Inhaltsangabe "Tristan" (Gottfried von Straßburg, Tristan): Unterschied zwischen den Versionen
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Dieser Artikel soll einen Überblick über den Inhalt des | Dieser Artikel soll einen Überblick über den Inhalt des "Tristan"-Romans von [[Gottfried von Straßburg]] geben. | ||
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=='''Übersicht über die Charaktere'''== | |||
Liste der handelnden Personen, jeweils auf die Hauptseite verlinkt, in der Reihenfolge ihres Auftretens: | |||
'''[[Riwalin (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Riwalin]]''': Herrscher über Parmenien in der Vorgeschichte; wird zum Ritter am Hof Markes und kämpft an dessen Seite im Krieg, wo er schwer verwundet wird; heiratet Blanscheflur kurz vor seinem Tod im Krieg mit Morgan und ist der Vater Tristans, stirbt jedoch noch vor dessen Geburt | |||
'''[[Morgan (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Morgan]]''': Erzfeind Riwalins und ständige Bedrohung Parmeniens; Riwalin stirbt in der Schlacht mit ihm; wird deshalb von Tristan aus Rache erschlagen | |||
'''[[Marke (Gottfried von Straßburg, Tristan)|König Marke]]''': Herrscher über Cornwall und England und Bruder Blanscheflurs; Onkel und Vaterfigur für Tristan, zu dessen Gegenspieler er durch die Hochzeit mit Isolde wird | |||
'''[[Blanscheflur (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Blanscheflur]]''': Wunderschöne Schwester von Marke und Ehefrau von Riwalin; Mutter Tristans, verstirbt während dessen Geburt | |||
[[Tristan]], | |||
'''[[Rual li Foitenant (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Rual li Foitenant]]''': Freund und engster Vertrauter Riwalins und Marschall von Parmenien; Ziehvater von Tristan, den er in den höfischen Tugenden erzieht; zeichnet sich verantwortlich für die herausragende gesellschaftliche Rolle Tristans, die er zum großen Teil auch durch sein Können erreicht | |||
'''[[Floraete (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Floraete]]''': Ehefrau von Rual, Ziehmutter Tristans sowie Marschallin von Parmenien; wird wie ihr Mann als Inbegriff der Treue und Ehre bezeichnet | |||
Riwalin ist der | '''[[Tristan (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Tristan]]''': Der Titelheld des Romans; Sohn von Riwalin und Blanscheflur; Ziehsohn von Rual und Floraete und Neffe Markes; wird zu Markes Widersacher, da er sich durch den [[Minnetrank (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Minnetrank]] in Isolde verliebt; erschlägt zahlreiche verfeindete Herrscher oder Vasallen, ist über alle Maßen talentiert und beflissen und zerbricht letztlich an der Liebe zu Isolde | ||
'''[[Kurvenal (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Kurvenal]]''': Enger Vertrauter und Lehrer von Tristan seit Kindertagen, der ihm immer beisteht; bleibt bis zum Ende der Erzählung an seiner Seite | |||
'''[[Morold (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Morold]]''': Der stärkste Ritter Irlands und Zinseintreiber König Gurmuns; Bruder von Königin Isolde und somit Onkel der jungen Isolde; wird von Tristan im Kampf getötet, als dieser den Zins abschaffen will; die Spitze von Tristans Schwert bleibt in seinem Kopf stecken, was später zur Enttarnung der Tristanerfindung [[Tantris, der kranke Spielmann (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Tantris]] und zur Aufdeckung seiner wahren [[Die Identität des Helden (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Identität]] führt | |||
'''[[Gurmun (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Gurmun]]''': König von Irland und Lehnsherr über England und Cornwall, bis Tristan dies beendet; Ehemann der Königin Isolde und Vater der jüngeren Isolde; willigt ein, seine Tochter mit Marke zu verheiraten, um den Frieden zwischen Irland und England bzw. Cornwall herzustellen | |||
'''[[Die Isolde-Charaktere (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Königin Isolde]]''': Königin von Irland und Ehefrau Gurmuns; Mutter von Isolde und Schwester von Morold; wird als schön beschrieben und zudem verfügt sie über magische Kräfte, die es ihr beispielsweise erlauben, Tristan zu heilen, als dieser von Morold vergiftet wird | |||
'''[[Die Isolde-Charaktere (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Tochter Isolde]]''': Prinzessin von Irland, Tochter von Gurmun und Isolde und Nichte von Morold; jung, wunderschön und künstlerisch begabt; heiratet Marke, verliebt sich jedoch durch den Liebestrank in Tristan und fängt eine heimliche Liebesbeziehung mit ihm an | |||
'''[[Truchseß (der angebliche Drachentöter) (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Truchsess]]''': Vasall am Hofe Gurmuns von Irland; verliebt in die junge Isolde, täuscht er den Drachenmord vor, um sie zu erobern | |||
'''[[Brangäne (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Brangäne]]''': vorbildliche, treue Dienerin Isoldes aus Irland und ihre Nichte; verschuldet die Einnahme des Liebestranks, der ihr anvertraut wurde; bleibt bis zum Schluss der Erzählung an der Seite ihrer Herrin | |||
'''[[Gandin (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Gandin]]''': Baron aus Irland, der Isolde vom Königshof kennt; versucht durch eine List, Isolde zu seiner Frau zu machen, wird jedoch von Tristan überlistet | |||
'''[[Marjodo (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Marjodo]]''': Landbaron in Cornwall und Vasall König Markes; enger Freund Tristans, bis er von dessen Liebesverhältnis erfährt; findet durch Zufall heraus, welches Geheimnis Isolde und Tristan teilen und versucht in der Folge, sie auffliegen zu lassen | |||
'''[[Melot (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Melot]]''': Zwerg am Hofe Markes, der als sehr klug und geistreich beschrieben wird; unterstützt Marjodo und sorgt immer wieder für Misstrauen beim König gegenüber dem Liebespaar durch seine Spionage | |||
'''[[Die Rede des Bischofs von Themse (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Bischof von Themse]]''': Geistlicher im Reich Markes, der beim Konzil zur Schuldfrage der Liebenden eine Rede hält und für ein Gottesurteil im Fall von Isolde plädiert | |||
'''[[Gilan (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Gilan]]''': Herzog von Swales und Besitzer von [[Das Zauberhündchen Petitcreiu (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Petitcrü]], eines magischen Hündchens, bis Tristan es schafft, ihm dieses mittels einer List abzunehmen; Feind des Riesen Urgan, der sein Land bedroht | |||
'''[[Urgan (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Urgan]]''': Riese, der in Swales sein Unwesen treibt; fordert von Herzog Gilan und seinen Vasallen einen Zins für ihre Unversehrtheit; wird von Tristan erschlagen, da er Petitcrü als Entlohnung erhält | |||
'''[[Jovelin (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Jovelin]]''': Der in die Jahre gekommener Herzog von Arundel; Vater von Isolde Weißhand und Kaedin | |||
'''[[Kaedin (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Kaedin]]''': Als Sohn Jovelins herrscht er über Arundel; Bruder von Isolde Weißhand; kämpft gegen die benachbarten Reiche und wird zu Tristans Freund, als dieser ihn dabei unterstützt, die feindlichen Truppen zu besiegen; setzt sich für eine Beziehung seiner Schwester mit Tristan ein | |||
'''[[Die Isolde-Charaktere (Gottfried von Straßburg, Tristan)#Isolde_Weißhand|Isolde Weißhand]]''': Schwester von Kaedin; verliebt sich in Tristan, während dieser in Arundel weilt; Tristan begehrt sie zunächst, nimmt dann aber zumindest innerlich Abstand von ihr, da er sich wie ein Verräter an Isolde von Irland vorkommt | |||
'''[[Karsie (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Karsie]]''': Herzogin von Arundel; Frau von Jovelin und Mutter von Kaedin und Isolde Weißhand | |||
=='''Inhalt'''== | |||
==='''Prolog (V. 1-244)'''=== | |||
Im Prolog, aufgebaut nach Prinzipien der klassischem Rhetorik [Huber 2000: S. 37], richtet sich [[referiert auf::Gottfried von Straßburg]] an sein Publikum. Anfangs spricht er über Kunst im Allgemeinen, dass diese wichtig sei und gefördert werden solle. Er trennt dabei zwischen guter und schlechter Kunst. Die vornehme und gute Kunst sei vor bösem Willen und Niederträchtigkeit zu schützen. Er erklärt, warum er den Tristanstoff für seinen [[Plot von::Tristan Gottfried von Straßburg, Tristan)|Roman]] ausgewählt hat und welche Quellen ihm zur Verfügung standen. Immer wieder lässt er hier bereits anklingen, wie sein Verständnis der [[Minne (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Minne]] aussieht. Diese Geschichte stelle das Wichtigste an der Liebe heraus, nämlich dass Freude und Kummer, Liebe und Schmerz dabei Hand in Hand gehen. Genau dieser Dualismus mache wahre und sehnsuchtsvolle Liebe aus. Am Ende bittet er sein Publikum, ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Für weitere Informationen siehe [[Der Prolog (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Hauptartikel]]. | |||
===''' | ==='''Vorgeschichte: Die Geschichte von Riwalin und Blanscheflur und Tristans Geburt (V.245-1790)'''=== | ||
Tristan | [[Tristan (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Tristan]], der Titelheld des Romans, wird als Sohn [[Riwalin (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Riwalins]] von [[Parmenien (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Parmenien]] und [[Blanscheflur (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Blanscheflurs]], der Schwester König [[Marke (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Markes]] von Cornwall, geboren. Ihre Geschichte wird der eigentlichen Tristan-Erzählung im Roman vorweggenommen. | ||
Riwalin ist der junge, edle und ritterliche Herr von Parmenien in der Bretagne. In seinem jugendlichen Leichtmut greift er seinen Lehnsherrn, den [[Morgan (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Herzog Morgan]], dem er einen Teil seines Landes verdankt, an, um dessen Lehnsherrschaft zu beenden. Es gelingt Riwalin, seinen Widersacher schnell in die Enge zu treiben, so dass Morgan keinen anderen Ausweg sieht, als einen Waffenstillstand auszuhandeln, der auf die Dauer eines Jahres festgelegt wird. Kurze Zeit nach Beendigung des Krieges zieht es Riwalin wieder fort aus Parmenien. Er segelt nach Cornwall zu König Marke, um am Hof zu leben und seine eigene Ritterlichkeit zu vervollkommnen. Riwalin wird herzlich empfangen, bleibt und macht sich sehr beliebt. | |||
