Matthäus (Evangelist)

Aus Kunstwissenschaft Ikonographie
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Matthäus ist einer der zwölf Apostel, vor seiner Berufung durch Jesus war er Zöllner (Mt 10, 2-3). Er galt lange als Verfasser des Matthäusevangeliums, das mit ‚Mt‘ abgekürzt wird und wird also als Evangelist angesehen. Die neuere Forschung ist sich jedoch nicht einig, ob der Apostel Matthäus tatsächlich der Verfasser des Evangeliums war. Da er aber für die längste Zeit als dessen Autor angesehen wurde, wird in der Kunst kein Unterschied zwischen dem Apostel und dem Evangelisten gemacht.

Abb. 1: Rembrandt Harmensz van Rijn: Der Evangelist Matthäus, 1661, Öl auf Leinwand, 96x81 cm, Paris, Louvre. (Rembrandt, Public domain, via Wikimedia Commons)

Im Matthäusevangelium, dem ersten Evangelium des Neuen Testaments, liegt der Fokus auf Jesu Menschwerdung als Messias. Seine Lehre wird in fünf hervorstehenden Reden übermittelt, von denen die Bergpredigt besonders bekannt ist.

Quellen

In drei der Evangelien des Neuen Testaments wird Matthäus als Zöllner benannt. Er kommt in allen Apostellisten der Evangelien vor, ansonsten wird er in der Bibel nicht häufig erwähnt.

Abgesehen von den wenigen Bibelstellen, in denen Matthäus vorkommt, ranken sich Legenden um seine Biografie. Unter anderem äußern sich frühe christliche Gelehrte, wie beispielsweise Papias von Hierapolis, Ambrosius von Mailand und Clemens von Alexandria über ihn.

Schriften wie die Acta Sanctorum, eine Sammlung von Legenden über heilige Personen und ihre Martyrien, erwähnen ihn. Auch die Legenda Aurea übte Einfluss auf die Ikonographie des Matthäus aus.

Leben und Wirken

Lebenslauf und Martyrium

Matthäus mit Hellebarde
Abb. 2: Druck von Schelte Adamsz. Bolswert, nach Gerard Segers: S. Matthaeus, 1625-1640, Papier, 13x9 cm, London, British Museum. (British Museum, Public domain, via Wikimedia Commons)

Dem Matthäusevangelium nach ist Matthäus Zöllner in der Stadt Kafarnaum, am See Genezareth. Matthäus folgt Jesu Aufforderung mit ihm zu kommen, nachdem er ihm an seiner Zollstelle sitzend begegnet (Mt 9,9).

Daraufhin berichtet die Bibel von einem Essen in Matthäus’ Haus, bei dem auch andere „Zöllner und Sünder“ (Einheitsübersetzung 1980, Mt, 9, 10) anwesend sind. Zöllner wurden von den Juden verachtet, da sie durch ihren Beruf mit den römischen Besatzern kooperierten und dadurch Gewinn erlangten. Daher wurden sie aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Jesus wird von den Schriftgelehrten gefragt, warum er an einem Gastmahl mit Sündern teilnimmt. Er erklärt sich durch die Aussage: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.“ (Einheitsübersetzung 1980, Mt 9,12)

Nach seiner Berufung scheint Matthäus keine besonders hervorgehobene Rolle im Kreis der Jünger eingenommen zu haben, da er in der Bibel kaum namentlich erwähnt wird.

Laut Apollonius verfasst Matthäus in Jerusalem sein Evangelium auf Hebräisch. Daraufhin soll er im Jahr 42 n.Chr. Jerusalem verlassen haben. Verschiedenen Gelehrten zufolge hält er sich danach als Missionar in Parthien, Persien oder Mesopotamien auf.

Matthäus werden Wundertaten zugeschrieben. In Äthiopien zähmt er so laut Rufinus beispielsweise Drachen. Außerdem bekehrt er dort den König Egippus, erweckt dessen Sohn wieder zum Leben und heilt seine Tochter Ephigenia vom Aussatz. Ephigenia tritt in ein Kloster ein. Nach dem Tod des Königs will dessen Bruder, Hirtacus, Ephigenia heiraten. Matthäus spricht sich während der Messe dagegen aus und wird von Hirtacus’ Soldaten am Altar mit dem Schwert durchbohrt.

