Albrecht von Kemenâten

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Im Goldemar-Fragment nennt sich der Dichter selbst "Albreht von Kemenâten"[1], eine solche Namensnennung stellt ein Novum innerhalb der aventiurehaften Dietrichepik und einen Ausnahmefall in der mittelhochdeutschen Heldenepik dar. Es finden sich keine eindeutig zuordenbare historiographischen/chronikalen Zeugnisse über den Verfasser. Außerhalb des Werkes selbst existieren nur zwei Quellen ein- und derselben Erzählinstanz, die einen Albrecht von Kemenaten als Dichter benennen: Ein Lob des Epikers Rudolf von Ems innerhalb seiner "Verfasserkataloge" in den Prologen von "Alexander"[2] und "Wilehalm von Orlens".[3] Damit existiert im Vergleich zu "Heinrich dem Vogelær", der benannten Erzähl- bzw. Vermittlerinstanz in Dietrichs Flucht zumindest 1 Sekundärquelle, weshalb der gegenwärtige Konsens der Forschung nicht wie im genannten Fall von einer fingierten Erzählinstanz ausgeht, gleichwohl keinerlei neue Erkenntnisse aufgrund der mangelnden Quellenlage in Aussicht stehen. Schneider hält bei Albrecht von Kemenaten einzig an der These einer späten Autorfiktion innerhalb der Überlieferung der Sage fest [4].

Invention des Bernertons

Siehe Artikel: Bernerton

Die ältere Forschung (so auch Zupitza [5] sah aufgrund des Bernertons, aus formalen und stilistischen Gründen Albrecht von Kemenaten auch als Verfasser des "Eckenliedes", "Sigenots" und der "Virginal" an, diese These gilt aber inzwischen als überholt.[6] De Boor wiederum erwog Albrecht als Urheber des Bernertons [7] argumentiert dagegen, dass es sich beim Bernerton mit Kreuzreim, wie er im Goldemar Anwendung findet, um die jüngere Ausprägung desselben handelt.

Auktoriale Motivation

Aus der ungewöhnlichen Selbstbenennung des Dichters heraus und der sehr friedsamen gesitteten Wortwahl des entfalteten Konfliktdialogs der beiden Figuren in den wenigen enthaltenen Strophen entwickelt Millet den Vorschlag, dass Albrecht als kritischer Rezipient des "Laurins" die Brutalität in der Darstellung der Riesenkämpfe abgelehnt haben könnte und mit seiner Goldemar-Bearbeitung den Versuch unternommen habe, den Sagenstoff aus der aventiruehaften Heldenepik gänzlich in die höfische Ritterepik zu überführen [8]. Die Figur Dietrichs von Bern würde somit noch mehr an die Rolle des Ritterheiligen Georgs bewegt werden, der ebenso in der historischen Dietrichepik idealisiert wird. De Boor sieht den Anlass für die Selbstnennenung trotz der von Heinzle abgelehnten These in der besonderen Ausprägung des Bernertons gegeben.

Lokalisierungsthesen

Der Name "Kemenaten" hat im 13. Jahrhundert weite Verbreitung als Orts- und Familienname. Schröder [9] verwies auf das schwäbische Ministerialiengeschlecht von Kemenaten bei Großbeuren mit seinem bedeutsamsten Vertreter Volkmar dem Weisen, Zingerle [10] zu seiner Zeit auf einen Anfang des 13. Jahrhunderts bezeugten "Albertus de Chemenaten" eines Südtiroler Ministerialiengeschlechts.[11] Aus letztgenannten Aufzeichnungen schloss Klaass [12] auf dieselbe Person, die auch im Thurgau bezeugt sei; datierte dem zugrunde Albrechts Schaffensjahre auf 1230 bis 1240. Steinmeyer schloss aus den mitgenannten Nennungen in Rudolfs Prologen bereits auf das Jahr 1240, davon ausgehend dass es sich um Zeitgenossen Albrechts handelte. [13]

Einzelnachweise

  1. (Str. 2, V. 1–4):
    Nu merkt, ir herren, daz ist reht:
    von Kemenâten Albreht
    der tihte ditze mære,
    wie daz der Berner vil guot
    nie gwan gên vrouwen hôhen muot.

    (Strophenzählung nach Zupitza 1870.
  2. (V. 3252 f.):
    Von Kemenât her Albreht
    des kunst gert witer schouwe.

    Textausgabe: Alexander, hg. von Victor Junk, Leipzig 1928
    (wiedergegeben u. übersetzt bei [Heinzle 1999]:104)
  3. (V. 2243 f.):
    Ŏch hetti úch mit wishait
    Her Albreht bas denne ich gesait,
    Von Keminat der wise man,
    der maisterliche tihten kan.

    Textausgabe: Wilehalm von Orlens, hg. von Victor Junk, Berlin 1905. (Deutsche Texte des Mittelalters 2)
    (wiedergegeben u. übersetzt bei [Heinzle 1999]:105)
  4. Schneider 1962, S. 269.
  5. Zupitza 1870, S. 46
  6. De Boor 1997, S. 142.
  7. De Boor 1961, S. 20, Heinzle, S. 103.
  8. Millet 2008, S. 335.
  9. Schröder 1930, S. 233.
  10. Zingerle 1856, S. 295.
  11. Die Thesen De Boors, Schneiders, Schröders und Zingerles zur Autorschaft Albrechts kompakt zusammengetragen bei:
    Heinzle, Joachim: Albrecht von Kemenaten, Die deutsche Literatur des Mittelalters: Verfasserlexikon, hg. von Kurt Ruh [u.a.], Bd. 1, Berlin/New York 1978, S. 196-198.
  12. Klaass 1936, S. 57.
  13. Steinmeyer 1871.

Literatur

<harvardreferences />

  • De Boor, Helmut: Albrecht von Kemnaten, in: Unterscheidung und Bewahrung. Festschrift für Herman Kunisch, Berlin 1961, S. 20-30.
  • De Boor, Helmut: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter. Erster Teil 1250-1350, neubearbeitet von Johannes Janota, München 1997.
  • Heinzle, Joachim: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik, Berlin/New York 1999, S. 103-105.
  • Klaass, Eberhard: Goldemar, in: VfL 11 (1936), S. 55-57.
  • Millet, Victor: Germanische Heldendichtung im Mittelalter. Eie Einführung, Berlin, New York 2008.
  • Schneider, Hermann: Germanische Heldensage. Deutsche Heldensage Band I. 2. unveränderte Auflage mit einem Nachwort und Ergänzung von Ruth Wischnewski, Berlin 1962. (Grundriss der Germanischen Philologie,10,1)
  • Schröder, Edward: Rudolf von Ems u. sein Litteraturkreis, in: ZdfA 67 (1930), S. 209-251.
  • von Steinmeyer, Elias: Das jüngere Gedicht vom Riesen Sigenot, in: Altdeutsche Studien, hg. von Oskar Jänicke, Elias von Steinmeyer, Wilhelm Wilmans, Berlin 1871, S. 63—94.
  • Zingerle, Ignaz Vinzenz: Albrecht von Kemenaten, in: Germania I (1856), S. 295-296.
  • Dietrichs Abenteuer von Albrecht von Kemenaten nebst den Bruchstücken von Dietrich und Wenezlan, hg. von Julius Zupitza, Berlin 1870. (Deutsches Heldenbuch, Fünfter Teil)