Providenz und Kontingenz im Parzival: Unterschied zwischen den Versionen
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Dieser Artikel wird sich zunächst mit den Begriffen von Providenz und Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur und dem zugrunde liegenden Weltbild befassen. Im Anschluss daran sollen ausgewählte Szenen im ''Parzival'' analysiert und interpretiert werden. | |||
Das Weltbild der mittelalterlichen Literatur basiert auf der Annahme, dass der Held, trotz allerlei Widrigkeiten und Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, unmöglich scheitern kann. Der positive Ausgang der Geschichte scheint in der Artusdichtung | = Providenz und Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur = | ||
Das Weltbild der mittelalterlichen Literatur basiert auf der Annahme, dass der Held, trotz allerlei Widrigkeiten und Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, unmöglich scheitern kann. Der positive Ausgang der Geschichte wurde vom mittelalterlichen Publikum erwartet und gefordert, insofern scheint das Scheitern des Helden auch in der Artusdichtung bereits von Vornherein unmöglich. Hinter allem Geschehen steht die lenkende Kraft Gottes und dessen ''Vorsehung'' (Providenz). Ihr untergeordnet muss auch der ''Zufall'' (Kontingenz), der in immer neuen Wendungen auftritt und den Helden mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, letztendlich auf das von Gott geplante Ziel hinführen. Schulz weist darauf hin, dass "auch das arbiträr-sinnlose Walten der ''Fortuna'' (der Personifikation der Kontingenz) einer höheren Ordnung unterworfen" ist, insofern zwischen Providenz und Kontingenz eine Hierarchie besteht. [*Schulz 2012: 298] | |||
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Fortuna als Personifikation des Zufalls wird in der antiken und mittelalterlichen Literatur als "Instrument der göttlichen Vorsehung" gesehen und ihre Eingriffe in das Schicksal der Protagonisten der Erzählung als "Prüfsteine" auf dem Weg zum vorbestimmten Ziel gewertet. [Schulz 2012: Vgl. 298] Diese Prüfungen und Hindernisse, die der Zufall dem Helden in den Weg legt, sind somit auch "nur als Mittel providentieller Fügung" [Schulz 2012: 298] zu lesen. | |||
= Ausgewählte Stellen im ''Parzival'' = | = Ausgewählte Stellen im ''Parzival'' = | ||
== Gahmuret auf hoher See == | |||
Gahmuret trifft mitten auf dem Meer auf Schiff. Schiff ist auf dem Weg zu Belacane. Er erhält Isenharts Rüstung. Erst ziellos, dann Treffen, dann nach Spanien. Zufall/Fortuna/Kontingenz? -> Providenz | |||
[[Frau Aventiure in Wolframs Parzival]] Buch 1: Gahmurets Seefahrt (57,29 - 58,26) Erzähler verteidigt Glaubwürdigkeit / Szene wirkt extrem unglaubhaft mit Rückgriff auf Frau Aventiure als Quelle ( [[Frau Aventiure in Wolframs Parzival|Frau Aventiure]] | |||
== Gawan und Gringuljete == | |||
Gawan hat eine aussergewöhnlich tiefgehende Bindung zu seinem [[Tiere und ihre Bedeutung (Wolfram von Eschenbach, Parzival)# Gralspferde|Gralspferd]] Gringuljete. Als er ihn im Kampf mit Ritter Urjans verliert, beginnen auch die persönlichen Nöte des Ritters. Lewis weist darauf hin, dass das "Ersatzpferd" Orgeluses gleichsam den "seelischen Tiefpunkt des Helden" repräsentiert, der nun gegenüber Orgeluse lächerlich wirkt und ihren Spott ertragen muss (531,8-9), kampfuntauglich (530,23-531,4) und ziellos erscheint. [Lewis 1974:123] Gawan scheint also mit dem Verlust seines Pferdes von Gott und Glück verlassen. Ausgerechnet dieses Pferd, gewinnt er einige Zeit später jedoch im Kampf gegen den Ritter Lischoys Gwelljus zurück. Dass Gringuljete von Urjans auf Lischoys übergegangen ist und nun im Kampf zu seinem eigentlichen Besitzer Gawan zurückfindet, mag zufällig wirken. Gawan sieht darin jedoch einen Eingriff Gottes: ''...ob duz bist, got hât dich wider / mir schône gesendet, / der dicke kumber wendet.' '' (540,22-24: ...Wenn du es bist, dann hat dich Gott, / der oft das Üble zum Guten wendet, / wirklich schön zurück zu mir gesandt.") Gawan fühlt also Glück und Gottes Schutz zurückgekehrt und erwartet zugleich auch das Ende seiner Schwierigkeiten. [Lewis 1974: Vgl. 124] | |||
