827: Das Chronicon Salernitanum über die Eroberung Siziliens durch die Muslime: Unterschied zwischen den Versionen

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<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Das ''Chronicon Salernitanum'' behandelt die Geschichte der Langobarden vom späteren 6.&nbsp; bis ins spätere 10.&nbsp;Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Dukats von Benevent und des Fürstentums von Salerno. Der anonyme Verfasser stellt seinem Werk drei Herrscherlisten voraus, die es politisch und chronologisch einordnen: Erstens werden die langobardischen Könige von Albuin (regn. 560/568-72/3) bis Desiderius (regn. 757-74) genannt; zweitens die fränkischen Könige beginnend mit entweder Pippin dem Älteren oder Mittleren (regn. 615/625-640 / 697-715) über Karl den Großen (regn. 768-814) und ihm folgend die fränkisch-sächsischen Herrscher bis zu Otto&nbsp;III. (regn. 983-1002) sowie drittens die langobardischen Herrscher Benevents von Zotto (regn. 571-591) bis zu Radelchis&nbsp;II. (regn. 881-900). Die eigentliche Erzählung setzt mit dem Pontifikat Papst Zaccharias (sed. 741-752) ein. Für die frühe Berichterstattung zur fränkisch-karolingischen Politik stützt sich der Autor stark auf den ''Liber Pontificalis''. Sein vorwiegendes Interesse gilt bald aber den internen Konflikten der Langobarden und der Abspaltung der Fürstentümer, zumal Salernos (851), und deren weitere Entwicklungen im Mächtegeflecht der süditalienischen Halbinsel. Für mehrere Teile verwendet der Verfasser ausgiebig Passagen aus der ''Origo Gentis Langobardorum'', der ''Historia Langobardorum'' und der ''Chronica Sancti Benedicti Casinensis''. Der Quellenwert des ''Chronicon Salernitanum'' wurde nach seiner Erstedition daher zunächst geringgeschätzt. Mittlerweile herrscht jedoch Einigkeit darüber, dass die – wenn auch in Teilen kompilative – Chronik von größter Bedeutung für die Geschichtsforschung zu Süditalien ist.<ref name="ftn1">Delogu, ''Mito'', S. 237-277; Pohl, ''Werkstätte'', S. 55-67, weist zurecht darauf hin, dass das ''Chronicon Salernitanum'' „mehr Aufmerksamkeit“ verdienen würde.</ref> Gerade für die Zeit ab etwa der Mitte des 9.&nbsp;Jahrhunderts erhält die Komposition des Anonymus selbstständigeren Charakter, und er berichtet in eigentümlicher Breite und Anschaulichkeit. Wurde dieser Stil bisweilen in den Bereich der „Volksmärchen“<ref name="ftn2">Manitius, ''Geschichte'', S. 199.</ref> verwiesen, zeigt die genaue Analyse aber eine argumentative Logik der Erzählweise. Die Quelle ist vor allem deswegen wertvoll, weil sie eine lateinische Perspektive auf die Aktivitäten der Muslime in Süditalien und deren kurzzeitige Herrschaftsetablierung in den Emiraten von Bari und Tarent bietet. Weiter gewährt das ''Chronicon Salernitanum'' besondere Einblicke in die Beziehungen der konkurrierenden Städte Salerno, Neapel und Amalfi. In diesem Kontext schließlich bricht die Chronik unvermittelt in derjenigen Phase ab, in der die Salernitaner Prinzenbrüder Gisulf&nbsp;I. (regn. 978-981) und Pandulf (regn. 981) mit den Amalfitanern ringen, die sich schließlich unter Manso (regn. 966-1004 als Herzog von Amalfi, regn. 966-983 als Prinz von Salerno) für einige Zeit Salernos bemächtigen sollten. </div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Das ''Chronicon Salernitanum'' behandelt die Geschichte der Langobarden vom späteren 6.&nbsp; bis ins spätere 10.