Inhaltsangabe (Reinhart Fuchs): Unterschied zwischen den Versionen

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===== '''Bad des Königs und weitere Forderungen Reinharts (V. 2003-2162)''' =====
===== '''Bad des Königs und weitere Forderungen Reinharts (V. 2003-2162)''' =====
Reinhart ordnet dem König ein Bad mit vielen Kräutern an und setzt ihm das Katzenfell auf. Kurze Zeit später ergreift er seine Herzader und behauptet, er sei wieder gesund, weswegen er aus der Badewanne hinaussteigen solle. Er hüllt den König in Isengrins und Bruns Fell und macht ihm heiße Umschläge um sein Haupt. Schon kriecht der Ameisenherr heraus aus seinem Kopf, direkt in das Katzenfell. Reinhart will ihn zuerst töten, er gewährt ihm aber Gnade, als der Ameisenherr ihn besticht. Er bietet ihm an, dass er in seinem Wald mehr als tausend Burgen beherrschen dürfe. Dann essen Reinhart und der König gemeinsam das Huhn, Krimel bekommt den Eberspeck. Beiläufig bittet er den König, dem Elefanten Land zu geben. Dieser bekommt Böhmen. Als er aber dort ankommt und verkündet, dass er nun der neue Herr sei, wird er verprügelt und muss wieder zurückkehren. Des Weiteren bittet Reinhart darum, dass das Kamel in Erstein Äbtissin werden solle. Auch diesen Wunsch erfüllt der König und verlieh ihr das Kloster. Sie wird von den erzürnten Nonnen zu Tode geprügelt, während sie verkündet, dass sie die neue Äbtissin werden solle.
Reinhart ordnet dem König ein Bad mit vielen Kräutern an und setzt ihm das Katzenfell auf. Kurze Zeit später ergreift er seine Herzader und behauptet, er sei wieder gesund, weswegen er aus der Badewanne hinaussteigen solle. Er hüllt den König in Isengrins und Bruns Fell und macht ihm heiße Umschläge um sein Haupt. Schon kriecht der Ameisenherr heraus aus seinem Kopf, direkt in das Katzenfell. Reinhart will ihn zuerst töten, er gewährt ihm aber Gnade, als der Ameisenherr ihn besticht. Er bietet ihm an, dass er in seinem Wald mehr als tausend Burgen beherrschen dürfe. Dann essen Reinhart und der König gemeinsam das Huhn, Krimel bekommt den Eberspeck. Beiläufig bittet er den König, dem Elefanten Land zu geben. Dieser bekommt Böhmen. Als er aber dort ankommt und verkündet, dass er nun der neue Herr sei, wird er verprügelt und muss wieder zurückkehren. Des Weiteren bittet Reinhart darum, dass das Kamel in Erstein Äbtissin werden solle. Auch diesen Wunsch erfüllt der König und verleiht ihr das Kloster. Sie wird von den erzürnten Nonnen zu Tode geprügelt, während sie verkündet, dass sie die neue Äbtissin werden solle.


===== '''[[Moral und Gewissen (Reinhart Fuchs)|Tod des Königs]] (V. 2163-2248)''' =====
===== '''[[Moral und Gewissen (Reinhart Fuchs)|Tod des Königs]] (V. 2163-2248)''' =====
Reinhart gibt dem König einen Gifttrank und geht anschließend mit Krimel in den Wald. Dort treffen sie auf Brun, der wütend die Zähne fletscht, nachdem Reinhart ihn provozierte. Reinhart lässt ihn zurück und läuft zu seiner Festung. Dem König wird elend, daher möchte er Reinhart sprechen, der nicht mehr da ist. Ihm wird Reinharts Betrug bewusst und bemerkt, dass ihm dies das Leben kostet und er empfindet Reue. Darauf zerfällt er in drei Teile, seine Zunge in neun. Alle weinen und drohen Reinhart.
Reinhart gibt dem König einen Gifttrank und geht anschließend mit Krimel in den Wald. Dort treffen sie auf Brun, der wütend die Zähne fletscht, nachdem Reinhart ihn provoziert hat. Reinhart lässt ihn zurück und läuft zu seiner Festung. Dem König wird elend, daher möchte er Reinhart sprechen, der nicht mehr da ist. Ihm wird Reinharts Betrug bewusst und bemerkt, dass ihm dies das Leben kostet, und empfindet Reue. Darauf zerfällt er in drei Teile, seine Zunge in neun. Alle weinen und drohen Reinhart.


'''Übersetzung (V. 2238-2249)'''
'''Übersetzung (V. 2238-2249)'''
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== Aufbau und Struktur: Zwei Perspektiven ==
== Aufbau und Struktur: Zwei Perspektiven ==
=== Die Erzählstruktur nach sukzessivlogischer Lektüre ===
=== Die Erzählstruktur nach sukzessivlogischer Lektüre ===
Bei sukzessivlogischer Lektüre werden einzelnen Szenen als Teil einer chronologischen Episodenreihung gesehen. Die einzelnen Episoden bauen aufeinander auf und stehen in einer zwingend-kausalen Folge. Es gibt zwei Überlieferungen, in denen die Erzählung des RF nachgelesen werden kann: eine alte, fragmentarische "um 1200" und eine jüngere, vollständige "um 1320/30" [Bertau 1983:19]. Ein markanter Unterschied zwischen beiden Überlieferungen ist der Titel. Während das alte Fragment die Geschichte von "''Isîngrînes nôt''" erzählt, wird die jüngere Parallelüberlieferung mit "''vuhs Reinhart''" betitelt. Wenn das Tierepos unter dem Titel "''Isîngrînes nôt''" gelesen wird, so ist die aneinandergereihte Episodenfolge sukessivlogisch entwickelt. Hier wird das Augenmerk auf das Leiden des [[Isegrin_(Reinhart_Fuchs)|Wolfes]] gelegt. Zudem wird mit dem Substantiv "''nôt''" auf der "''Nibelunge nôt''" angespielt, also die letzten beiden Worte, mit denen das [[Das_Nibelungenlied|Nibelungenlied]] endet. Wie in jenem Heldenepos kann auch das Tierepos in zwei Hauptteile gegliedert werden, denn im ersten Teil erfährt der [[Isegrin_(Reinhart_Fuchs)|Wolf]] und im zweiten Teil die ganze "tierische Ritterwelt das Unheil". [Bertau 1983:19]
Bei sukzessivlogischer Lektüre werden die einzelnen Szenen als Teil einer chronologischen Episodenreihung gesehen. Die einzelnen Episoden bauen aufeinander auf und stehen in einer zwingend-kausalen Folge. Es gibt zwei Überlieferungen, in denen die Erzählung des ''Reinhart Fuchs'' nachgelesen werden kann: eine alte, fragmentarische "um 1200" und eine jüngere, vollständige "um 1320/30" [Bertau 1983:19]. Ein markanter Unterschied zwischen beiden Überlieferungen ist der Titel. Während das alte Fragment die Geschichte von "''Isîngrînes nôt''" erzählt, wird die jüngere Parallelüberlieferung mit "''vuhs Reinhart''" betitelt. Wenn das Tierepos unter dem Titel "''Isîngrînes nôt''" gelesen wird, so ist die aneinandergereihte Episodenfolge sukzessivlogisch entwickelt. Hier wird das Augenmerk auf das Leiden des [[Isegrin_(Reinhart_Fuchs)|Wolfes]] gelegt. Zudem wird mit dem Substantiv "''nôt''" auf der "''Nibelungen nôt''" angespielt, also die letzten beiden Worte, mit denen das [[Das_Nibelungenlied|''Nibelungenlied'']] endet. Wie in jenem Heldenepos kann auch das Tierepos in zwei Hauptteile gegliedert werden, denn im ersten Teil erfährt der [[Isegrin_(Reinhart_Fuchs)|Wolf]] und im zweiten Teil die ganze "tierische Ritterwelt das Unheil". [Bertau 1983:19]
Nach der Perspektive einer syntagmatischen Episodenreihung kann der RF also grob in ein Vorspiel und zwei große Hauptteile gegliedert werden: [Ruh 1980:16]
Nach der Perspektive einer syntagmatischen Episodenreihung kann der ''Reinhart Fuchs'' also grob in ein Vorspiel und zwei große Hauptteile gegliedert werden: [Ruh 1980:16]
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==== '''II Die Katastrophe Isengrins (V. 385-1238)''' ====
==== '''II Die Katastrophe Isengrins (V. 385-1238)''' ====
Der erste große Erzählteil beginnt mit dem Zweckbündnis zwischen Reinhart und Isengrin. In vier Episoden werden Erfahrungen mit fragilem Vergnügen geschildert.<br /><br />
Der erste große Erzählteil beginnt mit dem Zweckbündnis zwischen Reinhart und Isengrin. In vier Episoden werden Erfahrungen mit fragilem Vergnügen geschildert.<br /><br />
[[Datei:Szenenreihe_vor_Isengrins_Katastrophe.PNG]]<br /><br />
[[Datei:Szenenreihe vor Isengrins Katastrophe neu.jpeg]]<br /><br />
Auf diese vier Episoden folgt die Katastrophe Isengrins in sieben Szenen. Die Episoden sind in einer Zentralkomposition arrangiert. Die Rahmenszenen 1/2 und 6/7, ebenso 3 und 5 enstsprechen sich. Den Mittelpunkt bildet die Fischweiherszene mit dem bedeutungstragenden Schwanzverlust. Sie verweist zurück auf Szene 1 und voraus auf Szene 7. Damit bilden sie "drei Etappen der körperlichen Schädigung und der moralischen Demontage Isengrins" [Ruh 1980: 22]. <br /><br />
Auf diese vier Episoden folgt die Katastrophe Isengrins in sieben Szenen. Die Episoden sind in einer Zentralkomposition arrangiert. Die Rahmenszenen 1/2 und 6/7, ebenso 3 und 5 enstsprechen sich. Den Mittelpunkt bildet die Fischweiherszene mit dem bedeutungstragenden Schwanzverlust. Sie verweist zurück auf Szene 1 und voraus auf Szene 7. Damit bilden sie "drei Etappen der körperlichen Schädigung und der moralischen Demontage Isengrins" [Ruh 1980: 22]. <br /><br />
[[Datei:Die_Katastrophe_Isengrins.PNG]]
[[Datei:Die Katastrophe Isengrins neu.jpeg]]


