Tiere und ihre Bedeutung (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
In diesem Artikel wird die Bedeutung der Tiere im Parzival beschrieben. Hierzu soll zunächst ein Überblick über die Tiere und ihren Gebrauch im Parzival geschaffen werden, wobei jedoch die nur metaphorisch verwendeten Tiere außen vor bleiben sollen, genauso wie Tiere, die in Wappen etc. vorkommen. Auf diesem Überblick aufbauend soll die Bedeutung der Tiere herausgearbeitet werden - zum einen im Hinblick auf ihre allgemeine Bedeutung im Mittelalter und zum anderen auf ihre Bedeutung im Parzival.
Tiere im Parzival
Reale Tiere
Vögel
Die Vögel im Parzival können in mehrere Gruppen aufgeteilt werden: Zum einen spielen sie als nicht näher definierte Gruppe eine Rolle, zum anderen werden immer wieder Jagdvögel genannt. Außerdem wird im Zusammenhang mit dem Gral auf einige Vögel verwiesen, die teilweise aber mystisch-orientalischer Art sind, sodass diese unter den Mystischen Tieren weiter unten aufgeführt sind. Im Bezug auf den Gral wird an dieser Stelle nur auf die Taube verwiesen.
Davon abgesehen
Waldvögel
Gleich zu Beginn von Parzivals Werdegang wird berichtet, dass er im Wald von Sôltane Vögel mit bogen und bölzelîn (118,4) jagt. Er weint jedoch, wenn die Vögel tot vor ihm liegen, weil ihn der Gesang der Vögel bewegt, er aber trotzdem eines dieser Tiere getötet hat. Im gleichen Absatz wird auch beschrieben wie sehr ihn der Gesang bewegt:
erne kunde niht gesorgen, | __________ | Er kannte keinen Kummmer, | __________ | |
ez enwære ob im der vogelsanc, | __________ | außer wenn über ihm die Vögel sangen; | __________ | |
die süeze in sîn herze dranc: | __________ | das drang ihm so süß ins Herz und | __________ | |
daz erstracte im sîniu brüstelîn. | __________ | machte ihm sein Kinderbrüstlein weit. | __________ | |
al weinde er lief zer künegîn. | __________ | Weinend lief er dann zur Königin. | __________ | (118, 14 - 18) |
Wie man in dieser Textstelle sieht, rührt der Gesang das Kind zutiefst. Es kann seiner Mutter gegenüber aber nicht in Worte fassen was ihn rührt und zum Weinen bringt. Sobald Herzeloyde versteht, dass der Gesang der Vögel diesen Effekt auf Parzival hat, versucht sie die Vögel töten zu lassen, was sich aber als unmöglich herausstellt. Parzival versteht das Verhalten seiner Mutter nicht und bittet sie dem Morden Einhalt zu gebieten.
Diese Stelle ist aus zwei Gründen interessant. Zum einen ist die Musik eine höfische Kunst und verweist somit auf das Leben bei Hofe, das die Mutter aber durch ihr Leben in der Ödnis zu umgehen sucht. Parzival jedoch trägt durch seine edle Herkunft die Liebe zum Höfischen im Blut, was in 118, 28 durch das Verb twang hervorgehoben wird. Dieses Wort zeigt, dass es sich um etwas Gewalttätiges, Natürliches handelt dem er sich nicht entgegenstellen kann. Genauso wie Herzeloyde die Natur nicht bezwingen und alle Vögel töten kann, kann sie auch die Natur Parzivals nicht ändern und ihn nicht von einem Leben als Ritter fernhalten.
Die Gewalt gegen eine unbestimmte Anzahl an Vögeln, die sich dieser Mordaktion so leicht entziehen können, wirkt fast schon lächerlich und die Gewalt an sich maßlos übertrieben. Auch Parzival begreift dieses Verhalten nicht. Durch seine Frage erst begreift Herzeloyde in wie weit sie sich gegen die Natur und eine höhere Ordnung auflehnt aufgrund ihrer Liebe zu ihrem Sohn. Somit verweist diese Stelle auf die Zukunft und rechtfertigt warum Herzeloyde durch die Abreise Parzivals zu Tode kommt: sie verliert den einzigen verbleibenden Sinn in ihrem Leben. [Lewis 1974: vgl. 135 f.]