Bei einem prächtigen und einen Monat andauernden Fest lernt Riwalin Markes Schwester Blanscheflur kennen. Sie verlieben sich ineinander, doch bleibt es noch unausgesprochen, da sobald das Fest vorüber ist, Riwalin an Markes Seite gegen ein in das Reich eingedrungenes Heer kämpft. Ein verfeindeter König ist in den Krieg gegen Cornwall gezogen. Im Kampf wird Riwalin schwer verwundet. Die Verletzung scheint tödlich und er liegt auf dem Sterbebett. Blanscheflur wird von Sorgen und Sehnsucht nach dem Geliebten gequält. Sie schafft es mit Hilfe ihrer Dienerin, an sein Krankenlager zu gelangen. Die beiden schlafen miteinander und sie wird schwanger. | |||
Riwalin erholt sich wieder und überlebt. Sie leben ihre Liebe an Markes Hof, wenn auch nur im Geheimen. Das Glück ist nur von kurzer Dauer, weil Riwalin nach Parmenien heimkehren muss, um Morgan zu bekämpfen, der wieder Truppen entsandt hat. Da es aussichtslos erscheint, dass die Schwangerschaft unbemerkt bleibt, und sie die Ehre ihrer Familie nicht in Zweifel ziehen will, flieht Blanscheflur mit Riwalin in sein Reich. Sie heiraten, noch bevor er in die Schlacht zieht, und Blanscheflur wird in die Obhut [[Rual li Foitenant (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Rual li Foitenants]], Marschall und engster Vertrauter Riwalins, übergeben. Im Krieg mit Herzog Morgan wird Riwalin erschlagen. Blanscheflur ist ohnmächtig vor Schmerz, sie verliert ihre Kraft und ihren Lebenswillen. Sie verstirbt, kurz nachdem sie ihren und Riwalins Sohn zur Welt bringt. | |||
==='''Tristans Heranwachsen, die Entführung und Markes Hof (V. 1791-5068)'''=== | |||
Riwalin und Blanscheflur hinterlassen ein Waisenkind. Rual li Foitenant und seine Frau [[Floraete (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Floraete]] nehmen das Neugeborene an Kindes statt an und lassen auch sonst niemanden wissen, dass es nicht ihr Kind ist. Tristan genießt dadurch eine höfische Ausbildung und erlernt viele Fertigkeiten. Die Menschen in seiner Umgebung sind stets gebannt, denn seine Schönheit und sein Talent sind sehr ausgeprägt und so finden alle, die ihn kennenlernen, Gefallen an ihm. | |||
Dieser Umstand wird für ihn zum Verhängnis, als [[Die Norweger (Gottfried von Straßburg, Tristan)|norwegische Händler]] in Parmenien anlegen. Er kommt mit ihnen in Kontakt und die Händler sind hingerissen von seinen Tugenden. Die Aussicht darauf, für ihn bewundert zu werden, bringt sie dazu, ihn zu entführen. In seiner Heimat schmerzlich vermisst, trägt ihn das Schiff der Kaufleute immer weiter fort. Während der [[Die Entführung (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Entführung]] geraten die Seeleute in einen tagelangen starken Sturm, den sie für ein Zeichen Gottes halten. So setzen sie den jungen Tristan an der Küste Cornwalls aus. | |||
Er trifft auf zwei [[Tristan und die Pilger (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Pilger]], denen er sich Richtung Tintajol, der Stadt seines Onkels Marke, anschließt. Auf dem Weg dorthin treffen sie auf eine Jagdgesellschaft. Tristan kann sich Dank des [[Jagd (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Jagens]] mit ihnen gutstellen, denn seine Jagdkünste sind denen von Markes Jägern weit überlegen. Er kehrt mit ihnen zurück zum Hof seines Onkels, von dem er noch nicht weiß, dass er sein Verwandter ist. Auch Marke ist angetan von dem vorbildlichen jungen Mann und macht ihn zu seinem Jägermeister. | |||
Marke ist sehr beeindruckt vom jungen Tristan und schnell werden sie enge Vertraute. Im weiteren Verlauf ist Marke wie ein Vater für Tristan. Durch seine vielen Talente und Fertigkeiten, mit denen er gesegnet ist, sind ihm alle am Hof sehr geneigt und er wird ein Teil dieser Gesellschaft, bleibt am Hof und eng an Markes Seite. Knapp vier Jahre nachdem Tristan Parmenien unfreiwillig verlassen hat, findet Rual seinen Ziehsohn wieder. Er ist seit der Entführung auf der Suche nach Tristan und nachdem er viele Länder durchquert hat, findet er ihn in Tintajol bei Marke. Rual erzählt am Hof die Herkunftsgeschichte Tristans und dieser und Marke erfahren von seiner wahren Herkunft. Daraufhin wird die [[Tristans Schwertleite (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Schwertleite]] vorbereitet, Tristan wird von Marke zum Ritter geschlagen und als dessen Erbe bestimmt. | |||
==='''Rache an Morgan, Kampf um die Freiheit von Irland und Heilung durch die Todfeindin (V. 5069-8896)'''=== | |||
Tristan kehrt mit Rual heim nach Parmenien, um sich an Morgan zu rächen, der für den Tod seines leiblichen Vaters Riwalin verantwortlich ist. | |||
Unter dem Vorwand, lehnsrechtliche Verhandlungen führen zu wollen, sucht Tristan Morgan auf. Er findet ihn, fordert sein Lehen ein und nimmt Rache, indem er Morgan erschlägt. Er überlässt Rual sein nun freies Erbland, sieht dessen Söhne, seine Stiefbrüder, als Erben vor und verlässt Parmenien wieder, um zu Marke zurückzukehren und an seinem Hof zu leben. | |||
Als er Cornwall erreicht, sieht er sich mit einem neuen Gegner, [[Morold (Gottfried von Straßburg, Tristan)| Morold]], konfrontiert. Dieser ist ein Gesandter des Lehnsherrn von Marke, [[Gurmun (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Gurmun]] aus Irland, und fordert den Zins für seinen Herrn. Tristan ist der Erste, der es wagt, sich zu wehren, und er fordert Morold heraus. Es kommt zum Kampf auf Leben und Tod. Tristan schafft es, den übermächtigen Widersacher zu erschlagen, jedoch verletzt Morold Tristan schwer mit einem vergifteten Schwert. Durch Tristans tödlichen Hieb bleibt ein [[Schwertsplitter (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Teil des Schwertes]] in Morolds Kopf stecken. Die vergiftete Wunde Tristans muss versorgt werden, was nur die Schwester Morolds, die Königin von Irland, [[Die Isolde-Charaktere (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Isolde]], mit ihren Heilkünsten vermag, da sie es auch war, die das Schwert ihres Brudes vergiftet hatte. | |||
Tristan fährt gen Irland, um sich heilen zu lassen. Weil König Gurmun einen Bann gegen jeden, der aus Cornwall heransegeln möge, ausgesprochen hat, gelingt es ihm nur mittels einer List, indem er sich als spanischer Spielmann ausgibt, nach Dublin und bis zur Königin vorzudringen. Er nennt sich [[Tantris, der kranke Spielmann (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Tantris]], denn er will seine Identität nicht preisgeben. Die Königin lässt sich von Tristan durch seine musikalischen Fähigkeiten beeindrucken und heilt den Mörder ihres Bruders, ihren Todfeind. Außerdem stellt sie ihn als Lehrer für ihre Tochter [[Die Isolde-Charaktere (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Isolde]] ein. Tristan unterweist die junge Isolde eifrig in Literatur, im Instrumentenspiel und in der Sittenlehre, die feines Betragen sowie höfische Tugenden lehrt. Auf diese Weise entsteht ein enges Verhältnis zwischen dem wohlerzogenen Lehrer Tristan und der ebenso wissbegierigen wie begabten jungen Schülerin Isolde. Sie gibt sich der feinen Erziehung sehr fleißig hin, so dass sie schon bald von allen Seiten gelobt wird und des Öfteren vor dem König und seinen Gästen musiziert und diese mit ihrer edlen Sittenhaftigkeit und ihrem Talent vergnügt. Als Tristan wieder völlig gesund ist und der jungen Isolde so vieles beigebracht hat, wie ihm möglich ist, verlässt er Dublin und reist zurück nach Cornwall. | |||
Die Freude über seine gesunde Rückkehr ist groß, aber nur von kurzer Dauer. Er berichtet am Hof und vor allem seinem Herren Marke von der wunderschönen Isolde und ihren Tugenden. Neider am Hof begehren gegen Tristan auf, denn es ist vielen nicht geheuer, dass ihm alles gelingt, er sogar von seiner Todfeindin unversehrt und darüber hinaus geheilt zurückkehrt. Es werden Intrigen gegen ihn ausgeheckt, die auf seinen Tod zielen. Tristan soll sein Leben riskieren, um Isolde, die Tochter des Erzfeinds, zu Markes Frau zu machen. Als Brautwerber geht Tristan erneut unerkannt nach Irland. | |||
==='''Drachenkampf, Enttarnung von Tristan in Irland und seine Brautwerbung (V. 8897-11428)'''=== | |||
Isolde ist demjenigen als Braut versprochen, der den [[Drachenkampf (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Drachen]] tötet, der zu dieser Zeit die königlichen Ländereien bedroht. Tristan wagt die Aufgabe, der schon etliche Kämpfer zum Opfer gefallen sind. Er triumphiert abermals und tötet den Drachen, dem er die Zunge herausschneidet. Tristan ist vom Kampf strapaziert und bleibt an Ort und Stelle stark geschwächt zurück. Die Zunge, die er dem Drachen als Beweis genommen hat, belastet ihn und raubt ihm seine Kräfte. Es sind die Königin und ihre Tochter, die sein Leben erneut retten, als sie sich aufmachen, um den wahren Drachentöter aufzuspüren, da ein Betrüger, der [[Truchseß (der angebliche Drachentöter) (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Truchseß]] der Königin, sich ebenfalls dieser Tat rühmt. Die junge Isolde erkennt in Tristan den Spielmann Tantris. In der Folge wird der vermeintliche Held, der sein Recht einfordert, Isolde heiraten zu dürfen, am Gericht des Königs seiner Lüge überführt, da Tristan mittels der Zunge nachweisen kann, dass er das Ungeheuer umgebracht hat. | |||
Tristan und | Doch auch Tristan selbst wird als Lügner entlarvt. Isolde ist es, die ihn sowohl als Morolds Mörder und dadurch auch als Tristan und nicht Tantris enttarnt. Sie will ihn erschlagen, doch ihre Mutter hält sie davon ab. Entgegen ihrer beider Wunsch, den Feind, den Mörder des geliebten Verwandten, tot zu sehen, lassen sie ihn leben, um sein Anliegen zu erfahren. Tristan erzählt ihnen, dass er in Markes Auftrag in Irland sei und dieser die junge Isolde standesgemäß zu seiner Königin machen wolle und dass er dafür den Kampf auf sich genommen habe. Die Königin berichtet ihrem Mann Gurmun von der Brautwerbung Tristans für Isolde und auch dieser ist gewillt, Frieden mit England und Cornwall zu schließen und seine Tochter mit Marke zu verheiraten. Es kommt zur Versöhnung zwischen Tristan und Gurmun, die im Namen ihrer Reiche handeln. Die Feindseligkeiten werden beigelegt und sie besiegeln ein Abkommen, das festhält, dass Isolde die Reiche ihres Bräutigams Marke als Mitgift erhält und Frieden geschlossen wird. Während der König und Tristan sich versöhnt haben, können die Isoldes, vor allem aber die junge, ihren Hass gegenüber dem Mörder des Verwandten noch nicht recht vergessen. Tristan bereitet indes die Rückreise vor, um seinem König die auserwählte Braut zu bringen. | ||