==== '''III Der Hoftag (V. 1239-2248)''' ====
==== '''III Der Hoftag (V. 1239-2248)''' ====
So wie das Wolfsdrama ist auch der Hoftag in sieben Szenen gegliedert und besitzt eine Zäsur in der Mitte. Diese Mittelachse beim Hoftag ist nicht so tiefgreifend wie die Szene mit dem Schwanzverlust des Wolfes, besitzt dafür jedoch mehr erzählerische Breite. [Ruh 1980: 26]  
So wie das Wolfsdrama ist auch der Hoftag in sieben Szenen gegliedert und besitzt eine Zäsur in der Mitte. Diese Mittelachse beim Hoftag ist nicht so tiefgreifend wie die Szene mit dem Schwanzverlust des Wolfes, besitzt dafür jedoch mehr erzählerische Breite. [Ruh 1980: 26]  
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[[Datei:Struktur_Hoftag.PNG]]
[[Datei:Struktur Hoftag neu.jpeg]]
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Die stärkste Klammer bildet die äußerste, denn sie beginnt mit der Aggression Vrevels gegen die Ameisen und endet mit dem Gifttod desselben. Diese beiden Szenen bilden einen geschlossenen Rahmen von Anfangstat und Ergebnis, von Untat und Strafe. Die Szenen 2/3 und 4/5 stehen sich als Antithesen gegenüber, denn sie stellen Reinhart zunächst als Angeklagten dar, dann als Richter und Rächer. Da in den Szenen 1 und 5-7 die Kommentare des Autors stark zunehmen, scheint hier die Suche nach der hauptsächlichen konzeptionellen Aussage sehr sinnvoll. In diesen Szenen wird ein autoritärer, willkürlicher Machthaber bestraft. Naiv hat er sich zum erbarmungslosen Werkzeug des listigen Reinharts missbrauchen lassen, durch den der Gerichtstag zum brutalen Massaker eskaliert. So werden Verbrechen legalisiert, der Angeklagte zum Richter avanciert, die Kläger durch Schändung, Tötung und Verspeisung grausam massakriert. [Ruh 1980:27]
Die stärkste Klammer bildet die äußerste, denn sie beginnt mit der Aggression Vrevels gegen die Ameisen und endet mit dem Gifttod desselben. Diese beiden Szenen bilden einen geschlossenen Rahmen von Anfangstat und Ergebnis, von Untat und Strafe. Die Szenen 2/3 und 4/5 stehen sich als Antithesen gegenüber, denn sie stellen Reinhart zunächst als Angeklagten dar, dann als Richter und Rächer. Da in den Szenen 1 und 5 bis 7 die Kommentare des Autors stark zunehmen, scheint hier die Suche nach der hauptsächlichen konzeptionellen Aussage sehr sinnvoll. In diesen Szenen wird ein autoritärer, willkürlicher Machthaber bestraft. Naiv hat er sich zum erbarmungslosen Werkzeug des listigen Reinharts missbrauchen lassen, durch den der Gerichtstag zum brutalen Massaker eskaliert. So werden Verbrechen legalisiert, der Angeklagte zum Richter avanciert, die Kläger durch Schändung, Tötung und Verspeisung grausam massakriert. [Ruh 1980:27]


=== Die Erzählstruktur nach simultanlogischer Lektüre ===
=== Die Erzählstruktur nach simultanlogischer Lektüre ===


Der folgende Abschnitt bezieht sich auf den Text von Bertau [Bertau 1983]. Er untersucht die Literatursituation und die schwankende Forschung zur Interpretation des Tierepos, zwischen simultanlogischen und sukzessivlogischen Kategorien. Während die sukzessivlogische Lektüre eher dem alten Fragment "''Isîngrînes nôt''" entspricht, bietet sich die spätere Überlieferung "''vuhs Reinhart''" eher dazu an, simultanlogisch gelesen zu werden. Im Gegensatz zur sukzessivlogischen Lektüre lösen sich die Situationen bei der simultanalogischen Lektüre aus der zwingenden Folge, jede Episode ist in sich am Ziel. Der Fokus liegt hierbei nicht mehr auf dem Weg des immer größer werdenden Unheils, sondern die Situationen stehen bloß noch räumlich nebeneinander, während sie eine beliebige Auswahl an Taten des Helden darstellen.  
Der folgende Abschnitt bezieht sich auf den Text von Bertau [Bertau 1983]. Er untersucht die Literatursituation und die zwischen simultanlogischen und sukzessivlogischen Kategorien schwankende Forschung zur Interpretation des Tierepos. Während die sukzessivlogische Lektüre eher dem alten Fragment "''Isîngrînes nôt''" entspricht, bietet sich die spätere Überlieferung "''vuhs Reinhart''" eher dazu an, simultanlogisch gelesen zu werden. Im Gegensatz zur sukzessivlogischen Lektüre lösen sich die Situationen bei der simultanlogischen Lektüre aus der zwingenden Folge, jede Episode ist in sich am Ziel. Der Fokus liegt hierbei nicht mehr auf dem Weg des immer größer werdenden Unheils, sondern die Situationen stehen bloß noch räumlich nebeneinander, während sie eine beliebige Auswahl an Taten des Helden darstellen.  


