfskräfte – also andere, schwächere Eingewanderte (''minores et infirmiores'') – nach der Bearbeitung entweder vom Land vertrieben (''ab eisdem locis depellere'') oder aber in eine Art Knechtschaft herabgedrückt hätten (''sibi ad servitium subiicere''). Das andere Problem seien Eingewanderte, die sich in Abhängigkeit von lokalen Herren (''ad comites sive vassos nostros''; ''vassos comitum'') begeben hätten und, nachdem sie das Brachland kultiviert hatten, von Letzteren verjagt worden seien (''eos inde expellere''). In beiden Fällen waren die günstigen Ansiedlungskonditionen, die Ludwig 815 bestätigt bzw. gewährt hatte, also nicht mehr erfüllt. Zur Restabilisierung ergriff Ludwig folgende Maßnahmen: Er bestätigte die schon gegebenen Verordnungen. All denjenigen, die Brachland (''loca deserta'') besetzt und kultiviert hatten, garantierte er das jeweilige Land als vererbbaren Eigenbesitz (''quicquid de inculto excoluerunt, absque ullius inquietudine possideant, tam ipsi quam illorum posteritas''). Denjenigen, die sich unter bestimmten Bedingungen zur Bearbeitung von Land in den Dienst eines lokalen Herren gestellt hatten, bestätigte er, dass sie und ihre Nachkommen unter den vereinbarten Konditionen auf diesem Boden bleiben dürften (''se commendaverunt et ab eis terras ad habitandum acceperunt, sub quali convenientia atque conditione acceperunt, tali eas in futurum et ipsi possideant et suae posteritati derelinquant)''. Abschließend befahl Ludwig eine Mehrfachkopie des Dokuments in Narbonne, Carcassonne, Roussillon, Barcelona, Girona, Béziers sowie im königlichen Palastarchiv zu hinterlegen.<ref name="ftn8">''Constitutio Hludowici de Hispanis secunda'' (10. Feb. 816), ed. Alfred Boretius (MGH Leges, Capitularia regum Francorum 1), n. 133, Hannover: Hahn, 1883, S. 263-264.</ref>


Ein ''Praeceptum'', das sich nur in einigen zusätzlichen Konzessionen von der umfassenden Regelung der ''Constitutio'' von 815 unterscheidet, wurde dann nochmals 844 von Ludwigs Sohn Karl dem Kahlen erlassen.<ref name="ftn9">''Praeceptum pro Hispanis'' (11. Juni 844), ed. Alfred Boretius (MGH Leges, Capitularia regum Francorum 2), n. 256, Hannover: Hahn, 1897, S. 258-260.</ref> Als eine Regelung, die der Stabilität und dem Wohlstand dienen soll (''ad diuturnam prosperamque regni'' […] ''stabilitatem''), ist es wiederum an die Getreuen (''fideles'') von Kirche und König in Aquitanien, Septimanien und der ''Hispania'' gerichtet, hat aber dennoch einen lokaleren Fokus. Konkret geht es hier nämlich um als Goten und ''Hispani'' definierte Siedler, die die Stadt Barcelona, die Festung Tarrasa und die Grafschaft Barcelona bewohnen und „deren Vorfahren sich dem grausamen Joch der dem christlichen Namen allerfeindlichsten Sarazenen entzogen haben“ (''quorum progenitores crudelissimum iugum inimicissimae christiani nominis gentis Sarracenorum evitantes''<nowiki>; </nowiki>''ab eorumdem Sarracenorum potestate se subtrahentes''). Vor den Sarazenen, die hier als große Feinde des christlichen Namens bezeichnet werden, hätten sie Zuflucht bei Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen gesucht (''ad eos fecere confugium''), von denen ihnen damals die Ansiedlung gestattet und Hilfe zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse gewährt worden sei. Im Dokument geht es einerseits darum, ihre Immunität von den lokalen Autoritäten zu sichern, andererseits darum, sie zu militärischen Diensten in der Region heranzuziehen.  