Es | |||
===''' | ==='''Überfahrt nach Cornwall und Liebestrank-Episode (V. 11429-12434)'''=== | ||
Kurz vor der Abreise aus Irland braut die Königin Isolde einen [[Minnetrank (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Liebestrank]] für Marke und Isolde, der die Liebe der beiden besiegeln und sichern soll. Diesen Trank vertraut sie [[Brangäne (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Brangäne]], der königlichen Dienerin, die als Vertraute die junge Isolde nach Cornwall begleitet, im Geheimen an. | |||
Die Überfahrt beginnt und Isolde ist traurig, da sie die Heimat verlässt und in eine ungewisse Zukunft steuert. Die Seereise setzt der Gesellschaft zu, so dass eine Ruhepause eingelegt wird und man einen Hafen ansteuert. Während dieser Station kümmert sich Tristan um Isolde und bittet um etwas zu trinken. Eine Hofdame bietet ihm das Glasgefäß, welches Brangäne anvertraut ist, als Wein an. Er und Isolde trinken es gemeinsam und der Zauber wirkt. Tristan und Isolde verlieben sich sofort ineinander. Erst sind sie verschüchtert und unsicher ob der Gefühle des Gegenübers, aber sie nähern sich einander und beginnen eine geheime Liebe. Abseits von den Mitreisenden verbringen sie viel Zeit miteinander. Die Liebe setzt ihnen zu, denn sie wissen beide, dass die uneingeschränkte Möglichkeit, beieinander zu sein, auf die Dauer der Überfahrt begrenzt ist. Das Verbotene an ihren Gefühlen bereitet ihnen Kummer, doch sie erfahren Glück aus den Berührungen und Zärtlichkeiten des Anderen und schlafen letzten Endes miteinander. Tristan und Isolde sind sich in Liebe verbunden, sehen jedoch der unsicheren Zukunft am Hofe Markes, Tristans väterlichem Freund und Isoldes Bräutigam, ängstlich und kummervoll entgegen. | |||
Tristan | ==='''Das Dreieck aus Marke, Tristan und Isolde- Liebe und Lüge am Hof (V.12507-15764)'''=== | ||
Als Cornwall erreicht wird, legt Marke sogleich das Hochzeitsdatum fest. | |||
Nun wird die verlorene Jungfräulichkeit von Isolde zum Problem des Liebespaares, weil sie in der Hochzeitsnacht nicht mit Marke schlafen kann, ohne dass der Betrug auffällig würde. Sie ersinnen einen Plan. Brangäne, die Dienerin, legt sich in der Nacht zu Marke und tauscht mit Isolde im Dunkeln unerkannt die Rollen, denn sie ist noch Jungfrau und so erfährt der König nichts von der geheimen Liebe. Marke ist sehr zufrieden mit seiner Ehe, wird durch seine Frau noch höher wertgeschätzt und ahnt vorerst nichts. | |||
Tristan und Isolde leben derweil ihre Liebe am Hofe Cornwalls, tun dies jedoch im Verborgenen und leben ständig in der Angst entdeckt zu werden. Sie genießen die Zeit miteinander und dort, wo sie nicht ungestört sein können, werfen sie sich Blicke zu, die die Liebe ausdrücken, oder sagen ein Wort, welches nur der Geliebte versteht. Auf diese Weise schaffen sie eine stete Zweisamkeit, die zunächst auch unentdeckt bleibt. So oft sie können, verbringen sie die Nacht miteinander. Die Liebe macht sie glücklich. Gleichzeitig machen die unvermeidbaren physischen Trennungen und die Heimlichkeit sie auch traurig. | |||
Eines Tages kommt ein irischer Baron nach Cornwall. Sein Name ist [[Gandin (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Gandin]] und er ist groß und mächtig. Er kennt Isolde aus Irland und ist ihretwegen an den Hof gekommen. Gandin trägt eine Rotte bei sich, ein Musikinstrument. König Marke bittet ihn, mit ihm zu speisen, was Gandin auch gerne tut, jedoch legt er während des Essens nicht sein Instrument ab, was für viel Verwunderung sorgt. Gandin hat eine Intrige geplant. Nachdem das Essen beendet ist, wird er von Marke aufgefordert, etwas auf der Rotte zu vorzuspielen. Gandin will nicht spielen ohne zu wissen, was sein Belohnung dafür sei. Der König gelobt, ihm zu geben was er wolle, wenn er nur spiele. Nachdem Gandin seine Lieder gespielt hat, fordert er seinen Preis. Er will Isolde als Entlohnung erhalten. Der König ist verzweifelt, doch weder Marke noch einer seiner Männer wagt sich gegen Gandin in den Kampf, was dazu führt, dass Gandin Isolde ohne Gegenwehr mit sich nehmen kann kann. Tristan ist zu dieser Zeit auf der Jagd und bekommt zu spät Nachricht von den Geschehnissen am Hof. Sobald er von Gandins List erfährt, reitet er dem Iren und seiner geliebten Isolde nach, die am Strand auf das Einsetzen der Flut warten, um gen Irland segeln zu können. Tristan trifft rechtzeitig ein und findet eine aufgelöste Isolde an der Seite ihres Entführers vor. Er ersinnt seinerseits eine List, um seine Geliebte zu befreien, und gibt sich deshalb als irischer Harfner aus. Gandin verspricht ihm, ihn nach Irland zu bringen und ihm außerdem sein bestes Gewand zu überlassen, sollte er die verzweifelte Isolde beruhigen mit seinem Spiel. Tristan gelingt es, Isolde fröhlicher zu stimmen und statt sie, wie mit Gandin vereinbart, mit seinem Pferd auf das Schiff zubringen, reitet er mit ihr davon. Sie sei das Beste, was bei ihm zu finden sei, deshalb nehme er sie und Gandin sei überlistet. Gandin, von der Niederlage schwer getroffen, segelt nach Hause. | |||
Für Tristan und Isolde wird es in der Folge immer umständlicher, Zeit miteinander zu verbringen. [[Marjodo (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Marjodo]], der ein Freund Tristans ist und ein Vasall König Markes, liegt in der Nacht häufig bei Tristan, um mit ihm zu sprechen und seinen Geschichten zu lauschen. Tristan ist häufig bei Isolde in der Nacht, weil sie in dieser Zeit beieinander sein können. Er ist immer sehr vorsichtig und geht erst, wenn Marjodo tief schläft. Dieser hat jedoch eines Nachts einen Alptraum, der ihn so ängstigt, dass er davon wach wird. Als er bemerkt, dass Tristan nicht mehr bei ihm ist, wittert er ein Geheimnis. Er folgt der Spur seines Freundes und entdeckt ihn beim Geschlechtsakt mit Isolde. Die zwei Verliebten bemerken ihn nicht und auch Marjodo sagt aus Angst vor Tristan niemandem, was er gesehen hat. Allerdings streut er beim König das Gerücht, dass am Hof von einer Liebelei Tristans und Isoldes die Rede sei. Es folgen diverse Episoden verschiedener [[Minnelist (Gottfried von Straßburg, Tristan)|listenreicher Tricksereien]], die sich einerseits Tristan und Isolde mit der Unterstützung Brangänes ausdenken, um den wachsenden Verdacht Markes, es könnte eine Liaison zwischen ihnen bestehen, immer wieder zu zerstreuen. Andererseits werden auch von Marke, Marjodo und einem Zwergen namens [[Melot (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Melot]] Listen erdacht, die darauf abzielen, das Liebespaar zu enttarnen. Immer wieder aber scheitern sie daran, einen endgültigen Beweis für die Liebe Tristans und Isoldes zu erlangen. Trotzdem wird Tristan der Kontakt mit den Frauen am Hof untersagt. Es sind indes Tristan und Isolde, die es schaffen, Marke von ihrer Unschuld zu überzeugen. In der [[Baumgartenszene (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Baumgartenszene]] belauern Marke und Melot die Liebenden. Der Zwerg hat seinen König davon überzeugt, dass er hier das Liebespaar auf frischer Tat ertappen könne, denn sie seien im Garten verabredet. Tristan und Isolde durchschauen das falsche Spiel und können durch ihr Verhalten und ihre königstreuen Aussagen unter den Augen Markes, der sie mit Melot aus einem Baum heraus beobachtet, ihn wieder für sie einnehmen, so dass er sein Misstrauen verwirft. Tristan und auch Isolde werden rehabilitiert und so kann er in der Folge wieder einen näheren Umgang mit ihr pflegen. | |||
Melot und Marjodo sind nicht überzeugt von der Unschuld des Liebespaares und hegen weiter Vermutungen, die sie mit Hilfe weiterer Listen versuchen zu bestätigen. Marke kann sich den Anschuldigungen seiner Vasallen gegenüber seinen Vertrauten nicht erwehren und wird ebenfalls wieder skeptisch. Mittlerweile sprechen sich die Gerüchte um Tristan und Isolde im ganzen Königreich herum. Der König ist betrübt, denn er steht gewissermaßen zwischen den Stühlen. Einerseits gibt es keine stichhaltigen Beweise für die Liebe und er würde ihnen ihre Unschuld gerne glauben. Andererseits gibt es immer wieder Ungereimtheiten und Marjodo sowie Melot bestärken ihn in dem Glauben, dass Tristan und Isolde ein Liebespaar seien. Um vor sich und dem gesamten Reich eine Antwort zu bekommen, ruft Marke eine Versammlung ein und lädt dazu alle geistlichen Vertreter des Landes ein. Sie sollen die Schuldfrage endgültig klären. Der Bischof von Themse hält eine [[Die Rede des Bischofs von Themse (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Rede]] und klagt Isolde in Markes Namen der Liebe zu Tristan an. Sie verteidigt sich und unterwirft sich bereitwillig jedem Urteil. Es fällt die Entscheidung, dass über sie durch ein [[Gottesurteil (Gottfried von Straßburg, Tristan)| Gottesurteil]] gerichtet werden solle. Das Gottesurteil soll mittels eines glühenden Eisens vollzogen werden. Isolde schafft es mit Tristans Hilfe, Marke und die Geistlichen zu täuschen und wird freigesprochen und rehabilitiert. Marke liebt sie wieder sehr und zweifelt in keiner Weise an ihrer Aufrichtigkeit. | |||
==='''Gilan, Petitcrü und Urgan- Tristan in Swales (V. 15765-16402)'''=== | |||
Nachdem Tristan Isolde beim Gottesurteil beigestanden hat, begibt er sich nach Swales an den Hof von [[Gilan (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Herzog Gilan]]. Tristan verbringt einige Zeit bei ihm und erfährt so von [[Das Zauberhündchen Petitcreiu (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Petitcrü]], einem Hund, von dessen wundersamer Wirkung er so fasziniert ist, dass er beschließt, diesen Gilan mittels einer List abzugewinnen und Isolde zukommen zu lassen, um ihrem Liebeskummer entgegen zu wirken. Er ersinnt eine List. [[Urgan (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Urgan]], ein schrecklicher Riese, bedroht das Reich Gilans. Tristan verspricht ihm den Riesen zu besiegen, sollte er dafür im Gegenzug eine Belohnung seiner Wahl erhalten. Gilan stimmt zu und Tristan begibt sich in den Kampf mit dem Riesen. Er schafft es, die Kreatur zu erschlagen und gewinnt Petitcrü. | |||
