Recht (Gottfried von Straßburg, Tristan)

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Welche Formen und Auffassungen von Recht im Tristan vorkommen, wie Recht und welche Rechtsbegriffe dort definiert werden, damit soll sich dieser Artikel auseinandersetzen.

So beinhalten die Ausführungen des Tristan-Romans Gottfrieds verschiedene Rechtbereiche wie Eherecht, Erbrecht, Lehnsrecht, Herrschaftsrecht oder Kriegsrecht. Andere Bereiche bleiben hingegen außen vor.
Auch für die Abfassung und Durchsetzung von Recht lassen sich verschiedene Textbeispiele von Konzilen, Gerichtsverhandlungen, Gerichtskämpfen oder das des Gottesurteils finden.


Eherecht

Unter dem Oberbegriff des Eherechts werden sämtliche Rechtsgeschäfte untersucht, die im Zusammenhang mit der Ehe oder der Eheschließung im Tristan-Roman stehen.

Isolde als Belohnung

Mit einem königlichen Eid verspricht König Gurmun von Irland seine Tochter Isolde dem Mann als Ehefrau, der es schafft, den bedrohlichen Drachen von Irland zu töten (Verse 8902ff).[1] Es handelt sich also um eine Auslobung, die als einseitiger Mundvertrag rechtlich verbindlich ist.[Combridge 1964: S.57f.] Dies bedeutet für Gurmun, dass er dazu verpflichtet ist, seine Tochter an den erfolgreichen Kämpfer zu verheiraten - sofern er adlig und ein Ritter ist (vgl. V. 8913). Genau diese Verbindlichkeit nutzt der Truchsess zu seinem Vorteil, denn so verhasst er dem Königshaus ist, gibt es keine rechtliche Möglichkeit, den Vertrag als nichtig erklären zu lassen (V. 9264ff.). Die Mutter Isolde zieht deshalb ihre Künste zu Rate und beruft sich auf Gott: ouch sol uns got dar vor bewarn (V. 9278), die Tochter sieht den einzigen Ausweg im Tod: ê ich's gevolge, sô stich ich/rehte in mîn herze ein mezzer ê(V. 9286f.).

Die Auslobung einer Braut ist zur Zeit Gottfrieds zwar ein beliebtes Romanmotiv, in der Realität existierte sie jedoch nicht.[Combridge 1964: S.58] Einige "Rechtsgültigkeiten" lassen sich aber aus anderen Romanen ableiten[2]. So ist es üblich, dass ein Werberwille vorhanden ist und die Braut stellvertretend für den Bräutigam[3] geworben wird.[Combridge 1964: S.58] Abweichend ist jedoch die Fremdauslobung im Tristan: Nicht die Braut selbst, sondern der Vater preist die Tochter als Belohnung an, was die Verbindlichkeit jedoch nicht verändert.

Gerichtsverhandlung um Isolde

In einer Gerichtsverhandlung soll geurteilt werden, ob dem Truchsessen die Braut zusteht oder nicht. Den Angaben des Romans zufolge handelt es sich um ein Königsgericht, das nach Landrecht urteilt und in dem der König gleichzeitig als Richter und Partei auftreten kann.[Combridge 1964: S.62] Urteilsfinder sind die Barone, die Königin wird vom König vertreten. Der Truchsess klagt also gegen den König seine Belohnung (Isolde) ein, denn er ist rechtlich dessen Gläubiger.[Combridge 1964: S.62] Um vor Gericht möglichst gute Chancen zu haben, achtet der Truchsess direkt nach dem vermeintlichen Kampf darauf, genügend Beweise vorlegen zu können: Er kämpft mit dem toten Tier (V. 9197ff.), steckt sein Schwert in dessen Rachen (V. 9207ff.), bittet Augenzeugen zur Kampfstelle und lässt den Kopf abschneiden und mitnehmen (V. 9211ff.). Diesen bringt er vor Gericht auch direkt bei der Anklage als Beweismittel an:

hie lît das houbet, seht ez an.
daz selbe urkünde brâhte ich dan.
nu loeset iuwer wârheit.
küneges wort und küneges eit
diu suln wâr unde bewaeret sîn. (V. 9815ff.)

