Inhaltsangabe "Parzival" (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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(Autorbild Wolframs von Eschenbach im Codex Manesse (UB Heidelberg, cpg 848, fol. 149v))

Der Artikel soll einen Überblick über Wolframs von Eschenbach Hauptwerk Parzival verschaffen.

Übersicht der wichtigsten Personen

Aufgrund des umfangreichen Stoffes werden an dieser Stelle nur die wichtigsten literarischen Figuren aufgeführt. Dies soll keinesfalls über den immensen Figurenreichtum in Wolframs Werk hinwegtäuschen.

Verwandtschaftstafel

Zur besseren Übersicht der unten angeführten Verwandtschaftsbeziehungen: Stammbaum neu.jpeg

Parzival

Parzival ist der namensgebende Protagonist Wolframs Werk. Er ist der Sohn von Herzeloyde und Gahmuret und somit ein Angehöriger beider Gesellschaften: mütterlicherseits der Grals- und väterlicherseits der Artusgesellschaft. Er wird von der Umwelt abgesondert in Soltane aufgezogen, was sich für das Werk als folgenträchtig herausstellen soll. Da Parzivals Geschick handlungsbestimmend ist, wird im Abschnitt Inhalt dieses Artikels ausführlicher auf seine Person eingegangen.

Gawan

Gawan ist die zweite Hauptfigur im "Parzival". Er ist der Sohn von König Lot und seiner Frau Sangive und steht damit in enger Verwandtschaft zu König Artus, dessen Neffe er ist. Auch seine Figur wird im inhaltlichen Teil weiter unten ausführlich erläutert.

Artus

König Artus ist der Sohn Utepandraguns, des alten Königs. Artus ist mit Ginover verheiratet und hat einen Sohn mit ihr: Ilinot. Er ist der oberste Vertreter des säkularen Artushofes und besitzt allein das Recht, Anwärter zum Ritter zu schlagen und in die Tafelrunde aufzunehmen.

Anfortas

Anfortas ist der leidende Gralskönig. Er ist der Sohn von Frimutel und Enkel von Titurel, die zuvor Gralskönige waren. Parzival ist ein Neffe des Anfortas.
Weil er in früheren Zeiten auf Minnefahrt für Orgeluse war, wurde ihm von einer übernatürlichen Kraft ein Speer ins Gemächt gestoßen, an dessen Wunde er bis zur endgültigen Heilung durch Parzival leidet. Mit dem Leiden des Gralskönig geht ein Leiden der ganzen Gralsgesellschaft einher, die besonderen Anteil an der Wunde nehmen. Lediglich durch die lebensspendende Gralsschau wird Anfortas am Leben gehalten, ansonsten würde er an den unsäglichen Schmerzen zugrunde gehen.

Trevrizent

Trevrizent ist ein frommer Einsiedler, der alleine in einer Klause im Wald lebt. Er ist ein Bruder Anfortas' und war einst Mitglied der Gralsgesellschaft. Für die Handlung ist er von ganz besonderer Bedeutung, weil er Parzival die erste ernstzunehmende religiöse Erziehung vermitteln will. Außerdem klärt er Parzival über die Beschaffenheit des Grals auf.

Orgeluse

Orgeluse ist der Schönheitshierarchie des Erzählers nach die zweitschönste Frau nach Condwiramurs. Sie steht mit den anderen Figuren in keinem benannten verwandtschaftlichen Verhältnis. Orgeluse ist nicht nur indirekt Grund für die Verwundung Anfortas', sondern spielt auch einen umfangreichen Part im zweiten Handlungsstrang Gawans. Er versucht sie für sich zu gewinnen, was ihm letztlich auch gelingt.

Gahmuret

Gahmuret ist der Vater Parzivals. Er ist entfernt mit Artus verwandt und hat mit zwei Frauen jeweils ein Kind. Aus der Verbindung zu Belacane geht Feirefiz hervor, aus der zu Herzeloyde Parzival. Gahmuret hat den Orient bereist und bringt von dort außergewöhnliche Schmuckstücke mit.