Bertau geht also statt von einer Episodenreihung, von eine paradigmatischen Episodensammlung aus.  
Bertau geht also statt von einer syntagmatischen Episodenreihung von einer paradigmatischen Episodensammlung aus.  
Die Verkettung der Szenen erfolgt nach einer räumlich-statischen Komposition mit drei Teilen, die zu je 7 Szenen geordnet werden können:
Die Verkettung der Szenen erfolgt nach einer räumlich-statischen Komposition mit drei Teilen, die zu je 7 Szenen geordnet werden können:


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Teil B, das Unglück des Wolfes betreffend, bildet wiederum das Zentrum des Ganzen.
Teil B, das Unglück des Wolfes betreffend, bildet wiederum das Zentrum des Ganzen.
Zudem müssen Szenen ergänzt, bzw. zurechtgerückt werden (B1, C5).
Zudem müssen Szenen ergänzt bzw. zurechtgerückt werden (B1, C5).


Ausgehend von dieser Erzählstruktur kann folgende Interpretation angenommen werden: Ein einzelnes Ereignis wird zum Gleichnis für eine typische im allgemein-menschlichen anzutreffende Situation. Durch jene Darstellung von Taten eines Helden als exemplarische, wird der (Anti-)Held selbst zu einer Verkörperung des Bösen.[Bertau 1983]
Ausgehend von dieser Erzählstruktur kann folgende Interpretation angenommen werden: Ein einzelnes Ereignis wird zum Gleichnis für eine typische im allgemein-menschlichen anzutreffende Situation. Durch jene Darstellung von Taten eines Helden als exemplarische wird der (Anti-)Held selbst zu einer Verkörperung des Bösen.[Bertau 1983]


=== Historische Deutung ===
=== Historische Deutung ===
Allgemein ist mit Strukturierungsfragen Vorsicht geboten, wie es auch Bertau formuliert: "Es erscheint überaus methodisch [misslich], nach heutigem Gutdünken Abschnitte unerscheiden zu wollen, weil dabei unversehens der Text mit heutigen Kategorien überformt wird, über die der Interpret dann keine Kontrolle mehr hat" [Bertau 1983]:26. Doch welche Interpretationsmöglichkeiten eröffnet die jeweils vorgeschlagene Erzählstruktur? <br />
Allgemein ist bei Strukturierungsfragen Vorsicht geboten, wie es auch Bertau formuliert: "Es erscheint überaus methodisch [misslich], nach heutigem Gutdünken Abschnitte unerscheiden zu wollen, weil dabei unversehens der Text mit heutigen Kategorien überformt wird, über die der Interpret dann keine Kontrolle mehr hat" [Bertau 1983]:26. Doch welche Interpretationsmöglichkeiten eröffnet die jeweils vorgeschlagene Erzählstruktur? <br />
Wenn der Tierepos sukzessivlogisch gelesen wird, erscheint die konzeptionelle Aussage politisch motiviert [Schwab 1967] und der Dichter "komponiert auf ein episches Ende hin" [Ruh 1980:29]. Dabei wird auf die elsässischen Verhältnisse angespielt und die antistaufische Haltung [[Heinrich_der_Glîchezâre|Heinrichs]] tritt zutage. So wird im RF beispielsweise Walther von Horburg zitiert (V. 1024-1029), der der staufischen Partei angehörte. Als der [[Isegrin_(Reinhart_Fuchs)|Wolf Isengrin]] von den Mönchen nach seinem Schwanzverlust nur nicht zu Tode geschlagen wurde, weil sie ihn nach Bemerken seiner Tonsur verschonten, wird ein Sinnspruch von Walther zitiert ("iz kvmet mir als lichte ze gvte, so iz mir tvt dehein vngemach", V. 1028f.). Der Spruch besagt, dass ein Unheil auch zum Guten umschlagen kann, im Sinne von "Glück im Unglück". Eine Zitation Walthers an einer solch blamablen Stelle kann ironisierend und "als blutiger Hohn verstanden werden" [Ruh 1980:28]. Zudem erinnert der Gifttod [[Der_Löwe_Vrevel_(Reinhart_Fuchs)|König Vrevels]] an den durch die antistaufische Ströhmung propagierten Gifttod des Kaiser Heinrichs VI. im Jahre 1197. Dieser Kaiser wurde in erstaunlicher Deckung mit der Figur des Vrevel als Feigling gegenüber den deutschen Fürsten und Willkürherrscher skizziert [Ruh 1980:28]. All diese antistaufischen Andeutungen stellen den RF als eine "Warnfabel" [Schwab 1967] dar, in der politische Begebenheiten nicht reine historische Nacherzählungen sind, sondern aktuelle Warnsignale zur gegenwärtigen Situation darstellen.<br />
Wenn das Tierepos sukzessivlogisch gelesen wird, erscheint die konzeptionelle Aussage politisch motiviert [Schwab 1967] und der Dichter "komponiert auf ein episches Ende hin" [Ruh 1980:29]. Dabei wird auf die elsässischen Verhältnisse angespielt und die antistaufische Haltung [[Heinrich_der_Glîchezâre|Heinrichs]] tritt zutage. So wird im ''Reinhart Fuchs'' beispielsweise Walther von Horburg zitiert (V. 1024-1029), der der staufischen Partei angehörte. Als der [[Isegrin_(Reinhart_Fuchs)|Wolf Isengrin]] von den Mönchen nach seinem Schwanzverlust nur nicht zu Tode geschlagen wird, weil sie ihn nach Bemerken seiner Tonsur verschonen, wird ein Sinnspruch von Walther zitiert ("iz kvmet mir als lichte ze gvte, so iz mir tvt dehein vngemach", V. 1028f.). Der Spruch besagt, dass ein Unheil auch zum Guten umschlagen kann, etwa im Sinne von "Glück im Unglück". Eine Zitation Walthers an einer solch blamablen Stelle kann ironisierend und "als blutiger Hohn verstanden werden" [Ruh 1980:28]. Zudem erinnert der Gifttod [[Der_Löwe_Vrevel_(Reinhart_Fuchs)|König Vrevels]] an den durch die antistaufische Strömung propagierten Gifttod des Kaisers Heinrich VI. im Jahre 1197. Dieser Kaiser wurde in erstaunlicher Deckung mit der Figur des Vrevel als Feigling gegenüber den deutschen Fürsten und als Willkürherrscher skizziert [Ruh 1980:28]. All diese antistaufischen Andeutungen stellen den ''Reinhart Fuchs'' als eine "Warnfabel" [Schwab 1967] dar, in der politische Begebenheiten nicht reine historische Nacherzählungen sind, sondern aktuelle Warnsignale zur gegenwärtigen Situation darstellen.<br />
Der Text von Bertau beschäftigt sich ebenfalls mit der historischen Deutung:
Der Text von Bertau beschäftigt sich ebenfalls mit der historischen Deutung:
Der elsässische Verfasser „Heinrich“ kritisiert in seinem Werk die Verhältnisse des staufischen Staates, dessen System-Logik und der höfischen Welt. Im Gegensatz zu Ruh und Schwab sei laut Bertau jene Kritik aber keine konstruktive, denn Heinrich nehme die Welt um sich herum als komplett schwarz wahr.[Bertau 1983]
Der elsässische Verfasser „Heinrich“ kritisiere in seinem Werk die Verhältnisse des staufischen Staates, dessen System-Logik und die der höfischen Welt. Im Gegensatz zu Ruh und Schwab sei laut Bertau jene Kritik aber keine konstruktive, denn Heinrich nehme die Welt um sich herum als komplett schwarz wahr.[Bertau 1983]


== Literaturverzeichnis ==
== Literaturverzeichnis ==
<HarvardReferences />
 
* [*Bertau 1983] Bertau, Karl: 'Reinhart Fuchs'. Ästhetische Form als historische Form, in: ders.: Über Literaturgeschichte. Literarischer Kunstcharakter und Geschichte in der höfischen Epik um 1200, München 1983, S. 19-29.
* [*Bertau 1983] Bertau, Karl: 'Reinhart Fuchs'. Ästhetische Form als historische Form, in: ders.: Über Literaturgeschichte. Literarischer Kunstcharakter und Geschichte in der höfischen Epik um 1200, München 1983, S. 19-29.
* [*Ruh 1980] Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Bd. 2: 'Reinhart Fuchs', 'Lanzelet', Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Berlin 1980 (Grundlagen der Germanistik 25), S. 13-33.
* [*Ruh 1980] Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Bd. 2: 'Reinhart Fuchs', 'Lanzelet', Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Berlin 1980 (Grundlagen der Germanistik 25), S. 13-33.