'''[[ | Mit Hilfe eines walisischen Spielmanns gelingt es ihm, das Hündchen zu Isolde zu senden. Sie ist hingerissen von dem zauberhaften Wesen und behauptet am Hof, ihre Mutter habe ihn ihr geschickt. Isolde berichtet Tristan postwendend von ihrer Rehabilitation und fordert ihn auf nach Hause zu kommen. Er ist glücklich über die Entwicklungen und begibt sich zurück an den Hof seines Onkels und zu seiner Geliebten. Isolde zerstört zuvor noch das Glöckchen am Halse Petitcrüs, denn sie kann es nicht ertragen, durch seinen magischen Klang ihren Schmerz, den sie durch die wahre Liebe zu Tristan erfährt, zu vergessen. | ||
==='''Die Verbannung, die Minnegrotte und die erneute Rückkehr an den Hof (V.16403-17722)'''=== | |||
Zurück am Hof genießt Tristan die wiedergewonnene Nähe zu Isolde. Die Beiden treffen sich weiterhin heimlich und lieben sich wie zuvor. Marke ist trotz der zahlreichen Fehlschläge beim Versuch, ihre Liebe zu beweisen nach wie vor misstrauisch und kann seine Skepsis nicht verwerfen. Er beobachtet Tristans und Isoldes Verhalten sehr genau und nimmt erneut allerlei Hinweise wahr, die ihm letztlich vor Augen führen, dass seine Frau und sein Neffe eine Liebesbeziehung führen. Sie verraten sich durch Gesten, heimliche Berührungen und Blicke, in denen ihre Gefühle zum Ausdruck kommen. Da Marke den Liebenden jedoch sehr verbunden ist, straft er sie nicht mit dem Tod. Er verbannt sie aus seinem Reich. Sie sollen ihrer Liebe an einem anderen Ort frönen als in seinem direkten Umfeld. Tristan schickt sein Gefolge, welches am Hofe Markes lebt, zurück nach Parmenien und verlässt an der Seite Isoldes sowie begleitet von Kurvenal den Hof. | |||
Die drei Gefährten begeben sich in die Wildnis. Das Ziel ist eine Höhle in größerer Entfernung, welche Tristan einmal bei der Jagd entdeckt hat. Die [[Minnegrotte (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Tristan]], wie sie genannt wird, ist eine Höhle mit magischem und kostbarem Interieur. Hier lassen sich Tristan und seine Geliebte nieder. Kurvenal wird nach Hause an den Hof geschickt, um dort zu verbreiten, dass Tristan und Isolde nach Irland gereist seien. Im nun folgenden Abschnitt schildert der Erzähler das Leben der beiden Liebenden in der Minnegrotte. Er tut dies auf eine sehr metaphorische Art und Weise. Sie können auf Lebensmittel verzichten und leben ganz von sich. Ihre treue Liebe und traute Zweisamkeit genügen ihnen. Diese werden in dieser Episode ausführlich und bildhaft beschrieben. Sie jagen, musizieren gemeinsam und erzählen sich sehnsuchsvolle Liebesgeschichten aus früheren Zeiten. Es ist der erste Ort, an dem sie miteinander tun dürfen, wonach es ihnen beliebt. In der Minnegrotte leben Tristan und Isolde frei und ungezwungen. | |||
Marke ist verbittert und traurig, nachdem sein Lebensglück ihn verlassen hat. Sein Glück sind Isolde, seine Liebe, und Tristan, sein Neffe, gewesen. Ihretwegen hatte er schöne Zeiten verlebt und ohne sie ist sein Leben nun trist und einsam. Zum Zeitvertreib reitet er mit seinen Jägern auf die Pirsch. Sie folgen einem weißen außergewöhnlich schönen [[Der Minnegrottenhirsch|Hirschen]]. Tristan und Isolde bemerken den Jagdzug und werden unruhig, weil sie Angst haben entdeckt zu werden. Zudem fürchten sie, dass man sie verraten habe und der Trupp deshalb auf ihrer Spur sei. Sie bereiten sich deshalb in der Weise vor, dass sie in der Nacht absichtlich weit auseinander liegend schlafen und Tristan außerdem sein Schwert zwischen sie legt. So gebettet findet Marke das Liebespaar vor. Sie bemerken ihn schlafender Weise nicht und er bereut seine Vorwürfe, da er ihre Unschuld durch die getrennte Lage erkennt. Er verzeiht den Beiden, vor allem aber Isolde, deren Schönheit ihn in dieser Szene mehr als sonst betört. Erneut können sie ihm so mittels einer List ihre angebliche Unschuld beweisen. Marke macht aber nicht auf sich aufmerksam und kehrt unbemerkt von Tristan und Isolde um und an den Hof zurück. Anschließend lässt Marke sie zwar an den Hof zurückkehren, nicht aber ohne sie vorher zu bitten, keine geheimen Gesten und Blicke mehr auszutauschen und sich von einander zudistanzieren. | |||
''' | ==='''Marke erwischt das Liebespaar in flagranti, Tristan verlässt den Hof und geht letztlich nach Arundel(V. 17723-19548)'''=== | ||
Das Verbot der Nähe ist für beide sehr schmerzvoll. Isolde sucht eine Gelegenheit für sich und Tristan, um sich körperlich zu lieben, sich wieder nahe zu sein. Tristan folgt ihrem Ruf und sie finden ihre Gelegenheit im Garten des Königs. Marke jedoch sucht seine Frau zu dieser Zeit überall am Hof. Die Kammerdienerinnen Isoldes, einschließlich Brangäne, können ihm nur noch den Weg in den Garten weisen, wo er das Liebespaar eng aneinander geschmiegt und schlafend vorfindet. Die Unmissverständlichkeit der Situation verstört ihn. Der Verdacht hat sich erhärtet und Marke fühlt sich machtlos. Er verlässt sie, ohne auf sich aufmerksam zu machen, doch während er fortgeht, erwacht Tristan und bemerkt ihn. Tristan wird sich der Ausweglosigkeit der Situation am Hof bewusst. Die ewige Liebe schwörend verlässt er Isolde, um zukünftig fernab von Markes Einfluss zu leben. Sie übergibt ihm einen Ring als Zeichen ihrer Liebe und lässt ihn ziehen. | |||
Tristan versucht sich abzulenken. Zuerst segelt er in die Normandie, doch verweilt er hier nicht lange. Er ist rastlos, weil sein Herz sich nicht beruhigen kann. Als er von einem Krieg in Deutschland erfährt, reist er dorthin und kämpft als Söldner für das Römische Reich. Während Tristan nach Ablenkung und Zerstreuung sucht, quält sich Isolde mit ihrer Herzensqual. Beide fühlen sich ohne einander nur halb lebendig. Tristan verlässt Deutschland, nachdem der Krieg vorüber ist und zieht zurück an seinen Geburtsort, nach Parmenien, zu seiner Familie. Rual und Floraete sind aber bereits verstorben, als er die Heimat erreicht. Er trifft seine Stiefbrüder und sie bitten ihn, wieder die Herrschaft zu übernehmen. Doch Tristans Kummer wird durch die Nachricht über den Tod der Zieheltern nur weiter gesteigert. | |||
Als er von einem Krieg im [[Arundel (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Herzogtum Arundel]] erfährt, macht er sich auf den Weg dorthin. Wieder ist sein Beweggrund die Ablenkung. Er trifft auf den jungen [[Kaedin (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Kaedin]], den Sohn von [[Jovelin (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Jovelin]], dem Herzog von Arundel. Tristan hilft den Truppen von Arundel in den kriegerischen Auseinandersetzungen und sie erringen den Sieg. Kaedins Schwester trägt ebenfalls den Namen [[Die Isolde-Charaktere (Gottfried von Straßburg, Tristan)|Isolde]]. Sie wird Isolde Weißhand genannt und auch sie ist wunderschön. Ihre Gegenwart bekümmert Tristan erneut, denn er ist bei Isolde, ohne bei Isolde zu sein. Er kann mit dem Namen sowie mit ihrer Schönheit nicht umgehen, denn alles erinnert ihn an den Schmerz, der durch die für ihn verlorene Isolde ausgelöst wird. Er versucht sich in Isolde Weißhand zu verlieben, um den Schmerz zu vergessen. Der Gedanke an die treue Isolde von Irland lässt ihn allerdings zweifeln und so verbietet er sich jedwede Gefühle für Kaedins Schwester. Zwischen den Gedanken an Isolde und Isolde wird Tristan immer verwirrter. | |||
'' | Am Schluss versucht Tristan sich selbst und mögliche Gefühle für Isolde Weißhand zu rechtfertigen. Er hält einen Monolog, indem er Isolde von Irland Vorwürfe macht, sie denke nicht an ihn, und ein weiteres Mal seine unendliche Liebe für sie beschwört. | ||
''Anschließend bricht der Roman Gottfrieds abrupt ab.'' | |||
==Fazit== | |||
Der "Tristan"-Roman Gottfried von Straßburgs ist ein sehr umfangreiches Werk. Die zahlreichen Handlungsverästelungen schaffen eine Erzählung höchster Vielschichtigkeit. Es entsteht ein Abriss des Lebens von Tristan, der einer Biographie gleicht. Zusätzlich wird dem Werk die Vorgeschichte der Eltern Tristans vorangestellt, die eine Analogie zu Tristans Liebe mit Isolde darstellt, was der Geschichte von Beginn an den Reichtum an Motiven vorwegnimmt. | |||
Das zentrale Erzählmoment des Romans Gottfrieds ist die Liebesgeschichte zwischen Tristan und Isolde. Wichtig werden im Folgenden die zahlreichen hieraus entstehenden Verstrickungen, wie etwa die Listen, die von beiden Parteien, einerseits Tristan, Isolde und Brangäne, andererseits Marke, Melot und Marjodo, erdacht werden. | |||
Die Exkurse des Erzählers stellen ein weiteres narratives Element dar, dass an einigen Stellen zur Positionierung seiner selbst sowie zur subjektiven Definition der entsprechenden Begrifflichkeite genutzt wird. | |||
Der Liebesroman bleibt unvollendet und somit lässt sich die letztgültige Lösung Gottfrieds nicht erkennen, jedoch ist sein Werk dem Zusammenspiel von Kummer und Liebe und dem daraus resultierenden Glück gewidmet. Da die Liebenden ihr Glück auf der Welt nicht finden, ist von einer endgültigen Zusammenführung in einer höheren Sphäre und somit von einem [[Liebestod]] der Protagonisten auszugehen. | |||
''' | =='''Literatur'''== | ||
Literatur, die zum Erstellen des Artikels verwendet wurde: | |||
*Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 1980 (RUB 4471-3). | |||
*[*Huber 2000] Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg. Tristan, 2. Aufl., Berlin 2001 | |||
Literatur, die weitere Zusammenfassungen des "Tristan"-Romans enthält: | |||
*Tomasek, Tomas: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007 | |||
*Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg: Tristan, 2 Aufl., Berlin 2001 | |||
*Mittelhochdeutsche Romane und Heldenepen, hg. von Horst Brunner, bibl. erg. Ausgabe, Stuttgart 2007 | |||
[[Kategorie:Handlung]] [[Kategorie:Literarische Figuren]] [[Kategorie:Gottfried von Straßburg]] [[Kategorie:Tristan]] [[Kategorie:Inhaltsangabe]] [[Kategorie:Artikel]] | |||
Aktuelle Version vom 29. April 2024, 12:01 Uhr
Dieser Artikel soll einen Überblick über den Inhalt des "Tristan"-Romans von Gottfried von Straßburg geben.