Belacane

Belacane ist die erste Frau Gahmurets und Mutter von Feirefiz. Sie stammt aus dem Orient, genauer: aus Zazamanc. Gahmuret verlässt sie zum einen, weil es ihn nach Abenteuern gelüstet, zum anderen aber nach eigener Aussage, weil sie nicht dem christlichen Glauben angehört.[1]

Herzeloyde

Herzeloyde ist die zweite Frau Gahmurets und Mutter Parzivals. Obwohl sie eine Schwester Anfortas´ ist, ist über eine engere Beziehung zur Gralsgesellschaft nichts bekannt. Den zunächst zur Liaison unwilligen Gahmuret klagt sie in einem juristisch anmutenden Akt nach einem Tunier ein.[2] Nach dem Tod ihres Mannes will sie ihren gemeinsamen Sohn vor dem Übel und den Gefahren des Ritterlebens beschützen und so erzieht sie ihn - fernab jeglicher Zivilisation - im Wald von Soltane.

Feirefiz

Feirefiz ist der Halbbruder Parzivals. Beide haben den gleichen Vater - Gahmuret -, aber unterschiedliche Mütter. Durch sein Auftreten am Schluss des Epos gewinnt die Handlung des "Parzival" eine außergewöhnliche Orientumrahmung.[3] Feirefiz heiratet zuletzt die Gralsträgerin Repanse de Schoye und reist mit ihr nach Indien, um dort das sagenhafte Geschlecht der Pristerkönige zu gründen.

Condwiramurs

Condwiramurs ist die Frau Parzivals. Sie wird als außergewöhnlich schön beschrieben und steht in keinem bekannten Verwandtschaftsverhältnis zu anderen Personen der Erzählung. Parzival rettet sie im IV. Buch vor Clamides kriegerischen Werbungsgesuchen und erhält als Dank "hant und lant" von ihr. Sie ist die Herrscherin von Pelrapeire.

Keie

Keie ist der schillernde Seneschall am Artushof. Eine ausführlichere Analyse des ambivalenten Verhaltens dieser Figur in Wolframs "Parzival" ist hier zu finden.

Cunneware

Cunneware ist eine Hofdame am Artushof. Ihre nicht zu unterschätzende heilsgeschichtliche Bedeutung für Parzival wird hier herausgearbeitet.

Ginover

Ginover ist die Frau an König Artus' Seite. Sie ist die ranghöchste Frau am Artushof und damit diejenige Person, an die sich die Frauen vor Hochzeiten u.Ä. wenden.

Titurel und Frimutel

Frimutel ist der Vater Anfortas', Titurel der Großvater des Gralkönigs und zugleich Vater des Frimutel. Diese beiden Ahnen stellen die Genealogie des Gralkönigtums dar.

Loherangrin

Loherangrin ist der Sohn von Parzival und Condwiramurs. Er erringt großen Ruhm in Namen des Grals und erfüllt später ein eigenes Schicksal an der Seite der Fürstin von Brabant, deren Schwanenritter er ist. Richard Wagners romantische Oper "Lohengrin" widmet sich diesem Stoff.

Inhalt

Wolfram, Parzival 1,1ff (Prolog) – Ist zwiffel hertzen noch gebur... ( Heidelberg, Codex Palatinus Germanicus Cod. Pal. germ. 339, fol. 6r)

Prolog (I, 1,1 - 4,26)[4]

Der Prolog[5] ist einer der umstrittensten und in der Froschung meist diskutierten Textstellen des "Parzival". Allein für den Handlungsgang besitzt er keinerlei Evidenz: Der Prolog vereinigt in sich eher "zentrale Ideen des Werks, in ethischer wie poetologischer Hinsicht".[Dallapiazza 2009: S. 32] Dabei ist vor allem die "Elsternfarbigkeit" ein starkes Bild, das sich eben nicht nur auf die äußere farbliche Geschecktheit bezieht (vgl. Feirefiz' Hautfarbe), sondern auf die Lauterkeit und Integrität des Charakters der literarischen Figur im Gesamten.[Dallapiazza 2009: S. 33][6]

Die Vorgeschichte: Gahmurets Ritterfahrten (I+II)