Aktuelle Version vom 10. Juni 2024, 13:17 Uhr

Dieser Artikel gibt einen Inhaltsüberblick über das Tierepos Reinhart Fuchs (RF) von Heinrich der Glîchenzâre. Die Inhaltsangabe ist in einzelne zusammenhängende Abschnitte gegliedert und mit Überschriften versehen worden. Sie bietet dem Leser die Möglichkeit, nach dem Inhalt bestimmter Episoden und bestimmter Versabschnitte zu suchen, um dort Informationen zu den wichtigsten Ereignissen zu bekommen. Schließlich wurden die Episoden bewusst nicht in eine Struktur gebracht, da jede Strukturierung bereits eine Interpretation wäre. Daher werden zwei Perspektiven bezüglich der Erzählstruktur des Reinhart Fuchs aufgezeigt.


Inhaltsangabe

Prolog

Dieses Buch trägt den Titel Reinhart Fuchs. Möge uns Gott unseren Weg erleichtern.
(Original: Ditz buch heizet vuchs Reinhart. Got gebezzer vnser vart.)

Der beinahe gestohlene Hahn (V. 1-176)

Übersetzung (V. 1-10)

UErnemet vremde mere, Hört nun von unbekannten Geschichten,
die sint vil gewere, sie sind tatsächlich wahr,
von eime tiere wilde, von einem sonderbaren Tier,
da man bi mag bilde von dem man sich in vielen Angelegenheiten
nemen vmme manige dinch. ein Beispiel nehmen kann.
iz keret allen sinen gerinch Es richtet sein ganzes Handeln
an trigen vnd an chvndikeit, auf Betrug und Täuschung,
des qvam iz dicke in arbeit. was ihm oft Schwierigkeiten bereitet.
Iz hat vil vnchvste erkant Es kannte sich mit vielen Untaten aus
vnd ist Reinhart vuchs genant. und wird Reinhart Fuchs genannt.

Herr Lanzelin ist ein wohlhabender Bauer. Seine Frau Rouzela bemängelt, ihre Hühner seien dem Fuchs Reinhart schutzlos ausgeliefert, da ein Zaun fehle. Deswegen errichtet der Bauer einen Zaun. Der Hahn Scantecler und Henne Pinte befinden sich in ihrem neu eingezäunten Gehege. Da schleicht sich Reinhart ins Gehege herein. Pinte bemerkt ihn und schreit laut auf. Die Hennen ziehen sich zurück und Scantecler fliegt schutzsuchend auf einen hohen Ast. Nun wendet Reinhart eine List an, indem er Scantecler erzählt, dass Scanteclers Vater seinen Vater immer willkommen geheißen und etwas vorgesungen hätte. Scantecler macht daraufhin leichtsinnig das, was angeblich sein Vater bereits gemacht hat. Dabei packt ihn Reinhart beim Kragen und eilt in Richtung Wald. Lanzelin bemerkt den Raub und eilt hinterher. Scantecler provoziert Reinhart, indem er seine Ehre angreift. Reinhart lässt sich darauf ein, macht dabei das Maul zu weit auf und Scantecler entkommt. Bevor Lanzelin ankommt, eilt Reinhart davon.

Die Meise (V. 177-216)

Später trifft Reinhart auf eine Meise. Sie soll ihm durch Küssen einen Beweis der Treue bringen. Reinharts Ruf eilt ihm voraus, sodass die Meise eine Vorahnung bezüglich Reinharts wahrer Intention hat. Die Meise verspricht, Reinhart drei Küsse zu schenken, dafür solle er die Augen schließen. Als Vertrauenstest wirft ihm die Meise Dreck ins Maul. Reinhart schnappt nach dem Dreck und bestätigt damit den Verdacht der Meise. Die Meise entwischt.

Der Rabe und sein Käse (V. 217-312)

Unterdessen ergattert der Rabe Diezelin listig ein Stück Käse. Reinhart begehrt diesen Käse. Er wendet eine List an und sagt, der Rabe möge ihm doch bitte etwas vorsingen, wie es sein Vater schon tat. Während der Rabe singt, beabsichtigt Reinhart, den Raben selbst zu verschlingen. Er lügt, er habe sich morgens verletzt und der Gestank des Käses schade der Wunde. Als der Rabe den Käse fortnimmt, springt Reinhart rasch auf und reißt ihm eine Menge Federn aus. Der Rabe kommt gerade noch so davon. Reinhart will fliehen, da inzwischen ein Jäger mit eifrigen Hunden hinter ihm her ist. Die Hunde springen Reinhart an und rupfen ihn heftig. Nun ist es höchste Zeit für eine List. Reinhart springt rasch unter einem umgestürzten Baumstamm durch, während die Hunde und der Jäger über das Hindernis hinüber hetzen. Reinhart läuft in den Wald.

Die umgekehrte Falle mit dem Kater (V. 313-384)

Reinhart begegnet dem Kater Diepreht und sagt, man habe ihm viel von der Schnelligkeit des Katers berichtet, er solle es ihm einmal vorführen. Als der Kater einverstanden ist, weist ihn Reinhart listig in die Richtung einer Wildfalle. Diepreht kennt die Falle jedoch bereits und überspringt sie deshalb gekonnt. Daraufhin leitet er Reinhart an, er solle ihm hinterherlaufen. Als Diepreht erneut die Falle überspringt, bleibt er unmittelbar hinter der Falle wie angewurzelt stehen. Unvorbereitet prallt Reinhart gegen ihn, sodass sein Fuß schließlich in der Falle landet. Schon läuft der Jäger zur Falle und auch der Bauer kommt mit einer Axt heran. Reinhart legt überlegt den Kopf über die Falle. Als der Bauer fest mit der Axt zuschlägt, zieht Reinhart den Kopf rechtzeitig weg, sodass die Falle durch den Schlag zerbricht. Reinhart eilt schnell davon.

Reinharts Gesellenbund mit der Wolfsfamilie (V. 385-551)

Als Reinhart diese Krise überstanden hat, stößt er auf den Wolf Isengrin. Er schlägt ihm vor, sich gegenseitig zu Gefährten zu nehmen. Er meint, er sei klug und sein Gesprächspartner sei stark, sodass sie sich sehr gut ergänzten. Nach familiärem Entscheid wird Reinhart als Vetter in die Familie aufgenommen. Dabei erahnt Isengrin nicht, dass Reinhart seine Frau Hersant begehrt. Eines schönen Tages zieht Isengrin mit seinen Söhnen auf die Jagd los. Währenddessen versucht Reinhart, Hersant den Hof zu machen, doch bekommt er unverzüglich eine Ablehnung. Mit leeren Händen und leerem Magen kommt Isengrin mit seinen Söhnen von der Jagd zurück. Da erblickt Reinhart einen Bauern, der einen Schinken mit sich führt. Unter seinem Kommando versuchen sie nun, den Schinken zu ergattern. Dafür platziert sich Reinhart vor den Bauern und fängt an zu humpeln. Empört schreit der Bauer heftig auf Reinhart ein und wirft dabei den Schinken ins Gras. Reinhart lockt ihn zum Wald hin. Isengrin und seine Familie verschlingen den Schinken im Nu, ohne etwas für Reinhart übrig zu lassen. Wegen ihres Durstes führt sie Reinhart zu einem Weinfass in einem Mönchshof. Als die Anwohner dies bemerken, schlagen sie heftig auf die Wolfsfamilie ein, Reinhart ist unterdessen schon untergetaucht. Schließlich springen die Wölfe über einen Zaun und entkommen. So trennen sich die Wege von Reinhart und den Wölfen.