Auch andere Quellen berichten von einem Märtyrertod, über dessen Art und Weise sind sie sich jedoch nicht einig. Zeit und Ort von Matthäus’ Tod sind nicht bekannt, möglicherweise wurde er in der Stadt Hierapolis in Syrien gesteinigt oder verbrannt. Sowohl die lateinische als auch die orthodoxe Kirche verehren ihn als Märtyrer.

Nach Clemens von Alexandria starb Matthäus allerdings friedlich. Laut ihm soll er außerdem Vegetarier und Asket gewesen sein.

Im Jahr 1084 wurden in Paestum Gebeine gefunden, die man Matthäus zuschrieb. Diese wurden daraufhin nach Salerno überführt, wo sich damit bis heute seine Reliquien befinden. Matthäus wurde zum Schutzpatron der Stadt ernannt.

Abb. 3: Andrea Orcagna und Jacopo di Cione: St. Matthew and Four Stories from His Life, ca. 1367-70, Florenz, Uffizien. (Orcagna, Public domain, via Wikimedia Commons)

Identifikation mit Levi

Matthäus’ Berufung wird auch in den anderen beiden synoptischen Evangelien des Markus (Mk 2, 14) und Lukas (Lk 5, 27) geschildert. Dabei wird jedoch statt Matthäus der Name Levi für den Zöllner verwendet. Bei Markus wird er als „Levi, de[r] Sohn des Alphäus“ (Einheitsübesetzung 1980, Mk 2, 14) beschrieben, der wiederum der Vater des Apostels Jakobus ist.

Es ist möglich, dass hier für den Zöllner nur ein anderer Name verwendet wird. Dafür, dass es sich um zwei unterschiedliche Personen handelt, spricht jedoch, dass es unwahrscheinlich ist, dass eine Person ohne weitere Erklärung zwei semitische Namen trägt. Wenn es sich um dieselbe Person handeln würde, würde die Benennung beispielsweise ‚Levi, der Matthäus genannt wird‘ lauten, ähnlich wie es für eine andere Person, die zwei Namen trägt, der Fall ist, nämlich „Simon, genannt Petrus“ (Einheitsübersetzung 1980, Mt 4, 18).

Möglicherweise wurde der Autor des Matthäusevangeliums in diesem mit dem Zöllner Levi identifiziert, weil er als Verfasser des Evangeliums eine große Rolle für die frühe Kirchengemeinde spielte. Durch die Identifikation mit einem durch Jesus berufenen Apostel wird dem Evangelium so Legitimität verliehen.

Urheberschaft des Matthäusevangeliums

Tatsächlich entstand das Matthäusevangelium, im Gegensatz zu Apollonius’ bereits erwähnter Überlieferung, vermutlich erst um 80 n. Chr. im heutigen Syrien, möglicherweise in der Stadt Antiochia.

Im zweiten Jahrhundert wurden die Evangelien des neuen Testaments für den Bibelkanon festgelegt, mit ihnen auch das Matthäusevangelium, als das angeblich älteste von ihnen. Der Verfasser des Matthäusevangeliums wird in diesem nie namentlich erwähnt. Durch die Identifikation des Autors mit dem Apostel Matthäus, die auch einer der apostolischen Kirchenväter, Papias von Hierapolis, vornahm, wurde dem Evangelium Autorität verliehen. Eine von einem Apostel Jesu verfasste Schrift wurde als besonders authentisch angesehen.

Abb. 4: Meister der Ada-Gruppe: Evangeliar der Äbtissin Ada, Szene: Der Evangelist Matthäus, ca. 800, Pergament, 36,6x24,5 cm, Trier, Stadtbibliothek. (Meister der Ada-Gruppe, Public domain, via Wikimedia Commons)

Durch die Zweiquellentheorie wurde festgestellt, dass das Matthäusevangelium unter anderem auf das Markusevangelium als Quelle zurückgreift. Wenn jedoch tatsächlich der Apostel Matthäus das Evangelium geschrieben haben sollte, stellt sich die Frage, warum er auf einen Bericht von Markus zurückgreift, der im Gegensatz zu ihm kein direkter Augenzeuge von Jesus gewesen sein soll. Daher wird heute weitgehend davon ausgegangen, dass das Matthäusevangelium jünger als das Markusevangelium ist und dass sein eigentlicher Verfasser unbekannt ist.

