Parzival und Cunneware (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Parzival zum ersten Mal zum Artushof kommt, geschieht ein Ereignis, das zwar keine lange Passage des Romans innhat, dadurch aber nicht an Bedeutung verliert. Das Gelächter der Cunnewâre beeinflusst Parzivals Handeln als Ritter. Im Folgenden sollen die Stellen analysiert werden, an denen Parzival und Cunneware einander begegnen und genauer auf die Bedeutung des Gelächters der Cunnewâre für den Roman eingegangen werden.

Handlungsverlauf

Im Verlauf der Handlung begegnen Parzival und Cunnewâre sich zwei Mal. Die Zeit zwischen den beiden Treffen wird überbrückt, indem Parzival immer wieder von ihm besiegte Ritter zu Cunnewâre schickt, um seine Schuld zu begleichen.

Parzvivals Ankunft am Artushof (145-151)[1]

Schon kurz nachdem Parcival seine Mutter verlassen hat, reitet Parzival zum Artushof. Sein Aussehen und auch seine Erziehung entsprechen in keiner Weise den Ansprüchen und den Konventionen der Zeit. Am Artushof herrschen ebenfalls ungewöhnliche Zustände; wegen der Taten des roten Ritters Ither ist die Gesellschaft in heller Aufregung. (Zu den Umständen am Artushof bei Parzivals Ankunft vgl.: [Bumke 2004: S. 59.]).

Gelächter der Cunnewâre (151, 19)

Die Dame Cunnewâre weilt ebenfalls am Artushof. Als Parzival sich aufmacht um gegenIther zu kämpfen und an den Fenstern der Burg vorbeireitet, wird er von dem Hofstaat beobachtet. Außer der Königin und vielen Rittern, die das folgende Schauspiel nicht verpassen wollen, beobachtet ihn von dort aus auch Cunnewâre. Die Dame hat geschworen nicht zu lachen, bis sie den Edelsten aller Ritter sieht: (152, 11-19)

dâ saz frou Cunnewâre Dort bei ihnen saß die Dame Cunnewâre
diu fiere und diu clâre. auch in ihrem klaren Glanz und mit edlem Stolz.
diu enlachte dcheinen wîs, Die lachte niemals, unter gar keinen Umständen,
sine sæhe in die den hôhsten prîs bis zu dem Tag, da ihr der vor Augen käme, der höchsten Ruhm auf Erden
hete od solt erwerben: hätte oder gewinnen sollte.
si wolt ê sus ersterben. Anders wollte sie's nicht tun, eher wollte sie sterben.
allez lachen si vermeit, Nicht das kleinste Lachen war ihr auf die Lippen gekommen
unz daz der knappe für si reit: bis zu dem Augenblick, da sie den Knappen dort unten reiten sah:
do erlachte ir minneclîcher munt. Da kam ein Lacher über ihren süßen Mund.

Untrennbar mit Cunnewâres Lachen ist das Verhalten des Antanor verknüpft. Dieser, der durch seine Verschweigenheit für einen Toren gehalten wurde (Der verswigene Antanor, der durch swîgen d^ht ein tôr 152, 22f), hatte geschworen nicht mehr zu sprechen, bis das Mädchen gelacht habe. Keie, ein Artusritter fühlt sich durch das Lachen der Cunnewâre beleidigt (152, 2-12). Dass diese einen so unhöfischen Narren mit ihrem Lachen gekennzeichnet hat, obwohl so viele edlere Ritter vor ihre Augen getreten waren, veranlasst ihn die Dame zu schlagen. (ir rüke wart kein eit gestabt: doch wart ein stap sô dran gehabt, unz daz sîn siusen gar verswanc, durch die wât unt durch ir vel ez dranc., Obwohl ihr Rücken keinen Eid zu leisten haat, kam er doch in heftige Brührung mit dem Richterstab, der auf sie niedersauste, bis er ganz zerschlissen war. (151, 27-30)). Antanor, der seine wiedergefundene Stimme dazu nutzt, Keie zu tadeln, wird ebenfalls durch Keies Schläge bestraft (153, 9-13). Parzival will die beiden sofort durch den Wurf eines Spießes rächen, unterlässt es allerdings wegen des Getümmels um die beiden. Parzival ist der Einzige, den die Misshandlungen zu stören scheinen.