Der Esel Balduin (V. 552-562)

Reinhart begegnet dem Esel Balduin. Er macht ihn auf sein Joch aufmerksam, unter dem er steht, und bietet ihm Freiheit an. Schließlich lässt Reinhart den Esel im Stich.

Isengrin liegt im Sterben (V. 563-634)

Reinhart lässt Isengrin im Stich, der im Sterben liegt. Als Isengrin sich wehklagend um das Fortbestehen seiner Familie sorgt, kommt Kuonin heran. Amüsiert provoziert Kuonin Isengrin mit der Lüge, seine Frau Hersant hätte ihn mit Reinhart betrogen. Dies zerstört Isengrin fast vollends. Doch dann erkennt Isengrin diesen persönlichen Angriff und spricht Drohungen aus. Plötzlich erscheint Frau Hersant mit ihren Söhnen. Isengrin erklärt, Reinhart habe ihm das angetan, er solle dafür mit dem Leben büßen. Die Wolfsfamilie leckt dem Verwundeten die Wunden und schon ist er wieder wohlauf.

Fataler Fischfang beim Weiher (V. 635-822)

Reinhart baut aus einer Höhle eine Wohnung und zieht sich dorthin als Mönch zurück. Eines Tages läuft Isengrin hungrig im Wald herum. Der Duft von Reinharts gebratenen Aalen steigt ihm in die Nase und führt ihn zu seinem Haus. Isengrin klopft an. Sie vergeben sich und essen. Reinhart ernennt Isengrin zum Koch des Hauses. Als dieser den Kopf in den Topf hereinstreckt, gießt Reinhart heißes Wasser über ihn. Damit sie mehr Fische holen können, schlägt Reinhart vor, zu einem Weiher zu gehen. Beim Weiher angekommen, bemerken die beiden, dass er zugefroren ist. Reinhart findet einen Eimer und bindet diesen an dem Schwanz seines naiven Mitbruders fest. Dieser soll den Schwanz mit dem Eimer nun in ein Eisloch absenken. Allmählich friert Isengrin der Schwanz am Eis fest, bis er im Morgengrauen vollends festgefroren ist. Als der Tag anbricht, macht sich Reinhart davon. Zufällig kommt ein Ritter auf der Jagd mit seinen Hunden auf Isengrin zu. Als dieser sogenannte Herr Birtin den Wolf erblickt, hetzt er die Hunde auf ihn los. Flott springt er vom Pferd und erhebt das Schwert über Isengrin. Plötzlich rutscht Birtin ungewollt aus und schneidet Isengrin den Schwanz ab. Dieser eilt rasch davon.

Der Fall in den Brunnen (V. 823-1030)

Reinhart geht in ein Kloster, da dort viele Hühner gehalten werden. Er kommt zu einem tiefen, weiten Brunnen. Als er hineinblickt, sieht er einen Schatten in dem Brunnen, den er für seine Frau hält. Da er zu ihr möchte, springt er hinein. Er schwimmt lange umher, bis er einen Stein findet. Kurz darauf kommt Isengrin zu dem Brunnen und sieht ebenfalls einen Schatten, den er für seine Frau Hersant hält. Vor dieser klagt er über seine Verwundung und Schmach. Nachdem er Reinhart entdeckt, fragt er ihn, was er dort unten mache. Reinhart erzählt, dass sein Körper tot sei und er sich im Himmel befinde. Isengrin, der Reinharts Augen sieht, fragt, was dort unten so funkle. Da antwortet Reinhart, dass es Edelsteine seien und schwärmt, wie schön es an seinem Ort sei. Daher hat Isengrin den Wunsch, ebenso an jenen Ort zu gelangen. An dem Brunnen gibt es zwei Eimer, von denen dann einer hinauf geht, wenn der andere hinabgelassen wird. Dies nutzt Reinhart, der sich in den unteren Eimer gesetzt hat und befiehlt Isengrin, sich in den oberen Eimer zu setzen, was er sofort befolgt. Während Isengrin mit dem Eimer in den Brunnen herabsinkt, gelangt Reinhart nach oben und kommt so frei. Ein Mönch, welcher Wasser holen möchte, sieht Isengrin und hält den Wolf für eine Rache Gottes. Die Mönche holen ihn hinauf und erschlagen ihn beinahe. Dem Prior wird bewusst, dass es im Alten Testament einen Wolf gibt, der beschnitten ist, sodass die Mönche ihre Tat bereuen und davonziehen.

Versuchte Schlichtung der Auseinandersetzung zwischen Reinhart und Isengrin (V. 1031-1153)

Isengrin schleppt sich in den Wald und heult, seine Frau Hersant und die beiden Söhne hören dies. Er klagt ihnen sein Leid. Alle weinen und Frau Hersant ist erschüttert, dass ihr Mann keinen Schwanz mehr hat. Der Rache wegen will Isengrin Reinhart auflauern. Der Luchs hört von der Auseinandersetzung seiner beiden Verwandten und bietet an, den Streit zu schlichten. Nach drei Wochen wird ein Gerichtstag festgelegt. Isengrin erscheint mit vielen großen Tieren: Elefant, Wisent, Hinde, Hirsch Randolt, Bär Brun, Wildschwein und der bissige Rüde Herr Reize. Reinhart hingegen kommt mit vielen kleineren Tieren, dem Dachs Krimel, einem Hasen und einem Kaninchen. Mit der Absicht, Reinhart zu überlisten und ihn umzubringen, fordern sie Reize auf, sich totzustellen. Doch Krimel bemerkt dies und warnt Reinhart, dass Reize ihn umbringen wolle. Der Luchs sagt, Reinhart solle bezeugen, Frau Hersant nicht nachgestellt zu haben, was Reinhart sofort tut. Danach deckt Reinhart auf, dass Reize lebt und flieht mit seinen Verwandten.

Die Vergewaltigung (V. 1154- 1238)

Isengrin und Frau Hersant, die Reinhart totbeißen will, um ihre Unschuld zu beweisen, verfolgen Reinhart. Da vergewaltigt Reinhart Frau Hersant und flieht darauf in eine Dachshöhle. Isengrin und seine Begleiter sind Zeugen der Vergewaltigung. Er droht Reinhart den Tod an, dann weinen er und seine Familie. Wütend gehen sie weg. Reinhart möchte, dass wenigstens Frau Hersant bleibt, da sie von Rechts wegen seine Hausfrau sein müsse. Isengrin gibt darauf keine Antwort.

Der Angriff des Löwen und die Rache des Burgherrn (V. 1239-1330)

Dies alles geschieht unter der Herrschaft des Löwen Vrevel, der in einer Bedrängnis Landfrieden angeordnet hatte. Alle folgen seinen Befehlen. Er ist für alle der erste Herrscher nach Gott. Eines Tages geht er zu einem Ameisenhaufen und verkündet, er sei nun ihr neuer Gebieter. Die Ameisen wollen sich dem Löwen jedoch nicht unterwerfen, sodass ein erbarmungsloser Kampf beginnt, der viele Opfer fordert. Als der Löwe verschwindet, kommt der Burgherr aus dem Wald zurück. Er ist eine sehr tapfere Ameise. Nachdem er sich die Lage hat erklären lassen, macht er sich auf zum Löwen, um sich zu rächen. Da findet er ihn schlafend unter einer Linde und springt ihm mit aller Kraft ins Ohr. Reinhart beobachtet diese Szene. Den Löwen hat dieser Angriff schwer getroffen. Er brüllt laut los, sodass alle Tiere herbeikommen. Der Löwe kommt zu dem Entschluss, dass dies ein Schlag Gottes wäre, da er nicht Gericht gehalten hat. Deswegen befiehlt er sofort einen Hoftag für sechs Wochen.