Ein ''Praeceptum'', das sich nur in einigen zusätzlichen Konzessionen von der umfassenden Regelung der ''Constitutio'' von 815 unterscheidet, wurde dann nochmals 844 von Ludwigs Sohn Karl dem Kahlen erlassen.<ref name="ftn9">''Praeceptum pro Hispanis'' (11. Juni 844), ed. Alfred Boretius (MGH Leges, Capitularia regum Francorum 2), n. 256, Hannover: Hahn, 1897, S. 258-260.</ref> Als eine Regelung, die der Stabilität und dem Wohlstand dienen soll (''ad diuturnam prosperamque regni'' […] ''stabilitatem''), ist es wiederum an die Getreuen (''fideles'') von Kirche und König in Aquitanien, Septimanien und der ''Hispania'' gerichtet, hat aber dennoch einen lokaleren Fokus. Konkret geht es hier nämlich um als Goten und ''Hispani'' definierte Siedler, die die Stadt Barcelona, die Festung Tarrasa und die Grafschaft Barcelona bewohnen und „deren Vorfahren sich dem grausamen Joch der dem christlichen Namen allerfeindlichsten Sarazenen entzogen haben“ (''quorum progenitores crudelissimum iugum inimicissimae christiani nominis gentis Sarracenorum evitantes''; ''ab eorumdem Sarracenorum potestate se subtrahentes''). Vor den Sarazenen, die hier als große Feinde des christlichen Namens bezeichnet werden, hätten sie Zuflucht bei Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen gesucht (''ad eos fecere confugium''), von denen ihnen damals die Ansiedlung gestattet und Hilfe zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse gewährt worden sei. Im Dokument geht es einerseits darum, ihre Immunität von den lokalen Autoritäten zu sichern, andererseits darum, sie zu militärischen Diensten in der Region heranzuziehen.  


(§1) Zunächst wird die schon von Ludwig dem Frommen gegebene Anordnung wiederholt, welche militärischen Pflichten und Königsdienste diese Leute zu erfüllen hätten, mit dem Zusatz, dass die von ihnen für Königsboten (''missi'') gestellten Pferde nach fränkischem Recht ersetzt werden sollten, falls man schlecht mit ihnen umgegangen sei. (§2) Nochmals deutlicher wird garantiert, dass sie keinerlei zusätzlichen Dienste oder Abgaben zu leisten hätten, weder in Form des Zehnts an die Kirche, noch an den ''comes'' noch seine Helfer (''iuniores, ministeriales''). (§3) Noch deutlicher als vorher wird ihnen – außer in den drei Hauptfällen der Strafgerichtsbarkeit, nämlich Mord, Raub bzw. Entführung (''rapto'') und Brandstiftung – Rechtsautonomie vom ''comes'' und seinen Rechtshelfern (''nec ipsi nec eorum homines a quolibet comite aut ministro iudiciaraiae potestatis ullo modo iudicentur aut distringantur'') nach eigenem Recht (''secundum eorum legem'') gewährt. (§§4-6) Hierauf folgen die schon von Ludwig gegebenen Bestätigungen für Leute, die sich als Rekrutierer oder Rekruten der Kultivierungsarbeit gewidmet haben. Diejenigen, die sich anderen unterstellt haben, bekommen die Freiheit bestätigt zu gehen, wann sie wollen. Diejenigen, die diese Leute zur Kultivierung angeworben haben, bekommen eine Garantie auf den zurückbleibenden Besitz. Nochmals wird bestätigt, dass diejenigen, die (in eigener Regie) Wüstung in Kulturland verwandelt haben, einen Besitzanspruch auf dieses Land haben, das allerdings mit den üblichen Königsdiensten innerhalb der jeweiligen Grafschaft verbunden ist. (§7) Deutlicher als vorher wird geregelt, dass die Eigentümer dieser Ländereien diese verkaufen, austauschen und, im Falle fehlenden Nachwuchses, auch nach dem Erbrecht ihres Gesetzes (''iuxta legem eorum'') an andere Verwandte geben dürfen, ohne dass dabei allerdings die mit diesen Länderein einhergehende Verpflichtung zum Königsdienst verloren gehe. (§8) Neu sind detailliertere Bestimmungen, die den Schutz der Grenzverläufe dieser Ländereien, die freie Entscheidung über deren Nutzung als Wald-, Acker- oder Weideland, ferner auch das Recht zur Veränderung von Wasserläufen betreffen. (§9-10) Nochmals wird wiederholt, dass Geschenke an den ''comes'' nicht zu einer regelmäßigen Abgabe verkommen dürfen und dass das Eintreten in ein vasallitisches Verhältnis grundsätzlich allen freisteht.