Übersicht über die Charaktere
Liste der handelnden Personen, jeweils auf die Hauptseite verlinkt, in der Reihenfolge ihres Auftretens:
Riwalin: Herrscher über Parmenien in der Vorgeschichte; wird zum Ritter am Hof Markes und kämpft an dessen Seite im Krieg, wo er schwer verwundet wird; heiratet Blanscheflur kurz vor seinem Tod im Krieg mit Morgan und ist der Vater Tristans, stirbt jedoch noch vor dessen Geburt
Morgan: Erzfeind Riwalins und ständige Bedrohung Parmeniens; Riwalin stirbt in der Schlacht mit ihm; wird deshalb von Tristan aus Rache erschlagen
König Marke: Herrscher über Cornwall und England und Bruder Blanscheflurs; Onkel und Vaterfigur für Tristan, zu dessen Gegenspieler er durch die Hochzeit mit Isolde wird
Blanscheflur: Wunderschöne Schwester von Marke und Ehefrau von Riwalin; Mutter Tristans, verstirbt während dessen Geburt
Rual li Foitenant: Freund und engster Vertrauter Riwalins und Marschall von Parmenien; Ziehvater von Tristan, den er in den höfischen Tugenden erzieht; zeichnet sich verantwortlich für die herausragende gesellschaftliche Rolle Tristans, die er zum großen Teil auch durch sein Können erreicht
Floraete: Ehefrau von Rual, Ziehmutter Tristans sowie Marschallin von Parmenien; wird wie ihr Mann als Inbegriff der Treue und Ehre bezeichnet
Tristan: Der Titelheld des Romans; Sohn von Riwalin und Blanscheflur; Ziehsohn von Rual und Floraete und Neffe Markes; wird zu Markes Widersacher, da er sich durch den Minnetrank in Isolde verliebt; erschlägt zahlreiche verfeindete Herrscher oder Vasallen, ist über alle Maßen talentiert und beflissen und zerbricht letztlich an der Liebe zu Isolde
Kurvenal: Enger Vertrauter und Lehrer von Tristan seit Kindertagen, der ihm immer beisteht; bleibt bis zum Ende der Erzählung an seiner Seite
Morold: Der stärkste Ritter Irlands und Zinseintreiber König Gurmuns; Bruder von Königin Isolde und somit Onkel der jungen Isolde; wird von Tristan im Kampf getötet, als dieser den Zins abschaffen will; die Spitze von Tristans Schwert bleibt in seinem Kopf stecken, was später zur Enttarnung der Tristanerfindung Tantris und zur Aufdeckung seiner wahren Identität führt
Gurmun: König von Irland und Lehnsherr über England und Cornwall, bis Tristan dies beendet; Ehemann der Königin Isolde und Vater der jüngeren Isolde; willigt ein, seine Tochter mit Marke zu verheiraten, um den Frieden zwischen Irland und England bzw. Cornwall herzustellen
Königin Isolde: Königin von Irland und Ehefrau Gurmuns; Mutter von Isolde und Schwester von Morold; wird als schön beschrieben und zudem verfügt sie über magische Kräfte, die es ihr beispielsweise erlauben, Tristan zu heilen, als dieser von Morold vergiftet wird
Tochter Isolde: Prinzessin von Irland, Tochter von Gurmun und Isolde und Nichte von Morold; jung, wunderschön und künstlerisch begabt; heiratet Marke, verliebt sich jedoch durch den Liebestrank in Tristan und fängt eine heimliche Liebesbeziehung mit ihm an
Truchsess: Vasall am Hofe Gurmuns von Irland; verliebt in die junge Isolde, täuscht er den Drachenmord vor, um sie zu erobern
Brangäne: vorbildliche, treue Dienerin Isoldes aus Irland und ihre Nichte; verschuldet die Einnahme des Liebestranks, der ihr anvertraut wurde; bleibt bis zum Schluss der Erzählung an der Seite ihrer Herrin
Gandin: Baron aus Irland, der Isolde vom Königshof kennt; versucht durch eine List, Isolde zu seiner Frau zu machen, wird jedoch von Tristan überlistet
Marjodo: Landbaron in Cornwall und Vasall König Markes; enger Freund Tristans, bis er von dessen Liebesverhältnis erfährt; findet durch Zufall heraus, welches Geheimnis Isolde und Tristan teilen und versucht in der Folge, sie auffliegen zu lassen
Melot: Zwerg am Hofe Markes, der als sehr klug und geistreich beschrieben wird; unterstützt Marjodo und sorgt immer wieder für Misstrauen beim König gegenüber dem Liebespaar durch seine Spionage
Bischof von Themse: Geistlicher im Reich Markes, der beim Konzil zur Schuldfrage der Liebenden eine Rede hält und für ein Gottesurteil im Fall von Isolde plädiert
Gilan: Herzog von Swales und Besitzer von Petitcrü, eines magischen Hündchens, bis Tristan es schafft, ihm dieses mittels einer List abzunehmen; Feind des Riesen Urgan, der sein Land bedroht
Urgan: Riese, der in Swales sein Unwesen treibt; fordert von Herzog Gilan und seinen Vasallen einen Zins für ihre Unversehrtheit; wird von Tristan erschlagen, da er Petitcrü als Entlohnung erhält
Jovelin: Der in die Jahre gekommener Herzog von Arundel; Vater von Isolde Weißhand und Kaedin
Kaedin: Als Sohn Jovelins herrscht er über Arundel; Bruder von Isolde Weißhand; kämpft gegen die benachbarten Reiche und wird zu Tristans Freund, als dieser ihn dabei unterstützt, die feindlichen Truppen zu besiegen; setzt sich für eine Beziehung seiner Schwester mit Tristan ein
Isolde Weißhand: Schwester von Kaedin; verliebt sich in Tristan, während dieser in Arundel weilt; Tristan begehrt sie zunächst, nimmt dann aber zumindest innerlich Abstand von ihr, da er sich wie ein Verräter an Isolde von Irland vorkommt
Karsie: Herzogin von Arundel; Frau von Jovelin und Mutter von Kaedin und Isolde Weißhand
Inhalt
Prolog (V. 1-244)
Im Prolog, aufgebaut nach Prinzipien der klassischem Rhetorik [Huber 2000: S. 37], richtet sich referiert auf::Gottfried von Straßburg an sein Publikum. Anfangs spricht er über Kunst im Allgemeinen, dass diese wichtig sei und gefördert werden solle. Er trennt dabei zwischen guter und schlechter Kunst. Die vornehme und gute Kunst sei vor bösem Willen und Niederträchtigkeit zu schützen. Er erklärt, warum er den Tristanstoff für seinen Roman ausgewählt hat und welche Quellen ihm zur Verfügung standen. Immer wieder lässt er hier bereits anklingen, wie sein Verständnis der Minne aussieht. Diese Geschichte stelle das Wichtigste an der Liebe heraus, nämlich dass Freude und Kummer, Liebe und Schmerz dabei Hand in Hand gehen. Genau dieser Dualismus mache wahre und sehnsuchtsvolle Liebe aus. Am Ende bittet er sein Publikum, ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Für weitere Informationen siehe Hauptartikel.
Vorgeschichte: Die Geschichte von Riwalin und Blanscheflur und Tristans Geburt (V.245-1790)
Tristan, der Titelheld des Romans, wird als Sohn Riwalins von Parmenien und Blanscheflurs, der Schwester König Markes von Cornwall, geboren. Ihre Geschichte wird der eigentlichen Tristan-Erzählung im Roman vorweggenommen.
Riwalin ist der junge, edle und ritterliche Herr von Parmenien in der Bretagne. In seinem jugendlichen Leichtmut greift er seinen Lehnsherrn, den Herzog Morgan, dem er einen Teil seines Landes verdankt, an, um dessen Lehnsherrschaft zu beenden. Es gelingt Riwalin, seinen Widersacher schnell in die Enge zu treiben, so dass Morgan keinen anderen Ausweg sieht, als einen Waffenstillstand auszuhandeln, der auf die Dauer eines Jahres festgelegt wird. Kurze Zeit nach Beendigung des Krieges zieht es Riwalin wieder fort aus Parmenien. Er segelt nach Cornwall zu König Marke, um am Hof zu leben und seine eigene Ritterlichkeit zu vervollkommnen. Riwalin wird herzlich empfangen, bleibt und macht sich sehr beliebt.