Diese Episode ist aber auch deshalb aussagekräftig, weil Parzival seiner Mutter gegenüber nicht artikulieren kann, was ihn bewegt und somit auf die Schwierigkeiten verwiesen wird, die er während seines Werdegangs haben wird: Er muss sich die höfische Welt erst erschließen und lernen ihren Regeln und Vorstellungen gemäß zu leben und zu handeln. Er kann für die Musik als ein Motiv der höfischen Welt noch keine Worte finden, da diese Welt ihm noch unbekannt ist. Somit weist diese kleine Vogelepisode auf die zukünftigen Ereignisse und die Entwicklung Parzivals hin.
Jagdvögel
Sperber, Falken, Taube (Gral!), Elster (Taube und Elster: metaphorisch, aber besonders wichtig, deshalb trotzdem erwähnen und auf Artikel verweisen). http://mediaewiki.org/wiki/Typologie_der_drei_Menschen
Taube
Essen Sperber, Falken, Taube (Gral!), Elster (Taube und Elster: metaphorisch, aber besonders wichtig, deshalb trotzdem erwähnen und auf Artikel verweisen). http://mediaewiki.org/wiki/Typologie_der_drei_Menschen
Schwan
Pferde
Die Pferde im Parzival erfüllen, bis auf einige Ausnahmen, die Funktion, die man auch aus anderen Epen des Mittelalters kennt: Das Pferd ist zunächst schlicht ein Transportmittel. Das Pferd ist für jeden Ritter aber auch insofern wichtig, als es eine Notwendigkeit für die Tjost darstellt. Zusätzlich gibt dieses Tier häufig Informationen über seinen Besitzer preis, wie zum Beispiel dessen Stand innerhalb der Gesellschaft oder auch seine persönliche Lage.
Streitrösser und andere Pferde
Im Parzival wird die Herkunft mehrerer Streitrösser genannt - Kastilien. Diese Pferde scheinen von besonderer Qualität zu sein, da immer wieder betont wird, dass sie besonders edel sind, doch daüberhinaus wird keines dieser Pferde näher beschrieben oder als "eigenständiges" Wesen mit einer eigenen Funktion innerhalb des Werkes heraugearbeitet. Diese Streitrösser haben, abegsehen von ihrer primären Funktion als Transport- und Kampfmittel, nur die Aufgabe auf das Höfische zu verweisen und sind wie prächtige Kleider, gemeinsames Essen, Tjost und Musik Motive des Höfischen.
Ein anderes "Typ" Pferd, dem man in diesem Epos begegnet ist der unansehnliche Klepper, der die Funktion hat ein Gegenbild zum höfisch-wertvollen Tier darzustellen und somit gleichzeitig auf den Zustand seines Herrn oder seiner Herrin verweist. Sowohl Parzival, als auch Jeschute und Gawan durchleben eine Episode auf einem solchen Pferd.
Parzival wird von seiner Mutter auf einem alten Pferd in die Welt entlassen, weil diese hofft, dass er schneller zurückkehrt, wenn er aufgrund seiner Kleidung und seines Pferdes verspottet worden ist. Dies geschieht jedoch nicht und er kämpft aufgrund seiner Unwissenheit mit einem Verwandten und begeht so den ersten Frevel: er tötet seinen nahen Verwandten Ither, ohne von ihrer Verwandschaft zu wissen. Sowohl Ithers, als auch Parzivals Pferd jedoch beklagen dessen Tod, was man als Klage und Trauer über den begangenen Frevel lesen kann, den Parzival durch diese Tat begangen hat.
Jeschute muss ein ganzes Jahr lang auf einem alten Klepper reiten. Ihr Mann straft sie damit, weil er meint, dass sie ihn betrogen habe. Er lässt sie nur notdürftig bedeckt auf diesem Pferd reiten, nachdem er selbst den Sattel noch kaputt gemacht hat. Hier verweist das Tiers sowohl auf die Schande, die sie ertragen muss, da das Pferd den Gegensatz zur Höfischen Welt darstellt und so ihre Position außerhalb dieser höfischen Welt nur abbildet, sondern im wahrsten Sinne des Wortes erfassbar macht.
Auch Gawan kommt in die Verlegenheit ein solches Tier reiten zu müssen und muss sogar eine Tjost auf einem solchen Pferd bestehen. Er muss nämlich das Pferd Malcreatiures reiten, welcher ein Diener Orgeluses ist und der dieses Pferd zudem gestohlen hatte. Zudem ist Orgeluse, die Frau seines Herzens, die ihn zudiesem Zeitpunkt aber noch verschmäht, während dieser Episode bei ihm, was für ihn die Situation nur noch unangenehmer macht.