(§1) Zunächst wird die schon von Ludwig dem Frommen gegebene Anordnung wiederholt, welche militärischen Pflichten und Königsdienste diese Leute zu erfüllen hätten, mit dem Zusatz, dass die von ihnen für Königsboten (''missi'') gestellten Pferde nach fränkischem Recht ersetzt werden sollten, falls man schlecht mit ihnen umgegangen sei. (§2) Nochmals deutlicher wird garantiert, dass sie keinerlei zusätzlichen Dienste oder Abgaben zu leisten hätten, weder in Form des Zehnts an die Kirche, noch an den ''comes'' noch seine Helfer (''iuniores, ministeriales''). (§3) Noch deutlicher als vorher wird ihnen – außer in den drei Hauptfällen der Strafgerichtsbarkeit, nämlich Mord, Raub bzw. Entführung (''rapto'') und Brandstiftung – Rechtsautonomie vom ''comes'' und seinen Rechtshelfern (''nec ipsi nec eorum homines a quolibet comite aut ministro iudiciaraiae potestatis ullo modo iudicentur aut distringantur'') nach eigenem Recht (''secundum eorum legem'') gewährt. (§§4-6) Hierauf folgen die schon von Ludwig gegebenen Bestätigungen für Leute, die sich als Rekrutierer oder Rekruten der Kultivierungsarbeit gewidmet haben. Diejenigen, die sich anderen unterstellt haben, bekommen die Freiheit bestätigt zu gehen, wann sie wollen. Diejenigen, die diese Leute zur Kultivierung angeworben haben, bekommen eine Garantie auf den zurückbleibenden Besitz. Nochmals wird bestätigt, dass diejenigen, die (in eigener Regie) Wüstung in Kulturland verwandelt haben, einen Besitzanspruch auf dieses Land haben, das allerdings mit den üblichen Königsdiensten innerhalb der jeweiligen Grafschaft verbunden ist. (§7) Deutlicher als vorher wird geregelt, dass die Eigentümer dieser Ländereien diese verkaufen, austauschen und, im Falle fehlenden Nachwuchses, auch nach dem Erbrecht ihres Gesetzes (''iuxta legem eorum'') an andere Verwandte geben dürfen, ohne dass dabei allerdings die mit diesen Länderein einhergehende Verpflichtung zum Königsdienst verloren gehe. (§8) Neu sind detailliertere Bestimmungen, die den Schutz der Grenzverläufe dieser Ländereien, die freie Entscheidung über deren Nutzung als Wald-, Acker- oder Weideland, ferner auch das Recht zur Veränderung von Wasserläufen betreffen. (§9-10) Nochmals wird wiederholt, dass Geschenke an den ''comes'' nicht zu einer regelmäßigen Abgabe verkommen dürfen und dass das Eintreten in ein vasallitisches Verhältnis grundsätzlich allen freisteht.