Königin Isolde zweifelt den Beweis umgehend an, um ihren Zweifel jedoch genauer auszuführen zu können, muss sie sich vom König nachträglich die Redeerlaubnis[4] einholen.[Combridge 1964: S.63] Sie gibt nun bekannt, einen anderen Ritter zu kennen, der den Drachen getötet habe - eine Verpflichtung gegenüber dem Truchsessen sei somit nicht entstanden[Combridge 1964: S.63]. Der Truchsess bietet daraufhin einen freiwilligen gerichtlichen Zweikampf an,[Combridge 1964: S.64] für den drei Tage später ein Termin festgesetzt wird. Da Tristan zum Kampftermin zunächst nicht erscheint, pocht der Truchsess weiter auf sein Recht und hat zur Erhärtung seiner Beweislage die Augenzeugen mitgebracht. Als Tristan erscheint, willigt der Truchsess ein, die Verhandlung erneut zu eröffnen und zieht den freiwilligen Kampf zunächst zurück. Tristan führt nun seinerseits die abgetrennte Zunge als Beweis an, die das Gericht davon überzeugt, dass der Truchsess nicht der Drachentöter gewesen sein kann.[Combridge 1964: S.65] Den Anspruch auf Isolde erhebt nun Tristan und der König gibt ihm statt. Das bringt den Truchsessen dazu, Einspruch zu erheben und Tristan erneut zu einem Kampf herauszufordern. Isolde sagt jedoch aus, dass das Urteil nicht mehr geändert werden wird und obwohl Tristan zum Kampf bereit ist, hört der Truchsess auf seine Begleiter, die ihm vom Kampf abraten.

Eheschließung Riwalins und Blancheflurs

Für den Akt der Eheschließung selber und ihrer Rechtsgültigkeit lassen sich im Tristan mit der Heirat Riwalins und Blancheflurs, der Ehe Isoldes und Markes oder aber auch der Heirat Tristans und Isolde Weißhands Belege finden. Beispielhaft soll hier die Eheschließung zwischen Riwalin und Blancheflur betrachtet werden.

Riwalin und Blancheflur heiraten nur kirchlich, eine "Ziviltrauung" wird nicht vollzogen und somit keine Rechtsgültigkeit der Ehe erlangt. Dass im Verständnis Gottfrieds allein die zivile Trauung der Ehe Rechtscharakter verliehen haben müsste, dafür sprechen einerseits rechtsgeschichtliche Quellen und Forschungen, andererseits aber auch der Text selber.[Tax 1971: S.24] Als Blancheflur Riwalin ihr dreifaches Leid klagt (V. 1451-1510), dass sie schwanger und dem Tode geweiht sei, ihr deswegen die Verdammung durch Marke drohe oder sie mindestens enterbt würde, bezeichnet sie das Kind in ihr selbst als kebeslîche (V. 1495), also 'unehelich'. Riwalin nimmt sie daraufhin mit nach Parmenien, um Blancheflur vor ihrer eigenen Familie zu schützen. Dort angekommen rät Rial li Foitenant ihnen zu heiraten; fürs erste, zwecks Segen und Ansehen, nur kirchlich (V. 1630-1637), denn zunächst müsse Riwalin Morgan besiegen, doch danach solle man mit einer hôhgezît öffentlich heiraten (V. 1628). Doch als Riwalin unmittelbar nach der kirchlichen Trauung zum Kampf gegen Morgan nach Britannien aufbricht, findet er den Tod. Es kommt demnach zu keinem weiteren Rechtsakt der Eheschließung. Aus späteren Rückbezügen auf den Geburtstatus Tristans erfährt man, dass Tristan im Verständnis der Öffentlichkeit somit als unehelich geborenes Kinds aufgefasst wird. [Tax 1971: S.25]
Letzteres, die illegitime Geburt Tristans, lässt sich mit größerer Bestimmtheit annehmen (dazu weiter s. unten). Doch das aus dieser Unehelichkeit Tristans eine rechtsungültige Eheschließung zwischen Riwalin und Blancheflur folgt, scheint nicht zwangsläufig gegeben zu sein. [Combridge 1964: vgl. S.34f.]

Erbrecht & Legitimität

In Deutschland gilt zu Gottfrieds Zeit die Ehelichkeit eines außer der Ehe gezeugten Kindes, also als legitim gezeugtes, damit etwa erbberechtigtes Kind zweier rechtlich annerkannten Eltern, als anfechtbar. Demnach scheint es irrelevant, ob die Eheschließung zwischen Riwalin und Blancheflur rechtmäßig vollzogen wurde.[5] Tristan bleibt im Roman illegitim oder zumindest von zweifelhafter Legitimität.