Bildtraditionen

Attribute

Graue Haare und Bart

Häufig wird Matthäus als älterer Mann mit gelockten grauen Haaren und Bart abgebildet. Diese Darstellung geht möglicherweise darauf zurück, dass man im Mittelalter Matthäus (und in der byzantinischen Tradition auch Johannes) durch die Darstellung als älterer Apostel von Lukas und Markus abheben wollte, die als Apostelschüler jünger dargestellt wurden.

Kleidung

Wenn sein Martyrium gezeigt wird, trägt Matthäus häufig ein Messgewand oder römisch anmutende Kleidung wie eine Toga oder Tunika.

Schriftrolle, Buch oder Tintenfass

Frühe Darstellungen der Evangelisten aus dem vierten Jahrhundert zeigen sie mit Schriftrollen. Auch die Darstellung mit anderen Schreibutensilien ist möglich, gängig sind beispielsweise auch das Buch, Schreibfeder und Tintenfass.

Geldbeutel, Zählbrett

Spezielle Attribute des Matthäus sind ein Geldbeutel oder Zählbrett, die auf seinen Beruf als Zöllner hinweisen.

Schwert, Axt, Hellebarde

Ein weiteres Attribut ist das Schwert, das seinen Märtyrertod symbolisiert. Auch eine Hellebarde (siehe Abb. 2) oder eine Axt können dargestellt werden. Dieses Attribut wurde vom Martyrium des Matthias, der mit einem Beil enthauptet wurde, auf Matthäus übertragen – vermutlich, um ihn von dem Apostel Paulus abzusetzen, dessen Attribut ebenfalls ein Schwert ist.

Abb. 5: Jan Sanders van Hemessen: Die Berufung des Matthäus, ca. 1548, Öl auf Holz, 114x137 cm, Wien, Kunsthisttorisches Museum. (Jan Sanders van Hemessen, Public domain, via Wikimedia Commons)

Mensch, bzw. Engel

Matthäus’ Evangelistensymbol ist der Mensch, da der Inhalt seines Evangeliums sich auf Jesu Menschwerdung fokussiert. Auch beginnt das Matthäusevangelium mit einer Auflistung der Vorfahren Jesu bis hin zu Abraham und geht dann über in die Schilderung seiner Geburt.

Die Aufteilung der Evangelistensymbole war nicht immer einheitlich, so ordnete noch Kirchenvater Augustinus beispielsweise anstatt Markus Matthäus den Löwen zu. Hieronymus und Gregor I. legten die Zuordnung fest, die sich schließlich durchsetzte.

Die Evangelistensymbole werden häufig geflügelt dargestellt. Wenn der Mensch mit Flügeln abgebildet wird, ist er nicht mehr von einem Engel zu unterscheiden. Er kann deshalb manchmal auch als Abbildung des Engels verstanden werden, der Matthäus das Evangelium diktiert haben soll und stellt so dessen göttliche Inspiration dar. Der Mensch allein kann als Symbol für Matthäus stellvertretend abgebildet werden oder als Attribut mit ihm zusammen. Manchmal wird er in schwebender oder thronender Haltung dargestellt.

Darstellungsmotive

Autorenbild

Typisch für die Evangelisten ist ihre Darstellung als Schreibende beim Verfassen des Evangeliums. Die Evangelisten und damit auch Matthäus werden so zum Beispiel häufig nach rechts gewendet an einem Schreibpult arbeitend oder auch in Gesten der Rede begriffen dargestellt. Daher ist eine Abbildung in sitzender Haltung besonders oft zu finden. So ist das Autorenbild, das in seiner Tradition auf die Antike zurückgeht, auch für Matthäus eine gängige Darstellung.

Abb. 6: Michelangelo Merisi di Caravaggio: Die Berufung des Matthäus, 1599-1600, Öl auf Leinwand, 322×340 cm, Rom, San Luigi dei Francesi. (Caravaggio, Public domain, via Wikimedia Commons)

Ein Beispiel dafür ist die Abbildung im Evangeliar der Ada-Gruppe (Abb. 4) oder auch ein Gemälde Rembrandts (Abb. 1), in dem ein Engel Matthäus beim Schreiben über die Schulter schaut.

Um den Akt der göttlichen Inspiration zu verdeutlichen, sind manchmal eine Taube oder die Hand Gottes im Bild zu sehen. Auch die Evangelistensymbole können für diese Inspiration stehen.

Besonders häufig kommt das Autorenbild in der Renaissance und im Barock vor. Seit dem Hochmittelalter ist außerdem eine ganzfigurige Darstellung ihrer Symbole im Autorenbild der Evangelisten üblich.