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Wenn Karl der Große, Ludwig der Fromme und schließlich Karl der Kahle versuchten, die oben beschriebenen Regelungen für ''Hispani ''zu treffen, so sind diese in den weiteren Rahmen karolingischer Bemühungen einzuordnen, direkte Königsherrschaft über ein Gebiet auszuüben, das noch nicht unter fester königlicher bzw. kaiserlicher Kontrolle stand und sich seit Karls Spanienfeldzug von 778 zudem in Expansion befand. Dies erklärt, warum in allen hier behandelten karolingischen Dokumenten die rechtliche Immunität der unter direktem Königsschutz stehenden hispanischen Siedler eine so zentrale Rolle einnimmt. Das Eintreten für diese Siedler ist als wiederholte Demonstration königlicher Macht zugunsten einer Gruppe zu sehen, die dem König – anders als der lokale Adel – direkt Loyalität schuldeten.
Wenn Karl der Große, Ludwig der Fromme und schließlich Karl der Kahle versuchten, die oben beschriebenen Regelungen für ''Hispani ''zu treffen, so sind diese in den weiteren Rahmen karolingischer Bemühungen einzuordnen, direkte Königsherrschaft über ein Gebiet auszuüben, das noch nicht unter fester königlicher bzw. kaiserlicher Kontrolle stand und sich seit Karls Spanienfeldzug von 778 zudem in Expansion befand. Dies erklärt, warum in allen hier behandelten karolingischen Dokumenten die rechtliche Immunität der unter direktem Königsschutz stehenden hispanischen Siedler eine so zentrale Rolle einnimmt. Das Eintreten für diese Siedler ist als wiederholte Demonstration königlicher Macht zugunsten einer Gruppe zu sehen, die dem König – anders als der lokale Adel – direkt Loyalität schuldeten.


Nicht weniger wichtig ist, dass die Bemühungen der hier behandelten karolingischen Könige in den Prozess der Entstehung einer fränkisch-andalusischen Grenzzone einzuordnen sind, deren Anfänge, Entwicklung und Funktionieren Philippe Sénac schon ausführlich untersucht hat.<ref name="ftn14">Sénac, ''Les Carolingiens et al-Andalus''.</ref> Vielleicht ging es schon Karl dem Großen in seinem ''Praeceptum'' von 812 nicht nur um ein Vorgehen gegen die Ausbeutung, Unterdrückung und gar Vertreibung angesiedelter Immigranten, sondern um den Schutz und Erhalt einer Strukturmaßnahme, die er zur Etablierung einer gesicherten Grenzzone nach seinem spanischen Feldzug 778 initiiert hatte. Hierfür spräche auch, dass er in Aquitanien 781 ein eigenes Unterkönigtum einrichtete.<ref name="ftn15">Vgl. [812: Eine Anweisung Karls des Großen bezüglich immigrierter ''Hispani'']. </ref> Bei den von Ludwig dem Frommen 815 und 816 erlassenen zwei ''Constitutiones'' handelt es sich dann sehr deutlich um ein Gesamtprogramm der Strukturierung dieser fränkisch-andalusischen Grenz- und Expansionszone. Ludwig, der ja als Unterkönig von Aquitanien viel mit dieser Region zu tun gehabt hatte, setzte mit dieser Gesamtregelung des Rechtsstatus von Einwanderern nochmals klare Anreize, um das nach der Eroberung Barcelonas 801 gewachsene karolingische Grenzgebiet stärker zu besiedeln.  