Deutlich wird dies im Zuge Tristans Rachefeldzug gegen Morgan gemacht. Als Tristan in dieser Episode auf Herzog Morgan trifft, sich diesem vorstellt und seine Forderungen darlegt, spricht Morgan ihm seine Ansprüche höfisch-höflich ab. Morgan begründet dies eindeutig mit der Unehelichen Geburt Tristans, die ihm keine erbrechtlichen Ansprüche gewährt.[Tax 1971: S.34] Denn:

wir wizzen aber alle wol,
(die lant sint dirre maere vol)
in welher wîse Blanchefluor
mit iuwerm vater von lande vuor,
ze welhen êren ez ir kam,
wie diu vriuntschaft ende nam. (V. 5397-5402)

Die Begriffswahl Morgans für die Beziehung zwischen Riwalin und Blancheflur als vriuntschaft[6] hinterfragt Tristan unverzüglich, doch Morgan bestätigt das von ihm gesagte vage (V. 4503-4505). Hierauf präzisiert Tristan das Gemeinte hinter Morgans Andeutung selber und Morgan gibt der Vermutung eindeutig recht:

»[...] ir (Morgan) meinet ez alsô, daz ich (Tristan)
niht êhlîche sî geborn
und süle dâ mit hân verlorn
mîn lêhen und mîn lêhenrecht.«
»entriuwen, hêrre guot kneht,
dâ vür hân ichz und manic man.« (V. 5408-5413)

Dies will Tristan jedoch nicht anerkennen, bezichtigt und beleidigt Morgan daraufhin und ermordet ihn schließlich grausam unritterlich.

Lehnsrecht

Heeresschildordnung

1180, nach der Verurteilung Heinrichs des Löwen, wurde die Heeresschildordnung als lehnrechtliche Stufenordnung in Deutschland beschlossen. Sie ist um 1200 als faktisch durchgesetzt zu betrachten. Festgehalten und überliefert ist die Heeresschildordnung im Sachsenspiegel[Ssp] wie auch im Schwabenspiegel[Swsp]. Nach diesen gilt eine Einteilung in folgende Heeresschilde:

  1. König
  2. geistliche Fürsten
  3. weltliche Reichfürsten (als 1180 neu konstituierter Stand)
  4. übrige Herzöge und Grafen (ausgenommen Pfalz- und Landgrafen des Reichsfürstenstandes) sowie "freie Herren"
  5. Schöffenbarfreie uns Mannen der Freien Herren bzw. "Mittelfreie"
  6. Mannen der Inhaber des 5. Heeresschildes bzw. Dienstmannen
  7. lehensfähige, sendbare Leute, ob aber Heeresschildinhaber oder nicht gilt als unklar

Bezüge im Tristan

Morgan erscheint ausdrücklich mit dem Titel eines Herzogen; damit ist Herzog Morgan dem 3. oder 4. Heeresschild zuzuordnen. Riwalin begegnet einem im Text als sein Vasall, Rual als dessen Marschall.[Combridge 1964: S.17] Rual erscheint im Weiteren aufschlussreich, denn "Tristan setzt Rual zum Erben ein, d.h. aber, Rual ist ihm landrechtlich ebenbürtig. Rual ist also ein freigeborener Ritter, gleichzeitig aber ein Hofbeamter Riwalins."[Combridge 1964: S.19] Hofbeamte sind um 1200 meist noch Ministerialen, also Unfreie. Im Tristan wird jedoch die besondere Stellung Ruals betont, er kann etwa seine eigenen Söhne zu Rittern ernennen (V. 4129-4135), was ihn zu einem freigeborenen Ritter macht, sodass Rual also eher dem 5. als dem 6. Heeresschild, und somit Riwalin dem 4., Morgan dem 3. Heeresschild zuzuordnen wären. Landrechtlich sind im Übrigen alle dynastischen, ritterbürtigen Freie gleich, egal ob König oder Freier Herr. Dass Tristan Rual als seinen Erben einsetzt bedeutet nicht die unmittelbare Herrschaftsübernahme durch Rual. Rual wäre vielmehr erst nach Tristans Tod Erbe des gesamten Herrschaftsbereiches geworden, bis dahin wird er nur mit zuvor freien Gebieten belehnt gewesen sein.[Combridge 1964: S.22]

Waffenrecht

Angriff Riwalins auf Morgan

Gottfried sagt sich von der Schuldfrage Riwalins, im Falle seines Angriffes auf Morgan, ausdrücklich los. Das Waffenrecht würde solche Fälle der not (V. 342), die Lehnsinhabern das Recht zur Fehde gegenüber dem Lehnsherren gestattet, erlauben, doch werden sie nur als eine Erklärungsmöglichkeit, nicht als Tatsache, eingeräumt.