Der Hoftag (V. 1331-1510)

Sehr viele verschiedene Tiere erscheinen am Hof. Der König sitzt auf dem Richterstuhl, Reinhart ist nicht anwesend. Isengrin ist da und sucht sein Recht. Der Bär Brun ist sein Fürsprecher. Er erzählt, wie sich Reinhart an Isengrin schuldig gemacht hat. Da widerspricht Krimel, die Aussagen könnten nur gelogen sein. Der König befiehlt dem Hirsch Randolt, unter Eid sein Urteil abzugeben. Dieser verurteilt Reinhart und verlangt, ihn verhaften und aufhängen zu lassen. Auf Nachfrage des Königs stimmen viele zu, denn sie wollen Reinhart unbedingt bestrafen. Plötzlich spricht das weise Kamel aus Thuschalan eine Gegenrede aus, man müsse den nicht anwesenden Angeklagten dreimal vorladen. Diese Idee wird von vielen unterstützt. Da kommen Scantecler und Pinte mit ihrer noch am selben Tag von Reinhart totgebissenen Tochter und sprechen ihre Klage aus. Da beschließt der König zornig, Reinhart habe unter allen Umständen das Land zu verlassen oder er werde sterben. Der Hase bekommt vor Angst Schüttelfrost. Nachdem die verstorbene Tochter begraben wird, schläft der Hase auf dem Grab ein. Als er aufwacht, ist er von seinem Schüttelfrost geheilt. Das erzählt er dem König und das Huhn wird für heilig erklärt.

Der Hofkaplan, Reinhart und der Honig (V. 1511-1604)

Der König befiehlt seinem Hofkaplan Herr Brun, Reinhart zu suchen. Dieser findet ihn vor seiner Höhle und berichtet Reinhart, er sei angeklagt, solle zum König kommen und sich verantworten. Reinhart schlägt vor, erst einmal zu speisen. Er führt den Hofkaplan zu einem Baum voller Honig, bei dem ein Bauer einen Keil in einen Stamm geschlagen hatte. Der Hofkaplan steckt ungeduldig seinen Kopf in den Stamm, da zieht Reinhart den Keil weg und der Stamm klemmt zu. Damit ist der Kaplan gefangen. Reinhart macht sich davon. Da kommt ein Mann vorbei, erblickt den Hofkaplan und fährt schweigend zum Dorf. Dort läutet er in der Kirche die Glocken so heftig, dass alle herbeieilen. Nun erzählt er vom Bären und führt sie zu ihm. Als der Kaplan die Meute hört, stemmt er seine Füße gegen den Stamm und zieht seinen Kopf heraus. Dabei verliert er seine Haare. Er eilt schnell davon.

Diepreht wird zu Reinhart geschickt (V. 1607-1797)

Als der König seinen Kaplan so geschändet sieht, fragt er den Biber um sein Urteil. Dieser meint, man solle Reinhart zum Verlust seines Lebens und Besitzes verurteilen. Viele Leute schließen sich dem an. Der Elefant widerspricht, man müsse bis zu dreimal Boten an Reinhart schicken. Da befiehlt der König, Diepreht solle Reinhart aufsuchen. Bei Reinhart angekommen, verkündet Diepreht, der König habe Reinhart befohlen, vor ihn zu treten oder das Land zu verlassen. Daraufhin bietet Reinhart dem Diepreht viele Mäuse in einem angeblich verlassenen Haus an. In diesem Haus wohnt jedoch ein Pfarrer mit seiner Frau. Vor dem Einschlupf hat er eine Schlinge als Falle aufgehängt. Unaufmerksam eilt Diepreht zum Haus und gerät in die Schlinge. Dies bemerken die beiden Bewohner sofort und erwarten den lang verhassten Reinhart in der Falle. Der Pfarrer nimmt ein Messer und eilt zu Diepreht. Die Dunkelheit erschwert ihm die Sicht, sodass er aus Versehen den Strick zerschneidet. Daher kann Diepreht davoneilen. Die Pfarrersfrau beginnt einen schlimmen Streit, denn sie meint, der böse Reinhart sei ihr entwischt. Diepreht lässt die Mäuse zurück und eilt zum Hof des Königs. Er berichtet ihm von Reinharts Tat. Wieder wird der König zornig über Reinhart. Diesmal bittet er den Eber um seine Meinung, was nun richtig sei. Dieser spricht Reinhart Ehre und Besitz ab und fordert das Todesurteil. Isengrin schließt sich dem an. Krimel entgegnet, dass Diepreht unrecht habe und sich auf eine Bestechung eingelassen hätte. Der König schickt Krimel selbst, um Reinhart herbeizuschaffen.

Betrug des Königs (V. 1798-2002)

Als Krimel zu Reinhart kommt, berichtet er ihm von den Anschuldigungen und sie speisen gemeinsam. Darauf gehen sie zum Hof des Königs, Reinhart trägt das beste Hofgewand und ist mit einer Arzttasche und Kräutern bepackt. Viele Tiere rufen ihm Beschuldigungen zu. Reinhart tritt auf und bemängelt die Zuchtlosigkeit am Königshof. Er erzählt dem kranken König von Meister Bendin, einem Arzt aus Salerno. Daraufhin behauptet Reinhart, er wolle den König heilen. Dafür sei es die Empfehlung des Arztes, täglich von den mitgebrachten Heilkräutern zu essen. Zudem ließe der Arzt ausrichten, der König solle einem alten Wolf die Haut abziehen und sowohl ein Bärenfell als auch eine Mütze aus Katzenfell besorgen, ansonsten drohe ihm der Tod. Der König lässt den Wolf Isengrin und den Bär Brun kommen und fordert sie auf, ihm ihr Fell zu geben. Brun entgegnet, dass der sogenannte Arzt schon mehr getötet als Leben gerettet habe. Isengrin zeigt ihm seinen Schwanz und warnt den König, er könne genauso geschändet werden. Sie können nicht entfliehen, ihnen wird das Fell abgezogen, ebenso geschah es Diepreth. Reinhart sagt weiter, dass noch ein gekochtes Huhn mit Eberspeck nötig wäre. Also lässt der König Pinte fangen und vom Schinken des Ebers wird ein riesiges Stück herausgeschnitten. Reinhart berichtet, sie bräuchten noch einen Gürtel aus Hirschleder. Dieser stellt ihm der Hirsch, weil er sich nicht traut, Widerstand zu leisten. Reinhart verspricht dem König, dass er ihm helfen könne, wenn er nur auf ihn höre. Der König versichert, dass er dies tun wolle. Schließlich erwarte Meister Bendin laut Reinhart ein Biberfell als Lohn. Dies verspricht der König zu besorgen. Er zieht dem Biber das Fell ab, was viele andere Tiere beobachten. Aufgrund dessen fliehen sie. Nur Krimel, das Kamel von Thuschalan und der Elefant bleiben zurück.