Pferd Parzivals: Klepper, den er von seiner Mutter bekommt und Ithers Pferd "klagen" um den Tod Ithers --> Hinweis auf den Frevel Parzivals Pferd Jeschutes: alter Klepper --> außerhalb der höfischen Normen Pferd Gawan: er muss das Pferd von Prgeluses Knappen Malcreatiure reiten (statt seines Gralspferdes!), welches dieser von einem Bauern gestohlen hat --> außerhab der höfischen Normen, auch außerhalb der göttlichen Sphäre? (erhält nach "Prüfung" bzw. Kampf sein Gralspferd wieder, Bindung an Transzendentes)
Gralspferde
Gringuljete (Gawan) Inglîart (Gawan und Parzival)
Hirsche
Der Hirsch ist eng an den Topos der Jagd und des Hofes gebunden. Die Kunst zu jagen ist eine dem Adel vorbehaltene und dsehalb dem Hof zugehörige Betätigung gewesen. Zu Beginn ist Parzival ein in höfischen Dingen unwissender Junge, von dem aber gesagt wird, dass er Hirsche erjagen kann (124, 12-14). Im darauffolgenden Satz wird aber betont, dass er "vil tumpheit" (124, 16) offenbare. Hier ist also die Funktion des Hirsches diejenige, auf die guten Anlagen des Jungen zu verweisen, die er trotz unhöfischer Erziehung erworben hat. Gleichzeitig wird an diesem Beispiel aber deutlich, dass er die Tiere mit seinem "gabylôt" (124,13), einer Art Bauernspieß, zwar töten kann, dies jedoch nichts mit der höfischen Kunst des Jagens zu tun hat.
Löwe
Mystische Tiere
ecidemôn
monîcirus
Das Tier "monîcirus" wird folgendermaßen beschrieben:
ein tier heizt monîcirus: | __________ | Ein Tier heißt monîcirus | __________ | |
daz erkennt der meide rein sô grôz | __________ | und schätzt so sehr die reinen Mädchen, | __________ | |
daz ez slæfet ûf der meide schôz. | __________ | dass es sich zum Schlafen auf den Schoß von Mädchen bettet. | __________ | (482,23 - 26) |
Dieses Tier ist ein Einhorn, das im Mittelalter als reales Tier angesehen wurde und zu dem es sogar eine Empfehlung gibt, wie es zu erjagen sei. [Lewis 1974: 118 f.] Trevrizent erzählt von diesem Tierchen im Zusammenhang mit den vergeblichen Versuchen Anfortas zu heilen oder seine Schmerzen zu lindern. Und beschreibt, dass es zudem noch ein Horn hat, über dem ein Karfunkelstein ist, den sie zur Linderung der Schmerzen nutzen wollten, genauso wie das Herz dieses Tieres. Doch leider ohne Erfolg.
pellicânus
mythisch??? eher nicht? Aber nicht normales Verhalten: eher Tier aus unbekanntem Kulturkreis?
ein vogel heizt pellicânus: | __________ | Es gibt einen Vogel, der heißt pellicânus | __________ | |
swenne der fruht gewinnet, | __________ | Wenn der Junge hat, | __________ | |
alze sêre er die minnet: | __________ | die liebt er über alles; | __________ | |
in twinget sîner triwe gelust | __________ | er ist so treu,, daß ihn die Liebe zu den Seinen treibt, | __________ | |
daz er bîzet urch sîn selbes brust, | __________ | sich selber in die Brust zu beißen | __________ | |
unt lætz bluot den jungen in den munt: | __________ | und er verströmt sein Blut den Jungen in den Mund: | __________ | |
er stirbet an der selben stunt. | __________ | und daran stirbt er dann. | __________ | (482,12 - 18) |
Bedeutung der Tiere aus dem Parzival
Funktion dieser Tiere in anderen Texten
Literatur
Primärliteratur
[*Wolfram von Eschenbach 2003] Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe 2. Auflage. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit Einführungen zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, Berlin 2003.
Sekundärliteratur
<HarvardReferences /> [*Lewis 1974] Lewis, Gertrud J.: Das Tier und seine dichterische Funktion in Erec, Iwein, Parzival und Tristan. Bern und Frankfurt/M. 1974.