Vor 738: Die Sarazenengefahr in einem Brief des Missionsbischofs Bonifatius an die Nonne Bugga: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Kapitel LAT-DE|Daniel G. König|''Epistolae Bonifatii et Lulli'', ed. Michael Tangl (MGH Epp. sel. 1), Berlin: Weidmann, 1916, ep. 27, S. 48; Übersetzung: ''Die Briefe des Heiligen Bonifatius'', übers. Michael Tangl (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 2, Bd. 92), Leipzig, Dyk, 1912, Brief 27, S. 35-36.|''Dominae dilectissimae et in amore Christi omnibus ceteris feminini sexus preferendae sorori Buggan abbatisse Bonifatius exiguus indignus episcopus aeternam in Christo salutem. Notum sit tibi, soror carissima, de illo consilio, quo me indignum per litteras interrogasti, quod ego tibi iter peregrinum nec interdicere per me nec audenter suadere presumo. Sed, quod visum est, dicam. Si enim sollicitudinem, quam erga servos Dei et ancillas et monasterialem vitam habuisti, propter adquirendam quietem et contemplationem Dei dimisisti, quomodo debes nunc saecularium hominum verbis et voluntatibus servire cum labore et tediosa sollicitudine? Melius enim mihi videtur, si propter saeculares in patria libertatem quietem mentis habere nullatenus possis, ut per peregrinationem libertatem contemplationis, si volueris et possis, adquiras; quemadmodum soror nostra Uuiethburga faciebat. Quae mihi per suas litteras intimavit, quod talem vitam quietem invenisset iuxta limina sancti Petri, qualem longum tempus desiderando quaesivit. De isto autem tuo desiderio illa mihi mandavit, quia de te ad illam scripsi, ut expectes, donec rebelliones et temptationes et minae Sarracenorum, quae apud Romanos nuper emerserunt, conquieverint et quoad usque illa Deo volente suas litteras invitatorias ad te dirigat. Et hoc mihi optimum videtur esse. Et prepares tibi necessaria itineris et sustineas verbum eius et postea, quod pietas Domini iusserit, facias.''|Der geliebten Herrin und in der Liebe Christi allen Frauen vorzuziehenden Schwester, der Äbtissin Bugga, wünscht Bonifatius, der geringe, unwürdige Bischof, ewiges Heil in Christus. Wegen des Planes, um den Du mich Unwürdigen in deinem Brief fragtest, sei Dir kund, dass ich mir weder herausnehme, die Pilgerfahrt Dir von mir aus zu untersagen, noch Dir kühn zuzuraten. Aber ich will Dir sagen, was mir gut dünkt. Wenn Du die Sorge, die Du um die Knechte und Mägde Gottes und das klösterliche Leben trugst, abgelegt hast, um volle Ruhe zu gewinnen und Dich der Betrachtung Gottes zu widmen, wie darfst Du jetzt unter Mühen und lästiger Sorge den Worten und Wünschen weltlicher Menschen dienstbar sein? Wenn Du also der Laienwelt wegen die Freiheit ruhiger Beschaulichkeit im Vaterlande nicht erlangen kannst, dann scheint es mir besser, dass Du, wenn Du willst und kannst, diese Freiheit der Erbauung Dir durch eine Pilgerfahrt erwirbst, wie es ja unsere Schwester Wiethburg getan hat, die sie durch lange Zeit sehnend gesucht hatte. In Bezug auf Dein Verlangen aber hat sie mir auf meine briefliche Anfrage hin aufgetragen, dass Du warten mögest, bis die Unruhen, Einfälle und Bedrohungen durch die Sarazenen, durch welche die Römer seit kurzem in Atem gehalten werden, sich wieder gelegt haben und bis sie, so Gott will, ihr Einladungsschreiben an Dich richtet. Am Besten scheint es mir daher, dass Du alle Nötigen Zurüstungen zur Reise triffst, ihres Rufs gewärtig bleibst und dann tust, was die Liebe zu Gott Dich heißt.|5===Autor/in & Werk==
