Bedeutung der Pflanzen (Gottfried von Straßburg, Tristan)
In Gottfrieds von Straßburg Tristan tauchen verschiedene Pflanzen auf, deren Bedeutung in diesem Artikel beschrieben werden.
Bäume
Linde
Die Linde taucht in drei Episoden im Tristan auf. Zum einen wird sie bei der Beschreibung des Maienfestes am Hofe Markes erwähnt (V. 558, 597), zum anderen lässt Tristan sich und dem Jägermeister Markes nach der Bast einen Kranz aus Lindenlaub aufsetzen (V. 3150-3151), des Weiteren gehören drei Linden zu der Landschaft der Minnegrotte (V. 16731, 16741, 16881-16882, 17174-17175, 17178, 17181, 17381). Die Linde kann somit zum einen als Bestandteil der idyllischen Natur gesehen werden. Zum anderen stellt sie, vor allem in der Minnegrotte-Episode, den Schutzbaum der Liebenden dar. Die herzförmigen Blätter der Linde können hierbei als Zeichen für das Herz gedeutet werden, das wiederum das Zeichen für Liebe darstellt.
Palme
Die Pilger, auf die Tristan in Cornwall nach seiner Entführung trifft, führen zum Zeichen ihrer Buße Palmenzweige mit sich (V. 2647-2649). Die Palmenzweige weisen die Pilger darüber hinaus als Jerusalem-Pilger aus. Der Palmenzweig ist jedoch ein gesetztes Zeichen und birgt dadurch gleichzeitig die Möglichkeit der Täuschung in sich. Die Palmenzweige geben Tristan daher keine wirkliche Sicherheit, ob es sich wirklich um harmlose Pilger handelt, sodass er selbst zur Täuschung greift und eine Lügengeschichte erzählt, um seine wahre Herkunft als Fremder nicht preiszugeben.
Ölbaum
Der Ölbaum spielt vor allem im Zusammenhang mit den Intrigen um Tristans und Isoldes heimliche Liebe und ihre Treffen eine Rolle. So benutzt Tristan auf Brangänes Rat hin Zweige eines Ölbaums, um die heimlichen Treffen mit Isolde im Baumgarten zu verabreden (V. 14423-14447) und Marke und Melot verstecken sich auf einem Ölbaum, um Tristan und Isolde als Liebespaar zu überführen (V. 14598-14611). Tristan und Isolde bemerken jedoch die Schatten der Lauscher (V. 14628-14631, 14692-14695) und können so gewarnt den beiden genau das Gegenteil eines Liebespaares vorspielen und schaffen es so, das Misstrauen von Marke zu zerstreuen (V.14716-14906). Interessanterweise ist der Baum, in dem sich Marke und sein Helfer verstecken, in anderen Tristanversionen kein Ölbaum, sondern beispielsweise bei Beroul und vermutlich auch bei Thomas eine Pinie und bei Eilhart eine Linde. Der Ölbaum ist schon aus der Bibel bekannt. So stehen im Paradies unter anderem Ölbäume, die die Tugend konnotieren, und auch die Taube, die von Noah nach der Sintflut ausgesandt worden war, bringt das Blatt eines Ölbaumes zur Arche zurück. Der Ölbaum kann somit als Zeichen des Frieden und des Segen Gottes gesehen werden. Nach Hildegard von Bingen ist der Ölbaum des Weiteren ein Zeichen für Barmherzigkeit. Der Ölbaum steht also insgesamt für den Frieden und Segen Gottes, das Erbarmen und die Versöhnung, sowie für die Tugend. Da in der Baumgarten-Szene der Ölbaum eine zentrale Rolle spielt, kann die Szene so gedeutet werden, dass es die beiden Liebenden mit Gottes Segen schaffen, ihre Liebe und damit den Ehebruch zu verheimlichen. Somit ist in der Baumgartenszene schon eine Andeutung auf die spätere Gottesurteil-Szene zu erkennen, in der Isolde es erneut schafft mit der Hilfe Gottes ihren Ehebruch zu leugnen.
Tanne
Die Tanne, die nach Hildegard von Bingen ein Zeichen der Stärke ist, wird im huote-Exkurs genannt:
- swâ sô daz wîp ir wîpheit
- unde ir herze von ir leit
- und herzet sich mit manne,
- dâ honiget diu tanne,
- dâ balsamet der scherlinc,
- der nezzelen ursprinc
- der rôset ob der erden.
- (V. 17979-17985)
- Wenn eine Frau ihr weibliches Naturell und ihre Veranlagung ablegt und die des Mannes annimmt, dann gibt die Tanne Honig und der Schierling Balsam, und die Wurzeln der Brenneseln lassen über der Erde Rosen erblühen.
Gottfried macht durch den Vergleich der Tanne, die Honig gibt, die Unmöglichkeit deutlich, dass sich das weibliche Wesen in ein männliches Wesen verwandeln könnte, und stellt so deutlich heraus, dass sich Mann und Frau grundlegend in ihrer Natur unterscheiden.
Blumen
Blumen und Blüten
Rose
Lilie
Distel
Nesselkraut
Gras und Klee
Fazit
Literatur
<HarvardReferences />
- [* Krohn 1980] Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 1980 (RUB 4471-3).
- [*Glogau 1993] Glogau, Dirk R.: Untersuchungen zu einer konstruktivistischen Mediävistik. Tiere und Pflanzen im „Tristan“ Gottfrieds und im „Nibelungenlied“. Essen 1993.
- [*Wessel 1984] Wessel, Franziska: Probleme der Metaphorik und die Minnemetaphorik in Gottfrieds von Straßburg ‚Tristan und Isolde‘. München 1984.