Bad des Königs und weitere Forderungen Reinharts (V. 2003-2162)

Reinhart ordnet dem König ein Bad mit vielen Kräutern an und setzt ihm das Katzenfell auf. Kurze Zeit später ergreift er seine Herzader und behauptet, er sei wieder gesund, weswegen er aus der Badewanne hinaussteigen solle. Er hüllt den König in Isengrins und Bruns Fell und macht ihm heiße Umschläge um sein Haupt. Schon kriecht der Ameisenherr heraus aus seinem Kopf, direkt in das Katzenfell. Reinhart will ihn zuerst töten, er gewährt ihm aber Gnade, als der Ameisenherr ihn besticht. Er bietet ihm an, dass er in seinem Wald mehr als tausend Burgen beherrschen dürfe. Dann essen Reinhart und der König gemeinsam das Huhn, Krimel bekommt den Eberspeck. Beiläufig bittet er den König, dem Elefanten Land zu geben. Dieser bekommt Böhmen. Als er aber dort ankommt und verkündet, dass er nun der neue Herr sei, wird er verprügelt und muss wieder zurückkehren. Des Weiteren bittet Reinhart darum, dass das Kamel in Erstein Äbtissin werden solle. Auch diesen Wunsch erfüllt der König und verleiht ihr das Kloster. Sie wird von den erzürnten Nonnen zu Tode geprügelt, während sie verkündet, dass sie die neue Äbtissin werden solle.

Tod des Königs (V. 2163-2248)

Reinhart gibt dem König einen Gifttrank und geht anschließend mit Krimel in den Wald. Dort treffen sie auf Brun, der wütend die Zähne fletscht, nachdem Reinhart ihn provoziert hat. Reinhart lässt ihn zurück und läuft zu seiner Festung. Dem König wird elend, daher möchte er Reinhart sprechen, der nicht mehr da ist. Ihm wird Reinharts Betrug bewusst und bemerkt, dass ihm dies das Leben kostet, und empfindet Reue. Darauf zerfällt er in drei Teile, seine Zunge in neun. Alle weinen und drohen Reinhart.

Übersetzung (V. 2238-2249)

swer sich an den ungetrwen lat, Wer sich einem Untreuen anvertraut,
dem wirt iz leit, des muz ich iehen. dem wird es leid tun, das muss ich sagen.
alsam ist ouch nu mir geschehen. So ist es auch mir nun widerfahren.
er kerte sich zu der wende, Er lehnte sich an die Wand,
do nam der kunic sin ende. da starb der König.
sin houbet im en dreu spielt, Sein Haupt zerfiel in drei Teile,
in neune sich sin zunge vielt. seine Zunge zerteilte sich in neun Teile.
si weinten alle durch not Aus Kummer weinten alle
umbe des edelen kuniges tot, über den Tod des edlen Königs.
sie dreweten alle harte Alle drohten
dem guten Reinharte. dem guten Reinhart heftig.
ditz si gelogen oder war, Dies sei ausgedacht oder wahr,
got gebe uns wunecliche iar! Gott gebe uns ein glückliches Jahr!
hie endet ditz mere. Hier endet diese Erzählung.
Das Ende der Geschichte (V. 2249-2266)

Dann endet die Geschichte, die der Spielmann Heinrich gedichtet hat. Ein anderer hat noch Dinge hinzugefügt und einiges weggelassen. Als letztes folgt die Bitte an Gott, ihm ein frohes Leben zu schenken.

Aufbau und Struktur: Zwei Perspektiven

Die Erzählstruktur nach sukzessivlogischer Lektüre

Bei sukzessivlogischer Lektüre werden die einzelnen Szenen als Teil einer chronologischen Episodenreihung gesehen. Die einzelnen Episoden bauen aufeinander auf und stehen in einer zwingend-kausalen Folge. Es gibt zwei Überlieferungen, in denen die Erzählung des Reinhart Fuchs nachgelesen werden kann: eine alte, fragmentarische "um 1200" und eine jüngere, vollständige "um 1320/30" [Bertau 1983:19]. Ein markanter Unterschied zwischen beiden Überlieferungen ist der Titel. Während das alte Fragment die Geschichte von "Isîngrînes nôt" erzählt, wird die jüngere Parallelüberlieferung mit "vuhs Reinhart" betitelt. Wenn das Tierepos unter dem Titel "Isîngrînes nôt" gelesen wird, so ist die aneinandergereihte Episodenfolge sukzessivlogisch entwickelt. Hier wird das Augenmerk auf das Leiden des Wolfes gelegt. Zudem wird mit dem Substantiv "nôt" auf der "Nibelungen nôt" angespielt, also die letzten beiden Worte, mit denen das Nibelungenlied endet. Wie in jenem Heldenepos kann auch das Tierepos in zwei Hauptteile gegliedert werden, denn im ersten Teil erfährt der Wolf und im zweiten Teil die ganze "tierische Ritterwelt das Unheil". [Bertau 1983:19] Nach der Perspektive einer syntagmatischen Episodenreihung kann der Reinhart Fuchs also grob in ein Vorspiel und zwei große Hauptteile gegliedert werden: [Ruh 1980:16]

I Vorspielartige Aventiurenreihe (V. 11-384)
II Die Fuchs-Wolf-Auseinandersetzung (V. 385-1238)
III König Vrevels Hoftag (V. 1239-2248)


I Das Misslingen Reinharts (V. 11-384)

Im einleitenden Vorspiel jagt Reinhart dreimal erfolglos: 1. den Hahn Scantecler, 2. die Meise und 3. den Raben Diezlin.

Original Übersetzung
Reinhart kvndikeite pflac, Reinhart übt sich in seiner List,
doch ist hevte niht sin tac, doch ist heute nicht der Tag,
daz iz im nach heile mvege ergan. an dem das Glück auf seiner Seite steht.

Womöglich dienen diese ersten Niederschläge dazu, durch Empathie und Mitleid beim Leser Sympathien für den vorerst geschlagenen Reinhart zu wecken[Ruh 1980]. Durch siegreiche Episoden allein wäre Reinhart Fuchs unsympathisch und der Sieg an sich als gewöhnlich dargestellt. Doch durch die initiale Schilderung entrüstender Verluste und der darauffolgenden Darstellung des Siegeszuges werden Niederlage und Sieg in Kontrast zueinander gesetzt. Gerade durch dieses Oppositionsgefüge bekommt der Sieg erst seine Bedeutung.

II Die Katastrophe Isengrins (V. 385-1238)

Der erste große Erzählteil beginnt mit dem Zweckbündnis zwischen Reinhart und Isengrin. In vier Episoden werden Erfahrungen mit fragilem Vergnügen geschildert.

Szenenreihe vor Isengrins Katastrophe neu.jpeg

Auf diese vier Episoden folgt die Katastrophe Isengrins in sieben Szenen. Die Episoden sind in einer Zentralkomposition arrangiert. Die Rahmenszenen 1/2 und 6/7, ebenso 3 und 5 enstsprechen sich. Den Mittelpunkt bildet die Fischweiherszene mit dem bedeutungstragenden Schwanzverlust. Sie verweist zurück auf Szene 1 und voraus auf Szene 7. Damit bilden sie "drei Etappen der körperlichen Schädigung und der moralischen Demontage Isengrins" [Ruh 1980: 22].