Parzivals Sendungen an den Artushof (199/ 215/ 267)

Parzival sieht die Bestrafung der Cunnewâre als seine eigene Schuld an und versucht sie wiedergutzumachen. Die Bestrafung des Antanor tut ihm zwar leid, er hat aber nicht den Drang diese zu sühnen. Alle von ihm besiegten Ritter schickt er deshalb an den Artushof, damit sie sich der Cunnewâre unterwerfen, wie es im Mittelalter üblich war, wenn ein Ritter für eine Dame kämpfte. Die von Parzival geschickten Ritter steigen gemessen an ihrem Ansehen an Wichtigkeit. Der erste Besiegte ist der Knappe des Clamide, gefolgt von Clamide selbst. Dieser, der die Frau des Parzival ebenfalls begehrt, wird von Parzival vor die Wahl gestellt, zu sterben oder sich Cunnewâre zu unterwerfen. Der letzte von Parzival besiegte ist Cunnewâres Bruder Orilus.

Erneutes Zusammentreffen(307f)

Nachdem Parzival Cunnewâre nun lange Zeit nicht gesehen, sie aber keineswegs vergessen hat, treffen sie ein zweites Mal aufeinander. Die Artusgesellschaft ist losgezogen, um den Parzival zu suchen und ihn zur Tafelrunde einzuladen. Sie finden ihn schließlich, doch die Begegnung wird erneut von seltsame Ereignisse überschatten. Der Ankunft bei der Artusgesellschaft geht die Blutstropfenszene vorraus, bei der ein Knappe der Cunnewâre eine Rolle spielt. Dieser findet den in Trance versetzten Parzival im Schnee und fordert die Artusritter auf gegen den Fremden zu kämpfen. Erst Gawan macht dem Missverständnis ein Ende. Die Artusgesellschaft dankt Parzival für die Sendungen der Ritter, die seine erfolgreichen Kämpfe bewiesen haben. Auch Cunnewâre dankt für Parzivals Wirken (ich hete lachen gar vermiten, unz iuch mîn herze erkande, dô mich an freuden pfande Keie, der mich dô sô sluoc. daz habt gerochen ir gennuoc, Ich hatte kein einziges Mal gelacht bis zu dem Augenblick, da Euch mein Herz erkannte und Keie mir meine Freude gleich wieder wegnahm, als er mich so schlug. Das habt ihr völlig gerächt. (306, 1-4)), da er nicht nur die erwähnten Ritter, sondern auch Keie im Kampf besiegt hat und ihm starke Schmerzen zugefügt hatte. Die Dankesworte werden durch die hässliche Cundrie unterbrochen, die Parzival schwere Vorwürfe macht. Bevor sich Parzival erneut aufbricht, erhält der besiegte Clamide die Cunnewâre zur Frau, "denn er war krank nach ihrer Liebe" (wan dem was nâch ir minne wê (327, 27)).

Das Lachen- Geste oder Prophezeihung?

Nach der kurzen Beschreibung der interessanten Textstellen, soll nun eine Interpretation folgen, die Stellung und Funktion von Cunnewâres Lachen im Roman beschreibt.

Die Textstelle in der Forschung

Trotz der Kürze dieser Textstelle sind in der Forschung interessante Gedanken entstanden. Ein Vergleich zwischen der Erwähnung der Cunnewâre bei Wolfram von Eschenbach und der bei Chrétien de Troyes zeigt lohnende Ergebnisse [2] Hier fällt besonders die Einbeziehung des "Märchenmotiv[s] des ausziehenden Dümmlings" [Nyholm 1997: S. 223.]).
, der mit Parzival verglichen werden kann. Wolfram von Eschenbach nimmt bei seiner Version des Romans einige Änderungen vor die für die Cunnewâre Szene nicht unbedeutend sind und bei Nyholm 1997 ausgewertet sind. Einen weiteren Bereich, den die Forschung miteinbzieht ist die Funktion und Interpretation von Gesten und Körpersprache im Mittelalter im Allgemeinen. (Vgl.:[Philipowski 2003])

Die Funktion des Lachens

Die Beziehung zwischen Parzival und Cunnewâre

Quellennachweise

  1. Alle folgenden Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Text und Übersetzung. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.
  2. Siehe hierzu den Aufsatz von Nyholm 1997.

<HarvardReferences /> Forschungsliteratur:

[*Bumke 2004] Joachim Bumke: Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., Stuttgart/Weimar 2004.

[*Nyholm 1997] Kurt Nyholm: Warum lacht Cunnewâre? Überlegungen zu Parzival 151, 11-19. In: Kleine Beiträge zur Germanistik. Festschrift für John Evert Härd. Hrsg.: Andersson Bo und Müller, Gernot. Uppsala 1997. S. 223-237.

[*Philipowski 2003] Katharina Philipowski: Das Gelächter der Cunnewâre. In: Zeitschrift für Germanistik. 2003/1. S. 9-25