{{Kapitel LAT-DE|Daniel G. König|''Epistolae Bonifatii et Lulli'', ed. Michael Tangl (MGH Epp. sel. 1), Berlin: Weidmann, 1916, ep. 27, S. 48; Übersetzung: ''Die Briefe des Heiligen Bonifatius'', übers. Michael Tangl (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 2, Bd. 92), Leipzig, Dyk, 1912, Brief 27, S. 35-36.|''Dominae dilectissimae et in amore Christi omnibus ceteris feminini sexus preferendae sorori Buggan abbatisse Bonifatius exiguus indignus episcopus aeternam in Christo salutem. Notum sit tibi, soror carissima, de illo consilio, quo me indignum per litteras interrogasti, quod ego tibi iter peregrinum nec interdicere per me nec audenter suadere presumo. Sed, quod visum est, dicam. Si enim sollicitudinem, quam erga servos Dei et ancillas et monasterialem vitam habuisti, propter adquirendam quietem et contemplationem Dei dimisisti, quomodo debes nunc saecularium hominum verbis et voluntatibus servire cum labore et tediosa sollicitudine? Melius enim mihi videtur, si propter saeculares in patria libertatem quietem mentis habere nullatenus possis, ut per peregrinationem libertatem contemplationis, si volueris et possis, adquiras; quemadmodum soror nostra Uuiethburga faciebat. Quae mihi per suas litteras intimavit, quod talem vitam quietem invenisset iuxta limina sancti Petri, qualem longum tempus desiderando quaesivit. De isto autem tuo desiderio illa mihi mandavit, quia de te ad illam scripsi, ut expectes, donec rebelliones et temptationes et minae Sarracenorum, quae apud Romanos nuper emerserunt, conquieverint et quoad usque illa Deo volente suas litteras invitatorias ad te dirigat. Et hoc mihi optimum videtur esse. Et prepares tibi necessaria itineris et sustineas verbum eius et postea, quod pietas Domini iusserit, facias.''|Der geliebten Herrin und in der Liebe Christi allen Frauen vorzuziehenden Schwester, der Äbtissin Bugga, wünscht Bonifatius, der geringe, unwürdige Bischof, ewiges Heil in Christus. Wegen des Planes, um den Du mich Unwürdigen in deinem Brief fragtest, sei Dir kund, dass ich mir weder herausnehme, die Pilgerfahrt Dir von mir aus zu untersagen, noch Dir kühn zuzuraten. Aber ich will Dir sagen, was mir gut dünkt. Wenn Du die Sorge, die Du um die Knechte und Mägde Gottes und das klösterliche Leben trugst, abgelegt hast, um volle Ruhe zu gewinnen und Dich der Betrachtung Gottes zu widmen, wie darfst Du jetzt unter Mühen und lästiger Sorge den Worten und Wünschen weltlicher Menschen dienstbar sein? Wenn Du also der Laienwelt wegen die Freiheit ruhiger Beschaulichkeit im Vaterlande nicht erlangen kannst, dann scheint es mir besser, dass Du, wenn Du willst und kannst, diese Freiheit der Erbauung Dir durch eine Pilgerfahrt erwirbst, wie es ja unsere Schwester Wiethburg getan hat, die sie durch lange Zeit sehnend gesucht hatte. In Bezug auf Dein Verlangen aber hat sie mir auf meine briefliche Anfrage hin aufgetragen, dass Du warten mögest, bis die Unruhen, Einfälle und Bedrohungen durch die Sarazenen, durch welche die Römer seit kurzem in Atem gehalten werden, sich wieder gelegt haben und bis sie, so Gott will, ihr Einladungsschreiben an Dich richtet. Am Besten scheint es mir daher, dass Du alle Nötigen Zurüstungen zur Reise triffst, ihres Rufs gewärtig bleibst und dann tust, was die Liebe zu Gott Dich heißt.|5===Autor/in & Werk==