Die Katastrophe Isengrins neu.jpeg

III Der Hoftag (V. 1239-2248)

So wie das Wolfsdrama ist auch der Hoftag in sieben Szenen gegliedert und besitzt eine Zäsur in der Mitte. Diese Mittelachse beim Hoftag ist nicht so tiefgreifend wie die Szene mit dem Schwanzverlust des Wolfes, besitzt dafür jedoch mehr erzählerische Breite. [Ruh 1980: 26]

Struktur Hoftag neu.jpeg

Die stärkste Klammer bildet die äußerste, denn sie beginnt mit der Aggression Vrevels gegen die Ameisen und endet mit dem Gifttod desselben. Diese beiden Szenen bilden einen geschlossenen Rahmen von Anfangstat und Ergebnis, von Untat und Strafe. Die Szenen 2/3 und 4/5 stehen sich als Antithesen gegenüber, denn sie stellen Reinhart zunächst als Angeklagten dar, dann als Richter und Rächer. Da in den Szenen 1 und 5 bis 7 die Kommentare des Autors stark zunehmen, scheint hier die Suche nach der hauptsächlichen konzeptionellen Aussage sehr sinnvoll. In diesen Szenen wird ein autoritärer, willkürlicher Machthaber bestraft. Naiv hat er sich zum erbarmungslosen Werkzeug des listigen Reinharts missbrauchen lassen, durch den der Gerichtstag zum brutalen Massaker eskaliert. So werden Verbrechen legalisiert, der Angeklagte zum Richter avanciert, die Kläger durch Schändung, Tötung und Verspeisung grausam massakriert. [Ruh 1980:27]

Die Erzählstruktur nach simultanlogischer Lektüre

Der folgende Abschnitt bezieht sich auf den Text von Bertau [Bertau 1983]. Er untersucht die Literatursituation und die zwischen simultanlogischen und sukzessivlogischen Kategorien schwankende Forschung zur Interpretation des Tierepos. Während die sukzessivlogische Lektüre eher dem alten Fragment "Isîngrînes nôt" entspricht, bietet sich die spätere Überlieferung "vuhs Reinhart" eher dazu an, simultanlogisch gelesen zu werden. Im Gegensatz zur sukzessivlogischen Lektüre lösen sich die Situationen bei der simultanlogischen Lektüre aus der zwingenden Folge, jede Episode ist in sich am Ziel. Der Fokus liegt hierbei nicht mehr auf dem Weg des immer größer werdenden Unheils, sondern die Situationen stehen bloß noch räumlich nebeneinander, während sie eine beliebige Auswahl an Taten des Helden darstellen.

Bertau geht also statt von einer syntagmatischen Episodenreihung von einer paradigmatischen Episodensammlung aus. Die Verkettung der Szenen erfolgt nach einer räumlich-statischen Komposition mit drei Teilen, die zu je 7 Szenen geordnet werden können:


Teil A

1. Fuchs und Hahn - Niederlage Reinharts

2. Fuchs und Meise - Niederlage Reinharts

3. Fuchs und Rabe - Niederlage Reinharts

4. Bündnis zwischen Fuchs und Wolf

5. Fuchs und Wölfin, Minnewerbung

6. Fuchs, Wolf und Schinken - Niederlage Reinharts

7. Wolf im Klosterkeller - Rache des Fuchses


Teil B

1. Der Wolf in der Falle (Kastration?)

2. Ehebruch Fuchs und Wölfin

3. Der Wolf als Mönch

4. Der Fischfang des Wolfes (Verlust des Schwanzes)

5. Der Wolf im Brunnen (Strafe und Gnade)

6. Der Fuchs vermeidet die Falle des Schwurs

7. Der Fuchs notzüchtigt die Wölfin.


Teil C

1. Der Löwe zerstört die Ameisenburg

2. Der Wolf klagt vor dem Königsgericht

3. Der hahn klagt vor dem Königsgericht

4. Dreimaliges Aufgebot des beklagten Fuchses

5. Der Fuchs als falscher Arzt lässt die feindlichen Tiere und Kläger durch den König hinschlachten

6. Der Fuchs belohnt seine Parteigänger

7. Der Fuchs vergiftet den Löwen


Es geht um ein ausgewogenes System, das räumlich abbildbar ist. Für jeden der drei Teile entsteht jeweils ein Zentrum:

A: Das Bündnis zwischen Fuchs und Wolf

B: Das Unglück des Wolfes

C: Das Aufgebot zum Königsgericht

Teil B, das Unglück des Wolfes betreffend, bildet wiederum das Zentrum des Ganzen. Zudem müssen Szenen ergänzt bzw. zurechtgerückt werden (B1, C5).

Ausgehend von dieser Erzählstruktur kann folgende Interpretation angenommen werden: Ein einzelnes Ereignis wird zum Gleichnis für eine typische im allgemein-menschlichen anzutreffende Situation. Durch jene Darstellung von Taten eines Helden als exemplarische wird der (Anti-)Held selbst zu einer Verkörperung des Bösen.[Bertau 1983]

Historische Deutung

Allgemein ist bei Strukturierungsfragen Vorsicht geboten, wie es auch Bertau formuliert: "Es erscheint überaus methodisch [misslich], nach heutigem Gutdünken Abschnitte unerscheiden zu wollen, weil dabei unversehens der Text mit heutigen Kategorien überformt wird, über die der Interpret dann keine Kontrolle mehr hat" [Bertau 1983]:26. Doch welche Interpretationsmöglichkeiten eröffnet die jeweils vorgeschlagene Erzählstruktur?
Wenn das Tierepos sukzessivlogisch gelesen wird, erscheint die konzeptionelle Aussage politisch motiviert [Schwab 1967] und der Dichter "komponiert auf ein episches Ende hin" [Ruh 1980:29]. Dabei wird auf die elsässischen Verhältnisse angespielt und die antistaufische Haltung Heinrichs tritt zutage. So wird im Reinhart Fuchs beispielsweise Walther von Horburg zitiert (V. 1024-1029), der der staufischen Partei angehörte. Als der Wolf Isengrin von den Mönchen nach seinem Schwanzverlust nur nicht zu Tode geschlagen wird, weil sie ihn nach Bemerken seiner Tonsur verschonen, wird ein Sinnspruch von Walther zitiert ("iz kvmet mir als lichte ze gvte, so iz mir tvt dehein vngemach", V. 1028f.). Der Spruch besagt, dass ein Unheil auch zum Guten umschlagen kann, etwa im Sinne von "Glück im Unglück". Eine Zitation Walthers an einer solch blamablen Stelle kann ironisierend und "als blutiger Hohn verstanden werden" [Ruh 1980:28]. Zudem erinnert der Gifttod König Vrevels an den durch die antistaufische Strömung propagierten Gifttod des Kaisers Heinrich VI. im Jahre 1197. Dieser Kaiser wurde in erstaunlicher Deckung mit der Figur des Vrevel als Feigling gegenüber den deutschen Fürsten und als Willkürherrscher skizziert [Ruh 1980:28]. All diese antistaufischen Andeutungen stellen den Reinhart Fuchs als eine "Warnfabel" [Schwab 1967] dar, in der politische Begebenheiten nicht reine historische Nacherzählungen sind, sondern aktuelle Warnsignale zur gegenwärtigen Situation darstellen.
Der Text von Bertau beschäftigt sich ebenfalls mit der historischen Deutung: Der elsässische Verfasser „Heinrich“ kritisiere in seinem Werk die Verhältnisse des staufischen Staates, dessen System-Logik und die der höfischen Welt. Im Gegensatz zu Ruh und Schwab sei laut Bertau jene Kritik aber keine konstruktive, denn Heinrich nehme die Welt um sich herum als komplett schwarz wahr.[Bertau 1983]

Literaturverzeichnis

  • [*Bertau 1983] Bertau, Karl: 'Reinhart Fuchs'. Ästhetische Form als historische Form, in: ders.: Über Literaturgeschichte. Literarischer Kunstcharakter und Geschichte in der höfischen Epik um 1200, München 1983, S. 19-29.
  • [*Ruh 1980] Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Bd. 2: 'Reinhart Fuchs', 'Lanzelet', Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Berlin 1980 (Grundlagen der Germanistik 25), S. 13-33.
  • [*Schwab 1967] Schwab, Ute: Zur Datierung und Entstehung des Reinhart Fuchs. Mit einem textikritischen Beitrag von Klaus Düwel, Neapel 1967.
  • Die Versangaben zum RF beziehen sich auf Heinrich der Glîchezâre (1976): Reinhart Fuchs. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, Stuttgart: Reclam.