Bei einem prächtigen und einen Monat andauernden Fest lernt Riwalin Markes Schwester Blanscheflur kennen. Sie verlieben sich ineinander, doch bleibt es noch unausgesprochen, da sobald das Fest vorüber ist, Riwalin an Markes Seite gegen ein in das Reich eingedrungenes Heer kämpft. Ein verfeindeter König ist in den Krieg gegen Cornwall gezogen. Im Kampf wird Riwalin schwer verwundet. Die Verletzung scheint tödlich und er liegt auf dem Sterbebett. Blanscheflur wird von Sorgen und Sehnsucht nach dem Geliebten gequält. Sie schafft es mit Hilfe ihrer Dienerin, an sein Krankenlager zu gelangen. Die beiden schlafen miteinander und sie wird schwanger.
Riwalin erholt sich wieder und überlebt. Sie leben ihre Liebe an Markes Hof, wenn auch nur im Geheimen. Das Glück ist nur von kurzer Dauer, weil Riwalin nach Parmenien heimkehren muss, um Morgan zu bekämpfen, der wieder Truppen entsandt hat. Da es aussichtslos erscheint, dass die Schwangerschaft unbemerkt bleibt, und sie die Ehre ihrer Familie nicht in Zweifel ziehen will, flieht Blanscheflur mit Riwalin in sein Reich. Sie heiraten, noch bevor er in die Schlacht zieht, und Blanscheflur wird in die Obhut Rual li Foitenants, Marschall und engster Vertrauter Riwalins, übergeben. Im Krieg mit Herzog Morgan wird Riwalin erschlagen. Blanscheflur ist ohnmächtig vor Schmerz, sie verliert ihre Kraft und ihren Lebenswillen. Sie verstirbt, kurz nachdem sie ihren und Riwalins Sohn zur Welt bringt.
Tristans Heranwachsen, die Entführung und Markes Hof (V. 1791-5068)
Riwalin und Blanscheflur hinterlassen ein Waisenkind. Rual li Foitenant und seine Frau Floraete nehmen das Neugeborene an Kindes statt an und lassen auch sonst niemanden wissen, dass es nicht ihr Kind ist. Tristan genießt dadurch eine höfische Ausbildung und erlernt viele Fertigkeiten. Die Menschen in seiner Umgebung sind stets gebannt, denn seine Schönheit und sein Talent sind sehr ausgeprägt und so finden alle, die ihn kennenlernen, Gefallen an ihm.
Dieser Umstand wird für ihn zum Verhängnis, als norwegische Händler in Parmenien anlegen. Er kommt mit ihnen in Kontakt und die Händler sind hingerissen von seinen Tugenden. Die Aussicht darauf, für ihn bewundert zu werden, bringt sie dazu, ihn zu entführen. In seiner Heimat schmerzlich vermisst, trägt ihn das Schiff der Kaufleute immer weiter fort. Während der Entführung geraten die Seeleute in einen tagelangen starken Sturm, den sie für ein Zeichen Gottes halten. So setzen sie den jungen Tristan an der Küste Cornwalls aus.
Er trifft auf zwei Pilger, denen er sich Richtung Tintajol, der Stadt seines Onkels Marke, anschließt. Auf dem Weg dorthin treffen sie auf eine Jagdgesellschaft. Tristan kann sich Dank des Jagens mit ihnen gutstellen, denn seine Jagdkünste sind denen von Markes Jägern weit überlegen. Er kehrt mit ihnen zurück zum Hof seines Onkels, von dem er noch nicht weiß, dass er sein Verwandter ist. Auch Marke ist angetan von dem vorbildlichen jungen Mann und macht ihn zu seinem Jägermeister.
Marke ist sehr beeindruckt vom jungen Tristan und schnell werden sie enge Vertraute. Im weiteren Verlauf ist Marke wie ein Vater für Tristan. Durch seine vielen Talente und Fertigkeiten, mit denen er gesegnet ist, sind ihm alle am Hof sehr geneigt und er wird ein Teil dieser Gesellschaft, bleibt am Hof und eng an Markes Seite. Knapp vier Jahre nachdem Tristan Parmenien unfreiwillig verlassen hat, findet Rual seinen Ziehsohn wieder. Er ist seit der Entführung auf der Suche nach Tristan und nachdem er viele Länder durchquert hat, findet er ihn in Tintajol bei Marke. Rual erzählt am Hof die Herkunftsgeschichte Tristans und dieser und Marke erfahren von seiner wahren Herkunft. Daraufhin wird die Schwertleite vorbereitet, Tristan wird von Marke zum Ritter geschlagen und als dessen Erbe bestimmt.
Rache an Morgan, Kampf um die Freiheit von Irland und Heilung durch die Todfeindin (V. 5069-8896)
Tristan kehrt mit Rual heim nach Parmenien, um sich an Morgan zu rächen, der für den Tod seines leiblichen Vaters Riwalin verantwortlich ist.
Unter dem Vorwand, lehnsrechtliche Verhandlungen führen zu wollen, sucht Tristan Morgan auf. Er findet ihn, fordert sein Lehen ein und nimmt Rache, indem er Morgan erschlägt. Er überlässt Rual sein nun freies Erbland, sieht dessen Söhne, seine Stiefbrüder, als Erben vor und verlässt Parmenien wieder, um zu Marke zurückzukehren und an seinem Hof zu leben.
Als er Cornwall erreicht, sieht er sich mit einem neuen Gegner, Morold, konfrontiert. Dieser ist ein Gesandter des Lehnsherrn von Marke, Gurmun aus Irland, und fordert den Zins für seinen Herrn. Tristan ist der Erste, der es wagt, sich zu wehren, und er fordert Morold heraus. Es kommt zum Kampf auf Leben und Tod. Tristan schafft es, den übermächtigen Widersacher zu erschlagen, jedoch verletzt Morold Tristan schwer mit einem vergifteten Schwert. Durch Tristans tödlichen Hieb bleibt ein Teil des Schwertes in Morolds Kopf stecken. Die vergiftete Wunde Tristans muss versorgt werden, was nur die Schwester Morolds, die Königin von Irland, Isolde, mit ihren Heilkünsten vermag, da sie es auch war, die das Schwert ihres Brudes vergiftet hatte.
Tristan fährt gen Irland, um sich heilen zu lassen. Weil König Gurmun einen Bann gegen jeden, der aus Cornwall heransegeln möge, ausgesprochen hat, gelingt es ihm nur mittels einer List, indem er sich als spanischer Spielmann ausgibt, nach Dublin und bis zur Königin vorzudringen. Er nennt sich Tantris, denn er will seine Identität nicht preisgeben. Die Königin lässt sich von Tristan durch seine musikalischen Fähigkeiten beeindrucken und heilt den Mörder ihres Bruders, ihren Todfeind. Außerdem stellt sie ihn als Lehrer für ihre Tochter Isolde ein. Tristan unterweist die junge Isolde eifrig in Literatur, im Instrumentenspiel und in der Sittenlehre, die feines Betragen sowie höfische Tugenden lehrt. Auf diese Weise entsteht ein enges Verhältnis zwischen dem wohlerzogenen Lehrer Tristan und der ebenso wissbegierigen wie begabten jungen Schülerin Isolde. Sie gibt sich der feinen Erziehung sehr fleißig hin, so dass sie schon bald von allen Seiten gelobt wird und des Öfteren vor dem König und seinen Gästen musiziert und diese mit ihrer edlen Sittenhaftigkeit und ihrem Talent vergnügt. Als Tristan wieder völlig gesund ist und der jungen Isolde so vieles beigebracht hat, wie ihm möglich ist, verlässt er Dublin und reist zurück nach Cornwall.
Die Freude über seine gesunde Rückkehr ist groß, aber nur von kurzer Dauer. Er berichtet am Hof und vor allem seinem Herren Marke von der wunderschönen Isolde und ihren Tugenden. Neider am Hof begehren gegen Tristan auf, denn es ist vielen nicht geheuer, dass ihm alles gelingt, er sogar von seiner Todfeindin unversehrt und darüber hinaus geheilt zurückkehrt. Es werden Intrigen gegen ihn ausgeheckt, die auf seinen Tod zielen. Tristan soll sein Leben riskieren, um Isolde, die Tochter des Erzfeinds, zu Markes Frau zu machen. Als Brautwerber geht Tristan erneut unerkannt nach Irland.
Drachenkampf, Enttarnung von Tristan in Irland und seine Brautwerbung (V. 8897-11428)
Isolde ist demjenigen als Braut versprochen, der den Drachen tötet, der zu dieser Zeit die königlichen Ländereien bedroht. Tristan wagt die Aufgabe, der schon etliche Kämpfer zum Opfer gefallen sind. Er triumphiert abermals und tötet den Drachen, dem er die Zunge herausschneidet. Tristan ist vom Kampf strapaziert und bleibt an Ort und Stelle stark geschwächt zurück. Die Zunge, die er dem Drachen als Beweis genommen hat, belastet ihn und raubt ihm seine Kräfte. Es sind die Königin und ihre Tochter, die sein Leben erneut retten, als sie sich aufmachen, um den wahren Drachentöter aufzuspüren, da ein Betrüger, der Truchseß der Königin, sich ebenfalls dieser Tat rühmt. Die junge Isolde erkennt in Tristan den Spielmann Tantris. In der Folge wird der vermeintliche Held, der sein Recht einfordert, Isolde heiraten zu dürfen, am Gericht des Königs seiner Lüge überführt, da Tristan mittels der Zunge nachweisen kann, dass er das Ungeheuer umgebracht hat.
Doch auch Tristan selbst wird als Lügner entlarvt. Isolde ist es, die ihn sowohl als Morolds Mörder und dadurch auch als Tristan und nicht Tantris enttarnt. Sie will ihn erschlagen, doch ihre Mutter hält sie davon ab. Entgegen ihrer beider Wunsch, den Feind, den Mörder des geliebten Verwandten, tot zu sehen, lassen sie ihn leben, um sein Anliegen zu erfahren. Tristan erzählt ihnen, dass er in Markes Auftrag in Irland sei und dieser die junge Isolde standesgemäß zu seiner Königin machen wolle und dass er dafür den Kampf auf sich genommen habe. Die Königin berichtet ihrem Mann Gurmun von der Brautwerbung Tristans für Isolde und auch dieser ist gewillt, Frieden mit England und Cornwall zu schließen und seine Tochter mit Marke zu verheiraten. Es kommt zur Versöhnung zwischen Tristan und Gurmun, die im Namen ihrer Reiche handeln. Die Feindseligkeiten werden beigelegt und sie besiegeln ein Abkommen, das festhält, dass Isolde die Reiche ihres Bräutigams Marke als Mitgift erhält und Frieden geschlossen wird. Während der König und Tristan sich versöhnt haben, können die Isoldes, vor allem aber die junge, ihren Hass gegenüber dem Mörder des Verwandten noch nicht recht vergessen. Tristan bereitet indes die Rückreise vor, um seinem König die auserwählte Braut zu bringen.