== Parzival und die verlorenen Spuren == | |||
Parzival folgt nach dem [[Parzivals Faux Pas auf der Gralsburg: Die Rolle der Erziehung | Faux Pas]] auf [[Munsalvaesche (Wolfram von Eschenbach, Parzival) | Munsalvaesche]] [[Das Motiv des Niemandslands im Parzival (Funktion und Bedeutung)#Der Weg fort von Munsalvaesche | Spuren]], die er im Hof der Burg entdeckt hat. Diese werden zunächst schwächer, verteilen sich in verschiedene Richtungen und verschwinden am Ende vollends. Dann folgt er einer neuen, akustischen Spur (Sigunes Wehklagen) zu [[Sigune (Wolfram von Eschenbach, Parzival)|Sigune]]. Diese klärt ihn über die Gralsburg auf, führt ihn dann aber wieder auf den falschen Weg, um ihn vor Unheil zu schützen. Trotzdem trifft er erneut auf Spuren, denen er folgt und die ihn zum [[Das Zelt als Zeichen und Handlungsraum | Lager von Jeschute und Orilus]] (und danach zum Artuslager) leiten. | |||
Obwohl Parzival also die leitenden Spuren verliert und auch Sigune versucht, ihn in die Irre zu leiten, findet der Held den richtigen Weg. Man kann also im Sinne der mittelalterlichen Auffassung der Providenz argumentieren, dass Gott ihn zu seinem vorbestimmten Ziel leitet. Das zufällige Auffinden (Kontingenz) immer neuer Spuren und Wegweiser ist dieser final motivierten Providenz untergeordnet. | |||
== Parzival lässt das Pferd leiten == | |||
Ebenso wie mit den Spuren, denen Parzival folgt, stellt es sich auch dar, wenn Parzival auf dem Weg nach [[Geografische Orte im Parzival # Munsalvaesche | Munsalvaesche]] [[Das Motiv des Niemandslands im Parzival (Funktion und Bedeutung)# Der Weg nach Munsalvaesche|seinem Pferd die Führung überlässt]] (224,19-21). Er, der sonst immer zielgerichtet und aufmerksam reitet, ist in Gedanken an [[Das Bild der Frau im Parzival | Condwiramurs]] versunken und lässt sein Pferd frei den Weg suchen. Dieser Weg führt ihn ausgerechnet zur Gralsburg, die nur gefunden werden kann, wenn sie nicht gesucht wird und allein von demjenigen, der dazu bestimmt ist. Hier zeigt sich somit erneut Parzivals Vorbestimmung zum Gral und die herrschende göttliche Führung und Providenz. | |||
== Der Kampf zwischen Parzival & Feirefiz == | |||
Beide wissen nicht, dass das Gegenüber der Bruder ist | |||
Gott zerbricht das Schwert: Providenz, göttliches Eingreifen (744,10-18) | |||
Gott verhindert damit Wiederholung des Brudermords von Kain an Abel und stellt sicher, dass Parzival als Held des Romans überlebt (narrative Funktion) | |||
== Anfortas' Erlösung == | |||
[[Parzivals Faux Pas auf der Gralsburg: Die Rolle der Erziehung]] --> Die zweite Chance: Oeheim waz wirret dir | |||
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Kontingenz kommt im ''Parzival'' immer wieder vor. Einige Szenen und Wendungen wirken zufällig oder stark vom Walten des Glücks bzw. der Fortuna beeinflusst. Allem übergeordnet ist aber Gottes Führung und Vorsehung (Providenz), die den Romanhelden schlussendlich zum positiven Ziel leitet. Das Geschehen der Erzählung motiviert sich demnach von hinten, vom Ende her, zu dem der Held bestimmt ist und durch die Providenz geführt wird. Kontingenz ist also wie Schulz bemerkt, "im kleinen möglich", jedoch nur " ''unterhalb'' des göttlichen Heilsplans." [Schulz 2012: 298]. "Kontingenz wird zumeist nur punktuell, auf untergeordneter Ebene exponiert, um sie letztendlich im Sinne der übergeordneten, göttlich vorgegebenen Ordnung [Providenz] zu negieren." [Schulz 2012: 299]. Dies entspricht dem reellen Glauben des mittelalterlichen Publikums, wonach Gott über das Leben der Menschen bestimmt und nach seiner Vorsehung und Planung lenkt. Schicksalsschläge und Prüfungen im Leben, die den Betroffenen zufällig oder unberechenbar erscheinen, wurden im übergeordneten Plan Gottes begründet. | |||