Gahmuret zieht auf Abenteuerfahrt ins Morgenland, weil er als jüngerer Sohn des König Gandins von Anschouwe nicht erbberechtigt ist. Dort angekommen begibt er sich in den Dienst des heidnischen Baruc von Baldac (Kalif von Bagdad) und wird zu einem angesehen Ritter. Auf seinen Aventiurefahrten im Orient gelangt er unter anderem nach Zazamanc, wo er die schwarze Königin Belacane trifft, die sich von einer Übermacht des Feindes umzingelt sieht. Gahmuret besiegt die Anführer der Belagerer, kehrt in die Stadt zurück und heiratet Belacane.[7] Gahmuret wird zum anerkannten König von Zazamanc, doch die Ruhe währt nur kurz: Er verlässt die Königin - getrieben von Abenteuerlust - in einer Nacht- und Nebelaktion und hinterlässt lediglich einen Abschiedsbrief. Wenige Monate später gebiert Belacane Gahmuret einen Sohn: Feirefiz; Gahmuret gelangt nach längerer Seefahrt nach Spanien.[Bumke 2004: S. 44f.] Wieder im Abendland gelandet, gewinnt er in einem Tunier Hand und Land von Herzeloyde[8], verlässt allerdings auch diese relativ bald und findet - diesmal wieder im Dienst des Baruc - auf einer Abenteuerfahrt den Tod. Herzeloyde ist bereits mit Parzival schwanger, bringt ihn aber erst nach dem Ableben Gahmurets zur Welt.

Parzival I - Jugend, Erziehung, erste Gralsbegegnung und Aufnahme in die Artusrunde (III-VI)

(Herzeloyde und Parzival im Wald von Soltane. Aus: Wolfram von Eschenbach, Parzival (Handschrift), Hagenau, Werkstatt Diebold Lauber, um 1443-1446, Cod. Pal. germ. 339, I. Buch, Blatt 87r.)

Herzeloyde hat sich mit Parzival in die Einöde von Soltane zurückgezogen. Sie erzieht ihn fernab jeglicher Zivilisation, um ihn vor den negativen Seiten des Ritterlebens zu schützen - der Grund für den Tod ihres Mannes Gahmuret. Bei seiner liebsten Beschäftigung - der Jagd - trifft der jugendliche Parzival auf drei Ritter, die er aufgrund seiner defizitären Erziehung und ihrer glänzenden Rüstung für himmlische Wesen hält.[9] Zutiefst beeindruckt vom strahlenden Glanz der drei Personen kehrt er zur Mutter zurück, verlangt nach einem Pferd und will - dem Hinweis der Ritter folgend - zum Artushof aufbrechen, um selbst Ritter zu werden. Seine Mutter, die ihn gerade davor hatte bewahren wollen, unternimmt einen letzten Versuch der Abwehr, indem sie ihn in ein Narrengewand kleidet; sein Auftreten soll lächerlich[10] wirken und deswegen erfolglos sein. Sie gibt ihrem Sohn dennoch vier Lehren mit auf den Weg: Er solle Wasserläufe nur an hellen Stellen überqueren, freundlich zu jedermann sein, die Lehren erfahrener Männer wertschätzen und Kuss und Ring schöner Damen gewinnen. Als Parzival jedoch endgültig aufbricht, sinkt Herzeloyde - von Parzival unbemerkt - tot zu Boden. Auf seinem Weg zum Artushof kommt es zum ersten Zwischenfall, weil Parzival die Lehren seiner Mutter zu wörtlich auslegt: Er raubt Orilus' Frau Jeschute gewaltsam Ring und Spange.[11]. Später hört er im Wald die Schreie einer um ihren toten Mann klagenden Frau. Es ist Parzivals Cousine Sigune, von der er seinen Namen (zuvor wurde er stets bloß "bon fils, cher fils, beau fils" genannt) und seine königliche Abstammung erfährt. Schließlich gelangt er zum Artushof, und erfährt von der Notwendigkeit einer Ritterrüstung, um zur Artusrunde zugelassen zu werden. Er tötet den Unruhestifter Ither, nimmt sich dessen rote Rüstung und gelangt anschließend zu Gurnemanz, der ihm eine erste höfische Erziehung zuteilwerden lässt. Nachdem er seinen Mentor wieder verlassen hat, befreit Parzival die Königin Condwiramurs, die in der Hauptstadt Pelrapeire ihres Landes Brobarz belagert wird. Er gewinnt Hand und Land von ihr, bleibt aber nicht lange vor Ort, sondern bricht auf, um das ungewisse Schicksal seiner Mutter zu ergründen. Auf dieser Fahrt gelangt er das erste Mal zum Gral, nach Munsalvaesche, wo er es versäumt, die Mitleidsfrage (die Frage, woran Anfortas leide) zu stellen und damit scheitert.[12] Als er am Folgetag seines Versagens die Gralsburg leer findet, zieht er unwillig davon. Auf dem weiteren Weg trifft er seine Cousine Sigune wieder, die ihn, als sie erfährt, dass Parzival die erlösende Frage nicht gestellt hat, verflucht. Kurz vor Artus' Zeltlager, verfällt Parzival beim Anblick dreier Blutstropfen in Trance, bis schließlich der verständige Gawan seinen Mantel darüber breitet und den Zauber löst. Angekommen im Heerlager Artus', wird Parzival zum Ritter geschlagen, doch auch hier verweilt er nicht lange, da er durch die Gralsbotin Cundrîe vor versammelter Gesellschaft verflucht wird; sich von Gott lossagend, flüchet er sich in Rittertaten.[Bumke 2004: S. 54-79][Spiewok 1977: S. 22-25]