Anschlag Tristans auf Morgan

"Blutrache und Fehde sind zweierlei, und die erstere ist keinen "Spielregeln" unterworfen." [Combridge 1964: S.27, auch im Folgenden] Doch stellt sich die Frage, ob Tristans heimtückischer Angriff auf Morgan als Blutrache für seinen Vater zu werten sei. Denn nur so wäre der Anschlag Tristans rechtens. Es lässt sich aber keine deutliche Herausstellung der Tat Tristans als solche erkennen, eher scheint Tristans Motiv persönliche Kränkung und Beleidigung zu sein. Die Ermordung seines Vaters Riwalin erwähnt Tristan nur am Rande seiner Gebietseinforderung gegenüber Morgan, ohne jedoch eine Racheforderung auszusprechen (V. 5414-5429). Die Rechtmäßigkeit scheint hier also als ziemlich zweifelhaft. Zumal die Möglichkeit besteht, dass es sich bei dem Tod Riwalins um einen Kriegsakt und nicht etwa um eine Gewalttat handelt. Schließlich wird die Fehde zwischen Riwalin und Morgan als offener Krieg unter gleichrangigen dargestellt und der weitere Verlauf der Auseinandersetzung ist scheinbar rechtmäßig (V. 1377-1379).

Gottesurteile

Das Gottesurteil als mittelalterliches Rechtsfindungsmittel findet sich im Tristan gleich in verschiedentlicher Form. Einerseits beinhaltet der Roman Isoldes Gottesurteil als Form einer gerichtlich festgesetzten Prüfung vor Gott. Andererseits taucht der Zweikampf als Gottesurteil auf, den auch bei diesen entscheidet letztlich Gott über den Ausgang und damit über die Recht- und Schuldigsprechung. Im Tristan findet sich hierfür sowohl der gerichtliche wie auch der außergerichtliche Zweikampf. Besonders auf den Zweikampf als Form des Gottesurteils soll im Folgenden näher eingegangen werden, exemplarisch anhand der Moroldepisode.

Isoldes Gottesurteil

Isoldes Gottesurteil bietet mit der vorhergehenden Gerichtsverhandlung und der Rede des Bischofs von Themse den vollständigen Ablauf des Gottesurteils samt Verhandlung.[7]

außergerichtlicher Zweikampf: die Moroldepisode

Die Szenerie der Moroldepisode lässt sich innerhalb des Tristans auf der thematischen Ebene dieses Artikels als ein seltene Begegnung von Recht und Macht bei Gottfried abstrahieren.[Combridge 1964:vgl. S.49] Diese Macht lässt sich in Tristans standesrechtlich hoher Geburt sehen,[8] Recht besteht in der juristisch legitimen Tötung Morolds durch Tristan.

Dieser Kampf, an dessen Ende Morold durch Tristans Hand stirbt, ist in dem Zinsvertrag Gurmuns so wörtlich enthalten, als Möglichkeit den Zins durch Kampf abzuschaffen, und war schon bei Thomas enthalten.[Combridge 1964:S.51] Die Unrechtmäßigkeit der Zinserhebung überhaupt scheint jedoch gegeben und lässt sich Tristans Standpunkt erkennen, welcher den Zins und die Eroberung als Gewaltakt ansieht, der zu Notwehr berechtigt, weil damit Recht gebrochen wurde. Und so ist nicht bloß das Aufeinandertreffen von Macht auf Macht Gegenstand des Kampfes, stattdessen erhebt sich das Recht des Unterdrückten auf Freiheit gegen die unterdrückende Macht. Es liegt demnach kein wiederrechtlicher Aufstand, sondern eine beweisbare Rechtssituation vor.[Combridge 1964:vgl. S.52]

Grundlage dieses Gottesurteils ist statt eines Gerichtsverfahrens, wie im Falle des gerichtlich angesetzten Zweikampfes zwischen dem Truchsessen und Tristan, hier der Zinsvertrag Gurmuns. Da hier also ein Zweikampf bereits vertraglich eingeräumt und geregelt ist, fällt ein Gericht aus, welches das Beweisurteil des Zweikampfes ansonsten hätte aussprechen müssen. Im vorliegenden Falle ein Gerichtsverfahren abzuhalten wäre im Übrigen auch schwer gefallen, da der anwesende Marke hierbei nicht als Richter hätte fungieren können, da er selber nur als Partei beteiligt ist. Schließlich ist Morold König Marke nicht unterworfen, sondern umgekehrt. Die Angelegenheit überschreitet also den Marke eigentlich angestammten Rechtsbereich, ist der Unterwerfungssituation Markes unter Gurmun zu einem grenzüberschreitenden geworden.[Combridge 1964:S.52][9]

