Sünden und Vergebung im Parzival

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Dieser Artikel beschäftigt sich primär mit Parzivals Sünden. Zunächst werden die Sünden rein deskriptiv benannt. Danach wird herausgearbeitet, wie sie im Parzival selbst verarbeitet und wie sie gewichtet werden. Danach soll untersucht werden ob und wie Parzivals seine Verfehlungen wiedergutmacht.

Definition von 'Sünde'

In diesem Zusammenhang wird 'Sünde' synonym zu 'Schuld' verwendet, da es zu Zeiten Wolframs keine Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen gab. Friedrich Maurer bemerkt dazu: "Von einer Fragestellung nach Schuld und Sühne im modernen Sinn darf in dem Werk des 13. Jahrhunderts nicht ausgegangen werden. [...] 'Schuld' meint auch Sünde. Wir müssen daran denken, daß für den Menschen jener Zeit jeder Verstoß gegen die gottgewollten Ordnungen des Lebens 'Sünde' ist, und daß diese Verstöße 'Buße' verlangen". [Maurer 1950: 306]

Parzivals Sünden

Der Tod von Herzeloyde

Nachdem Parzival auf die beiden Ritter trifft, beschließt er zum Missfallen seiner Mutter, Soltane zu verlassen. Daraufhin stirbt Herzeloyde aus Kummer um ihren Sohn, was dieser jedoch erst im Gespräch mit Trevrizent erfährt.

dô si ir sun niht langer sach als sie den Sohn nicht länger sah
(der reit enwec: wemst deste baz?), (er ritt davon - Gewinn für wen?!)
dô viel diu frouwe valsches laz da sank die Frau (ganz ohne Falsch)
ûf die erde, aldâ si jâmer sneit auf den Boden, und der Schmerz
sô daz se ein sterben niht vermeit. so schneidend, daß sie sterben mußte.
ir vil getriulîcher tôt Ihr Tod aus Liebe, starker Bindung
der frouwen wert die hellenôt. schützt sie vor der Höllenqual.

(128,16-24).

Für Peter Wapnewski stellt diese Verfehlung Parzivals größste Sünde dar [Wapnewski 1982]. Laut ihm kann das Frageversäumnis nicht Parzivals Schuld sein, denn durch die Sünden, die er zuvor begangen hat, ist es ihm unmöglich, den Gral zu erlangen.

Die Tötung Ithers

Um an eine Rüstung, sowie an ein Pferd zu kommen, tötet Parzival den Ritter Ither vor dem Artushof in Form eines Duellkampfs. Der Kampf zwischen den beiden Männern findet in der Öffentlichkeit statt und ist geplant (154, 27 f.). [Harms 1963: vgl. 209] Für Parzival selbst bedeutet der Besitz der fremden Rüstung und des Pferdes, dass er sich nun als Ritter fühlt. Wie sich später herausstellt, ist Ither ein Verwandter Parzivals.

durchz ouge in sneit dez gabylôt durchs Auge drang mit scharfem Schnitt der Spieß
unt durch den nac, sô daz er tôt und kam beim Nacken heraus. So fiel er tot nieder,
viel, der valscheit widersatz. der Falschheit Feind.

(155,7-11).

Für Mohr stellt die Tötug Ithers die größte Sünde dar [Mohr 1952]. Die Tatsache, dass Trevrizent den Mord mit einem Brudermord gleichsetzt, ist für ihn entscheidend, denn Trevrizent sagt gleichzeitig, dass dies die Ursünde der Menschheit sei. Mehr dazu s.u.

Das Schweigen auf der Gralsburg

Als Parzival sich das erste Mal auf Munsalvaesche befindet, beobachtet er ein seltsames Ritual, sowie die Erkrankung von Anfortas. Wie es Gurnemanz ihm als gutes Benehmen beigebracht hat, stellt Parzival jedoch keine Fragen zu den Vorkommnissen. Dadurch verhindert er die Erlösung des Gralskönigs.

Die Abkehr von Gott

Nach Parzivals erster Begegnung mit dem Gral auf Munsalvaesche, macht er Gott für sein Versagen verantwortlich und wendet sich daraufhin von ihm ab.

Die Benennung der Sünden

Trevrizent

Im Gespräch mit Trevrizent wird Parzival erstmals auf seine Verfehlungen hingewiesen. Es wird deutlich, dass er Parzival die Schuld am Tod seiner Mutter gibt, obwohl Parzival erst durch dieses Gespräch überhaupt von Herzeloydes Tod erfährt. Trotzdem bezeichnet Trevrizent Parzivals Verhalten als grôze sünde (große Sünde) (499,20).

