Morold (Gottfried von Straßburg, Tristan)

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Im Kampf gegen Morold kämpt Tristan auf der Seite Markes und befreit Cornwall von der Zinssteuer Morolds. Der Moroldkampf ist der einzige Kampf, in dem Tristan für Gerechtigkeit eintritt und dabei nicht aus persönlicher Motivation handelt. Seine Rolle als Ritter wird Tristan im Kampf mit Morold besonders deutlich und es ist ihm möglich in Verhandlungen mit Morold Wortgewalt und taktische Größe zu beweisen.


Die Figur Morold

Alexander J. Denomy weist darauf hin, dass der Name Morolds in altfranzösischen Texten immer als undeklinierbare Form mit bestimmtem Artikel auftaucht. Daraus leitet er ab, dass "Morold" eher attributiv, beschreibend zu verstehen ist und dem Träger des Namens bestimmte Persönlichkeits- oder physische Merkmale zuweist. Die Herkunft des Namens sei ungeklärt. Denomy stellt die Hypothese auf, dass der Name Morold ("Morholt") auf das Irische mor: riesig, groß und eine durch Lautwandel zustande gekommene Abwandlung des Namens Goliath zurückzuführen sei. Folgt man dieser etymologischen Herleitung, so wäre schon in Morolds Namen ein direkter Verweis auf die typologische Funktion des Kampfes zwischen Morold und Tristan gegeben. Morolds Rolle wäre die des unverwundbaren Gegners, Vorkämpfer einer aggressiven Macht, Tristans Rolle in Anspielung auf den biblischen David die des unerfahrenen aber wunderbaren Jünglings, der auf Seiten der Gerechtigkeit kämpft und siegt. [Denomy 1956]

Morolds Name wird auch etymologisch mit Meer verbunden. In diesem Fall kann Tristans Kampf mit dem Riesen Morold als eine Anspielung auf die irische Sage gesehen werden, in der die Fomori, menschenverschlingende Seeungeheuer, durch den Helden besiegt wird. Bei Gottfried werden von Morold auch dreißig junge Männer als Tribut fortgeschleppt. Tristan tötet Morold und hat die Rolle des Erlösers und Retters in dieser Szene. [Huber 2000: 66-67]

Vorbereitung Tristans zum Kampf

In seiner Rede droht Tristan Morold mit :gewalte (V. 6299)[1] und herverten (V. 6302) Doch es bleibt nicht nur bei leeren Drohungen, sondern er argumentiert auch auf juristischer Ebene und spricht beispielsweise eine Klausel des Zinsvertrags an. Schließlich stellt er Morold vor die Wahl: Kampf oder lantstrit (V. 6381). Morold entscheidet sich für den Zweikampf und glaubt unermüdlich an seine Kraft. Dies wird von Gottfried als überheblich gewertet : als'hovart (V. 7229) Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Beschreibung von Tristans Rüstung. Die Rüstung ist spiegelbildlich für seine Kampfbereitschaft und hat großen, symbolischen Charakter:

edeler muot und reiner art/under helme nie bedecket wart (V. 6719)

Tristan wird von Marke mit Sporen, Waffenriemen, Waffenrock , einem Helm , einem Schild und einem Schwert ausgerüstet.

Sieg Tristans

Die Kampfhandlung ist in drei Waffengängen untergliedert. Der erste verläuft neutral. Hier kann keiner der beiden Kämpfer einen eindeutigen Sieg erringen.

si kâmen mit gelîcher ger
gelîche vliegende her,
daz sî diu sper zerstâchen,
daz s´in den schilten brâchen
wol ze tûsent stucken.