Es handelt sich bei dem auszutragenden Kampf also um einen außergerichtlichen Zweikampf. Doch auch dieser folgt den Regeln eines gerichtlichen Zweikampfes. Da keine beweisurteilfällende Gerichtsverhandlung stattfindet, bleiben "Kampfgruß [V.6450-6460], die feierliche Formulierung der Basis der Beweisführung [V.6461-6472] und Fristsetzung [V.6493-6495] als vorbereitende Handlungen" des Zweikampfes sowie "das Sich-Waffnen der Parteien [V.6501-6686] und das Abstecken des Ringes [V.6721-6731] als Förmlichkeiten, die zur Ausführung des Beweisurteils gehören."[Combridge 1964:S.53] Ende dieses Kampfes ist schließlich der Sieg Tristans, der durch Morold aber noch vergiftend verwundet wurde, bevor er jenen tötet. Gott hat sein Urteil also zu Gunsten Tristans gesprochen und somit König Markes Reich Cornwall aus der Unterdrückung durch Gurmun erlöst.

Schlussbetrachtung

Gottfried von Straßburg scheint "Rechtssituationen nie um ihrer selbst willen"[Combridge 1964:S.136] zu suchen. Vielmehr gestaltet er die Handlungen und Figurenkonstellationen gemäß zeitgenössischer Rechtsgrundsätze und rechtlicher Strukturen und wenn ein Rechtsakt selbst Teil der Handlung wird, stellt er ihn den geltenden Regeln und Vorgaben nach dar. So scheint er jedenfalls gute juristische Kenntnisse zu besitzen.
Kollidieren aber in der dargestellten Situation seine Vorstellungen des Guten, welche Gottfried im Tristan vermitteln will, so stell er das Recht auch hinter seine moralischen Werte,[10] wie dies etwa im Falle der Gandinepisode oder Isoldes Gottesurteil der Fall ist.

Anmerkungen

  1. Versangaben zitiert nach: Gottfried von Straßburg: Tristan. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu hg., ins Neuhochdeutsche übers., mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn, Bd. 1 u. 2: Text, Bd.3: Kommentar, 8./9./12. Aufl., Stuttgart 2007-2008 (RUB 4471-4473).
  2. Als Vergleich werden Wolframs Parzival und das Nibelungenlied herangezogen.
  3. Demnach ist es rechtlich gültig, dass Marke und nicht Tristan der Bräutigam ist.
  4. Sie selbst hat dem König aufgetragen, sie zu vertreten und zu ihr zu einem geeigneten Zeitpunkt das Wort zu erteilen (vgl. V. 9751ff.)
  5. Dass im Tristan "ein klarer Fall von heimlicher, nachträglich bekannter oder wiederholter Eheschließung vor[liegt]",[Combridge 1964: S.32-40] ändere demnach nichts.
  6. Ließe sich hier etwa als 'Liebschaft' verstehen.
  7. Auf die Hauptartikel sei an dieser Stelle verwiesen.
  8. Zur Problematik um Tristans erbrechtliche Illegitimität siehe oben, Standesrecht und Erbrecht müssen an dieser Stelle aber unterschieden werden.
  9. Combridge unterstellt die Situation hier gar einem Gottesgericht als einzig verantwortliche Instanz.
  10. "[W]o aber das nach seiner Meinung Gute mit der formalen Erscheinung oder den weltanschaulichen Grundsätzen des geltenden Rechts in Konflikt gerät - und der Formalismus war damals selbst noch ein Grundsatz - da zieht er den Sieg dieses Guten auf Kosten des hergebrachten Rechts vor."[Combridge 1964:S.136]

Literatur

<harvardreferences />

  • Gottfried von Straßburg: Tristan. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu hg., ins Neuhochdeutsche übers., mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn, Bd. 1 u. 2: Text, Bd.3: Kommentar, 8./9./12. Aufl., Stuttgart 2007-2008 (RUB 4471-4473).
  • Künige Buch - Schwabenspiegel. Elzas (Haguenau) um 1430-1440 (KBR - Handschriftenafdeling, hs. 14689-91). [*Swsp]
  • Sachsenspiegel. Ostmitteldeutschland Anfang 14. Jh (Cod. Pal. germ. 164). [Quelle: UB Heidelberg] [*Ssp]
  • COMBRIDGE, ROSEMARY NORAH: Das Recht im 'Tristan' Gottfrieds von Straßburg. Berlin 1964.[*Combridge 1964]
  • TAX, PETRUS W[ILHELMIN]: Wort, Sinnbild, Zahl im Tristanroman. Studien zum Denken und Werten Gottfrieds von Strassburg. 2., durchgesehene und erweiterte Auflage. Berlin 1971 (Philologische Studien und Quellen 8).[*Tax 1971]