Überfahrt nach Cornwall und Liebestrank-Episode (V. 11429-12434)
Kurz vor der Abreise aus Irland braut die Königin Isolde einen Liebestrank für Marke und Isolde, der die Liebe der beiden besiegeln und sichern soll. Diesen Trank vertraut sie Brangäne, der königlichen Dienerin, die als Vertraute die junge Isolde nach Cornwall begleitet, im Geheimen an.
Die Überfahrt beginnt und Isolde ist traurig, da sie die Heimat verlässt und in eine ungewisse Zukunft steuert. Die Seereise setzt der Gesellschaft zu, so dass eine Ruhepause eingelegt wird und man einen Hafen ansteuert. Während dieser Station kümmert sich Tristan um Isolde und bittet um etwas zu trinken. Eine Hofdame bietet ihm das Glasgefäß, welches Brangäne anvertraut ist, als Wein an. Er und Isolde trinken es gemeinsam und der Zauber wirkt. Tristan und Isolde verlieben sich sofort ineinander. Erst sind sie verschüchtert und unsicher ob der Gefühle des Gegenübers, aber sie nähern sich einander und beginnen eine geheime Liebe. Abseits von den Mitreisenden verbringen sie viel Zeit miteinander. Die Liebe setzt ihnen zu, denn sie wissen beide, dass die uneingeschränkte Möglichkeit, beieinander zu sein, auf die Dauer der Überfahrt begrenzt ist. Das Verbotene an ihren Gefühlen bereitet ihnen Kummer, doch sie erfahren Glück aus den Berührungen und Zärtlichkeiten des Anderen und schlafen letzten Endes miteinander. Tristan und Isolde sind sich in Liebe verbunden, sehen jedoch der unsicheren Zukunft am Hofe Markes, Tristans väterlichem Freund und Isoldes Bräutigam, ängstlich und kummervoll entgegen.
Das Dreieck aus Marke, Tristan und Isolde- Liebe und Lüge am Hof (V.12507-15764)
Als Cornwall erreicht wird, legt Marke sogleich das Hochzeitsdatum fest. Nun wird die verlorene Jungfräulichkeit von Isolde zum Problem des Liebespaares, weil sie in der Hochzeitsnacht nicht mit Marke schlafen kann, ohne dass der Betrug auffällig würde. Sie ersinnen einen Plan. Brangäne, die Dienerin, legt sich in der Nacht zu Marke und tauscht mit Isolde im Dunkeln unerkannt die Rollen, denn sie ist noch Jungfrau und so erfährt der König nichts von der geheimen Liebe. Marke ist sehr zufrieden mit seiner Ehe, wird durch seine Frau noch höher wertgeschätzt und ahnt vorerst nichts. Tristan und Isolde leben derweil ihre Liebe am Hofe Cornwalls, tun dies jedoch im Verborgenen und leben ständig in der Angst entdeckt zu werden. Sie genießen die Zeit miteinander und dort, wo sie nicht ungestört sein können, werfen sie sich Blicke zu, die die Liebe ausdrücken, oder sagen ein Wort, welches nur der Geliebte versteht. Auf diese Weise schaffen sie eine stete Zweisamkeit, die zunächst auch unentdeckt bleibt. So oft sie können, verbringen sie die Nacht miteinander. Die Liebe macht sie glücklich. Gleichzeitig machen die unvermeidbaren physischen Trennungen und die Heimlichkeit sie auch traurig.
Eines Tages kommt ein irischer Baron nach Cornwall. Sein Name ist Gandin und er ist groß und mächtig. Er kennt Isolde aus Irland und ist ihretwegen an den Hof gekommen. Gandin trägt eine Rotte bei sich, ein Musikinstrument. König Marke bittet ihn, mit ihm zu speisen, was Gandin auch gerne tut, jedoch legt er während des Essens nicht sein Instrument ab, was für viel Verwunderung sorgt. Gandin hat eine Intrige geplant. Nachdem das Essen beendet ist, wird er von Marke aufgefordert, etwas auf der Rotte zu vorzuspielen. Gandin will nicht spielen ohne zu wissen, was sein Belohnung dafür sei. Der König gelobt, ihm zu geben was er wolle, wenn er nur spiele. Nachdem Gandin seine Lieder gespielt hat, fordert er seinen Preis. Er will Isolde als Entlohnung erhalten. Der König ist verzweifelt, doch weder Marke noch einer seiner Männer wagt sich gegen Gandin in den Kampf, was dazu führt, dass Gandin Isolde ohne Gegenwehr mit sich nehmen kann kann. Tristan ist zu dieser Zeit auf der Jagd und bekommt zu spät Nachricht von den Geschehnissen am Hof. Sobald er von Gandins List erfährt, reitet er dem Iren und seiner geliebten Isolde nach, die am Strand auf das Einsetzen der Flut warten, um gen Irland segeln zu können. Tristan trifft rechtzeitig ein und findet eine aufgelöste Isolde an der Seite ihres Entführers vor. Er ersinnt seinerseits eine List, um seine Geliebte zu befreien, und gibt sich deshalb als irischer Harfner aus. Gandin verspricht ihm, ihn nach Irland zu bringen und ihm außerdem sein bestes Gewand zu überlassen, sollte er die verzweifelte Isolde beruhigen mit seinem Spiel. Tristan gelingt es, Isolde fröhlicher zu stimmen und statt sie, wie mit Gandin vereinbart, mit seinem Pferd auf das Schiff zubringen, reitet er mit ihr davon. Sie sei das Beste, was bei ihm zu finden sei, deshalb nehme er sie und Gandin sei überlistet. Gandin, von der Niederlage schwer getroffen, segelt nach Hause.
Für Tristan und Isolde wird es in der Folge immer umständlicher, Zeit miteinander zu verbringen. Marjodo, der ein Freund Tristans ist und ein Vasall König Markes, liegt in der Nacht häufig bei Tristan, um mit ihm zu sprechen und seinen Geschichten zu lauschen. Tristan ist häufig bei Isolde in der Nacht, weil sie in dieser Zeit beieinander sein können. Er ist immer sehr vorsichtig und geht erst, wenn Marjodo tief schläft. Dieser hat jedoch eines Nachts einen Alptraum, der ihn so ängstigt, dass er davon wach wird. Als er bemerkt, dass Tristan nicht mehr bei ihm ist, wittert er ein Geheimnis. Er folgt der Spur seines Freundes und entdeckt ihn beim Geschlechtsakt mit Isolde. Die zwei Verliebten bemerken ihn nicht und auch Marjodo sagt aus Angst vor Tristan niemandem, was er gesehen hat. Allerdings streut er beim König das Gerücht, dass am Hof von einer Liebelei Tristans und Isoldes die Rede sei. Es folgen diverse Episoden verschiedener listenreicher Tricksereien, die sich einerseits Tristan und Isolde mit der Unterstützung Brangänes ausdenken, um den wachsenden Verdacht Markes, es könnte eine Liaison zwischen ihnen bestehen, immer wieder zu zerstreuen. Andererseits werden auch von Marke, Marjodo und einem Zwergen namens Melot Listen erdacht, die darauf abzielen, das Liebespaar zu enttarnen. Immer wieder aber scheitern sie daran, einen endgültigen Beweis für die Liebe Tristans und Isoldes zu erlangen. Trotzdem wird Tristan der Kontakt mit den Frauen am Hof untersagt. Es sind indes Tristan und Isolde, die es schaffen, Marke von ihrer Unschuld zu überzeugen. In der Baumgartenszene belauern Marke und Melot die Liebenden. Der Zwerg hat seinen König davon überzeugt, dass er hier das Liebespaar auf frischer Tat ertappen könne, denn sie seien im Garten verabredet. Tristan und Isolde durchschauen das falsche Spiel und können durch ihr Verhalten und ihre königstreuen Aussagen unter den Augen Markes, der sie mit Melot aus einem Baum heraus beobachtet, ihn wieder für sie einnehmen, so dass er sein Misstrauen verwirft. Tristan und auch Isolde werden rehabilitiert und so kann er in der Folge wieder einen näheren Umgang mit ihr pflegen.
Melot und Marjodo sind nicht überzeugt von der Unschuld des Liebespaares und hegen weiter Vermutungen, die sie mit Hilfe weiterer Listen versuchen zu bestätigen. Marke kann sich den Anschuldigungen seiner Vasallen gegenüber seinen Vertrauten nicht erwehren und wird ebenfalls wieder skeptisch. Mittlerweile sprechen sich die Gerüchte um Tristan und Isolde im ganzen Königreich herum. Der König ist betrübt, denn er steht gewissermaßen zwischen den Stühlen. Einerseits gibt es keine stichhaltigen Beweise für die Liebe und er würde ihnen ihre Unschuld gerne glauben. Andererseits gibt es immer wieder Ungereimtheiten und Marjodo sowie Melot bestärken ihn in dem Glauben, dass Tristan und Isolde ein Liebespaar seien. Um vor sich und dem gesamten Reich eine Antwort zu bekommen, ruft Marke eine Versammlung ein und lädt dazu alle geistlichen Vertreter des Landes ein. Sie sollen die Schuldfrage endgültig klären. Der Bischof von Themse hält eine Rede und klagt Isolde in Markes Namen der Liebe zu Tristan an. Sie verteidigt sich und unterwirft sich bereitwillig jedem Urteil. Es fällt die Entscheidung, dass über sie durch ein Gottesurteil gerichtet werden solle. Das Gottesurteil soll mittels eines glühenden Eisens vollzogen werden. Isolde schafft es mit Tristans Hilfe, Marke und die Geistlichen zu täuschen und wird freigesprochen und rehabilitiert. Marke liebt sie wieder sehr und zweifelt in keiner Weise an ihrer Aufrichtigkeit.
Gilan, Petitcrü und Urgan- Tristan in Swales (V. 15765-16402)
Nachdem Tristan Isolde beim Gottesurteil beigestanden hat, begibt er sich nach Swales an den Hof von Herzog Gilan. Tristan verbringt einige Zeit bei ihm und erfährt so von Petitcrü, einem Hund, von dessen wundersamer Wirkung er so fasziniert ist, dass er beschließt, diesen Gilan mittels einer List abzugewinnen und Isolde zukommen zu lassen, um ihrem Liebeskummer entgegen zu wirken. Er ersinnt eine List. Urgan, ein schrecklicher Riese, bedroht das Reich Gilans. Tristan verspricht ihm den Riesen zu besiegen, sollte er dafür im Gegenzug eine Belohnung seiner Wahl erhalten. Gilan stimmt zu und Tristan begibt sich in den Kampf mit dem Riesen. Er schafft es, die Kreatur zu erschlagen und gewinnt Petitcrü.
