Parzivals tumpheit (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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"Aber nicht nur die Worte sind wichtig, die am häufigsten vorkommen; nicht minder bedeutsam können Worte sein, die ein Dichter im Raum seiner Dichtung an Stellen einfügt, denen er eine bestimmte, die Dichtung und ihr Anliegen erhellende Funktion verleiht." [Rupp 1957: S. 97] Diese Aussage des Parzival Kenners Heinz Rupp verweist auf die herausragende Rolle des Wortes "tump(-heit)", das es im Rahmen des Romans einnimmt. Wolfram von Eschenbach verwendet es hauptsächlich in Bezug auf seinen Helden Parzival und drückt mit dessen Verwendung einen Entwicklungsprozess des Helden aus.

"tumpheit" in den Kindes- und Jugendjahren

Weltfremdheit

Im III. Buch schildert der Erzähler Parzivals Kinder-und Jugendjahre, die er abgeschieden im Wald von Soltâne verbringt, seinen Weg zum Artushof, sowie seine Erziehung durch Gurnemanz. Insgesamt 17 von "24 "tump"-Belegen, die sich auf Parzival beziehen" [Rupp 1957: S. 99], stehen in diesem Buch, das den noch weltfremden Parzival präsentiert. Für Heinz Rupp ist die Verteilung der "tump"-Belege ein wichtiges Indiz für Parzivals Entwicklungsprozess und dessen Beurteilung durch den Erzähler. Er konstatiert, dass Parzival "[n]ie [...] im 4. Buch, das die Erwerbung der Condwiramurs schildert, nie im 5. Buch, das vom Gralsbesuch und von der versäumten Frage erzählt, und auch nie im 6. Buch, in den Geschehnissen am Artushof und bei Parzivals Absage an Gott" [Rupp 1957: S. 99] "tump" genannt wird. Während seiner Zeit in Soltâne hat Parzival nur seine Mutter und die Knechtschaft als Bezugspersonen, die Parzival "an küneclîcher fuore betrogen"(118, 2).[1] Parzivals Erziehung durch Herzeloyde ist fern jeder höfischen Erziehung anzusiedeln und er befindet sich deshalb in einer Art "Rohzustand", der unter anderem seine "tumpheit" bedingt. Er besitzt "keine ausreichende Kenntnis der christlichen Religion, kein Wissen, keinen Verstand, keine moralische Unterscheidungsfähigkeit." [Bumke 2004: S. 147] Diese fehlenden Kompetenzen sind Gründe für Parzivals Verfehlungen und Sünden, die ihm später von Trevrizent angelastet werden. Die Eigenschaften, die ihm mitgegeben werden, sind jedoch vorrangig von seinem Familienerbe bestimmt: die "art" [Bumke 2004: Vgl. S. 147] und ein schönes Äußeres. Die Mischung aus seinem Familienerbe und der weltfremden Erziehung machen, Joachim Bumke zufolge, "Parzivals "tumpheit" aus." [Bumke 2004: S. 147]

Parzival und die Ritter

Parzivals "tumpheit" wird erstmals offenkundig als er im Wald von Soltâne auf Ritter trifft (120, 26 - 124, 26). Der Erzähler stellt dieses Aufeinandertreffen mit viel Komik dar, dahinter steckt jedoch pure Unwissenheit Parzivals. Der "knappe[...] der viel tumpheit wielt" (124, 16), ist geblendet von der Pracht der Ritter und glaubt, Gott vor sich zu haben. Die Ritter jedoch erklären ihm ihre Herkunft und ebnen ihm so den Weg zum Artushof.

Parzivals Fahrt zum Artushof

Forschungsliteratur

<HarvardReferences /> [*Bumke 2004] Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., Stuttgart/Weimar 2004 (Sammlung Metzler 36) <HarvardReferences/> [*Rupp 1957] Rupp, Heinz: Die Funktion des Wortes tump im ,Parzival´ Wolframs von Eschenbach, in: Germanisch-romanische Monatsschrift NF 7 (1957), S. 97 - 105.



  1. Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.