Der Missionsbischof Bonifatius wurde 672 oder 675 unter dem Namen Winfrid bei Exeter geboren und trat schon als Kind in das Kloster Exeter ein, von wo er bald ins Kloster Nursling nach Winchester wechselte. Nach Erhalt der Priesterweihe um 700 entschied er sich in angelsächsischer Tradition um 716 für die ''peregrinatio'' und begann damit sein missionarisches Wirken auf dem Kontinent. Nach anfänglichem Scheitern in Friesland kehrte er bald als Abt in das Kloster Nursling zurück, wurde aber vom Diözesanbischof 718 erneut für die ''peregrinatio'' freigestellt und erhielt auf eigene Anfrage 719 von Papst Gregor II. (sed. 715-731) einen apostolischen Missionsbefehl. Er wirkte zunächst in Thüringen, dann unter Willibrord in Friesland, ab 721 in Hessen. Seit 722 mit der Bischofswürde<ref name="ftn1">''Epistolae Bonifatii et Lulli'', ed. Tangl (MGH Epp. sel. 1), ep. 12, S. 17-18.</ref>, seit 723-724 mit einem Schutzbrief Karl Martells ausgestattet<ref name="ftn2">''Epistolae Bonifatii et Lulli'', ed. Tangl (MGH Epp. sel. 1), ep. 22, S. 36-38.</ref>, verbreitete er unter päpstlicher und karolingischer Protektion das Christentum im heutigen Mitteldeutschland<ref name="ftn3">Vgl. Willibald, ''Vita Bonifatii'', ed. Levison (MGH Script. rer. Germ. in us. schol. 57), Hannover: Hahn, 1905, cap. 6, S. 28-32.</ref>, was einen Höhepunkt in der Fällung der so genannten Donar-Eiche von Geismar um 723 fand. Päpstliche und karolingische Förderung zeigten sich 732 im Erhalt des erzbischöflichen Titels, 737-38 im Erhalt des Legatenamtes, ferner in einem 742-743 von Karlmann ausgestellten Schutzbrief.<ref name="ftn4">Wagner, Schutzbrief, S. 99-108.</ref> Seine Nähe zu den Karolingern wird u. a. von den Einhardsannalen unterstrichen, denen zufolge Bonifatius 751 im Rahmen der Absetzung des letzten Merowingerkönigs durch die Karolinger die Salbung Pippins und seiner Söhne vornahm<ref name="ftn5">''Annales regni Francorum inde a. 741 usque ad 829, qui dicuntur Annales Laurissenses maiores et Einhardi'', ed. Georg H. Pertz, Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), Hannover: Hahn, 1895, a. 750, 754, S. 9, 12.</ref>, eine Behauptung, die in der Forschung stark in Zweifel gezogen wird.<ref name="ftn6">Schneider, Königserhebung Pippins, S. 255-256.</ref> In dieser Zeit entschied sich Bonifatius dafür, nochmals missionarisch bei den Friesen aktiv zu werden, wo er um 754 bei Dokkum ermordet wurde.<ref name="ftn7">''Annales regni Francorum'', ed. Pertz, Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), a. 750, 754, S. 9, 12.</ref>
Der Missionsbischof Bonifatius wurde 672 oder 675 unter dem Namen Winfrid bei Exeter geboren und trat schon als Kind in das Kloster Exeter ein, von wo er bald ins Kloster Nursling nach Winchester wechselte. Nach Erhalt der Priesterweihe um 700 entschied er sich in angelsächsischer Tradition um 716 für die ''peregrinatio'' und begann damit sein missionarisches Wirken auf dem Kontinent. Nach anfänglichem Scheitern in Friesland kehrte er bald als Abt in das Kloster Nursling zurück, wurde aber vom Diözesanbischof 718 erneut für die ''peregrinatio'' freigestellt und erhielt auf eigene Anfrage 719 von Papst Gregor II. (sed. 715-731) einen apostolischen Missionsbefehl. Er wirkte zunächst in Thüringen, dann unter Willibrord in Friesland, ab 721 in Hessen. Seit 722 mit der Bischofswürde<ref name="ftn1">''Epistolae Bonifatii et Lulli'', ed. Tangl (MGH Epp. sel. 1), ep. 12, S. 17-18.