Mit Hilfe eines walisischen Spielmanns gelingt es ihm, das Hündchen zu Isolde zu senden. Sie ist hingerissen von dem zauberhaften Wesen und behauptet am Hof, ihre Mutter habe ihn ihr geschickt. Isolde berichtet Tristan postwendend von ihrer Rehabilitation und fordert ihn auf nach Hause zu kommen. Er ist glücklich über die Entwicklungen und begibt sich zurück an den Hof seines Onkels und zu seiner Geliebten. Isolde zerstört zuvor noch das Glöckchen am Halse Petitcrüs, denn sie kann es nicht ertragen, durch seinen magischen Klang ihren Schmerz, den sie durch die wahre Liebe zu Tristan erfährt, zu vergessen.
Die Verbannung, die Minnegrotte und die erneute Rückkehr an den Hof (V.16403-17722)
Zurück am Hof genießt Tristan die wiedergewonnene Nähe zu Isolde. Die Beiden treffen sich weiterhin heimlich und lieben sich wie zuvor. Marke ist trotz der zahlreichen Fehlschläge beim Versuch, ihre Liebe zu beweisen nach wie vor misstrauisch und kann seine Skepsis nicht verwerfen. Er beobachtet Tristans und Isoldes Verhalten sehr genau und nimmt erneut allerlei Hinweise wahr, die ihm letztlich vor Augen führen, dass seine Frau und sein Neffe eine Liebesbeziehung führen. Sie verraten sich durch Gesten, heimliche Berührungen und Blicke, in denen ihre Gefühle zum Ausdruck kommen. Da Marke den Liebenden jedoch sehr verbunden ist, straft er sie nicht mit dem Tod. Er verbannt sie aus seinem Reich. Sie sollen ihrer Liebe an einem anderen Ort frönen als in seinem direkten Umfeld. Tristan schickt sein Gefolge, welches am Hofe Markes lebt, zurück nach Parmenien und verlässt an der Seite Isoldes sowie begleitet von Kurvenal den Hof.
Die drei Gefährten begeben sich in die Wildnis. Das Ziel ist eine Höhle in größerer Entfernung, welche Tristan einmal bei der Jagd entdeckt hat. Die Tristan, wie sie genannt wird, ist eine Höhle mit magischem und kostbarem Interieur. Hier lassen sich Tristan und seine Geliebte nieder. Kurvenal wird nach Hause an den Hof geschickt, um dort zu verbreiten, dass Tristan und Isolde nach Irland gereist seien. Im nun folgenden Abschnitt schildert der Erzähler das Leben der beiden Liebenden in der Minnegrotte. Er tut dies auf eine sehr metaphorische Art und Weise. Sie können auf Lebensmittel verzichten und leben ganz von sich. Ihre treue Liebe und traute Zweisamkeit genügen ihnen. Diese werden in dieser Episode ausführlich und bildhaft beschrieben. Sie jagen, musizieren gemeinsam und erzählen sich sehnsuchsvolle Liebesgeschichten aus früheren Zeiten. Es ist der erste Ort, an dem sie miteinander tun dürfen, wonach es ihnen beliebt. In der Minnegrotte leben Tristan und Isolde frei und ungezwungen.
Marke ist verbittert und traurig, nachdem sein Lebensglück ihn verlassen hat. Sein Glück sind Isolde, seine Liebe, und Tristan, sein Neffe, gewesen. Ihretwegen hatte er schöne Zeiten verlebt und ohne sie ist sein Leben nun trist und einsam. Zum Zeitvertreib reitet er mit seinen Jägern auf die Pirsch. Sie folgen einem weißen außergewöhnlich schönen Hirschen. Tristan und Isolde bemerken den Jagdzug und werden unruhig, weil sie Angst haben entdeckt zu werden. Zudem fürchten sie, dass man sie verraten habe und der Trupp deshalb auf ihrer Spur sei. Sie bereiten sich deshalb in der Weise vor, dass sie in der Nacht absichtlich weit auseinander liegend schlafen und Tristan außerdem sein Schwert zwischen sie legt. So gebettet findet Marke das Liebespaar vor. Sie bemerken ihn schlafender Weise nicht und er bereut seine Vorwürfe, da er ihre Unschuld durch die getrennte Lage erkennt. Er verzeiht den Beiden, vor allem aber Isolde, deren Schönheit ihn in dieser Szene mehr als sonst betört. Erneut können sie ihm so mittels einer List ihre angebliche Unschuld beweisen. Marke macht aber nicht auf sich aufmerksam und kehrt unbemerkt von Tristan und Isolde um und an den Hof zurück. Anschließend lässt Marke sie zwar an den Hof zurückkehren, nicht aber ohne sie vorher zu bitten, keine geheimen Gesten und Blicke mehr auszutauschen und sich von einander zudistanzieren.
Marke erwischt das Liebespaar in flagranti, Tristan verlässt den Hof und geht letztlich nach Arundel(V. 17723-19548)
Das Verbot der Nähe ist für beide sehr schmerzvoll. Isolde sucht eine Gelegenheit für sich und Tristan, um sich körperlich zu lieben, sich wieder nahe zu sein. Tristan folgt ihrem Ruf und sie finden ihre Gelegenheit im Garten des Königs. Marke jedoch sucht seine Frau zu dieser Zeit überall am Hof. Die Kammerdienerinnen Isoldes, einschließlich Brangäne, können ihm nur noch den Weg in den Garten weisen, wo er das Liebespaar eng aneinander geschmiegt und schlafend vorfindet. Die Unmissverständlichkeit der Situation verstört ihn. Der Verdacht hat sich erhärtet und Marke fühlt sich machtlos. Er verlässt sie, ohne auf sich aufmerksam zu machen, doch während er fortgeht, erwacht Tristan und bemerkt ihn. Tristan wird sich der Ausweglosigkeit der Situation am Hof bewusst. Die ewige Liebe schwörend verlässt er Isolde, um zukünftig fernab von Markes Einfluss zu leben. Sie übergibt ihm einen Ring als Zeichen ihrer Liebe und lässt ihn ziehen.
Tristan versucht sich abzulenken. Zuerst segelt er in die Normandie, doch verweilt er hier nicht lange. Er ist rastlos, weil sein Herz sich nicht beruhigen kann. Als er von einem Krieg in Deutschland erfährt, reist er dorthin und kämpft als Söldner für das Römische Reich. Während Tristan nach Ablenkung und Zerstreuung sucht, quält sich Isolde mit ihrer Herzensqual. Beide fühlen sich ohne einander nur halb lebendig. Tristan verlässt Deutschland, nachdem der Krieg vorüber ist und zieht zurück an seinen Geburtsort, nach Parmenien, zu seiner Familie. Rual und Floraete sind aber bereits verstorben, als er die Heimat erreicht. Er trifft seine Stiefbrüder und sie bitten ihn, wieder die Herrschaft zu übernehmen. Doch Tristans Kummer wird durch die Nachricht über den Tod der Zieheltern nur weiter gesteigert.
Als er von einem Krieg im Herzogtum Arundel erfährt, macht er sich auf den Weg dorthin. Wieder ist sein Beweggrund die Ablenkung. Er trifft auf den jungen Kaedin, den Sohn von Jovelin, dem Herzog von Arundel. Tristan hilft den Truppen von Arundel in den kriegerischen Auseinandersetzungen und sie erringen den Sieg. Kaedins Schwester trägt ebenfalls den Namen Isolde. Sie wird Isolde Weißhand genannt und auch sie ist wunderschön. Ihre Gegenwart bekümmert Tristan erneut, denn er ist bei Isolde, ohne bei Isolde zu sein. Er kann mit dem Namen sowie mit ihrer Schönheit nicht umgehen, denn alles erinnert ihn an den Schmerz, der durch die für ihn verlorene Isolde ausgelöst wird. Er versucht sich in Isolde Weißhand zu verlieben, um den Schmerz zu vergessen. Der Gedanke an die treue Isolde von Irland lässt ihn allerdings zweifeln und so verbietet er sich jedwede Gefühle für Kaedins Schwester. Zwischen den Gedanken an Isolde und Isolde wird Tristan immer verwirrter.
Am Schluss versucht Tristan sich selbst und mögliche Gefühle für Isolde Weißhand zu rechtfertigen. Er hält einen Monolog, indem er Isolde von Irland Vorwürfe macht, sie denke nicht an ihn, und ein weiteres Mal seine unendliche Liebe für sie beschwört.
Anschließend bricht der Roman Gottfrieds abrupt ab.
Fazit
Der "Tristan"-Roman Gottfried von Straßburgs ist ein sehr umfangreiches Werk. Die zahlreichen Handlungsverästelungen schaffen eine Erzählung höchster Vielschichtigkeit. Es entsteht ein Abriss des Lebens von Tristan, der einer Biographie gleicht. Zusätzlich wird dem Werk die Vorgeschichte der Eltern Tristans vorangestellt, die eine Analogie zu Tristans Liebe mit Isolde darstellt, was der Geschichte von Beginn an den Reichtum an Motiven vorwegnimmt.
Das zentrale Erzählmoment des Romans Gottfrieds ist die Liebesgeschichte zwischen Tristan und Isolde. Wichtig werden im Folgenden die zahlreichen hieraus entstehenden Verstrickungen, wie etwa die Listen, die von beiden Parteien, einerseits Tristan, Isolde und Brangäne, andererseits Marke, Melot und Marjodo, erdacht werden.
Die Exkurse des Erzählers stellen ein weiteres narratives Element dar, dass an einigen Stellen zur Positionierung seiner selbst sowie zur subjektiven Definition der entsprechenden Begrifflichkeite genutzt wird.
Der Liebesroman bleibt unvollendet und somit lässt sich die letztgültige Lösung Gottfrieds nicht erkennen, jedoch ist sein Werk dem Zusammenspiel von Kummer und Liebe und dem daraus resultierenden Glück gewidmet. Da die Liebenden ihr Glück auf der Welt nicht finden, ist von einer endgültigen Zusammenführung in einer höheren Sphäre und somit von einem Liebestod der Protagonisten auszugehen.
Literatur
Literatur, die zum Erstellen des Artikels verwendet wurde:
- Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 1980 (RUB 4471-3).
- [*Huber 2000] Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg. Tristan, 2. Aufl., Berlin 2001
Literatur, die weitere Zusammenfassungen des "Tristan"-Romans enthält:
- Tomasek, Tomas: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007
- Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg: Tristan, 2 Aufl., Berlin 2001
- Mittelhochdeutsche Romane und Heldenepen, hg. von Horst Brunner, bibl. erg. Ausgabe, Stuttgart 2007