Judit

Aus Kunstwissenschaft Ikonographie
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Das Buch Judit (oder auch Judith) ist eine frühjüdische Schrift, die nicht in den biblischen Kanon der katholisch-evangelischen Kirche aufgenommen wurde.

Abb. 1: Hans Holbein - Judith mit Kopf des Holofernes 1515 (Klostermuseum St. Georgen) Foto: Karin Kullmann

Der Inhalt behandelt die Geschichte jüdischen Heldin Judit. Durch ihren Mut rettet die junge Frau das jüdisches Volk, indem sie den Feldherr der Assyrer, Holofernes, köpft und so den Krieg beendet.

Ihr Name bedeutet "Jüdin".

In der Kunst wird sie häufig als Heldin und Retterin dargestellt. Durch ähnliche Bildtraditionen wird ihr Abbild oft mit dem Salomes verwechselt.

Quellen

Das Buch Judit ist nicht in die jüdische Bibel, den Tanach, aufgenommen worden, da keine Original hebräische Schrift gefunden wurde.

In der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche zählt es als deuterokanonisches Buch zum Alten Testament.

In der protestantischen Kirche wird es jedoch nicht als Teil des biblischen Kanons angesehen und ist daher nur in manchen Bibelausgaben unter den „Apokryphen“ zwischen Altem und Neuem Testament zu finden.

Da Gott in der Geschichte der Protagonistin Judit keinen Auftrag zu Handeln gibt und somit nur indirekt in das Geschehen eingreift, wurde daran gezweifelt, ob das Buch in den biblischen Kanon aufgenommen werden soll.

Leben und Wirken

Das Buch Judit besteht aus 16 Kapiteln und ist Zweigeteilt (Jdt 1-7; 8-16). Die Geschichte gründet auf einem Konkurrenzkampf zwischen dem babylonischen König Nebukadnezzar, der sich selbst als Gott versteht und JHWH, dem Gott Israels.

Krieg

Nebukadnezzar bezwang seinen östlichen Feind Arphaxad. Da die Israeliten ihm in diesem Kampf nicht zur Seite standen und sich wehrten, für ihn zu kämpfen, befahl der König seinem Heerführer Holofernes, das israelische Land im Westen anzugreifen. Die Israeliten bereiten sich auf den Wiederstand vor. Sie fasten, beten und klagen und suchen die Hilfe Gottes. "Bei erscheinen des Feindes befällt sie große Angst, und sie rufen zu Gott."[1] Die Bedrängnis des jüdischen Volkes wird in Jdt. 4-7 beispielhaft an der Stadt Betulia thematisiert. Es schwingt immer die Frage mit, wer denn nun der einzig wahre Gott sei. Die Bedrohung durch den Feldführer Holofernes ist ernst. Er ist bekannt für sein Rauben, Morden und Brandschatzen im ganzen vorderen Orient.

Rettung

David Teniers d.J. - Judith with the Head of Holofernes 1650 via Wikimediacommons