Gawan I - Bearosche und Schanpfanzun (VII-VIII)

Gawan muss nach Ascalun reiten, um dort einen Zweikampf zu absolvieren. Auf dem Weg dorthin gelangt er nach Bearosche, wo gerade ein großer Kampf ansteht. Aufgrund von Gawans Terminverpflichtung ist er zunächst nicht gewillt, in den Kampf einzugreifen, vollbringt aber letztlich die kriegsentscheidende Tat, indem er den Anführer des gegnerischen Heers - Meljanz - gefangen nimmt. Angekommen in Ascalun hat Gawan ein Minneerlebnis mit der Schwester seines Zweikampfgegners Vergulacht, der tagsüber zur Jagd ausgeritten ist. Antikonie und Gawan werden in flagranti erwischt und es kommt zu kämpferischen Auseinandersetzungen zwischen der Stadtmannschaft und Gawan, der sich waffenlos nur notdürftig zu verteidigen weiß. Schlichtend tritt der Landgraf Kingrimursel auf den Plan, dessen Aufgabe es war, Gawan das sichere Geleit zum Austragungsort des Zweikampfes zu gewährleisten. Er stellt sich gegen seine eigene Stadtwache, anschließend sogar gegen seinen König Vergulacht. Doch die Situation eskaliert nicht; der Zweikampf wird um ein Jahr verschoben und Gawan muss die Bürde tragen, die Vergulacht zuvor vom Roten Ritter auferlegt wurde: Hilfe bei der Suche nach dem Gral.[Bumke 2004: S. 79-86][Spiewok 1977: S. 25]

Parzival II - Parzival bei Trevrizent (IX)

(Parzival reitet von links auf den vor seiner Klause sitzenden und in einem Buch lesenden Einsiedler Trevrizent zu.)

Bereits vier Jahre sind vergangen, seit Parzival das erste Mal auf Munsalvaesche war. Er irrt nach wie vor ziellos durch die Lande auf der Suche nach dem Gral und hegt noch immer seinen Groll auf Gott. Zum dritten Mal nun trifft Parzival wieder auf Sigune, die fortwährend um ihren Geliebten klagt und sich in der Klause eingemauert hat. Er versöhnt sich mit ihr und sie versucht, ihm den Weg nach Munsalvaesche zu erklären, doch außer einem verstreuten Gralsritter, den Parzival besiegt, sieht er nichts von der Gralsburg. Doch er gelangt zu Trevrizent, seinem Oheim, der in langen Gesprächen mit Parzival dessen Verfehlungen zu ergründen sucht. Trevrizent erklärt ihm nicht nur seine Sichtweise der Versäumnisse Parzivals, sondern lässt ihm auch die erste ernstzunehmende religiöse Erziehung zuteilwerden. Er erteilt dem Helden die Absolution und versucht ihn mit Gott zu versöhnen. Nachdem Parzival über die Beschaffenheit des Grals durch Trevrizent unterrichtet wurde, bricht er nach vierzehn Tagen wieder auf und setzt seine Gralsuche fort. Die Parzivalhandlung tritt erneut in den Hinter- und Gawan wieder in den Vordergrund.[Bumke 2004: S. 87-94][Spiewok 1977: S. 26]

Gawan II - Gawan und Orgeluse (X-XIV)