Nicht weniger wichtig ist, dass die Bemühungen der hier behandelten karolingischen Könige in den Prozess der Entstehung einer fränkisch-andalusischen Grenzzone einzuordnen sind, deren Anfänge, Entwicklung und Funktionieren Philippe Sénac schon ausführlich untersucht hat.<ref name="ftn14">Sénac, ''Les Carolingiens et al-Andalus''.</ref> Vielleicht ging es schon Karl dem Großen in seinem ''Praeceptum'' von 812 nicht nur um ein Vorgehen gegen die Ausbeutung, Unterdrückung und gar Vertreibung angesiedelter Immigranten, sondern um den Schutz und Erhalt einer Strukturmaßnahme, die er zur Etablierung einer gesicherten Grenzzone nach seinem spanischen Feldzug 778 initiiert hatte. Hierfür spräche auch, dass er in Aquitanien 781 ein eigenes Unterkönigtum einrichtete.<ref name="ftn15">Vgl. [[812: Eine Anweisung Karls des Großen bezüglich immigrierter Hispani]]. </ref> Bei den von Ludwig dem Frommen 815 und 816 erlassenen zwei ''Constitutiones'' handelt es sich dann sehr deutlich um ein Gesamtprogramm der Strukturierung dieser fränkisch-andalusischen Grenz- und Expansionszone. Ludwig, der ja als Unterkönig von Aquitanien viel mit dieser Region zu tun gehabt hatte, setzte mit dieser Gesamtregelung des Rechtsstatus von Einwanderern nochmals klare Anreize, um das nach der Eroberung Barcelonas 801 gewachsene karolingische Grenzgebiet stärker zu besiedeln.  


In Ludwigs ''Constitutiones'' werden die angesiedelten Immigranten sehr viel konkreter zu Siedlern mit einer ausdrücklichen Verpflichtung zu Königsdienst, Wehrdienst und Spionage. Sie sollten also anscheinend als Bollwerk gegenüber dem umayyadischen al-Andalus genutzt werden, zu dem die Beziehungen mittlerweile etwas schlechter waren: Aus al-Andalus kamen, anders als noch unter Karl dem Großen, keine Dissidenten mehr ins Frankenreich. Ferner hatte Ludwig der Fromme 815 den von Karl mit al-Ḥakam I. (regn. 180-206/796-822) ausgehandelten Frieden gebrochen, weil er, so die ''Annales Regni Francorum'', den Franken als “nachteilig” galt.<ref name="ftn16">''Annales Regni Francorum / Annales qui dicuntur Einhardi'', ed. Georg Heinrich Pertz und Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), Hannover: Hahn, 1895, a. 815, S. 143: „Pax, quae cum Abulaz rege Sarracenorum facta et per triennium servata erat, velut inutilis rupta et contra eum iterum bellum susceptum est.“</ref> Hieran konnte wohl auch eine 816 an Ludwigs Hof geschickte umayyadische Gesandtschaft nichts ändern.<ref name="ftn17">''Annales Regni Francorum'', ed. Pertz und Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), a. 816, S. 144: „Ibi commoratus legatos Abodritorum et de Hispania legatos Abdirahman filii Abulaz regis ad se missos suscepit.“; ibid., a. 817, S. 145: „Legati Abdirahman, filii Abulaz regis Sarracenorum, de Caesaraugusta missi pacis petendae gratia venerunt, et Compendio ab imperatore auditi Aquasgrani eum praecedere iussi sunt. (…) Legati etiam Abdirahman, cum tribus mensibus detenti essent et iam de reditu desperare coepissent, remissi sunt.“</ref> Folglich erhielt Ludwig der Fromme auch in arabisch-islamischen Quellen, u. a. beim wichtigsten Chronisten des umayyadischen al-Andalus, Ibn Ḥayyān (gest. 469/1076), eine schlechte Presse als Friedensbrecher und Aggressor.