Gawans Geheimdiplomatie (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Der Ritter Gawan betreibt im 12. Buch des Parzival, nachdem er das Abenteuer auf Schastel marveile erfolgreich bestanden hat, eine seltsame Geheimdiplomatie mit König Artus, Orgeluse, den Verwandten, welche er auf Schastel marveile befreit hat, und weiteren Personen. Für den Leser sind seine Handlungen nur schwerlich nachzuvollziehen, da der Nutzen seiner Heimlichkeit auf den ersten Blick nicht erkennbar ist und die Situation durch sie eigentlich nur verkompliziert wird. Vom Erzähler erhält der Leser auch keine weiteren Informationen, welche ihn über das seltsame Verhalten aufklären. Dieser Artikel soll die verschiedenen Geheimhaltungshandlungen Gawans aufzeigen und die dazugehörigen Forschungsmeinungen darstellen.
Inhaltlicher Kontext
Gawan, der vorbildliche Ritter der Tafelrunde, hat das Abenteuer auf Schastel marveile erfolgreich bestanden und ist nun neuer Herr dieser Festung, mitsamt Ländereien und Gefolge. Er hatte gehofft dadurch seinem Ziel, der Heirat mit Orgeluse, der Herzogin von Logroys, näher zu kommen. Doch diese hat noch weitere Prüfungen für ihn bereit und er muss gegen weitere Kämpfer antreten. Zuletzt trifft er auf Gramoflanz, den Erzfeind Orgeluses, welcher sein letzter Gegner vor der Erfüllung seines Wunsches sein soll, und er vereinbart mit diesen einen Zweikampf in Joflanze, bei welchem der ganze Artushof zugegen sein soll. Gawan sendet einen Boten an König Artus und dieser erscheint auch mit dem gesamten Gefolge am angewiesenen Ort. Dort kommt es, abgesehen von einigen Kämpfen, auch zur Wiedervereinigung einiger Verwandten. Gawan hat nämlich Arnive, die Mutter von König Artus, Sangive, der Tochter von Arnive, damit Artus Schwester und gleichzeitig Gawans Mutter, zusätzlich deren Töchter Itonje und Cundrie, die Schwestern Gawans, von der Gefangenschaft auf Schastel marveile befreit und mitgebracht.
Gawans Geheimhaltungen
Gawan gibt sich, nach Befreiung seiner Angehörigen, diesen nicht zu erkennen, sondern verhält sich förmlich und distanziert.[1] Zudem verbietet er Orgeluse, welche seinen Namen kennt, diesen anderen Leuten zu verraten:
dô sprach er >frouwe, tuot sô wol, | Er sagte: >Herrin, seid so gut, |
ob ich iuch des biten sol, | falls ich euch darum bitten darf - |
lât mînen namen unrekant, | gebt nicht meinen Namen preis, |
Quellennachweise
Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Dieter Kühn. Kommentiert von Eberhard Nellmann, Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main, 2006.
<HarvardReferences />