Jagd (Gottfried von Straßburg, Tristan)

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Dieser Artikel behandelt die Verwendung des Jagdmotives in Gottfrieds von Straßburg Tristan.

Verwendung des Jagdmotives in der mittelalterlichen Literatur

Datei:Jagd 02.jpg
Freiherr Konrad (?) von Suonegge bläst auf dem Horn bei der Hirschjagd. Zürich (?), um 1314., Manessesche Liederhandschrift

Das Motiv der Jagd ist ein in der mittelalterlichen Literatur häufig wiederkehrendes Thema. Im Mittelpunkt der Darstellung steht zumeist die Jagd als Teil höfischer Gesellschaftsrituale.[1]

Die Jagd fungiert in der Regel als Handlungsgerüst im Rahmen der feudalen Unterhaltungskultur.[2] So wird Siegfried im Nibelungenlied während der Jagd hinterhältig ermordet und steht somit sinnbildlich für den Niedergang der höfischen Gesellschaft im weiteren Handlungsverlauf. Im Eneasroman Heinrichs von Veldeke werden Eneas und Dido während eines Unwetters von der Jagdgesellschaft getrennt und schlafen im Folgenden miteinander. Das führt zu Problemen, da Dido eigentlich schon einem anderen Mann versprochen ist. Auch hier zeigt sich, dass mit einer reibungslos ablaufenden Jagd ein Funktionieren der Gesellschaft zusammenhängt und erst durch die Trennung von der Jagdgesellschaft wird das unhöfische Verhalten der Protagonisten möglich gemacht.

Metaphorik der Jagd im Tristan

Anders als in den meisten anderen mittelalterlichen Werken zieht sich das Motiv der Jagd im Tristan durch den gesamten Roman. Wie ein Leitmotiv umrahmen verschiedene Jagdszenarien wichtige Schritte im Handlungsverlauf. Bereits die Einführung Tristans in die Hofgesellschaft Markes geschieht während einer Treibjagd auf einen Hirsch. Tristans Jagdkünste sind denen von Markes Jägern überlegen, wie durch seine Demonstration des Entbästens des Hirsches gezeigt wird. Tristan zeigt seine Jagdkunst und gewinnt die Sympathie des Hofes und die Zuneigung des Königs: als was der guote Tristan sider/ ein lieber hoveman under in./ künec unde gesinde haeten in/ in guoter gesellschaft (V.3486-3489).

Auch die Minnegrotte gegen Ende der Handlung steht ganz im Zeichen der Jagd, sie wurde von Tristan während der Jagd entdeckt:

dâ wiste Tristan lange ê wol
in einem wilden berge ein hol,
daz haete er z'einen stunden
von âventiure vunden.
dô was er dâ geriten jagen
und haete in sîn wec dar getragen (T 16683 - 16688)[3]


Auch während ihres Aufenthaltes in der Minnegrotte taucht das Jagdmotiv wieder auf. Zum Zeitvertreib gehen Tristan und Isolde auf die Jagd.

mit dem vertriben si manegen tac,
niht durch dekeinen den bejac,
der san dolhen dingen lît,
niuwan durch die kurzen zît,
die man hie mite haben sol. (T 17261 - 17265)

Fernab der höfischen Gesellschaft wird der Jagd wieder ihre ursprüngliche Metaphorik zuteil, Unterhaltungskultur, die für etwas Funktionierendes steht. Gottfried von Straßburg spielt hier mit dem Motiv und rechtfertigt damit die Beziehung zwischen Tristan und Isolde.
Doch auch ihrer Entdeckung durch Marke geht wieder eine Jagdszene voraus. Der trauernde Marke geht auf die Jagd und verfolgt einen Hirsch, der zunächst allerdings entkommt. Die Jäger folgen der Fährte und entdecken die Liebesgrotte. Daraufhin begeben sich alle zurück an den Hof, Tristan und Isolde trennen sich.
Betrachtet man die gesamte Handlung, so wird sie von Jagdszenen umrahmt. Tristans Ankunft am Hof und sein Abschied werden jeweils von einem Jagdausflug begleitet.

Marjodos Traum

An dem Abend, als sich Tristan heimlich wegschleicht, um Isolde zu treffen, wird der Traum des Truchsessen Marjodo beschrieben. Darin sieht er einen Eber, der aus dem Wald an den Hof kommt und in das königliche Schloss stürmt. Er rennt zu Markes Gemächern:

daz sîn bette solte sîn,
daz tewarf er hin unde her.
mit sînem schûme solget er
daz bette und al die bettewât,
diu küneges bette bestât. (T 13529 - 13534)

Die klassische Jagdbeute Eber ist hier eindeutig sexuell konnotiert und sowohl dem Leser als auch Marjodo wird schnell klar, dass es sich dabei wohl um Tristan selbst handelt. Der Truchsess folgt Tristans Spuren im Schnee und beobachtet die Liebenden.

Drachenkampf

Nach dem Kampf mit dem Drachen schneidet Tristan auf Raten Brangänes dem Drachen die Zunge heraus. Die Tatsache, dass er damit den Beweis für die Tötung bringt und nicht etwa der Truchsess mit dem Kopf des Drachen, geht auf einen alten Jagdbrauch zurück. In der griechischen Mythologie erschlug der Held Alkathoos einen Löwen, der das Land bedrohte. Nachdem der Löwe besiegt war, gaben viele Andere an, den Löwen erlegt zu haben, doch '"Alkathos zog die dem Untier ausgeschnittene Zunge aus seinem Reisesack und strafte so die Schelme Lügen (...)."' [4]

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Entbästung des Hirsches: Furkie_und_Curie_(Gottfried_von_Straßburg,_Tristan)

Quellen

  1. Jagd und Höfische Kultur im Mittelalter; Werner Rösener (Hrsg.); Göttingen; 1997
  2. Burkhardt Krause; Die Jagd als Lebensform und höfisches 'spil'; Stuttgart; 1996
  3. Gottfried von Straßburg; Ranke, Friedrich (Übers.); Tristan, Band 1 und 2; Reclam; Stuttgart; 2007
  4. Burkardt Krause; 1996; zitiert Karl Meuli; Griechische Opferbräuche