Im zweiten Teil tritt die jüdische Witwe Judit (Judith) auf. "Sie hatte eine schöne Gestalt und ein blühendes Aussehen. Ihr Gatte Manasse hatte ihr Gold und Silber, Knechte und Mägde, Vieh und Felder hinterlassen, die sie in ihrem Besitz hielt. Niemand konnte ihr etwas Böses nachsagen, denn sie war sehr gottesfürchtig."[2] Als der Mut der Bewohner von Betulia schwindet, stellt sie sich vor die Ältesten und hält eine motivierende Ansprache. Dann geht sie nach Hause und betet: Gott möge ihr zeigen , dass er der wahre Gott sei. Nach dem Gebet richtet sie sich an ihre Dienerin, die ihr schöne Gewänder und teuren Schmuck anlegt. Sie nimmt außerdem einen Schlauch Wein und ein paar Speisen mit und macht sich auf den Weg in das feindliche Lager außerhalb der Stadttore. Durch ihre Schönheit und ihren Anmut betörte sie alle Soldaten, die sie schließlich zum Zelt des Holofernes bringen. Nachdem Judit auch Holofernes betörte und mit ihm redet, schwärmt er schließlich "Von einem Ende der Erde bis zum andern gibt es keine Frau, die ihr an Schönheit und Verstand gleichkäme!"[3] Als Holofernes sie Tage später zu einem Festmahl einlädt, erscheint sie so hübsch wie immer. Es wurde viel getrunken und gegessen. Auch Judit trinkt, "Und Holofernes wurde ihretwegen immer ausgelassener, und er trank so viel Wein, wie er noch nie im Leben an einem einzigen Tag getrunken hatte."[4] Als das Fest vorbei ist und alle sich schlafen legen, bleibt Judit allein mit Holofernes in seinem Zelt. Dieser schläft tief und fest. Judit betet zu ihrem Gott und bittet um Kraft für ihr Vorhaben. Dann nimmt sie das Schwert des Holofernes und schlägt dem Feldführer mit zwei Hieben den Kopf ab. Den Kopf versteckt sie mithilfe ihrer Dienerin in einem Sack und die beiden Frauen verlassen das Lager unauffällig. Sie kehren in ihre Stadt zurück, in der sie mit jubeln empfangen werden. Judit bestätigt, dass sie zwar Holofernes durch ihren bloßen Anblick verführt und ins Verderben gestürzt hatte, dass sie aber nicht durch Sünde oder Schändung befleckt worden sei. Die Anderen rufen: "Der Herr hat ihn durch die Hand einer Frau erschlagen."[5] Die restlichen Männer der Assyrer packte das Entsetzen, als sie sahen, wie eine vermeidliche Sklavin das Geschlecht der Könige geschändet hatte. Sie nehmen ihre Sachen und verlassen einer nach dem anderen die Belagerung, jeder in eine andere Richtung da keiner mehr bei dem anderen sein wollte.

Legende

Judit repräsentiert somit viele fromme Frauen, die oft in der Bibel zu kurz kommen und nicht gewürdigt werden. Sie rettet als einzelne Frau, mit der Hilfe ihrer Dienerin, eine ganze Stadt und so vielleicht auch das ganze Volk Israel. In dieser romanhaften theologischen Lehrerzählung handelt sie nicht im Auftrag Gottes, sondern aus eigenem Glaube und aus eigener Hand. Ihre Schönheit und Weisheit sind beispielslose Mittel zur Bekämpfung des Bösen. Daher verbildlicht Judit in "illustrierten religiösen Erbauungsschriften den Sieg der Tugend über das Laster."[6]

Im thematischen Zusammenhang hängt auch der Topos der Weibermacht. Der Diskurs über Weiberlisten und Weibermacht benennt eine Reversion der traditionellen Geschlechterrollen, in der die Frauen die Macht haben und diese listig anwenden. Die Paarungen der bildenden Kunst sind immer wieder: Samson und Delila, Aristoteles und Phyllis aber auch Herodes und Salome sowie Judit und Holofernes. In diesen exemplarischen Darstellungen sind die Männer keine zu besiegenden Feinde, sondern als wehrlose Opfer der Verführungskraft der Frauen zu sehen. Auch heute noch ein sehr aktuelles Thema, da diese Frauen und deren Geschichten Geschlechterverhältnisse und Verhaltensnormen hinterfragen.[7]

Bildtraditionen

Michelangelo - Judith und Holofernes in sixtinische Kapelle, Rom (1508 - 1512) via Wikimediacommons by Immanuel Giel

Attribute

Das Buch Judit spiegelt zahlreiche jüdische Gebräuche zu dieser Zeit wieder:

  • Judit als fromme, reiche Frau, die sich in Trauerklage befindet und Kleider einer Witwe trägt
  • regelmäßiges Beten, mit festen Zeiten und Orten
  • sie enthält sich heidnischer Speisen -> Fasten aufgrund der Witwenschaft, außer an Festen und Freudentagen des Hauses Israel
  • jeden Abend in fließendem Wasser baden, als Zeichen der Reinheit und Unschuld
  • auch Weisheit spielt in der apokryphischen Literatur eine große Rolle

-> Judit verkörpert durch ihren gut durchdachten Plan und ihren Mut diesen umzusetzen diese Weisheit

Judit als Retterin des Israelischen Volk wird in der Kunst mit diesen Attributen dargestellt:

  • als schöne, oft junge Frau, die mit ihrem Aussehen verführen kann
  • Schöne teure Kleidung und lange Gewänder in prächtigen Farben
  • in Begleitung einer zweite Frau, der Dienerin und Gehilfin, zu sehen
  • Langes Schwert des Holofernes
  • Haupt des Holofernes
  • Griff in den Haarschopf des abgetrennten Kopfes als Triumphgestus
  • Sack, in dem das Haupt transportiert wird
  • Hintergrund: Zelteingang, Vorhang als Verweis auf Ort des Geschehens

Judit und Salome

Da Judit im Gegensatz zu Salome eine gute Tat begeht, wird Judit als den Schönheitsidealen der jeweiligen Zeit entsprechend dargestellt wohingegen Salomes Darstellungen teilweise als hässlich und garstig gelten sollen. Das Attribut der Schüssel ist eigentlich ein ikonographisch eindeutiger Verweis auf Salome und ihre Geschichte. Bei manchen Darstellungen, die nicht eindeutig zu betiteln sind und identifizieren lassen, kann der Typus "Judith mit Schüssel" sich durch rein pragmatische Gründe erschließen lassen: ein Männerhaupt sei auf einem Teller nun einmal deutlicher darzustellen als in einem Sack - getreu nach Judits Geschichte.[8]

Eine thematische Verknüpfung der zeitgenössischen Heldin Judit mit der manipulierenden und hinterlistigen Salome bedeutet für sie eine veränderte Sicht auf ihren traditionellen Heldenstatus. In Werke, die nicht eindeutig zuzuordnen sind, spiegelt sich die Wahrnehmung der jüdischen Heldin vornehmlich als Männermörderin.[9]

Darstellungsmotive

Insbesondere die Rennaissance und Barock waren heldenhafte Darstellungen ein sehr beliebtes Bildmotiv. So wurde auch die Szene der Enthauptung in der abendländischen Kunst oft dargestellt.

Porträts

  • Benjamin-Constant - Judith (1886)

Judit tötet Holofernes

  • Michelangelo Merisi da Caravaggio - Judith enthauptet Holofernes (um 1598)
  • Artemisia Gentileschi - Judith tötet Holofernes (um 1619)
  • Paolo Fiammingo - Judith beheading Holofernes (1580 - 1590)

Judit mit Kopf des Holofernes

  • Carlo Saraceni - Judit mit Kopf des Holofernes (um 1615)
  • Sandro Botticelli - Judith with the Head of Holofernes (1497 - 1500)
  • Lucas Cranach d.Ä. - Judith with the head of Holofernes (um 1530)
  • Matteo di Giovanni - Judith with the head of Holofernes (1490 -1495)
  • Hans Holbein - Judith mit Kopf des Holofernes (1515) Klosterkirche St. Georgen

-> Abbildung 1 zeigt das Wandgemälde in der Klosterkirche in St. Georgen in Stein am Rhein, Schweiz. Bernd Konrad schrieb über diese Wandgemälde eine Abhandlung über den Ursprung der Heldenfigurationen in der Klosterkirche. Dort benennt er nebeneinander Artemisia, Lukretia und Tomyris/Judith (Abb1). Konrad ist sich sicher, es haben mehrere Maler an den Werken mitgewirkt. Durch Vergleiche zu regionalen Kunstwerken, die zu dieser Zeit entstanden sind und der bekannten Reise der Holbein-Brüder nach Basel im Jahr 1515, kommt er zu dem Entschluss sowohl Ambrosius Holbein als auch sein Bruder Hans Holbein d. J. haben sich in Stein am Rhein verewigt. Durch Rezeptionsästhetische und Stilgeschichtliche Analyse resultiert er: "Die Konsequenz dieser Beobachtungen lautet: Ist die Nachzeichnung mit Recht Hans Holbein d. J. zuzuschreiben, so war auch er in Stein am Rhein! Dabei käme sein Anteil an den Ausmalungen deutlicher zum Vorschein als der Anteil seines Bruders."[10]

Bezüglich der Identifikation der Frauenfigur ist sich Konrad nicht ganz sicher. Er betitelt das Werk mit "Tomyris oder Judith". Dennoch kann die Gestalt als Judit identifiziert werden, da ihre Attribute eindeutig zuzuordnen sind: Das lange Schwert, der abgetrennte Männerkopf, in dessen Haarschopf die Frau greift, ihr langes Gewand und der Schmuck, der von einem Wohlhabenden Status zeugen und die Tatsache, dass es sich um eine "schöne Frau"[11] handelt.