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[*Cormeau 1995] Cormeau, Christoph: Fortuna und andere Mächte im Artusroman. In: Haug, Walter/ Wachinger, Burghart (Hrsg.): Fortuna. Tübingen, 1995. S. 23-33. <br /> | |||
[*Emrich-Müller 1978] Emrich-Müller, Gisela: Der Schicksalsbegriff in den Dichtungen Wolframs von Eschenbach im Vergleich zu den Werken Hartmanns von Aue, Gottfrieds von Strassburg und dem Nibelungenlied. Frankfurt a. M., 1978. <br /> | |||
[*Lewis 1974] Lewis, Gertrud Jaron: J.: Das Tier und seine dichterische Funktion in Erec, Iwein, Parzival und Tristan. Bern und Frankfurt/M., 1974. <br /> | |||
[*Reichlin 2010] Reichlin, Susanne: Kontingenzkonzeptionen in der mittelalterlichen Literatur: Methodische Vorüberlegungen. In: Herberichs, Cornelia / Reichlin, Susanne [Hrsg.]: Kein Zufall. Konzeptionen von Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur.Göttingen, 2010. S.11-45. <br /> | |||
[*Sanders 1965 ] Sanders, Willy: Glück. Zur Herkunft und Bedeutung eines mittlelalterlichen Schicksalsbegriffs. Köln/Graz, 1965. <br /> | |||
[*Schnyder 2010] Schnyder, Mireille: Räume der Kontingenz. In: Herberichs, Cornelia / Reichlin, Susanne [Hrsg.]: Kein Zufall. Konzeptionen von Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur.Göttingen, 2010. S.174-185. <br /> | |||
[*Schulz 2012] Schulz, Armin: Kontingenz im mittelhochdeutschen Liebes- und Abenteurerroman. In: Herberichs, Cornelia / Reichlin, Susanne [Hrsg.]: Kein Zufall. Konzeptionen von Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur.Göttingen, 2010. S.206-225. <br /> | |||
[*Schulz 2012] Schulz, Armin: Räume und Zeiten. In: Braun, Manuel/ Dunkel, Alexandra/ Müller Jan-Dirk: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Berlin/Boston, 2012. S. 292-316.<br /> | [*Schulz 2012] Schulz, Armin: Räume und Zeiten. In: Braun, Manuel/ Dunkel, Alexandra/ Müller Jan-Dirk: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Berlin/Boston, 2012. S. 292-316.<br /> | ||
[*Störmer-Caysa 2007] Störmer-Caysa, Uta: Grundstrukturen mittelalterlicher Erzählungen. Raum und Zeit im höfischen Roman. Berlin/New York, 2007. S. 148-183. <br /> | |||
[[Kategorie: Artikel]] |
Aktuelle Version vom 25. Februar 2016, 14:03 Uhr
Dieser Artikel wird sich zunächst mit den Begriffen von Providenz und Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur und dem zugrunde liegenden Weltbild befassen. Im Anschluss daran sollen ausgewählte Szenen im Parzival analysiert und interpretiert werden.
Providenz und Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur
Das Weltbild der mittelalterlichen Literatur basiert auf der Annahme, dass der Held, trotz allerlei Widrigkeiten und Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, unmöglich scheitern kann. Der positive Ausgang der Geschichte wurde vom mittelalterlichen Publikum erwartet und gefordert, insofern scheint das Scheitern des Helden auch in der Artusdichtung bereits von Vornherein unmöglich. Hinter allem Geschehen steht die lenkende Kraft Gottes und dessen Vorsehung (Providenz). Ihr untergeordnet muss auch der Zufall (Kontingenz), der in immer neuen Wendungen auftritt und den Helden mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, letztendlich auf das von Gott geplante Ziel hinführen. Schulz weist darauf hin, dass "auch das arbiträr-sinnlose Walten der Fortuna (der Personifikation der Kontingenz) einer höheren Ordnung unterworfen" ist, insofern zwischen Providenz und Kontingenz eine Hierarchie besteht. [*Schulz 2012: 298]
Providenz
Kontingenz
Fortuna als Personifikation des Zufalls wird in der antiken und mittelalterlichen Literatur als "Instrument der göttlichen Vorsehung" gesehen und ihre Eingriffe in das Schicksal der Protagonisten der Erzählung als "Prüfsteine" auf dem Weg zum vorbestimmten Ziel gewertet. [Schulz 2012: Vgl. 298] Diese Prüfungen und Hindernisse, die der Zufall dem Helden in den Weg legt, sind somit auch "nur als Mittel providentieller Fügung" [Schulz 2012: 298] zu lesen.
