Paronomasien (Gottfried von Straßburg, Tristan)

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Paronomasien (Wortspiele)

Auch Paronomasien finden sich an zahlreichen Stellen.[1] Durch Häufung einzelner oder mehrerer Wörter und dem sprachlichen "Umkreisen" dieser dienen sie dazu, die Aufmerksamkeit des Rezipienten zu schärfen und auf die oft unmittelbar folgenden Handlungsebenen oder Exkurse zu lenken.[Tomasek 2007: 228]
Am Ende der Beschreibung von Riwalins Jugend sind in neun Versen neun Mal Wörter des Wortstammes "leben" zu finden. Die Häufung und das Spiel, gerade in Vers 305 mit der eindringlichen dreimaligen Wiederholung von lebete, unterstreichen den inhaltlichen Wendepunkt der Stelle: Nach sorgloser Jugend fängt nun Riwalins leben ze lebene (305) an.

Vers 303ff.

er nam vür sich niht sorgen war,
wan lebete und lebete und lebete êt dar.
dô sîn leben ze lebene vienc,
ûf alse der tagesterne gienc
und lachende in die werlde sach,
dô wânde er, des doch niene geschach,
daz er iemer alsô solte leben
und in der lebenden süeze sweben.
nein, sînes lebenes begin
der gie mit kurzem lebene hin;


Aufallend ist, dass auch das Ende der Ereignisse um Riwalin, welches gleichzeitig den Beginn der Tristanhandlung bildet, von einem Wortspiel mit "leben" gekennzeichnet ist. Nach dem Tod Riwalins uns Blanscheflurs handelt verweifelte Rual wie ein vronne (1871):

Vers 1872ff.

die wîle und er daz leben hât,
sô sol er mit den lebenden leben,
im selben trôst ze lebene geben.


Das kurze Leben Riwaldins ist vorbei, doch da Rual beschließt, mit den lebenden [zu] leben (1873) ist leben Tristans gesichert. Beide Stellen bestehen also eigentlich aus einem Wortspiel und bilden so eine Art Ramen um die "Riwalin-Handlung".

Ein weiteres Beispiel für ein Wortspiel ist in dem Kapitel: Tantris. Tristan dreht die Silben in seinem Namen um , damit er seine Identität verschleiern kann. Er stellt sich gegenüer der Königin Isolde mit Tantris vor:

Vers7785 ff.

Diu wise sprach im aber zuo
"spilman, sag an, wie heizestuo"?
"vrouwe ich heize Tantris."


Ebenfalls zur Verschlüsselung dient das Wortspiel Isoldes , mit dem sie Tristan nach dem Minnetrank ihre Liebe gesteht:

Vers11985 ff.

lameir, sprach si "daz ist min not
lameir daz swaeret mir den mout
"lameir ist,daz mir leide tuot."


Mit diesem Motiv der Zweideutigkeit können Tristan und Isolde lügen und zugleich die Wahrheit sagen. Das Wort bezieht sich nicht mehr auf einen außerhalb liegenden Sinhorizont, sondern wird undurchsichtig und liefert damit die Möglichkeit zur Zweideutigkeit, sowie zur Täuschung und Lüge. Diesem Mittel der Sprache bedienen sich Tristan und Isolde und stellen sie in den Dienst ihrer Liebe.


  1. Vor allem im Prolog, vgl. dazu: [Schöne 1973: 152ff.]. Sammlungen finden sich etwa in [Batts 1971: 92ff.] und [Scharschuch 1938: 23ff.]

Literaturangaben

<harvardreferences />

  • [*Krohn 2008] Krohn, Rüdiger: Gottfried von Straßburg: Tristan. Band 3: Kommentar, Nachwort und Register. Stuttgart 2008, S.349.
  • [*Schöne 1973] Schöne, Albrecht: Zu Gottfrieds Tristan-Prolog (1955). In: Gottfried von Straßburg. Hrsg. Von Alois Wolf. Darmstadt 1973 (Wege der Forschung, 320), S. 147 -181.
  • [*Tomasek 2007] Tomasek, Thomas: Gottfried von Straßburg. Stuttgart 2007.