<ref name="ftn18">Ibn Ḥayyān, ''Al-Sufr al-ṯānī min kitāb al-muqtabis'' [II-1], ed. Maḥmūd Makkī, Riyad: Markaz al-malik Fayṣal li-l-buḥūṯ wa-l-dirāsāt al-islāmiyya, 2003, fol. 100a, S. 130: „fa-lam yaṭul amr hāḏā as-salm baynahumā ḥatta halaka aṭ-ṭāġiya Qārluh sanna iḥdā wa-tisaʿīn wa-mi’a āḫiruhā, wa-waliya makānahu ibnuhu Luḏwīq b. Qārluh, fa-intaqaḍa as-salm al-maḏkūr, wa-waqadat ḥarb al-Firanǧa.“ „Dieser Frieden zwischen den beiden hielt allerdings nicht lange, nämlich nur bis der Tyrann Qārluh am Ende des Jahres 191/806 [''sic''] starb. Seinen Platz an der Herrschaft nahm sein Sohn Luḏwīq b. Qārluh ein. Dieser beendete den erwähnten Vertrag, so dass wieder Krieg mit dem Frankenreich ausbrach.“ Übersetzung von Daniel G. König. Vgl. König, ''Arabic-Islamic Views'', S. 193.</ref> Ludwigs auf 830 datierter Brief an die Christen von Mérida könnte in diesem Zusammenhang als Zeugnis für den anhaltenden Wunsch dieses Kaisers gesehen werden, weitere Gebiete auf der Iberischen Halbinsel zu unterwerfen. Schließlich enthält dieser Brief ein Angebot, die Christen von Mérida gegen den umayyadischen ''amīr'' ʿAbd al-Raḥmān II. zu unterstützen, ferner eine Einladung an sie, sich doch in der spanischen Mark, also dem auch in den ''Constitutiones'' behandelten Gebiet, unter sehr guten Konditionen und weitestgehender Tributfreiheit anzusiedeln.<ref name="ftn19">Ludovicus I. imperator Emeritanos, in: Einhartus, ''Epistola 12'', ed. Karl Hampe (MGH Epp. 5: Epistolae Karolini aevi 3), Berlin: Weidmann, 1899, S. 116: „Nam certos vos facimus, quod, si ab illo vos avertere et ad nos convertere volueritis, antiqua libertate vestra plenissime et sine ulla diminutione vobis uti [concedimus] et absque censu vel tributo inmunes vos esse permittimus et non aliam legem, nisi qua ipsi vivere volueritis, vos tenere iubemus, nec aliter erga vos agere volumus, nisi ut vos amicos et socios in defensione regni nostri honorifice habeamus.“</ref> Interessant an diesem Brief ist dabei, dass Ludwig die Herrschaft unter den Emiren al-Ḥakam I. und ʿAbd al-Raḥmān nicht immer als schlecht beschreibt, sondern nur betont, dass Letztere durch eine Steuererhöhung die christlichen Einwohner von Mérida „aus Freunden zu Widersachern, aus Willfährigen zu Gegnern und Aufsässigen“ gemacht hätten.<ref name="ftn20">Ludovicus I. imperator Emeritanos, in: Einhartus, ''Epistola 12'', ed. Karl Hampe (MGH Epp. 5: Epistolae Karolini aevi 3), Berlin: Weidmann, 1899, S. 115: „Sicut et patrem eius Abolaz fecisse conperimus, qui iniustis superpositionibus censum, cuius debitores non eratis, sibi vos solvere cogebat et propter hoc de amicis inimicos et de obedientibus sibi contrarios atque inobedientes effecerat“. Vgl. König, Charlemagne’s ‚Jihād‘ Revisited, S. 24-25.</ref> Man kann sich also fragen, ob an dem Hof des Kaisers mit dem Beinamen „der Fromme“ nicht auch gezielt ein christlich-muslimischer Religionsgegensatz aufgebaut wurde, der sich auch in anderen Quellen aus Ludwigs Umfeld finden lässt: Sein Hofpoet Ermoldus Nigellus hatte z. B. durchaus schon die Gottes- und Christusferne der Sarazenen angeprangert und als Legitimation für das militärische Vorgehen gegen sie dargestellt.