&nbsp;Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Dukats von Benevent und des Fürstentums von Salerno. Der anonyme Verfasser stellt seinem Werk drei Herrscherlisten voraus, die es politisch und chronologisch einordnen: Erstens werden die langobardischen Könige von Albuin (regn. 560/568-72/3) bis Desiderius (regn. 757-74) genannt; zweitens die fränkischen Könige beginnend mit entweder Pippin dem Älteren oder Mittleren (regn. 615/625-640 / 697-715) über Karl den Großen (regn. 768-814) und ihm folgend die fränkisch-sächsischen Herrscher bis zu Otto&nbsp;III. (regn. 983-1002) sowie drittens die langobardischen Herrscher Benevents von Zotto (regn. 571-591) bis zu Radelchis&nbsp;II. (regn. 881-900). Die eigentliche Erzählung setzt mit dem Pontifikat Papst Zaccharias (sed. 741-752) ein. Für die frühe Berichterstattung zur fränkisch-karolingischen Politik stützt sich der Autor stark auf den ''Liber Pontificalis''. Sein vorwiegendes Interesse gilt bald aber den internen Konflikten der Langobarden und der Abspaltung der Fürstentümer, zumal Salernos (851), und deren weitere Entwicklungen im Mächtegeflecht der süditalienischen Halbinsel. Für mehrere Teile verwendet der Verfasser ausgiebig Passagen aus der ''Origo Gentis Langobardorum'', der ''Historia Langobardorum'' und der ''Chronica Sancti Benedicti Casinensis''. Der Quellenwert des ''Chronicon Salernitanum'' wurde nach seiner Erstedition daher zunächst geringgeschätzt. Mittlerweile herrscht jedoch Einigkeit darüber, dass die – wenn auch in Teilen kompilative – Chronik von größter Bedeutung für die Geschichtsforschung zu Süditalien ist.<ref name="ftn1">Delogu, ''Mito'', S. 237-277; Pohl, ''Werkstätte'', S. 55-67, weist zurecht darauf hin, dass das ''Chronicon Salernitanum'' „mehr Aufmerksamkeit“ verdienen würde.</ref> Gerade für die Zeit ab etwa der Mitte des 9.&nbsp;Jahrhunderts erhält die Komposition des Anonymus selbstständigeren Charakter, und er berichtet in eigentümlicher Breite und Anschaulichkeit. Wurde dieser Stil bisweilen in den Bereich der „Volksmärchen“<ref name="ftn2">Manitius, ''Geschichte'', S. 199.</ref> verwiesen, zeigt die genaue Analyse aber eine argumentative Logik der Erzählweise. Die Quelle ist vor allem deswegen wertvoll, weil sie eine lateinische Perspektive auf die Aktivitäten der Muslime in Süditalien und deren kurzzeitige Herrschaftsetablierung in den Emiraten von Bari und Tarent bietet. Weiter gewährt das ''Chronicon Salernitanum'' besondere Einblicke in die Beziehungen der konkurrierenden Städte Salerno, Neapel und Amalfi. In diesem Kontext schließlich bricht die Chronik unvermittelt in derjenigen Phase ab, in der die Salernitaner Prinzenbrüder Gisulf&nbsp;I. (regn. 978-981) und Pandulf (regn. 981) mit den Amalfitanern ringen, die sich schließlich unter Manso (regn. 966-1004 als Herzog von Amalfi, regn. 966-983 als Prinz von Salerno) für einige Zeit Salernos bemächtigen sollten. </div>


<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Über den Autor selbst erfahren wir wenig. Als Ort seines Schreibens kann auf Grund mehrerer Indizien die Stadt Salerno ausgemacht werden, deren Archive er für sein Werk nutzte und deren Inschriften er kannte.<ref name="ftn3">''Chronicon Salernitanum'', ed. Westerbergh, S. 202f. und S. 219f.</ref> Er war offenbar Geistlicher und, da er mehrfach die Abtei von Montecassino lobend erwähnt, folgerte man, dass er selbst Benediktiner war. Die Abtei San Benedetto in Salerno wurde folglich als Lebensmittelpunkt des Verfassers plausibel gemacht.<sup> </sup><ref name="ftn4">''Chronicon Salernitanum'', ed. Westerbergh, S. XIII.</ref>Spekuliert wurde weiter, ob und welche Beziehungen er zum langobardischen Hof von Salerno gehabt haben könnte.<ref name="ftn5">Kreutz, ''Normans'', S. 95.