Ausgewählte Stellen im Parzival
Gahmuret auf hoher See
Gahmuret trifft mitten auf dem Meer auf Schiff. Schiff ist auf dem Weg zu Belacane. Er erhält Isenharts Rüstung. Erst ziellos, dann Treffen, dann nach Spanien. Zufall/Fortuna/Kontingenz? -> Providenz Frau Aventiure in Wolframs Parzival Buch 1: Gahmurets Seefahrt (57,29 - 58,26) Erzähler verteidigt Glaubwürdigkeit / Szene wirkt extrem unglaubhaft mit Rückgriff auf Frau Aventiure als Quelle ( Frau Aventiure
Gawan und Gringuljete
Gawan hat eine aussergewöhnlich tiefgehende Bindung zu seinem Gralspferd Gringuljete. Als er ihn im Kampf mit Ritter Urjans verliert, beginnen auch die persönlichen Nöte des Ritters. Lewis weist darauf hin, dass das "Ersatzpferd" Orgeluses gleichsam den "seelischen Tiefpunkt des Helden" repräsentiert, der nun gegenüber Orgeluse lächerlich wirkt und ihren Spott ertragen muss (531,8-9), kampfuntauglich (530,23-531,4) und ziellos erscheint. [Lewis 1974:123] Gawan scheint also mit dem Verlust seines Pferdes von Gott und Glück verlassen. Ausgerechnet dieses Pferd, gewinnt er einige Zeit später jedoch im Kampf gegen den Ritter Lischoys Gwelljus zurück. Dass Gringuljete von Urjans auf Lischoys übergegangen ist und nun im Kampf zu seinem eigentlichen Besitzer Gawan zurückfindet, mag zufällig wirken. Gawan sieht darin jedoch einen Eingriff Gottes: ...ob duz bist, got hât dich wider / mir schône gesendet, / der dicke kumber wendet.' (540,22-24: ...Wenn du es bist, dann hat dich Gott, / der oft das Üble zum Guten wendet, / wirklich schön zurück zu mir gesandt.") Gawan fühlt also Glück und Gottes Schutz zurückgekehrt und erwartet zugleich auch das Ende seiner Schwierigkeiten. [Lewis 1974: Vgl. 124]
Parzival und die verlorenen Spuren
Parzival folgt nach dem Faux Pas auf Munsalvaesche Spuren, die er im Hof der Burg entdeckt hat. Diese werden zunächst schwächer, verteilen sich in verschiedene Richtungen und verschwinden am Ende vollends. Dann folgt er einer neuen, akustischen Spur (Sigunes Wehklagen) zu Sigune. Diese klärt ihn über die Gralsburg auf, führt ihn dann aber wieder auf den falschen Weg, um ihn vor Unheil zu schützen. Trotzdem trifft er erneut auf Spuren, denen er folgt und die ihn zum Lager von Jeschute und Orilus (und danach zum Artuslager) leiten. Obwohl Parzival also die leitenden Spuren verliert und auch Sigune versucht, ihn in die Irre zu leiten, findet der Held den richtigen Weg. Man kann also im Sinne der mittelalterlichen Auffassung der Providenz argumentieren, dass Gott ihn zu seinem vorbestimmten Ziel leitet. Das zufällige Auffinden (Kontingenz) immer neuer Spuren und Wegweiser ist dieser final motivierten Providenz untergeordnet.
Parzival lässt das Pferd leiten
Ebenso wie mit den Spuren, denen Parzival folgt, stellt es sich auch dar, wenn Parzival auf dem Weg nach Munsalvaesche seinem Pferd die Führung überlässt (224,19-21). Er, der sonst immer zielgerichtet und aufmerksam reitet, ist in Gedanken an Condwiramurs versunken und lässt sein Pferd frei den Weg suchen. Dieser Weg führt ihn ausgerechnet zur Gralsburg, die nur gefunden werden kann, wenn sie nicht gesucht wird und allein von demjenigen, der dazu bestimmt ist. Hier zeigt sich somit erneut Parzivals Vorbestimmung zum Gral und die herrschende göttliche Führung und Providenz.