Auf der Gralsuche trifft Gawan auf die Herzogin Orgeluse von Logroys, zu der er sofort in Liebe entbrennt. Er begibt sich in ihren Minnedienst, den sie allerdings nur mit Hohn und Spott vergilt. Orgeluses ganzes Handeln zielt darauf ab, den Tod ihres geliebten Cidegasts zu rächen, der durch Gramoflanz erschlagen wurde. Alle Ritter, die sie in ihren Dienst aufnimmt, müssen sich ihrem Rachegedanken unterordnen. Bevor es allerdings zur direkten Auseinandersetzung mit Gramoflanz kommt, gilt es für Gawan, einige Abenteuer zu bestehen.[13] Nachdem Gawan alle ihm auferlegten Herausforderungen absolviert hat, hält ihn auch Orgeluse für wert, Gramoflanz entgegen zu treten. Dieser bricht, nachdem Gawan sich zu erkennen gegeben hat, seinen Grundsatz nur gegen zwei Ritter gleichzeitig anzutreten und der Zweikampf wird in einer großartigen Kulisse auf dem Feld von Joflanze vereinbart. Doch dieser Zweikampf wird zwei Mal erheblich gestört. Zunächst, als Gawan den mit geschlossenem Visier reitenden Parzival für Gramoflanz hält, ihn angreift und sich das Missverständnis erst kurz vor der sich für Gawan abzeichenenden Niederlage auflöst. Daraufhin wird das Kräftemessen auf den Folgetag verschoben, an dem nun aber Gramoflanz in eine Auseinandersetzung mit Parzival gerät, ebenfalls fast verliert und der Zweikampf wiederum verschoben wird. Inzwischen konnte Artus zwischen Gramoflanz und Gawan dergestalt vermitteln, dass Gramoflanz die von ihm geliebte Schwester Gawans - Itonje - zur Frau bekommt; die beiden Ritter versöhnen sich und der lange aufgeschobene Zweikampf findet nun endgültig nicht statt. Auch Orgeluse sieht von ihren Rachegedanken ab und befindet Gawan - auch ohne Sieg über Gramoflanz - für wert, ihr Mann zu werden.[Bumke 2004: S. 95-115][Spiewok 1977: S. 25-27]

Parzival III - Gralskönigtum (XV-XVI)

(Zweikampf zwischen Parzival und dem Heiden Feirefiz. Aus: Wolfram von Eschenbach, Parzival (Handschrift), Hagenau, Werkstatt Diebold Lauber, um 1443-1446, Cod. Pal. germ. 339, I. Buch, Blatt 540v.)

Im fünfzehnten Buch treffen erstmals die beiden Halbbrüder Parzival und Feirefiz aufeinander. Feirefiz war mit einem großen Heer aus dem Orient aufgebrochen, um seinen Vater Gahmuret zu suchen. Als die Geschwister sich nicht erkennen, entbrennt ein Kampf zwischen ihnen, der sein Ende erst im Zerbrechen von Parzivals Schwert findet. Großmütig wirft der Heidenkönig sein Schwert ebenfalls beiseite, gibt sich Parzival zu erkennen und die beiden legen auf der Stelle ihre Kampfhandlung nieder. Glücklich reiten sie ins Lager nach Joflanze, wo sie von Artus und Gawan freudig begrüßt werden. Auf dem Fest zu Ehren Feirefiz' am Folgetag erscheint Cundrîe und verkündet Parzivals Berufung zum Gralskönig. Dieser dürfe außerdem eine weitere Person seiner Wahl mitbringen - er wählt Feirefiz. In Munsalvaesche angekommen stellt Parzival endlich die erlösende Mitleidsfrage und kann sich nun zum Gralskönig aufschwingen. Er sieht auch seine inzwischen ebenfalls zur Gralsburg gerufene Frau Condwiramurs wieder, die ihm in der Zwischenzeit bereits zwei Söhne geschenkt hat: Loherangrin und Kardeiz. Die Söhne Parzivals sichern die Nachfolge in beiden Welten (Kardeiz für die weltlichen Herrschaftsgebiete Parzivals, Loherangrin ist als Nachfolger des Gralkönigs ausersehen) und Feirefiz heiratet, nachdem er getauft wurde, die Gralträgerin Repanse de Schoye, zieht mit ihr nach Indien und begründet dort das Geschlecht der Priesterkönige. Der letzte Teil der Handlung befasst sich ausführlicher mit dem Schicksal Loherangrins. Dieser rettet und heiratet die Fürstin von Brabant, kehrt aber letztlich wieder auf die Gralsburg zurück, da seine Frau den durch Gott vorgebenen Grundsatz verletzt und Loherangrin nach seiner Herkunft befragt.[Bumke 2004: S. 115-124][Spiewok 1977: S. 27f.]