</ref> In diesem Kontext erwähnenswert ist, dass die einzige autobiographische Notiz in der Chronik daran erinnert, dass der Vorfahr des Verfassers, ein gewisser Radoald, wegen Spannungen mit Rofried, einem Getreuen des Herzogs Sicard von Benevent (regn. 832-839), von Benevent nach Neapel fliehen musste.<ref name="ftn6">''Chronicon Salernitanum'', ed. Westerbergh, cap. 68, S. 65f.</ref> Während daraus geschlossen wurde, dass der Autor adliger Abstammung war,<ref name="ftn7">Manitius, ''Geschichte'', S. 198; ''Chronicon Salernitanum'', ed. Westerbergh, S. XIII; </ref> ließe sich weiter vermuten, dass daraus auch eine gewisse Distanz gegenüber der beneventanischen Linie langobardischer Herrscher resultieren könnte. Taviani-Carozzi argumentierte für die Identifikation des unbekannten Autors mit dem Abt von San Benedetto in Salerno, der zwischen 986 und 990 nachweisbar ist und den gleichen Namen wie der genannte Vorfahr Radoald trug. Obwohl diese Deutung auch mit dem Verfassungszeitraum des ''Chronicon'' zwischen 973 (letztes erwähntes Ereignis) und 996 (Otto&nbsp;III. wird bereits als Kaiser bezeichnet) korrelieren würde, ist dieser Vorschlag in der italienischen (Lokal-)Forschung heftig zurückgewiesen worden.<ref name="ftn8">Taviani-Carozzi, ''Principauté'', S. 85-91; dagegen Palmieri, Identità, S. 225, S. 232; Delogu, Conquista, S. 213f.</ref> </div>
<div style="margin-left:0cm;margin-right:0cm;">Über den Autor selbst erfahren wir wenig. Als Ort seines Schreibens kann auf Grund mehrerer Indizien die Stadt Salerno ausgemacht werden, deren Archive er für sein Werk nutzte und deren Inschriften er kannte.<ref name="ftn3">''Chronicon Salernitanum'', ed. Westerbergh, S. 202f. und S. 219f.</ref> Er war offenbar Geistlicher und, da er mehrfach die Abtei von Montecassino lobend erwähnt, folgerte man, dass er selbst Benediktiner war. Die Abtei San Benedetto in Salerno wurde folglich als Lebensmittelpunkt des Verfassers plausibel gemacht.<sup> </sup><ref name="ftn4">''Chronicon Salernitanum'', ed. Westerbergh, S. XIII.</ref>Spekuliert wurde weiter, ob und welche Beziehungen er zum langobardischen Hof von Salerno gehabt haben könnte.<ref name="ftn5">Kreutz, ''Normans'', S. 95.</ref> In diesem Kontext erwähnenswert ist, dass die einzige autobiographische Notiz in der Chronik daran erinnert, dass der Vorfahr des Verfassers, ein gewisser Radoald, wegen Spannungen mit Rofried, einem Getreuen des Herzogs Sicard von Benevent (regn. 832-839), von Benevent nach Neapel fliehen musste.<ref name="ftn6">''Chronicon Salernitanum'', ed. Westerbergh, cap. 68, S. 65f.</ref> Während daraus geschlossen wurde, dass der Autor adliger Abstammung war,<ref name="ftn7">Manitius, ''Geschichte'', S. 198; ''Chronicon Salernitanum'', ed. Westerbergh, S. XIII. </ref> ließe sich weiter vermuten, dass daraus auch eine gewisse Distanz gegenüber der beneventanischen Linie langobardischer Herrscher resultieren könnte. Taviani-Carozzi argumentierte für die Identifikation des unbekannten Autors mit dem Abt von San Benedetto in Salerno, der zwischen 986 und 990 nachweisbar ist und den gleichen Namen wie der genannte Vorfahr Radoald trug. Obwohl diese Deutung auch mit dem Verfassungszeitraum des ''Chronicon'' zwischen 973 (letztes erwähntes Ereignis) und 996 (Otto&nbsp;III. wird bereits als Kaiser bezeichnet) korrelieren würde, ist dieser Vorschlag in der italienischen (Lokal-)Forschung heftig zurückgewiesen worden.<ref name="ftn8">Taviani-Carozzi, ''Principauté'', S. 85-91; dagegen Palmieri, Identità, S. 225, S. 232; Delogu, Conquista, S. 213f.</ref> </div>
== Inhalt & Quellenkontext:  ==
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