<ref name="ftn21">Ermoldus Nigellus, ''Carmen in honorem Ludovici Pii'', ed. Ernst Dümmler (MGH Poetae latini carolini aevi 2), Berlin: Weidmann, 1884, v. 281, S. 13: „Si gens ita deum coleret, Christoque placeret, / Baptismique foret unguine tincta sacri, / Pax firmanda esset nobis, pax atque tenenda, / Coniugi ut possit relligione deo. / Nunc vero execranda manet, nostramque salutem / Respuit, et sequitur daemonis imperia. / Idcirco hanc nobis pietas miserata tonantis / Servitii famulam reddere namque valet“; siehe Kedar, ''Crusade and Mission'', S. 7. Vgl. hierzu allerdings auch Bade, Vorstellungen, S. 89-119, bes. S. 100-103.</ref>
In Ludwigs ''Constitutiones'' werden die angesiedelten Immigranten sehr viel konkreter zu Siedlern mit einer ausdrücklichen Verpflichtung zu Königsdienst, Wehrdienst und Spionage. Sie sollten also anscheinend als Bollwerk gegenüber dem umayyadischen al-Andalus genutzt werden, zu dem die Beziehungen mittlerweile etwas schlechter waren: Aus al-Andalus kamen, anders als noch unter Karl dem Großen, keine Dissidenten mehr ins Frankenreich. Ferner hatte Ludwig der Fromme 815 den von Karl mit al-Ḥakam I. (regn. 180-206/796-822) ausgehandelten Frieden gebrochen, weil er, so die ''Annales Regni Francorum'', den Franken als “nachteilig” galt.<ref name="ftn16">''Annales Regni Francorum / Annales qui dicuntur Einhardi'', ed. Georg Heinrich Pertz und Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), Hannover: Hahn, 1895, a. 815, S. 143: „Pax, quae cum Abulaz rege Sarracenorum facta et per triennium servata erat, velut inutilis rupta et contra eum iterum bellum susceptum est.“</ref> Hieran konnte wohl auch eine 816 an Ludwigs Hof geschickte umayyadische Gesandtschaft nichts ändern.<ref name="ftn17">''Annales Regni Francorum'', ed. Pertz und Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), a. 816, S. 144: „Ibi commoratus legatos Abodritorum et de Hispania legatos Abdirahman filii Abulaz regis ad se missos suscepit.“; ibid., a. 817, S. 145: „Legati Abdirahman, filii Abulaz regis Sarracenorum, de Caesaraugusta missi pacis petendae gratia venerunt, et Compendio ab imperatore auditi Aquasgrani eum praecedere iussi sunt. (…) Legati etiam Abdirahman, cum tribus mensibus detenti essent et iam de reditu desperare coepissent, remissi sunt.“</ref> Folglich erhielt Ludwig der Fromme auch in arabisch-islamischen Quellen, u. a. beim wichtigsten Chronisten des umayyadischen al-Andalus, Ibn Ḥayyān (gest. 469/1076), eine schlechte Presse als Friedensbrecher und Aggressor.<ref name="ftn18">Ibn Ḥayyān, ''Al-Sufr al-ṯānī min kitāb al-muqtabis'' [II-1], ed. Maḥmūd Makkī, Riyad: Markaz al-malik Fayṣal li-l-buḥūṯ wa-l-dirāsāt al-islāmiyya, 2003, fol. 100a, S. 130: „fa-lam yaṭul amr hāḏā as-salm baynahumā ḥatta halaka aṭ-ṭāġiya Qārluh sanna iḥdā wa-tisaʿīn wa-mi’a āḫiruhā, wa-waliya makānahu ibnuhu Luḏwīq b. Qārluh, fa-intaqaḍa as-salm al-maḏkūr, wa-waqadat ḥarb al-Firanǧa.“ „Dieser Frieden zwischen den beiden hielt allerdings nicht lange, nämlich nur bis der Tyrann Qārluh am Ende des Jahres 191/806 [''sic''] starb. Seinen Platz an der Herrschaft nahm sein Sohn Luḏwīq b. Qārluh ein. Dieser beendete den erwähnten Vertrag, so dass wieder Krieg mit dem Frankenreich ausbrach.