Berufung

Ein häufiges Thema in der Darstellung des Matthäus ist auch die Berufung zum Apostel durch Jesus, die in Mt 9,9 geschildert wird. Es wird vor allem in der Neuzeit dargestellt. So ist Matthäus zum Beispiel in dem Gemälde von Jan Sanders van Hemessen (Abb. 5) in einer Gruppe von anderen Zöllnern und deren Schuldnern abgebildet. Häufig bedeutet Jesus Matthäus mit einer Geste, ihm zu folgen, beispielsweise indem er auf ihn deutet. So halten in Hemessens Gemälde Jesus oben rechts und Matthäus unten links Blickkontakt, während Jesus in Richtung des Bildrands gestikuliert. Dabei gibt es einen Kontrast zwischen der einfachen Kleidung Jesu und der prunkvolleren von Matthäus. In der Berufungsszene wird Matthäus häufig noch als jüngerer Mann als sonst für ihn üblich dargestellt, so ist das auch bei Hemessen der Fall, Matthäus’ Bart ist hier noch nicht ergraut.

Ein Beispiel für eine weitere Darstellung von Matthäus’ Berufung ist Caravaggios Gemälde in der Capella Contarelli der Chiesa St. Luigi dei Francesi in Rom (Abb. 6). Hier erinnert die Geste, mit der Jesus Matthäus aus der rechten Bildhälfte heraus auffordert, ihm zu folgen, an die Adams in der „Erschaffung Adams“ von Michelangelo. Dabei ist umstritten, bei welcher der dargestellten Figuren es sich tatsächlich um Matthäus handelt. Es könnte jedoch der bärtige Mann in der Mitte der Gruppe sein.

Abb. 7: Michelangelo Merisi di Caravaggio: Martyrtum des hl. Matthäus, ca. 1599–1600, Öl auf Leinwand, 323×343 cm, Rom, San Luigi dei Francesi. (Caravaggio, Public domain, via Wikimedia Commons)

Neben dieser Abbildung von Matthäus’ Berufung hängen in der gleichen Seitenkapelle ebenfalls ein Autorenbild und eine Darstellung seines Martyriums.

Märtyrertod

Auch Matthäus’ Märtyrertod wird oft dargestellt. Caravaggios Darstellung dessen in der Capella Contarelli (Abb. 7) zeigt, wie Matthäus, vermutlich in Anlehnung an Rufinus’ Überlieferung, erstochen wird. Dabei reicht ihm ein Engel währenddessen von oben herab einen Palmzweig, als Symbol für sein Märtyrertum.

Die Darstellung von Andrea Orcagna und Jacopo di Cione zeigt ebenfalls diese Szene, wobei ganz rechts im Bild auch Ephigenia zu sehen ist (Abb. 3).

Quellen- / Literaturverzeichnis

Buchquellen:

Frank Büttner/Andrea Gottdang, Einführung in die Ikonographie. Wege zur Deutung von Bildinhalten, München 2006, S. 95-96.

Gregor Martin Lechner, Art. Matthäus, in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 7, Freiburg 1994/2004, S. 588-601.

Ursula Nilgen, Art. Evangelisten und Evangelistensymbole, in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 1, Freiburg 1994/2004, S. 696-713.

Sabine Poeschel, Handbuch der Ikonographie. Sakrale und profane Themen der bildenden Kunst, 6. Auflage, Darmstadt 2014.

Internetquellen:

Die Bibel in der Einheitsübersetzung (1980): Universität Insbruck, https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/ (27.03.2022).

Peter Bloch/Ursula Nilgen/Else Förster, RDK Labor (Evangelisten), https://www.rdklabor.de/wiki/Evangelisten (25.03.2022).

Joachim Schäfer, Ökumenisches Heiligenlexikon (Matthäus), https://www.heiligenlexikon.de/BiographienM/Matthaeus.html (27.03.2022).

Norbert Schnabel, Stendhal-Syndrom (Mord am Altar), https://syndrome-de-stendhal.blogspot.com/2017/02/mord-am-altar-caravaggios- martyrium-des.html (27.03.2022).

Norbert Schnabel, Stendhal-Syndrom (Heimgeleuchtet), http://syndrome-de-stendhal.blogspot.com/2012/09/heimgeleuchtet.html  (27.03.2022).