Außerdem informiert Trevrizent Parzival darüber, dass Ither sein Cousin war und zieht somit den Vergleich zur Ermordung Abels durch Kain. Das zeigt, dass dieser Vorfall Parzivals zweite und für Trevrizent Parzivals größte Sünde ist, da er als sein Cousin sein eigen verch (eigen Fleisch und Blut) (475,21) getötet hat.

Kâins vater was Adâm: Adam war der Vater Kains, und der
der sluoc Abeln umb krankez guot. schlug Abel tot – ein karger Raub
dô ûf die reinen erdenz bluot das Blut, das auf die reine Erde
viel, ir magetuom was vervarn: lief, nahm ihr die Jungfernschaft;
den nam ir Adâmes barn. dies geschah durch Adams Sohn.
dô huop sich êrst der menschen nît: Und so entstand der Hass der Menschen,
alsô wert er immer sît. und er dauert fort bis heute.

(464,16-22).

Trevrizent sieht diesen Mord als Anfang aller Sünde der Menschheit, weshalb er für ihn auch so schwer wiegt:

dô huop sich êrst der menschen nît: Erst jetzt wurde die Bos-
alsô wert er immer sît heit unter den Menschen groß, und sie
dauert immer seitdem fort.

(464,21f.)

Das Versäumnis auf der Gralsburg scheint Trevrizent nicht als große Sünde zu werten, sondern als eine weitere, die aber zu den anderen, schwereren Sünden dazu gezählt werden kann:

die sünde lâ bî dn andern stên Die Sünde laß jetzt bei den
andern stehen

(501,5)

Sigune

Durch den Tod ihres geliebten Schianatulander führt Sigune nur noch ein trauriges Leben. Das einzige, das sie aufheitern könnte, ist die Erlösung von Anfortas durch die erhoffte Frage:

sol mich iht gevröun, Wenn es noch ein Ding geben kann, das
daz tuot ein dinc, ob ib sîn töun mir Freude macht, so ist es dies: Daß er,
laezet, den vil trûrgen man, der so elend daliegt, erlöst wird von seinem Sterben.

(253,19-21) Sigunes Mitleid für Anfortas ist größer, als ihr eigenes Leid. Als sie erfährt, dass Parzival die Frage nicht gestellt hat, ist sie schockiert über sein fehlendes Mitleid:

ôwê waz wolt ir zuo mir her? Was wollt Ihr von mir,
Leib, verfluchter Mann!

(255,12f.)

Aus diesem Grund ist für Sigune das Frageversäumnis Parzivals größte Sünde.

Cundrîe

Auch für Cundrîe ist das Versäumnis auf der Gralsburg Parzivals größte Sünde:

gunêrt sî iwer liehter schîn Fluch und Schande
und iwer manlîchen lide. über Euren lichten Schein und über Eure
het ich suone oder vride, starken Glieder! Hätte ich Versöhnung
diu waern iu beidio tiure. oder Frieden mitgebracht, die wären für
ich dunke iuch ungehiure, Euch unerschwinglich. Ich erscheine Euch
und bin gehiurer doch dann ir. als Monstrum und Ungeheuer und bin
hêr Parzivâl doch geheurer als Ihr, Herr Parzivâl!
[...] [...]
war umb irn niht siufzens hât erlôst. warum habt Ihr ihn nicht er-
löst aus seinem Seufzen?

(315,20-30)

Sühne

Vergebung

Fazit

Literaturverzeichnis

Textausgabe

Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der ‚Parzival’-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.

Sekundärliteratur

<HarvardReferences/> [*Bumke 2004] Bumke, Joachim. Wolfram Von Eschenbach. 8., völlig neu bearb. Aufl. ed. 36 Vol. Weimar; Stuttgart: Metzler 2004. <HarvardReferences/> [*Harms 1963] Harms, Wolfgang: Der Kampf mit dem Freund oder dem Verwandten in der deutschen Literatur um 1300, München: Edios 1963. <HarvardReferences/> [*Maurer 1950] Maurer, Friedrich. "Parzivals Sünden. Erwägungen Zur Frage Nach Parzivals Schuld." Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 24 (1950): 304-246. <HarvardReferences/> [*Mohr 1952] Mohr, Wolfgang. "Parzivals ritterliche Schuld". Winkendes Wort II. (1952): 148-160. <HarvardReferences/> [*Schwietering 1944] Schwietering, Julius. "Parzivals Schuld." Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 81.1/2 (1944): 44-68. <HarvardReferences/> [*Wapnewski 1982] Wapnewski, Peter. Wolframs Parzival: Studien Zur Religiosität Und Form. 2., unveränd. Aufl. ed. Heidelberg: Winter 1982.