“ Übersetzung von Daniel G. König. Vgl. König, ''Arabic-Islamic Views'', S. 193.</ref> Ludwigs auf 830 datierter Brief an die Christen von Mérida könnte in diesem Zusammenhang als Zeugnis für den anhaltenden Wunsch dieses Kaisers gesehen werden, weitere Gebiete auf der Iberischen Halbinsel zu unterwerfen. Schließlich enthält dieser Brief ein Angebot, die Christen von Mérida gegen den umayyadischen ''amīr'' ʿAbd al-Raḥmān II. zu unterstützen, ferner eine Einladung an sie, sich doch in der spanischen Mark, also dem auch in den ''Constitutiones'' behandelten Gebiet, unter sehr guten Konditionen und weitestgehender Tributfreiheit anzusiedeln.<ref name="ftn19">Ludovicus I. imperator Emeritanos, in: Einhartus, ''Epistola 12'', ed. Karl Hampe (MGH Epp. 5: Epistolae Karolini aevi 3), Berlin: Weidmann, 1899, S. 116: „Nam certos vos facimus, quod, si ab illo vos avertere et ad nos convertere volueritis, antiqua libertate vestra plenissime et sine ulla diminutione vobis uti [concedimus] et absque censu vel tributo inmunes vos esse permittimus et non aliam legem, nisi qua ipsi vivere volueritis, vos tenere iubemus, nec aliter erga vos agere volumus, nisi ut vos amicos et socios in defensione regni nostri honorifice habeamus.“</ref> Interessant an diesem Brief ist dabei, dass Ludwig die Herrschaft unter den Emiren al-Ḥakam I. und ʿAbd al-Raḥmān nicht immer als schlecht beschreibt, sondern nur betont, dass Letztere durch eine Steuererhöhung die christlichen Einwohner von Mérida „aus Freunden zu Widersachern, aus Willfährigen zu Gegnern und Aufsässigen“ gemacht hätten.<ref name="ftn20">Ludovicus I. imperator Emeritanos, in: Einhartus, ''Epistola 12'', ed. Karl Hampe (MGH Epp. 5: Epistolae Karolini aevi 3), Berlin: Weidmann, 1899, S. 115: „Sicut et patrem eius Abolaz fecisse conperimus, qui iniustis superpositionibus censum, cuius debitores non eratis, sibi vos solvere cogebat et propter hoc de amicis inimicos et de obedientibus sibi contrarios atque inobedientes effecerat“. Vgl. König, Charlemagne’s ‚Jihād‘ Revisited, S. 24-25.</ref> Man kann sich also fragen, ob an dem Hof des Kaisers mit dem Beinamen „der Fromme“ nicht auch gezielt ein christlich-muslimischer Religionsgegensatz aufgebaut wurde, der sich auch in anderen Quellen aus Ludwigs Umfeld finden lässt: Sein Hofpoet Ermoldus Nigellus hatte z. B. durchaus schon die Gottes- und Christusferne der Sarazenen angeprangert und als Legitimation für das militärische Vorgehen gegen sie dargestellt.<ref name="ftn21">Ermoldus Nigellus, ''Carmen in honorem Ludovici Pii'', ed. Ernst Dümmler (MGH Poetae latini carolini aevi 2), Berlin: Weidmann, 1884, v. 281, S. 13: „Si gens ita deum coleret, Christoque placeret, / Baptismique foret unguine tincta sacri, / Pax firmanda esset nobis, pax atque tenenda, / Coniugi ut possit relligione deo. / Nunc vero execranda manet, nostramque salutem / Respuit, et sequitur daemonis imperia. / Idcirco hanc nobis pietas miserata tonantis / Servitii famulam reddere namque valet“; siehe Kedar, ''Crusade and Mission'', S. 7. Vgl. hierzu allerdings auch Bade, Vorstellungen, S. 89-119, bes. S. 100-103.</ref>
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