</ref> und seit 723-724 mit einem Schutzbrief Karl Martells ausgestattet<ref name="ftn2">''Epistolae Bonifatii et Lulli'', ed. Tangl (MGH Epp. sel. 1), ep. 22, S. 36-38.</ref>, verbreitete er unter päpstlicher und karolingischer Protektion das Christentum im heutigen Mitteldeutschland<ref name="ftn3">Vgl. Willibald, ''Vita Bonifatii'', ed. Levison (MGH Script. rer. Germ. in us. schol. 57), Hannover: Hahn, 1905, cap. 6, S. 28-32.</ref>, was einen Höhepunkt in der Fällung der so genannten Donar-Eiche von Geismar um 723 fand. Päpstliche und karolingische Förderung von Bonifatius zeigten sich 732 im Erhalt des erzbischöflichen Titels, 737-38 im Erhalt des Legatenamtes, ferner in einem 742-743 von Karlmann ausgestellten Schutzbrief.<ref name="ftn4">Wagner, Schutzbrief, S. 99-108.</ref> Seine Nähe zu den Karolingern wird u. a. von den Einhardsannalen unterstrichen, denen zufolge Bonifatius 751 im Rahmen der Absetzung des letzten Merowingerkönigs durch die Karolinger die Salbung Pippins und seiner Söhne vornahm<ref name="ftn5">''Annales regni Francorum inde a. 741 usque ad 829, qui dicuntur Annales Laurissenses maiores et Einhardi'', ed. Georg H. Pertz, Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), Hannover: Hahn, 1895, a. 750, 754, S. 9, 12.</ref>, eine Behauptung, die in der Forschung stark in Zweifel gezogen wird.<ref name="ftn6">Schneider, Königserhebung Pippins, S. 255-256.</ref> In dieser Zeit entschied sich Bonifatius dafür, nochmals missionarisch bei den Friesen aktiv zu werden, wo er um 754 bei Dokkum ermordet wurde.<ref name="ftn7">''Annales regni Francorum'', ed. Pertz, Kurze (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 6), a. 750, 754, S. 9, 12.</ref>
Bonifatius ist in einen weiteren Kreis angelsächsischer Missionare einzuordnen, die im Anschluss an die so genannte iro-fränkische Mission das Werk ihrer iroschottischen Vorgänger fortsetzten und maßgeblich zur Christianisierung nicht nur der ländlichen Gebiete des Frankenreiches, sondern auch neuer, in der östlichen Peripherie des fränkischen Herrschaftsgebietes liegenden Gebiete beitrugen.<ref name="ftn8">Padberg, ''Christianisierung'', S. 81-88, 198-200, 202-204, 243-245; Fletcher, ''Conversion of Europe'', S. 204-216, 229-243, 277-283.</ref> Seine Herkunft von den britischen Inseln manifestiert sich u. a. im Schriftverkehr mit dem angelsächsischen König Aethelbert von Kent (r. 725-762) sowie mit mehreren VertreterInnen des angelsächsischen Klerus, darunter der Äbtissin Bugga.
Bonifatius ist in einen weiteren Kreis angelsächsischer Missionare einzuordnen, die im Anschluss an die so genannte iro-fränkische Mission das Werk ihrer iroschottischen Vorgänger fortsetzten und maßgeblich zur Christianisierung nicht nur der ländlichen Gebiete des Frankenreiches, sondern auch neuer, in der östlichen Peripherie des fränkischen Herrschaftsgebietes liegenden Gebiete beitrugen.<ref name="ftn8">Padberg, ''Christianisierung'', S. 81-88, 198-200, 202-204, 243-245; Fletcher, ''Conversion of Europe'', S. 204-216, 229-243, 277-283.</ref> Seine Herkunft von den britischen Inseln manifestiert sich u. a. im Schriftverkehr mit dem angelsächsischen König Aethelbert von Kent (r. 725-762) sowie mit mehreren VertreterInnen des angelsächsischen Klerus, darunter der Äbtissin Bugga.


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