Mit gleicher Entschlossenheit kamen sie
wie beflügelt aufeinander zu,
so daß sie die Lanzen zersplitterten
und ihnen die Schilde zerbarsten
in tausend Stücke.
(V. 6858-68561)


Im Zweiten hat Morold die Überhand.

der veige vâlandes man
der slouc sô crefteclîche ûf in,
daz er im craft unde sin
vil nâch mit slegen haete benomen.
waere ime der schilt ze staten niht komen,
under dem er sich mit listen
kunde schirmen unde vristen,
weder helm noch halsperc
noch kein sîn ander kampfwerc
daz enhaete in dâ niht vür getragen,
ern haete in durch die ringe erslagen.
ern liez im nie die state geschehen,
daz er vor slegen möhte ûf gesehen.
sus gieng er in mit slegen an,
biz er´m mit slegen an gewan,
daz Tristan von der lege nôt
'den schilt ze verre von im bôt
unde den schirm ze hôhe trouc,
biz er im durch daz diech slouc
einen âlso herzlîchen slac,
der vil nâch hin zem tôde wac,
daz ime daz vleisch und daz bein
durch hosen und durch halsperc schein
und daz daz blout ûf schraete
und after dem werde waete.

Der verwünschte Mann des Teufels
schlug so mächtig auf ihn ein,
daß er ihm alle Kraft und Besinnung
mit seinen Hieben um ein Haar geraubt hätte.
Wäre sein Schild ihm nicht nützlich gewesen,
unter dem er sich geschickt
abschirmen und schützen konnte,
hätten weder Helm noch Brustpanzer
noch seine übrige Rüstung
ihm da weitergeholfen.
Morold hätte ihn durch den Ringpanzer hindurch erschlagen.
Er gab ihm keine Möglichkeit,
vor lauter Schlägen einmal aufzublicken.
So griff er ihn mit Schlägen an,
bis er ihn mit Schlägen so bezwang,
daß Tristan in seiner Bedrängnis
den Schild zu weit von sich weghielt
'und den Schutz etwas zu hoch trug,
bis er ihm durch den Schenkel schlug
mit einem bösen Hieb,
der ihn fast tötete,
so schlimm,daß Fleisch und Knochen ihm
durch Beinlinge und Panzer schauten
und das Blut aufspritzte
und über die Insel strömte.
(V. 6906-6930)


Im dritten Durchgang siegt Tristan, da ihm Gott und das Recht zur Hilfe kommen.

daz swert daz nam er und gab daz
ze beiden sînen handen.
er slouc sînem anden
daz houbet mit der cuppen abe.

Er nahm das Schwert
in beide Hände.
Er schlug seinem Feind
den Kopf ab mitsamt dem Kopfschutz.
(V. 7082-7085)

Das Vertrauen auf Gott wird nur nebensächlich erwähnt, führt jedoch zum schichsalhaften Ende des Kampfes. Hier ist ein Vergleich zum Gottesurteil von Isolde möglich, da Gott in dieser Szene ebenfalls die Instanz ist ,die über den Ausgang der Handlung entscheidet. Tristan ist jedoch nicht zur Gnade fähig und schlägt Morold den Kopf ab.

Der Held wird nach seinem Sieg bejubelt und große Ehre zuteil. Das Verhängnisvolle seiner Tat, zeigt sich allerdings im weiterem Verlauf:

Aufgrund seiner Wunde, die ihm Morold zufügte, bricht Tristan nach Irland auf , was ihn letztendlich zu Isolde führt.

Literaturnachweis

  1. Zitationen aus dem Tristan-Text sind zu finden in: Gottfried von Straßburg: Tristan. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu hg., ins Neuhochdeutsche übers., mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn, Bd. 1 u. 2: Text, Bd. 3: Kommentar, 8./9./12. Aufl., Stuttgart 2007-2008 (RUB 4471-4473)
  • [*Denomy 1956] Denomy, Alexander J. (1956): Tristan and the Morholt. David and Goliath. In: Mediaeval Studies (28), S. 224–232.
  • [*Barandun ] Barandun,Anina:Die Tristan Trigonometrie des Gottfried von Straßbug. Zwei Liebende und ein Dritter.A Vrancke Verlag Tübingen und Basel.S.61-65
  • [*Huber 2000] Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg: Tristan Berlin 2000.