Epilog (XVI, 827, 1-30)

Der Epilog schließt[14] das Parzivalepos ab. Er formuliert ein letztes Mal die Leitthemantik des Werkes: das Ziel, zugleich Gott und den Menschen zu gefallen, in beiden Sphären - der transzendenten und der immanenten - sich zu bewähren und zu bestehen.

swes lebn sich sô verendet, __________ Wer sein Leben so beschließt,
daz got niht wirt gepfendet __________ daß Gott der Seele nicht beraubt wird,
der sêle durch des lîbes schulde, __________ weil der Leib zum Schuldner wurde,
und der doch der werlde hulde __________ und wer sich doch die Gunst der Welt
behalten kan mit werdekeit, __________ erhält und seine Würde wahrt,
daz ist ein nütziu arbeit. __________ für den war Mühe nicht umsonst.[15]

Parzival verkörpert dieses Ideal zuletzt, wenn er sowohl ein geachtetes Mitglied der Tafelrunde als auch der Herrscher des Grals ist.[16]

Anmerkungen

  1. Vgl. Pz. I, 55, 24-27.
  2. Vgl. dazu den ausführlichen Artikel zu Gahmuret und Herzeloyde.
  3. Vgl. den Abschnitt Orient und Okizent.
  4. Alle folgenden Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: [Wolfram von Eschenbach 2003].
  5. Vgl. dazu auch den Artikel: Das Elsterngleichnis
  6. Zu Text und Deutung des Prologs vergleiche unbedingt auch Das Elsterngleichnis inklusive der Literaturangaben.
  7. Ausführlicher hierzu: Liebesbeziehung zu Belacane und Die Beziehung zwischen Gahmuret und Belacane
  8. Vgl. unbedingt auch:Gahmuret und Herzeloyde.
  9. Vgl. dazu den Abschnitt Das Gottesbild der Mutter
  10. Das Lachen spielt im bezug auf Parzivals Werdegang eine besondere Rolle. Zunächst im negativen Sinne lächerlich angezogen, wird eben jenes Lachen Cunnewares evoziert, das Parzival in seiner heilsgeschichtlichen Zukunft das erste Mal bestätigt. Vgl. dazu den Abschnitt: Cunneware - Die Funktion des Lachens
  11. Ausführlicher dazu: Parzival, Jeschute und Orilus
  12. Zum Scheitern Parzivals und der ausführlichen Forschungsdebatte: Schuld, Sühne und Erlösung und Parzivals Schuld, sowie Parzivals Versagen in der Gralsburg.
  13. Die Abenteuer: Sieg über Lischoys Gwelljus; Sieg über den Turkoyten Florand von Itolac und sein Hauptabenteuer: Gawan im Schastel marveile, in dem zahlreiche durch den Magier Clinschor verzauberte Personen befreut, unter anderem seine Großmutter Arnive, seine Mutter Sangive und seine Schwestern Itonje und Cundrie.
  14. Eine ausführliche Besprechung des Schlussteils ist hier zu finden.
  15. Pz. XVI, 827, 19-24. Übersetzung: Wolfram von Eschenbach: Parzival, nach der Ausgabe Karl Lachmanns, revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann, übertragen von Dieter Kühn, Bd. 2, Frankfurt a.M. 2006, 409.
  16. Ausführlicher dazu: Das Motiv der Doppelung

Literatur

<harvardreferences />

Primärtext

[*Wolfram von Eschenbach 2003] Wolfram von Eschenbach: Parzival, nach der Ausgabe Karl Lachmanns, revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann, übertragen von Dieter Kühn, Frankfurt a.M. 2006.

Sekundärliteratur

[*Bumke 2004] Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, Stuttgart/Weimar 2004.

[*Dallapiazza 2009] Dallapiazza, Michael: Wolfram von Eschenbach: Parzival, Berlin 2009.

[*Spiewok 1977] Wolfram von Eschenbach: Parzival, übersetzt und eingeleitet von W. Spiewok, Leipzig 1977.