Rückkehr nach Betulia

  • Sandro Botticelli - Rückkehr der Judith nach Bethulia (1469 - 1470)

Bilderzyklen und Fresken

  • Michelangelo Buonarroti - Dekenfresko der Sixtinische Kapelle in Rom - Ausschnitt von Judith und Holofernes in einem der großen Eckwinkel
  • Die Gestalt der Judit erscheint auch in bildlichen Darstellungen der Neun Guten Heldinnen, sie ist in dieser ikonografischen Reihe eine der drei Vertreterinnen des Judentums.

Quellen- /Literaturverzeichnis

  • Brigitte Reineke, Bernardo Strozzi. Salome oder Judith: Die Inszenierung einer berühmt-berüchtigten Bibelgestalt, in: Jahrbuch der Berliner Museen, Staatliche Museen zu Berlin (Hrsg.) ,Berlin 2006, S. 47 - 53.
  • Brigitte Riese, Seemanns Lexikon der Ikonographie. Religiöse und Profane Bildmotive, Leipzig 2007, S. 213.
  • Bettina Uppenkamp, Judith und Holofernes in der italienischen Malerei des Barock, Berlin 2004.
  • Bernd Konrad, Die Wandgemälde im Festsaal des St.-Georgen-Kloster zu Stein am Rhein, in: Schaffhauser Beiträge zur Geschichte, Schaffhausen 1992, S. 86 - 93.
  • Kurt Henning, Jerusalemer Bibellexikon, Stuttgart 1990, S.459f.
  • Lutherbibel revidiert 2017, Judit 1-16 via www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen (29.03.2022).
  • Das Bibelwerk, Das Buch Judit, Katholisches Bibelwerk e.V., Stuttgart, via www.bibelwerk.de/verein/was-wir-bieten/materialpool/biblische-buecher/judit (29.03.2022).
  1. Kurt Henning, Jerusalemer Bibellexikon, Stuttgart 1990, S. 459.
  2. Lutherbibel 2017 revidiert, Judit 8, 7-8.
  3. Lutherbibel 2017 revidiert, Judit 11, 21.
  4. Lutherbibel 2017 revidiert, Judit 12, 20.
  5. Lutherbibel 2017 revidiert, Judit 13, 15.
  6. Vgl. Brigitte Riese, Seemanns Lexikon der Ikonographie. Religiöse und Profane Bildmotive, Leipzig 2007, S. 213.
  7. Brigitte Reineke, Bernardo Strozzi. Salome oder Judith: Die Inszenierung einer berühmt-berüchtigten Bibelgestalt, in: Jahrbuch der Berliner Museen, Staatliche Museen zu Berlin (Hrsg.) ,Berlin 2006, S.53.
  8. Vgl. Brigitte Reineke, Bernardo Strozzi. Salome oder Judith: Die Inszenierung einer berühmt-berüchtigten Bibelgestalt, in: Jahrbuch der Berliner Museen, Staatliche Museen zu Berlin (Hrsg.) ,Berlin 2006, S. 52.
  9. Brigitte Reineke, Bernardo Strozzi. Salome oder Judith: Die Inszenierung einer berühmt-berüchtigten Bibelgestalt, in: Jahrbuch der Berliner Museen, Staatliche Museen zu Berlin (Hrsg.) ,Berlin 2006, S.53.
  10. Bernd Konrad, Die Wandgemälde im Festsaal des St.-Georgen-Kloster zu Stein am Rhein, in: Schaffhauser Beiträge zur Geschichte, Schaffhausen 1992, S. 92.
  11. Bernd Konrad, Die Wandgemälde im Festsaal des St.-Georgen-Kloster zu Stein am Rhein, in: Schaffhauser Beiträge zur Geschichte, Schaffhausen 1992, S. 90.