Der Kampf zwischen Parzival & Feirefiz
Beide wissen nicht, dass das Gegenüber der Bruder ist Gott zerbricht das Schwert: Providenz, göttliches Eingreifen (744,10-18) Gott verhindert damit Wiederholung des Brudermords von Kain an Abel und stellt sicher, dass Parzival als Held des Romans überlebt (narrative Funktion)
Anfortas' Erlösung
Parzivals Faux Pas auf der Gralsburg: Die Rolle der Erziehung --> Die zweite Chance: Oeheim waz wirret dir
Fazit
Kontingenz kommt im Parzival immer wieder vor. Einige Szenen und Wendungen wirken zufällig oder stark vom Walten des Glücks bzw. der Fortuna beeinflusst. Allem übergeordnet ist aber Gottes Führung und Vorsehung (Providenz), die den Romanhelden schlussendlich zum positiven Ziel leitet. Das Geschehen der Erzählung motiviert sich demnach von hinten, vom Ende her, zu dem der Held bestimmt ist und durch die Providenz geführt wird. Kontingenz ist also wie Schulz bemerkt, "im kleinen möglich", jedoch nur " unterhalb des göttlichen Heilsplans." [Schulz 2012: 298]. "Kontingenz wird zumeist nur punktuell, auf untergeordneter Ebene exponiert, um sie letztendlich im Sinne der übergeordneten, göttlich vorgegebenen Ordnung [Providenz] zu negieren." [Schulz 2012: 299]. Dies entspricht dem reellen Glauben des mittelalterlichen Publikums, wonach Gott über das Leben der Menschen bestimmt und nach seiner Vorsehung und Planung lenkt. Schicksalsschläge und Prüfungen im Leben, die den Betroffenen zufällig oder unberechenbar erscheinen, wurden im übergeordneten Plan Gottes begründet.
Literaturverzeichnis
Textausgabe
Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.
Sekundärliteratur
<HarvardReferences/>
[*Cormeau 1995] Cormeau, Christoph: Fortuna und andere Mächte im Artusroman. In: Haug, Walter/ Wachinger, Burghart (Hrsg.): Fortuna. Tübingen, 1995. S. 23-33.
[*Emrich-Müller 1978] Emrich-Müller, Gisela: Der Schicksalsbegriff in den Dichtungen Wolframs von Eschenbach im Vergleich zu den Werken Hartmanns von Aue, Gottfrieds von Strassburg und dem Nibelungenlied. Frankfurt a. M., 1978.
[*Lewis 1974] Lewis, Gertrud Jaron: J.: Das Tier und seine dichterische Funktion in Erec, Iwein, Parzival und Tristan. Bern und Frankfurt/M., 1974.
[*Reichlin 2010] Reichlin, Susanne: Kontingenzkonzeptionen in der mittelalterlichen Literatur: Methodische Vorüberlegungen. In: Herberichs, Cornelia / Reichlin, Susanne [Hrsg.]: Kein Zufall. Konzeptionen von Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur.Göttingen, 2010. S.11-45.
[*Sanders 1965 ] Sanders, Willy: Glück. Zur Herkunft und Bedeutung eines mittlelalterlichen Schicksalsbegriffs. Köln/Graz, 1965.
[*Schnyder 2010] Schnyder, Mireille: Räume der Kontingenz. In: Herberichs, Cornelia / Reichlin, Susanne [Hrsg.]: Kein Zufall. Konzeptionen von Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur.Göttingen, 2010. S.174-185.
[*Schulz 2012] Schulz, Armin: Kontingenz im mittelhochdeutschen Liebes- und Abenteurerroman. In: Herberichs, Cornelia / Reichlin, Susanne [Hrsg.]: Kein Zufall. Konzeptionen von Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur.Göttingen, 2010. S.206-225.
[*Schulz 2012] Schulz, Armin: Räume und Zeiten. In: Braun, Manuel/ Dunkel, Alexandra/ Müller Jan-Dirk: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Berlin/Boston, 2012. S. 292-316.
[*Störmer-Caysa 2007] Störmer-Caysa, Uta: Grundstrukturen mittelalterlicher Erzählungen. Raum und Zeit im höfischen Roman. Berlin/New York, 2007. S. 148-183.